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Journal / Referendariat / Zweites Staatsexamen / Vorbereitung auf die Klausuren

Ohne Repetitor zum zweiten Staatsexamen?!

In diesem Beitrag berichtet Ramon Burhoff, der sein Referendariat in NRW absolvierte, wie er sich auf die Klausuren des 2. Staatsexamens ohne die Unterstützung eines kommerziellen Repetitors vorbereitet hat.
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Insbesondere würde ich eine schnelle Sachverhaltserfassung üben.

A. Einführung

Ich erzähle nichts Neues, wenn ich erwähne, wie individuell die Examensvorbereitung sein kann. Unzählige Faktoren können die Vorbereitung beeinflussen und die Dynamik privater und beruflicher Ereignisse zwingt häufig zu Anpassungen des eigenen Lernplans.

Damit meine ich insbesondere, dass die Menge der Stationsarbeit je nach Einzelausbilder und die Vor – und Nachbereitung des Stoffes je nach Arbeitsgemeinschaft variiert und auch private Belange unterschiedlicher nicht sein können. Daher möchte ich im Folgenden nur über meine persönliche Examensvorbereitung berichten und kein Patentrezept aufzeigen.

Meine Examensvorbereitung kam ohne Repetitorium und kostenpflichtige Klausurenkurse aus. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, mag dahingestellt sein. Im Übrigen habe ich meine Wahl der Verwaltungs – und Anwaltsstation in Bezug auf die schriftlichen Prüfungen angepasst. D.h., dass ich mit der Stationsarbeit nicht überfordert wurde und auch i.R.d. Anwaltsstation eine angemessene Zeit von Aufgaben befreit war. Dies war mir wichtig, da der Termin zum zweiten Examen von Anfang an auf den 21. Monat der Ausbildung bestimmt ist. Man befindet sich also quasi von Tag eins an irgendwie in der Examensvorbereitung.

Meine Examensvorbereitung begann in der Verwaltungsstation. Zu Beginn der Station befasste ich mich lediglich mit der Vorbereitung dieser wohl anstrengendsten Zeit des Referendariats neben den schriftlichen Prüfungen selbst. Genau hier möchte ich meinen Beitrag zunächst ansetzen, bevor ich über die Examensvorbereitung selbst berichte.

B. Die Vorbereitung der Vorbereitung – Meine Ausgangssituation

Es war wichtig für mich, mir meiner Ausgangssituation bewusst zu werden. Hierzu wurde ich mir im Klaren darüber, was ich bisher gelernt hatte, was im Examen gefordert wird, welcher Lerntyp ich bin und was noch bis zum Examen auf mich wartet (z.B. Umfang der Stationsarbeit in der Verwaltung und beim Anwalt, neue Themen in der Fortgeschrittenen – AG1, Klausuren in der AG, etc.). Vieles davon ließ sich schwer einschätzen, eine grobe Richtung war aber durchaus vorhanden.

I. Mein Referendariat bisher

Bisher hatte ich die Ausbildung in der Zivil – und der Strafstation absolviert, war also bereits acht Monate im Referendariat. Diese Zeit verbrachte ich weitestgehend damit, Stationsarbeit in nicht unerheblichem Umfang zu erledigen, die AG zu besuchen und den Sitzungsdienst in der Staatsanwaltschaft zu leisten sowie diesen mit meiner Ausbilderin vor – und nachzubereiten. Da in dieser Zeit natürlich auch noch fünf Übungsklausuren (drei in der Zivilstation und zwei in der Strafstation) und zwei Übungsvorträge (je einer in jeder Station) anstanden, ging für deren Vorbereitung weitere Zeit ins Land. Im ersten Drittel des Referendariats, war also für mich an eine Examensvorbereitung noch nicht zu denken.

II. Erkenntnisse zu Beginn

Rückblickend sehe ich mein juristisches Wissen zum Zeitpunkt der Verwaltungsstation als eher mittelprächtig, was sich aber bald ändern sollte.

Die besprochenen Klausuren in der zivilrechtlichen AG bestanden mit wenigen Ausnahmen prozessual aus dem Umgang mit Versäumnisurteilen, Widerklagen, den Grundzügen der Anwaltsklausur (wobei die Zweckmäßigkeitserwägungen nur oberflächlich behandelt blieben) und materiell – rechtlich aus dem Schuld – (dort im Wesentlichen Kauf – und Werkrecht) und Sachenrecht. Auch hatte meine Stationsarbeit in der Zivilstation wenig mit dem Examen zu tun, sodass ich auch hieraus kaum Mehrwert dafür zog.

In der Strafstation bin ich zudem an eine Einzelausbilderin geraten, die in vielen Punkten nicht immer die Lehrmeinung der Skripte bzw. meines AG – Leiters vertrat, was Verwirrung stiftete.

Bis zum Zeitpunkt der richtigen Vorbereitung habe ich nicht realisiert, dass auf fünf Monate Zivilstation weitere sechs Monate Straf – und Verwaltungsstation folgten, in denen man mit dem Zivilrecht so gut wie nicht mehr arbeitete. Dass man eine ganze Menge des neu Erlernten vergisst, war also klar. Dass dann das Zivilrecht mit seinen vier Klausuren im Examen den Schwerpunkt bildet, machte es nicht besser.

Die F – AG setzte aber voraus, dass man das Zivilrecht natürlich weiter beibehalten hatte (das ist m.E. eine echte Herausforderung). Wiederholt wurde bei uns in der F – AG nicht viel. Vielmehr wurde uns gezeigt, was wir alles noch nicht beherrschten. Regelmäßig störten sich die AG – Leiter daran, dass wir Grundlegendes (z.B. ein fehlerfreies Urteilsrubrum) nicht beherrschen würden. Umso beeindruckter war ich, dass meine Noten während der vorangegangenen AG’en immer zwischen 7 und 12 Punkten lagen. Schnell stellte ich fest, dass diese „Kuschelnoten“ alles andere als realistisch gewesen sind und wohl mehr nur der Schönheit des Zeugnisses galten.

Ich weiß nicht mehr, wie oft ich am Ende der F – AG das Gebäude immer mit dem Gedanken verließ: „Wie soll das ein einzelner Mensch alles lernen?“ Hinzu kam noch die Sorge vor den noch neuen Fächern (Rechtsgestaltung, Revision, Zwangsvollstreckungsrecht). Ich hatte zwar das Glück, die strafrechtliche Revision schon im Schwerpunktbereich gehört zu haben, beruhigt war ich aber nicht.

In der gesamten F – AG besprachen wir nur noch eine staatsanwaltliche Klausur. Anwalts – und Behördenklausuren aus dem öffentlichen Recht gar nicht mehr. Meine persönliche Examensvorbereitung entpuppte sich also aufwändiger, als ich vermutete.

III. Mein Lerntyp

Um dem Aufwand trotzdem halbwegs gerecht zu werden, betrachtete ich meinen Lerntyp, den ich im ersten Examen bereits erfolgreich anwendete. Damals habe ich strukturierte getippte Zusammenfassungen sämtlicher Themengebiete (gemessen an § 11 JAG NRW) angefertigt und diese dann schlicht auswendig gelernt. Das würde ich als den Weg des geringsten Widerstands bezeichnen. Da ich die Aufzeichnungen selbst verfasst hatte, waren mir viele Teile beim ersten wiederholen bereits bekannt. Das erleichterte die Wiederholung.

Sicher ist die Methode nicht stets auf Verständnis getrimmt. Aber als ich das erlernte Wissen auf Fälle im Uni – Klausurenkurs angewendet und die Korrektur durchgearbeitet hatte, kam das Verständnis bei mir meist von allein.

So konnte ich mir einen vernünftig fundierten Wissensstand aneignen, mit dem ich dann im zweiten Schritt nur noch Klausuren gelöst hatte. Im Detail habe ich mir Schemata zu den einzelnen Tatbeständen angelegt und jedes einzelne Tatbestandsmerkmal mit den gängigsten Problemen (insb. den „Klassikern“) versehen. Damit habe ich sowohl den Freischuss, als auch den Verbesserungsversuch im ersten Examen erfolgreich absolviert.

Im Wesentlichen hat sich an dieser Technik für das Assessorexamen nicht viel geändert, außer dass die Schemata natürlich ganz anders auszusehen hatten. So erstellte ich mir für verschiedenste Prozesslagen (z.B. Widerklage, Feststellungsklage, Versäumnisurteil, Stufenklage, Urkundenprozess, einstweiliger Rechtsschutz, Zwangsvollstreckungsrechtbehelfe, Streitgenossenschaft, Nebenintervention, etc.) Schemata mit den jeweiligen Besonderheiten der prozessualen Situation, wie ich sie in der Klausur anwenden würde: Rubrum, Tenor, Tatbestand, Entscheidungsgründe (unterteilt in Zulässigkeit und Begründetheit), Nebenentscheidungen (Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit, Rechtsbehelfsbelehrung).

Zudem fertigte ich mir Muster für verschiedene praktische Teile einer Klausur (z.B. Anklageschrift, behördlicher Bescheid, anwaltliche Schriftsätze) und Checklisten bzw. Übersichten an (bspw. Inhalt des B – Gutachtens, wichtige Zweckmäßigkeitserwägungen, gängige prozessuale Probleme). Damit war ich dann im Laufe meiner Vorbereitung in der Lage, Prozesssituationen zügig zu lösen.

Natürlich sucht das LJPA regelmäßig Konstellationen aus, die nicht mit der Standardliteratur bekannt werden, aber meine Erfahrung zeigt: I.d.R. bekommt man diese Situationen mit einem Blick in den Kommentar oder den Hinweisen im Klausursachverhalt einschließlich des Bearbeitervermerkes in den Griff.

C. Stoffsammlung

Meine Ansicht auf die Examensvorbereitung war und ist, dass ohne ausreichend fundiertes Wissen über den Prüfungsstoff im Assessorexamen die Klausurbearbeitung nicht wirklich fruchtbringend ist. Frei nach dem Motto: Wo kein Wissen ist, kann auch kein Wissen angewendet werden. Natürlich berücksichtigte ich, dass man nicht alles wissen kann. Aber wenn vielerorts nicht mal Grundzüge vorhanden sind, macht es keinen Sinn, sich blind auf Klausuren zu stürzen.

Die erste und längste Hürde war also, zunächst den prüfungsrelevanten Stoff umfassend und dennoch für einen einzelnen Menschen noch erlernbar, zusammenzutragen. Dafür benötigte ich ca. sechs Monate, also die gesamte restliche Verwaltungsstation und z.T. die Anwaltsstation.

I. Anforderungen des LJPA

Dabei versuchte ich mich zuerst an einem Blick ins Gesetz. § 52 Abs. 1 Nr. 1 JAG NRW i.V.m. § 11 JAG NRW gab mir eine gewisse Route vor, wenn auch eher auf das materielle Recht bezogen. Wenn man § 52 Abs. 1 JAG NRW weiterliest, bleibt der konkrete Stoffumfang insgesamt aber doch eher im Nebel verborgen. Insbesondere aus der Formulierung „[…] über die erforderlichen Kenntnisse in folgenden Fächern verfügt:
1. in den Prüfungsfächern der staatlichen Pflichtfachprüfung (§ 11);
2. im Überblick im Straßenrecht und im Recht des öffentlichen Dienstes;
3. im Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozessrecht;
4. im Überblick im Vollstreckungsrecht;
5. in den Methoden der praktischen Rechtsanwendung.“ lässt sich nur schwer entnehmen, welche Konstellationen tatsächlich beherrscht werden müssen und welche nicht. Reicht z.B. die Beherrschung der klassischen zivilrechtlichen Widerklage oder müssen auch die Sonderkonstellationen, wie die isolierte Drittwiderklage oder die petitorische Widerklage beherrscht werden? Trifft uns der Urkundenprozess nur aus anwaltlicher oder auch aus Richtersicht? Insoweit vertraute ich auf unsere AG – Leiter.

Auf Nachfragen bei den AG – Leitern, ob dieses oder jenes Thema auch abgefragt werden könnte, kam sinngemäß regelmäßig die Antwort: „Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, aber ausschließen will ich das auch nicht. Eine Klausur habe ich aber dazu noch nie gesehen.“

Viele Fortschritte machte ich also nicht. Einfach drauflos zu lernen, kam für mich aber weiterhin nicht in Frage. Das funktionierte schon im ersten Examen nicht.

Als weitere Quelle für die Anforderungen des LJPA las ich über die ganze Vorbereitungszeit regelmäßig Gedächtnisprotokolle der vorherigen Durchgänge, sofern denn welche angefertigt wurden. Hierfür ist das Forum zur letzten Instanz (www.forum-zur-letzten-instanz.de) nur zu empfehlen.

Bereits beim ersten Lesen war ich überrascht, wie sehr die Anforderungen im Vergleich zu den von uns in der AG besprochenen Klausuren (i.d.R. Stand 2008 – 2015) gestiegen waren, insbesondere was den Umfang der Bearbeitung anging. Während die von uns besprochenen Klausuren in der AG mit maximal zwei Klageanträgen bzw. einem Beschuldigten auskamen, musste ich mich beim Lesen der Gedächtnisprotokolle daran gewöhnen, dass auch mal vier oder mehr Klageanträge bzw. zwei oder mehr Beschuldigte in der Klausur zu prüfen sind.

Auch hat sich der Stil der Klausuren und Bearbeitervermerke verändert. Die Vermerke sind länger geworden und enthielten immer öfter Hinweise, mit denen man auf den ersten Blick überhaupt nichts anzufangen wusste. Die Klausuren sind auch im Volumen umfangreicher geworden.

Besonders stach hervor, dass die Komplexität der Sachverhalte zugenommen hatte: Mehrpersonenverhältnisse (neben dem Bereicherungsrecht, auch im Miet – und Deliktsrecht) waren häufig anzutreffen. Nachträgliche prozessuale Veränderungen legten die Lösung schnell in andere Bahnen. Diese Aspekte zeigten einen höheren Schwierigkeitsgrad auf, als wir von unseren Besprechungsklausuren gewohnt waren.

II. Anfertigung des Materials und Aneignung eines vernünftigen Wissensfundus

Nach all dem Überblick ging es dann auch an die eigentliche Anfertigung meines Lernmaterials. Natürlich zog ich hierzu entsprechende Literatur zurate. Allen voran die Skripte von Kaiser. Daneben nutzte ich auch mehrere Skripte von Alpmann/Schmidt und sonstige Referendarliteratur sowie einige Internetquellen und natürlich die in der Klausur zur Verfügung stehenden Kommentare.

Mein Tagespensum, den Stoff für mich persönlich angemessen zu erarbeiten, betrug in dieser Zeit (Januar 2018 bis Juli 2018) im Durchschnitt vier bis sechs Stunden netto, abhängig von der Thematik und Tagesform.

1. Zivilrecht

Gerade der erste Band des Kaiserskripts zur Zivilgerichtsklausur ist sehr hilfreich gewesen. Das Skript ist problemorientiert und enthält Aufbauschemata für viele prozessuale Konstellationen. Insbesondere die Abfassung eines Tatbestandes im Zivilurteil kann je nach Prozesssituation (Widerklage, Erledigungserklärung, Hilfsanträge, etc.) schnell komplex werden. Für all diese Konstellationen bot das Kaiserskript wirklich guten Rat und ist dafür nur zu empfehlen. Auch ist es examensnah angelegt, da die Inhalte auf gelaufenen Examensklausuren Deutschlandweit basieren.

Durch diese starke Orientierung an den im Examen abgefragten Problemen hat das Skript aber den Nachteil, dass es z.T. keine Grundstrukturen vermittelt. Allein mit diesem Skript zu lernen, reicht also m.E. nicht aus.

Auf dieser Erkenntnis basierend zog ich auch die zivilgerichtliche „Bibel“ der Referendare nämlich das Werk von Anders/Gehle2 heran. Damit ließ sich das Kaiserskript hervorragend ergänzen. Für Fragen, bei denen beide Werke nicht halfen, griff ich natürlich auch zu den Kommentaren und zu guter Letzt auch zu den Materialien aus der AG und schließlich auch zu Google.

Bei jedem Thema lagen neben dem Skript auch die Kommentare in aktueller Auflage offen. So konnte ich sehen, wo eine Problematik stand und mit etwas Glück die Suchzeit im Ernstfall etwas begrenzen. Auch war es mir wichtig von Beginn an zu lernen, mit dem Kommentar richtig umzugehen. Viele Probleme sind insb. im Palandt nicht dort, wo man sie vermutet (z.B. steht vieles über Gestaltungsrechte in den Vorbemerkungen zu § 104 BGB) oder werden quer über den Palandt verteilt kommentiert. Hier gibt Kaiser stets passende Fundstellen an.

Mit diesem Material habe ich die Themen abgearbeitet und zusammengefasst und konnte so für mich qualitativ gute Materialien erstellen. Im Laufe der F – AG ergänzte ich diese dann handschriftlich, wenn noch etwas aufkam, was so noch nicht auf meinen Zusammenfassungen stand.

Auch im Zwangsvollstreckungsrecht eignet sich das Skript von Kaiser sehr gut. Allerdings sollte man dieses nicht zum Einstieg verwenden, wenn man (wie ich) die Vorlesung in der Uni geschwänzt hat. Hier zeigt sich die o.g. Problemorientierung nämlich noch stärker. Zudem geht das Zwangsvollstreckungsrecht im Assessorexamen weiter als im ersten Examen. D.h., dass über die klassischen Zwangsvollstreckungsrechtsbehelfe hinaus auch das AnfG und diverse analoge Gesetzesanwendungen sowie Klauselrechtsbehelfe Eingang in den Examensstoff finden.

Für die Basis wurde uns der Lackmann3 (dieser wird auch regelmäßig in den Prüfervermerken zitiert) empfohlen. Allerdings ist auch dieses Buch nicht gerade dünn. Eine gute Alternative ist das Werk von Kornol/Wahlmann4. Dieses zeigt Grundstrukturen schematisch schnell erfassbar auf. Füllt man die Grundstrukturen mit dem Kaiserskript aus und legt sich den Kommentar daneben (Achtung: Der Thomas/Putzo vertritt nicht selten eine Gegenauffassung ohne Argumente), kann man sich auch hier ein ausreichend fundiertes Wissen schaffen.

Wichtig: Zwangsvollstreckungsrecht ist in NRW als Z3 – Klausur gesetzt! Ausnahmen gab es in den letzten Jahren wohl nie. Da das Gebiet verhältnismäßig überschaubar ist, sollte man sich hierauf auch ausreichend vorbereiten. Mit der o.g. Literatur erscheint mir das ohne weiteres möglich.

Zum einstweiligen Rechtsschutz kann als Basis der Kornol/Wahlmannund zur Ergänzung das Kaiserskript zur Anwaltsklausur genutzt werden. Hier sind auch Muster für Schriftsätze enthalten. Das Rechtsgebiet ist wegen der Ähnlichkeit zu § 123 Abs. 1 VwGO auch zügig fassbar.

Die Anwaltsklausur, insbesondere i.R.d. Rechtsgestaltung habe ich recht stiefmütterlich behandelt. Das Kaiserskript hilft hierfür allgemein aber sehr gut weiter. Insbesondere für die Zweckmäßigkeitserwägungen, die in unserer AG extrem oberflächlich behandelt wurden, war das Werk für mich Pflichtprogramm und ich kann es nur empfehlen.

Die Musterschriftsätze kann man natürlich sehr gut nutzen, diese aber (auch noch) auswendig zu lernen, hielt ich nicht für erforderlich. Ich habe mir nur deren Aufbau gemerkt und an die Klausursituation entsprechend angepasst.

Das Thema Kautelarklausur ist ein undurchsichtiges Feld. Das JAG hilft auch hier nicht wirklich weiter. Kaiser bietet gute Anhaltspunkte, aber wirklich starre Regeln gibt es einfach nicht. Wir hatten in der AG das Glück, ein ausführliches Skript für diesen Klausurtyp zu erhalten, mit dem ich dann letztlich das Gebiet vorbereitete. Im Examen blieb ich von diesem Thema verschont – Glück gehabt!

2. Strafrecht

Wie das Zwangsvollstreckungsrecht ist auch die staatsanwaltliche Abschlussverfügung als S1 – Klausur in NRW gesetzt. Kurz: Das muss sitzen!Gerade dieser Klausurtyp beinhaltet viel Potenzial für unverzeihliche Fehler und extrem hohen Zeitdruck.

Zur Erfassung dieser und des Strafurteils habe ich mich an die Skripte von Alpmann/Schmidt gehalten. Insbesondere für die staatsanwaltliche Abschlussverfügung halte ich diese Skripte für geeigneter. Die besseren Formulierungsbeispiele für Anklage und Verfügung sind für mich ausschlaggebend gewesen.

Darüber hinaus haben wir ein sehr ausführliches Skript unseres AG – Leiters aus der Strafstation erhalten, was weitere Literatur erübrigte.Schließlich war hier vieles auch „learning by doing“. Nach einer wirklich harten Ansage der Korrektorin, die mit uns die letzte in der F – AG angebotene Staatsanwaltsklausur besprochen hatte, sind viele Knoten bei mir geplatzt.

Im Revisionsrecht konnte ich durch meine Vorbildung auf Literatur weitgehend verzichten. Dennoch ist das Werk von Russack5 Pflichtprogramm gewesen. Dieses Werk hat gefühlt jedes bisher im Examen dagewesene Problem anhand eines Falles erörtert. Ich habe mir das dünne Büchlein einfach mal komplett zusammengefasst und auswendig gelernt. Wenn man all diese Konstellationen wirklich einigermaßen behalten konnte, war man eigentlich gut gewappnet, denn viele prozessuale Probleme kommen im Examen nur im anderen Gewand daher. Aber, um den Zahn direkt zu ziehen: Im Ernstfall kam dann eine reine Sachrüge ohne irgendein strafprozessuales Problem (abgesehen von einer Fristproblematik), sodass ich mich ausschließlich im materiellen Strafrecht austoben durfte. Ergänzt habe ich mein strafprozessuales Wissen übrigens um das Werk von Schuster/Weitner6. Dieses habe ich aber ausschließlich als Nachschlagewerk genutzt. Auch in diesem Rechtsgebiet hatte ich jederzeit die Kommentare danebenliegen.

3. Öffentliches Recht

Im öffentlichen Recht habe ich hinsichtlich der Anwalts – und Entscheidungsklausur auf das Kaiserskript zurückgegriffen. Dieses allein ist m.E. vollkommen ausreichend, um sich diese Themenfelder zu erschließen. Sehr gut sind insbesondere Drei – Personen – Konstellationen (gerade im Baurecht) dargestellt. Im Übrigen habe ich zum Konkurrentenstreit einen gelungenen Aufsatz7 genutzt.

Zur Behördenklausur empfand ich das Kaiserskript als zu oberflächlich. Abhilfe hat das Skript zur Behördenklausur von Alpmann/Schmidt geschaffen. Damit kann man sich ausreichend auf diesen Typ vorbereiten.

4. Materielles Recht

Die Crux ist und bleibt die Frage, wie man neben dem neuen Stoff auch das materielle Recht beibehält. Es bleibt auch im Assessorexamen Schwerpunkt der Prüfung!

Mit dem materiellen Recht habe ich mich nur noch punktuell befasst. Rechtsgebiete und Teilfragen habe ich mir noch mit meinen Materialien aus dem ersten Examen und dem Kaiserskript zum materiellen Recht erarbeitet.
Im Übrigen habe ich mich auf das Wissen aus den in den AG’en besprochenen Klausuren gestützt und die Kaiserskripte zum materiellen Zivil – und Strafrecht einmal von vorn bis hinten durchgelesen. Letzteres diente mehr dem Gewissen als dem Examen.

Im Ernstfall war ich auch tatsächlich entweder mit einfachen Konstellationen oder völlig unbekannten Vorschriften konfrontiert, bei denen auch intensives Nacharbeiten des materiellen Rechts keine Hilfe gewesen wäre.

Zum öffentlichen Recht habe ich mir nichts mehr wirklich intensiv angesehen, da man es in diesem Gebiet ohnehin gewohnt ist, mit unbekannten Vorschriften zu arbeiten. Hier habe ich mich auf das Bau – und Beamtenrecht beschränkt. Für beides helfen die Skripte von Alpmann/Schmidt und Kaiser gut weiter.

Intensiver habe ich mich aber mit den Gesetzesänderungen im Kauf –, Werk –, und Reisevertragsrecht sowie der neuen BauO NRW befasst. Das war nämlich weder Gegenstand in der AG noch der bisher besprochenen Klausuren.

Änderungen der BauO NRW habe ich mir anhand einer Synopse erarbeitet. Im Übrigen habe ich je einen Aufsatz8 bzw. eine hilfreiche Übersicht von Hemmer9 genutzt.

D. Wiederholung und Klausurtraining

Nach dem anstrengenden Teil des Zusammentragens und Erstellens meines Materials ging es nun an die Wiederholung und das Klausurtraining.

I. Wiederholung des Stoffes

Für die Wiederholung habe ich mir am Tag durchschnittlich vier bis sechs Stunden (je nach Tagesform) genommen. Den Rest des Tages habe ich mit jurafreien Tätigkeiten verbracht.

Zwischenzeitig traf ich mich auch mit meiner Lerngruppe. Die Treffen ebbten aber ab, da jeder in der Anwaltsstation unterschiedliche Arbeitsbelastungen hatte. Das Wiederholen des Stoffes erfolgte meist zu Hause, die Anfertigung von Klausuren in der Bibliothek.

Da ich während der Anwaltsstation ausreichende Kapazitäten hatte, waren die Seminare von Kaiser für mich keine Option. Diese erscheinen mir hilfreich, wenn man während der Anwaltsstation durchweg viel zu tun hatte und kaum Möglichkeiten hatte, sich den Stoff selbst anzueignen.

II. Klausurtraining

Zwei Monate vor dem Ernstfall habe ich dann nur noch Klausuren bearbeitet. Mein Ziel war es, möglichst nah an die Examenswirklichkeit heranzukommen. Da Originalklausuren beim LJPA bekanntlich nicht zugänglich sind, war das keine leichte Aufgabe.

1. Kommerzielle Klausurenkurse

Die kommerziellen Klausurenkurse von Alpmann und Kaiser (ich hatte mir einige von Kollegen zeigen lassen) haben mich neben den Preisen auch deshalb nicht überzeugt, weil diese massiv problemorientiert gewesen sind und m.E. mehr der Frustration als der wirklichen Vorbereitung dienen sollten.
Auch aus der Nachfrage bei einigen Kollegen (aus meiner AG haben dreiviertel der Teilnehmer einen solchen Kurs gebucht) ergab sich, dass diese oft unzufrieden waren und im Nachhinein, verglichen mit den tatsächlich gelaufenen Examensklausuren auch wenig Mehrwert gezogen hatten. Dann war für mich klar, keine Klausuren zu buchen.

2. Online – Angebot des KG Berlin

Also habe ich mich zunächst an dem Online – Klausurenkurs des KG Berlin versucht. Für NRW eignen sich diese Klausuren ganz gut. Die inhaltlichen Anforderungen divergieren etwas von den Klausuren in NRW. So ist in Berlin i.R.d. staatsanwaltlichen Klausur keine zusätzliche Begleitverfügung zu fertigen und die Personalien können auf Vor – und Zuname beschränkt werden. Strafrechtliche Revisionsklausuren fand ich in dem Angebot nicht. Das Angebot an Zwangsvollstreckungsklausuren ist ebenfalls sehr begrenzt.

Daneben sind die öffentlich – rechtlichen Klausuren wegen des unterschiedlichen Landesrechts nicht immer geeignet. Auch sind die Lösungsskizzen nicht einheitlich und teilweise fehlerbehaftet (aber das passiert sogar in originalen Prüfervermerken). Schließlich stammen viele aktuelle Klausuren aus weiter zurückliegenden Originaldurchgängen, wie sich teilweise aus den Lösungshinweisen ergibt. Das Angebot ist insgesamt aber gut brauchbar und empfehlenswert. Löblich ist, dass die Lösungen der Klausuren regelmäßig überarbeitet werden und damit auf dem neuesten Stand sind.

3. Ablauf des Klausurtrainings

Mein Klausurtraining bezog sich also auf das Angebot des KG Berlin und die Bearbeitung meiner in den AG‘en behandelten Klausuren. An viele Sachverhalte erinnerte ich mich ohnehin nicht mehr, da war eine unbefangene Bearbeitung gut möglich.

Daneben gab es die vier Klausurwochen in der F – AG sowie alle im Laufe der F – AG vorzubereitenden Klausuren. So kam ich dann auf insgesamt ca. 50 Klausuren zzgl. Übungsvorträgen. Mein Schwerpunkt lag im Zivilrecht, da hier die meisten Klausuren anstehen.

Eine Klausur in der Woche habe ich ausgeschrieben, zwei bis drei weitere habe ich als Lösungsskizze erarbeitet und dann mit der Lösung nachbereitet.

Gern habe ich mir, je nach Tagesform statt einer Klausur, einen Vortrag aus dem Archiv des LJPA vorgenommen und diesen in ca. 90 Minuten als Klausur ausformuliert. Das kann ich sehr gut empfehlen, nicht zuletzt deshalb, weil die Vorträge die einzige Quelle sind, die mit amtlichen Prüfervermerken zugänglich sind.

Ca. zwei Wochen vor dem Ernstfall habe ich dann nur noch ein bis zwei Stunden täglich Basics (z.B. Versäumnisurteil, Aufbau der Anklageschrift, etc.) wiederholt und Klausuren skizzenartig gelöst, um Routine zu behalten.

E. Hat sich die Vorbereitung ausgezahlt?

Der Ernstfall hielt dann viele Überraschungen parat, auf die man sich kaum vorbereiten konnte.

Von völlig überfrachteten Klausuren, unbekannten Normen aus dem Erbrecht und weit komplexeren Sachverhalten, als man sie kannte, bis zu einer Konstellation, die von den einschlägigen Skripten als sehr unwahrscheinlich angepriesen wurde, war alles dabei.

Rückblickend würde ich meine Lernmethode wieder nutzen, sie allerdings damit modifizieren, noch mehr Klausuren zu schreiben. Insbesondere würde ich eine schnelle Sachverhaltserfassung üben. Auch würde ich den Fokus noch mehr auf den praktischen Teil legen.

F. Fazit

Der häufige Satz „Das zweite Examen ist einfacher als das Erste.“ stimmt m.E. nur teilweise: Richtig ist, dass die materiell – rechtlichen Probleme nicht mehr derart in die Tiefe gehen, wie es noch im ersten Examen der Fall war. Dennoch hat man im Assessorexamen ohnehin andere Herausforderungen, als das materielle Recht. Zum einen gerät man in Assessorklausuren viel eher in Zeitnot und zum anderen liegt der Schwerpunkt in der Erbringung einer praktischen Leistung, die der Praxis zumindest ohne tiefgreifende Korrekturen zugeführt werden könnte.

Insgesamt ist die Vorbereitung keinesfalls einfach, nicht zuletzt, weil sie im Gegensatz zum ersten Examen auch zeitlich strenger begrenzt ist. Ich hoffe jedoch, mit diesem Beitrag Anregungen für die Vorbereitung aufgezeigt zu haben und wünsche allen künftigen Kandidaten viel Erfolg im Examen!


1 Folgend: „F – AG“
2 Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 13. Aufl. 2017.
3 Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl. 2018.
4 Kornol/Wahlmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl. 2017.
5 Russack, Die strafrechtliche Revionsklausur im Assessorexamen, 11. Aufl. 2017.
6 Schuster/Weitner, StPO – Fallrepetitorium, 6. Aufl. 2015.
7 Brinktrine, Konkurrentenstreitverfahren im Beamtenrecht, Jura 2015, 1192 – 1205.
8 Looschelders, JA 2018, 81 ff.; Reiter, JA 2018, 161 ff.; Reiter, JA 2018, 241 ff.
9 Lück, Neues (und altes) Reisevertragsrecht, §§ 651a ff. BGB, https://www.repetitorium-hemmer.de/rep_pdf/31__14554_Neues_Reiserecht.pdf.

Anmerkung der Redaktion: Ramon Burhoff war ebenfalls Sprecher seiner Referendar-AG. Hier findest du einen Erfahrungsbericht zu seinen Aufgaben – von der detaillierten Planung der AG-Fahrt nach Prag bis zur Vermittlung zwischen AG-Teilnehmern und -Leitern!

Aufgaben als Sprecher der Referendar-AG

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