Mireen Lintl ist Expertin für Coaching im juristischen Kontext und Gründerin von „JuraMIND“. Mit einem klaren Fokus auf mentale Gesundheit unterstützt sie Jurastudierende und Referendar:innen dabei, Prüfungsangst, Stress und Überforderung erfolgreich zu bewältigen. Ihre Schwerpunkte reichen von individueller Persönlichkeitsentwicklung über die Förderung von Selbstbewusstsein bis hin zu praxistauglichen Strategien für eine gelungene Examensvorbereitung. Gerade im juristischen Studium und Referendariat, welche von extremem Leistungsdruck und hohen Anforderungen geprägt sind, rückt das Thema mentale Gesundheit zunehmend in den Fokus. Prüfungsangst, ständige Selbstzweifel und das Risiko der Überforderung können die Vorbereitung auf das erste oder zweite Staatsexamen erheblich erschweren. Doch wie kann man diesen Herausforderungen begegnen? Mireen Lintl gibt in diesem Interview wertvolle Einblicke in ihre Arbeit und teilt Strategien, wie Nachwuchsjurist:innen besser mit Druck und Belastungen in der juristischen Ausbildung umgehen können.
Könntest Du Dich und das Konzept „JuraMIND“ kurz vorstellen? Was hat Dich dazu motiviert, Dich auf das Thema Mental Health im juristischen Kontext zu spezialisieren?

Sehr gerne. Ich bin Mireen Lintl, Volljuristin, Lernberaterin, ehem. Repetitorin und zertifizierte Systemische Life und Business Coach. Mit der Gründung von JuraMIND habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, Studierende und Referendar:innen mit Lernberatungen und Mental Coachings zu unterstützen und so die Lücke des „rein Fachlichen“ von Universitäten, Repetitorien und der Referendar:innenausbildung zu schließen. Neben dem juristischen Inhalt kommt es für den Prüfungserfolg nämlich entscheidend auf zwei Faktoren an, die in der klassischen Ausbildung stark vernachlässigt werden: die richtige Lern- und Klausurstrategie sowie die mentale Stärke.
Mir hat Jura zwar Spaß gemacht, schon immer habe ich mich aber lieber in das „How-to“ vertieft. Spätestens, als das Ganze auch im Referendariat wieder erfolgreich für mich aufgegangen ist, wusste ich, ich habe an der Schnittstelle von Jura und (Lern-)Psychologie so effektive Techniken und Systeme entwickelt, dass auch andere von ihnen profitieren können. Also habe ich diese noch sehr frische Nische 2021 professionalisiert und mich seit meinem 2. Examen hauptberuflich der Frage gewidmet, wie ich das „Lernen und Fühlen“ von Studierenden und Referendar:innen verbessern kann. Dazu habe ich eine einjährige Coachingausbildung absolviert und mich als Systemische Life und Business Coach zertifizieren lassen.
Inzwischen sind wir bei JuraMIND ein Team von mehreren Coaches und bieten individuelle Coachings, Lernberatungen und den beliebten Self-Study Online Kurs „Lernstrategie und Mentale Stärke“ an. Unsere Coaches sind Prädikatsvolljurist:innen, die ehem. Dozent:innen oder Repetitor:innen und zudem ausgebildete oder studierte Coaches sind.
Wir bieten in unserer Community einen Safe Space für achtsames Lernen und einen wertungsfreien Austausch über die inneren, persönlichen Themen. Zudem kooperieren wir mit dem Repetitorium Alpmann Schmidt, mit Fachschaften und einer stark wachsenden Anzahl von Großkanzleien, um deren Angebot ganzheitlich abzurunden. Es ist mein Herzensanliegen, Studierenden und Referendar:innen das Lernen und das Leben leichter zu machen und sie sicher und motiviert durch das Studium und die Examina zu bringen – genau so, wie ich es mir damals gewünscht hätte.
Prüfungsangst, Stress und Überforderung sind häufige Probleme in der juristischen Ausbildung. Was denkst Du, warum diese Belastungen in diesem Bereich so stark ausgeprägt sind und welche spezifischen mentalen Herausforderungen beobachtest Du bei Deinen Klient:innen am häufigsten?
Prüfungsangst, Stress und Überforderung sind zentrale Themen in der juristischen Ausbildung. Der hohe Druck hat eine Reihe von Gründen. Zum einen liegt es an der extremen Prüfungsstruktur: Die Examensnote hängt zum Großteil von einer Leistung innerhalb von 2-3 Wochen ab, bei einer Vorbereitungszeit von meist mindestens einem Jahr. Sich über diesen langen Zeitraum stets zu motivieren und dann punktgenau abzuliefern, ist eine Herausforderung. Oft sind die Kandidat:innen dann schon am Ende ihrer Kräfte.
Die Note entscheidet dann teilweise über die Chancen auf dem Berufsmarkt und für den eigenen Traumjob, was den Druck zusätzlich verstärkt. Es geht also häufig nicht nur um das Bestehen, sondern auch um eine Ausgangsnote, die das gesamte weitere Berufsleben beeinflussen kann.
Besonders herausfordernd ist natürlich auch der Lerninhalt: Es ist eine riesige Menge von Stoff, die bewältigt werden will. Dies mit der bereits angesprochenen Ausgangssituation, dass man nirgendwo so richtig gelernt hat, wie man eigentlich am besten lernen oder sich psychisch schützen kann. Es vergeht also oft viel Zeit, bis die erste Überforderung in der Examensvorbereitungszeit nachgelassen hat, bis man sich an Probeklausuren herantraut oder Taktiken gefunden hat, die wirklich funktionieren. Hier liegt extrem viel Verbesserungspotential.
Die jahrelange Vorbereitung, die Überforderung in Bezug auf die Stoffmenge, das fehlende Wissen über das „Wie“ und oft der eigene Anspruch – das erzeugt massiven Druck. Zudem gibt es in der juristischen Welt eine starke Leistungskultur. Leider wird oft (noch) zu wenig darüber gesprochen, wie es einem „wirklich“ so geht. Meine Erfahrung zeigt: Fast allen geht es tatsächlich gleich. Mentale Herausforderungen, Zweifel, Druck und Ängste sind absolut normal und sie dürfen auch da sein. Die Frage ist immer nur: Wie gehe ich damit um? Hinzu kommt, dass viele unserer Klient:innen bisher alles reibungslos geschafft haben, viele waren super Schüler:innen und haben auch sonst alle Herausforderungen in ihrem Leben wunderbar gemeistert. Plötzlich machen sie zum ersten Mal die Erfahrung, auch mal durchzufallen (was ebenfalls völlig normal ist). Auch das Gefühl, dass Input und Outcome nicht im Verhältnis stehen und die Stoffmenge kaum abschließend gelernt werden kann, gehört für die meisten dazu. Innere Unsicherheiten erzeugen häufig einen Vergleichsdruck, den ich auch von mir selbst von früher kenne und den ich nach wie vor stark bei den Studierenden und Referendar:innen beobachte.
Typische Themen im Coaching sind Perfektionismus, Leistungsdruck, Lernblockaden, Selbstzweifel, Versagensängste, Prüfungsangst und mentale Erschöpfung.
Prüfungsangst betrifft viele Nachwuchsjurist:innen, sowohl während des Studiums als auch – besonders – vor den Staatsexamina. Du hilfst Deinen Klient:innen dabei, diese zu überwinden. Was sind nach Deiner Erfahrung typische Auslöser für diese Angst und wie können Betroffene sie besser verstehen und angehen?
Prüfungsangst ist ein vielschichtiges Phänomen und tritt in der juristischen Ausbildung aufgrund der beschriebenen Kombination aus hohen inhaltlichen Anforderungen, einer herausfordernden Prüfungsstruktur und einer starken Leistungskultur häufig auf.
Ein typischer Auslöser, den ich bei meinen Klient:innen beobachte, ist die Angst vor dem Examen als „das große Unbekannte“. Die Herausforderung besteht darin, dass Prüfungsangst oft nicht nur durch den Umfang des Lernstoffs, sondern auch durch die ständige innere „Bewertung“ entsteht.
Die Lösung liegt darin, Akzeptanz, Selbstfürsorge und Planung zu kombinieren. Ein erster Schritt ist, sich selbst mit Mitgefühl zu begegnen. In stressigen Phasen ist es entscheidend, eine Haltung zu entwickeln, die eher die Perspektive eines Mentors oder einer Freundin als die eines/r strengen Lehrer:in einnimmt.
Zudem ist es wichtig, einen strukturierten Lernplan und feste Routinen aufzubauen, die Sicherheit geben. Statt sich in stundenlangen Lernsessions ohne greifbares Ende zu verlieren, ist es ratsam, seinen Lernalltag in realistische Lernblöcke zu unterteilen und Pausen als unabdingbaren Teil eines erfolgreichen Lerntages fest einzuplanen. Es geht immer wieder darum, nicht nur den Körper, sondern auch den Geist zur Ruhe kommen zu lassen. Mentale Blockaden entstehen oft durch das Gefühl von mangelnder Kontrolle. Wenn wir das Gefühl haben, keinen Einfluss auf den Lernprozess zu haben, verschärft das die Ängste. Hier geht es darum, durch konkrete, greifbare Lernstrategien das Gefühl der Kontrolle zurückzugewinnen. Hilfreich ist auch die Visualisierung von Erfolg: Studien zeigen, dass das bewusste Durchspielen positiver Szenarien in stressigen Situationen eine beruhigende Wirkung haben kann.
Zusammengefasst: Prüfungsangst entsteht durch eine Kombination aus strukturellen Herausforderungen und inneren Blockaden. Sie lässt sich überwinden, indem man sie nicht als Feind, sondern als Teil des Prozesses akzeptiert und aktiv mit Strategien wie Achtsamkeit, Akzeptanz, innerer Arbeit und konkreter Planung entgegenwirkt. Die eigene innere Haltung spielt dabei eine mindestens ebenso große Rolle wie die Lernmethoden.
In der Vorbereitung auf die Staatsexamina fühlen sich Nachwuchsjurist:innen durch den hohen Leistungsdruck und den Umfang des Stoffes häufig überfordert. Was sind einfache Schritte, um den Alltag strukturierter und stressfreier zu gestalten und wie gelingt dabei ein effektives Zeitmanagement?
Ich empfehle einen festen Lernplan, unterteilt in die immer gleichen, vorher festgelegten Lerneinheiten und Pausen. Meine Erfahrung ist, dass es sich für die meisten Lernenden lohnt, morgens früher anzufangen, als man dies vielleicht üblicherweise tun würde. Ein (ausgeschlafener!) Lernstart um 7h oder 8h hat viele positive Effekte. In den ersten drei Stunden nach dem Aufwachen ist bei den meisten Menschen die Aufnahmefähigkeit am höchsten. So kann man die effektiven Morgenstunden für das Lernen verwenden und früher Schluss machen, um den Nachmittag und Abend für Freizeit und Ausgleich nutzen zu können. Dies setzt natürlich voraus, entsprechend früher schlafen zu gehen. Das Gefühl, morgens schon so produktiv gewesen zu sein, kann die Stimmung und die Motivation für den gesamten restlichen Tag heben.
Die Lerneinheiten sollten 60, max. 90 Minuten betragen und eine 15-, dann 30-minütige Pause folgen lassen. Insgesamt sollte die Lernzeit nicht 6 Nettostunden am Tag überschreiten. Dies ist zumindest die Dauer, nach der laut Studien die Lernqualität drastisch nachlässt. 6h klingen erstmal wenig und sind aber doch viel, wenn wirklich jede Minute davon dem Lernen gewidmet ist. Es ist essenziell, die „Netto-Lernzeit“ als tatsächliche Lernzeit ohne Ablenkung zu verstehen. Das Handy sollte also unbedingt ausgeschaltet sein, am besten in einem anderen Raum bzw. außerhalb der Bibliothek.
Innerhalb der Lernwoche sollte es, zumindest in der Examensvorbereitung, mindestens einen komplett lernfreien Tag geben. Ansonsten gerne auch das gesamte Wochenende.
Generell ist es für eine langanhaltende, gesunde Examensvorbereitung wichtig, Pausen und Ausgleich mit gutem Gewissen unabdingbar einzuplanen und sich darin zu üben, in diesen auch wirklich abzuschalten, damit sich das Gehirn optimal erholen kann. Damit steigert man also quasi beim Nichtstun die Lernqualität für die nächste Session. Und das ist doch mal eine Motivation, oder?

Rückschläge wie nicht bestandene Prüfungen oder unerwartet schlechte Ergebnisse gehören zur juristischen Ausbildung dazu. Welchen Ansatz verfolgst du, damit Betroffene lernen, damit besser umzugehen?
Durchfallen oder unerwartet schlechte Ergebnisse gehören zur juristischen Ausbildung dazu und sind oft schwer zu verkraften. Entscheidend ist, sie nicht als endgültiges Urteil über das eigene Können oder den eigenen Wert zu verstehen, sondern als Hinweis darauf, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden kann.
Erst einmal geht es darum, sich die mit dem Rückschlag einhergehenden Gefühle einzugestehen und diese anzunehmen. „Gefühle müssen gefühlt werden“ heißt es so schön und das ist wichtig, um im nächsten Schritt in eine gesunde Akzeptanz und einen erfolgreichen Neustart zu kommen.
Wichtig ist, sich klarzumachen, dass Durchfallen und schlechte Noten Teil des Prozesses sind und zu einer juristischen Ausbildung quasi dazugehören. Rückschläge gehören dazu. Nicht umsonst ist die Durchfallquote entsprechend hoch. Durchfallen ist normal und darf passieren. Die Frage ist immer nur: „Was mache ich daraus?“
Ein erster wichtiger Schritt ist eine sachliche Analyse: Was genau hat zum Ergebnis geführt? Lag es an Wissenslücken, einer unzureichenden Lernstrategie, Prüfungsangst oder äußeren Umständen? Danach geht es darum, konkrete Maßnahmen abzuleiten – sei es eine Anpassung der Lernmethoden, eine bessere Zeitplanung oder der Umgang mit Stress in Prüfungssituationen.
Mindestens genauso wichtig ist jedoch die innere Haltung. Selbstzweifel und Frustration sind verständlich, sollten aber nach dem ersten Schock hinter sich gelassen werden. Die erfolgreichsten Jurist:innen sind nicht die, die in ihrer Laufbahn keine Misserfolge erlebt haben, sondern die, die sich nicht davon entmutigen lassen. Wer es schafft, solche Phasen als Lernchance zu sehen, entwickelt nicht nur fachlich, sondern auch mental eine größere Stärke.
Wir arbeiten in den Coachings sehr viel mit Examenskandidat:innen zusammen, die einmal durchgefallen sind. Jede:r einzelne von ihnen hat nach dem Coaching im 2. Versuch, meist sogar weit über den Erwartungen, bestanden. Wir nennen das unsere „100%-Quote“. Das unterstreicht in meinen Augen, welcher Unterschied durch die Beschäftigung mit der richtigen Lernstrategie und der mentalen Stärke möglich ist.
Viele Jurastudierende kämpfen mit Prokrastination und einem Mangel an Motivation, besonders in langen Lernphasen. Was sind hilfreiche Strategien, um wieder in den „Flow“ zu kommen?
Fast jede:r erlebt über den langen Zeitraum der juristischen Ausbildung mal Phasen von Prokrastination und Motivationsmangel. Prokrastination entsteht oft nicht aus Faulheit, sondern aus Überforderung. Das kann dazu führen, gar nicht erst oder nur verzögert zu beginnen.
Eine bewährte Strategie ist die sogenannte „15-Minuten-Regel“. Statt sich vorzunehmen, stundenlang zu lernen, hilft es, sich innerlich erstmal nur für die nächsten 15 Minuten zu „verpflichten.“ Dieser Einstieg senkt die mentale Hürde und oft bleibt man dann doch länger dran. Wer sich schwertut, überhaupt in den Lernmodus zu kommen, sollte feste Lernroutinen bezüglich Zeit und Ort etablieren.
Es ist sinnvoll, sich vor dem Lernen einen Überblick über den gesamten zu lernenden Stoff zu verschaffen und diesen in kleine Happen eingeteilt zu haben. Zusätzlich hilft es, den eigenen Fortschritt sichtbar zu machen. Eine einfache Liste, auf der man sich abends aufschreibt, was man geschafft hat, kann ein starkes Mittel gegen das Gefühl sein, nicht genug zu tun. Dazu gehören große, vor allem aber auch kleine Erfolge. Auch das Bilden von Lerngruppen oder Lernpartnerschaften kann die Motivation extrem steigern. Es wirkt anspornend, sich gegenseitig von Fortschritten zu berichten oder sich gemeinsam zum Lernen zu verabreden.
Es ist wichtig, sich klarzumachen: „Mood follows action“. Man muss nicht erst auf Motivation warten, um anzufangen – oft kommt die Motivation erst durch das Tun. Und das dürfen eben auch erst einmal nur ein paar Minuten sein!
Oft liegen unter der Oberfläche von Prokrastination und Motivationsproblemen auch negative Glaubenssätze, zum Beispiel: „Ich kann es ohnehin nicht schaffen.“ Dann ist meine unterbewusste Haltung vielleicht: „Dann brauche ich ja auch gar nicht erst anzufangen.“ Negative Glaubenssätze kann man im Coaching wunderbar erkennen, auflösen und durch positive, stärkende Überzeugungen ersetzen.
Welche Warnsignale sollten Jurist:innen ernst nehmen, um ein Burnout rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern?
Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass Burnout und Erschöpfung nicht nur im juristischen Arbeitsalltag auftreten, sondern auch schon in der juristischen Ausbildung. Hier sind einige Warnsignale, auf die Studierende und Referendar:innen besonders achten sollten:
Ein erstes Anzeichen ist eine ständige Müdigkeit, die selbst nach einer durchgeschlafenen Nacht nicht verschwindet. In der Prüfungsphase ist es normal, mal etwas erschöpft zu sein, aber wenn das Gefühl der Erschöpfung über Wochen anhält und auch nach Entspannungsphasen nicht nachlässt, kann dies ein Hinweis auf Überlastung sein. Wenn sich das Lernen immer mehr wie eine Last anfühlt, die einen erdrückt, dann kann das ein Alarmzeichen sein. Viele Studierende und Referendar:innen stellen auch fest, dass sie immer wieder ihre Aufgaben verzögern, obwohl sie wissen, dass sie sie dringend erledigen müssen. Auch das kann ein Hinweis auf zu hohe Belastung sein, häufig begleitet von einem Gefühl der Überforderung. Ein weiteres Warnzeichen ist das Gefühl der Isolation, wenn man das Interesse an sozialen Kontakten verliert oder sich immer mehr zurückzieht.
Mentale und emotionale Symptome wie Angst vor dem Versagen, Selbstzweifel und das ständige Gefühl, nicht genug zu tun oder nicht gut genug zu sein, können ebenfalls auf eine beginnende Erschöpfung hinweisen. Ich beobachte oft ein „Over-Performing“ aus der Angst heraus, es nur durch den absoluten Einsatz ohne Rücksicht auf Verluste zu schaffen – bis kaum noch Leistungsfähigkeit übrig ist. Die mentale Erschöpfung auszukurieren, dauert wesentlich länger als die Summe aller Pausen, die es bedurft hätte, um von Anfang an gesund zu lernen. Es lohnt sich auch, genauer hinzuschauen, wenn man häufiger mit körperlichen Symptomen wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Magenproblemen oder Schlafstörungen konfrontiert ist. Diese Symptome sind häufige Anzeiger für hohe Anspannung und psychischen Stress.
Frühzeitige Achtsamkeit und das Erkennen dieser Warnsignale sind entscheidend. Wer vermutet, dass er oder sie sich in einem Burnout oder „5 Minuten vor 12“ befindet, sollte dies absolut ernst nehmen. Es muss dann eine strikte Pause eingelegt werden und man sollte sich unbedingt Unterstützung suchen. Je früher man sich selbst eingesteht, dass etwas nicht stimmt, desto schneller kann man auch wieder auf die Spur kommen.
Gibt es allgemein zugängliche Ressourcen, die Du für das Thema Mental Health und Stressbewältigung besonders empfehlen kannst, wie Apps, Bücher oder Übungen?
Das Buch „Prüfungen als Herausforderung“ von Bertold Ulsamer ist speziell auf die mentale Vorbereitung auf das Examen zugeschnitten und absolut empfehlenswert. Für einen Einstieg rund um das Thema Persönlichkeitsentwicklung und die Arbeit an den eigenen Glaubenssätzen empfehle ich das Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ von der Psychologin Stefanie Stahl. Sie hat auch einen Podcast „So bin ich eben“ und „Hart aber herzlich“. Ich mag auch das Buch „Kompass für die Seele“ von Bas Kast, in dem es rund um die Frage geht, wie wir uns als Menschen gut fühlen und gut für uns sorgen können.
Es gibt eine Reihe von Meditationsapps wie „Calm“, „7Mind“ oder „Headspace“. Man kann aber natürlich auch einfach geführte Meditationen auf Spotify und Co. ausprobieren. Meditation ist ein tolles Mittel für bessere Konzentration, sinnvolle Auszeiten und achtsame Selbstverbindung.
Als kleine Übung gebe ich gerne das Box-Breathing (übrigens ein Tool der Navy Seals) als Atemübung mit, um sich bspw. bei Nervosität vor einer Prüfung gut selbst regulieren zu können: 4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden halten, 4 Sekunden ausatmen, 4 Sekunden halten. Nach 2-3 Minuten entsteht eine spürbare Entspannung in Körper und Geist.
Für regelmäßige Lerntipps und Impulse rund um Mental Health kann man sich gerne auch für unseren kostenlosen Newsletter auf www.juramind.de eintragen.
Mit meinem Online Kurs „Lernstrategie & Mentale Stärke“ kann sich jede:r in 10 interaktiven Modulen den perfekten eigenen Lern- und Klausurweg erarbeiten und durch die effektivsten Coaching Methoden an seiner inneren Stärke, dem eigenen Stressmanagement und dem Selbstvertrauen in die eigene Leistung arbeiten. Es gibt drei verschiedene Kurse: den für das Studium, den für das 1. Examen und den für das 2. Examen.
Auch bei Dir können sich Nachwuchsjurist:innen im Bereich Mental Health Hilfe suchen. Kannst Du den typischen Ablauf eines solchen Coachings bei Dir beschreiben – von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Erreichen der persönlichen Ziele?

Gerne. Auf unserer Website www.juramind.de findet man einen Link zu einem kostenlosen Erstgespräch bei Dr. Franziska Haberl. Franziska ist ehem. Richterin, Dozentin, zertifizierte Coach für JuraMIND® und hat selbst zweimal zweistellig in ihren Examina abgeräumt; sie ist also die perfekte Wahl für das 1:1 Coaching und die Lernberatungen. Im Vorgespräch von ca. 20 Minuten geht es erst einmal darum, was das Thema ist und man schaut, ob die Chemie zwischen Klient:in und Coach passt. Dabei können auch alle Fragen rund um das Coaching geklärt werden. Wenn alles passt, wird ein erster Termin vereinbart. Dann geht es in der Regel erstmal darum, das Anliegen in der Tiefe zu erfassen und um die sog. Zielearbeit. Es lässt sich mit den richtigen Fragen und Methoden herausfinden, wo der/die Klient:in genau hin möchte, um einen Auftragsrahmen zu bestimmen. Ein solches Ziel kann etwa sein, Selbstvertrauen in Bezug auf die eigene Leistung aufzubauen, motiviert und strukturiert zu lernen oder Prüfungsangst zu bekämpfen. In den folgenden Sitzungen, die von der/dem Klient:in flexibel gebucht werden können (einzeln oder im günstigeren Paket), finden sog. Coaching-Interventionen statt: Mit verschiedenen, wissenschaftlich fundierten psychologischen Coaching Methoden wird an dem Anliegen gearbeitet, bis das Ziel erreicht ist. Eine solche Intervention kann beispielsweise die Arbeit mit dem sog. „inneren Team“ sein (Welche Anteile in mir spielen welche Rolle bei diesem Thema? Wie müsste ich innerlich aufgestellt sein, um das Ziel zu erreichen und wie sind die konkreten Schritte dahin?). In einer Lernberatung kann etwa ein individueller Lernplan oder die optimale Strategie erarbeitet werden. Bei Lernberatungen ist das Monitoring oft ein großer Erfolgsfaktor, d.h., durch das Überwachen der Lernfortschritte ist der Umsetzungsfaktor extrem hoch.
Wenn Du Jurastudierenden und Referendar:innen einen zentralen Rat geben könntest, um besser mit Prüfungsangst, Stress und Überforderung umzugehen, welcher wäre das?
Verstehe es als konkreten „Auftrag“ – parallel zum Lernen selbst – Dich um Deine Gesundheit und Dein Wohlbefinden zu kümmern. Die wichtigste Voraussetzung für gutes Lernen ist, dass es Dir gut geht. Und zwar über einen langen Zeitraum. Das setzt Strapazierfähigkeit und einen guten Umgang mit Dir selbst voraus. Es ist extrem wichtig, neben der Jura-Identität Deine „private“, z. B. lebenslustige Identität zu behalten und flexibel zwischen beiden wechseln zu können.
Unterstützt Euch gegenseitig, macht Euch klar, dass es für alle herausfordernd ist und fragt nach Hilfe (professionell oder bei Familie und Freunden). Unterstützung auf dem Weg in der juristischen Ausbildung zu benötigen, ist keine Schande, sondern eine absolute Selbstverständlichkeit.
Vielen Dank für das Interview, Mireen!
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