LL.M. oder Dr. iur.?
Ein Zeitpunkt, den sich alle Jurastudierenden erträumen – das erste Examen ist geschafft und bestanden! Doch nach der Erholungspause geht es gleich weiter mit der Planung für die Zukunft. Soll ich direkt mit dem Referendariat starten? Oder gibt es noch andere Möglichkeiten, die mir weitere Qualifikationen einbringen? Zwei davon stellen wir euch heute vor, den LL.M. und die Promotion. Eine gute Examensnote ist wichtig und eröffnet Berufseinsteiger*innen gute Möglichkeiten, soviel ist jedem klar. Dass die Kanzleien jedoch mehr und mehr auch auf andere Fähigkeiten, Titel und Qualifikationen achten, sollte beachtet werden. So kann man beispielsweise mit verhandlungssicheren Fremdsprachenkenntnissen und Auslandsaufenthalten punkten. Hier stellt mittlerweile der Master of Laws (Legum Magister, kurz: LL.M.) als akademischer Grad eine sinnvolle und in bestimmten juristischen Bereichen sogar die nützlichere Alternative zur Promotion dar. Ein LL.M. wird in einem meist zwei- oder mehrsemestrigen Studiengang mit diversen Prüfungen erlangt und verhilft zu einem vertieften fachspezifischen Wissen in einem bestimmten Rechtsgebiet. Bei der Doktorwürde (Dr. jur.) handelt es sich um einen akademischen Grad, der aufgrund einer wissenschaftlichen Arbeit verliehen wird.Die Zukunftspläne der Studierenden
Iurratio hat für die Ref50-Ausgabe eine Talentumfrage durchgeführt, bei der etwa 1200 Studierende, Referendar*innen, Doktorand*innen, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Absolvent*innen des ersten Staatsexamen teilgenommen haben. Dabei wurden sie dazu befragt, welche Ziele sie im Rahmen ihrer juristischen Ausbildung bereits abgeschlossen haben und welche sie noch planen.
Von den Teilnehmer*innen waren etwa 43% noch Studierende, 37% Rechtsreferendar*innen und ca. 20% Doktorand*innen bzw. wissenschaftliche Mitarbeiter*innen. Etwa 3% der Befragten haben bereits promoviert, weitere 26% planen eventuell eine Promotion in ihrer Zukunft. Beim LL.M. ergab sich, dass ca. 5% der Befragten einen Master im Ausland, hingegen nur halb so viele einen entsprechenden Titel in Deutschland erworben haben.
Jedoch planen weitere 22%, in ihrer Zukunft noch einen LL.M. im Ausland und 8% einen Master in Deutschland. Damit liegen die Zahlen der Interessent*innen für einen LL.M. im Ausland und in Deutschland recht weit auseinander. Dies liegt wahrscheinlich an den mit einem im Ausland erworbenen LL.M. verbundenen internationalen Erfahrungen, die für viele zu einem LL.M.-Programm dazugehören. Bei den Befragten, die sich noch unsicher sind und eine Promotion oder einen LL.M. eventuell in Betracht ziehen, unterscheiden sich die Zahlen weniger. Etwa 34% würden einen LL.M. im Ausland in Betracht ziehen und für 27% käme ein solcher Abschluss in Deutschland in Frage. Eine Promotion würden etwa 38% der Teilnehmer*innen eventuell einplanen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass für die Zukunft eine klassische Promotion etwas häufiger geplant ist, als der LL.M. In den letzten Jahren hat sich außerdem die Tendenz herausgebildet, dass vor allem Absolvent*innen, die auf eine Karriere in eine Großkanzlei abzielen, sowohl einen LL.M. als auch eine Promotion abschließen.
Die Vorteile der jeweiligen Titel
a) Das LL.M.-Programm
Im Rahmen eines LL.M.-Programms werden Prüfungen abgelegt und wissenschaftliche Arbeiten geschrieben, zum Schluss erfolgt die Anfertigung einer Masterarbeit, die in ihrem Umfang weit hinter einer Doktorarbeit zurückbleibt. Der LL.M. stellt dabei einen Kompromiss zwischen der reinen Wissensvertiefung und dem wissenschaftlichem Arbeiten dar. Er ist für alle diejenigen zu empfehlen, die eine praktische Arbeit bevorzugen. Wer später gerne in einer international orientierten Wirtschaftskanzlei arbeiten möchte, für den wird Englisch zur Alltagssprache werden. Dafür können die englischsprachigen LL.M.- Programme in den USA, im Vereinigten Königreich, in Australien oder anderen Ländern sehr nützlich sein. Für Wirtschaftsjurist*innen dürften insbesondere Programme aus dem Bereich International Business Law renommierte Universitäten wie die Middlesex University, die London South Bank University, die University of Essex oder die Newcastle University in Großbritannien von Interesse sein. Überdurchschnittlich gute Englischkenntnisse, am besten nachgewiesen durch ein LL.M.-Studium, sind häufig eine Einstellungsvoraussetzung. Aber nicht nur diese sind von Vorteil. Bei einem LL.M. aus dem Ausland schätzen Kanzleien ebenfalls die internationalen Erfahrungen sowie das Selbstbewusstsein, für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen. Nicht zuletzt beweist man Organisationstalent, denn ein solches Jahr erfordert Planungsgeschick und persönlichen Einsatz. Deshalb ist es vorteilhafter, seinen LL.M. im Ausland zu absolvieren, auch wenn es diese Möglichkeit mittlerweile in Deutschland gibt. Doch auch ein in Deutschland erworbener LL.M. kann sinnvoll sein. So zum Beispiel, wenn man überwiegend vertiefende Kenntnisse des deutschen Rechts sammeln möchte, was für das spätere Tätigkeitsfeld praktisch sein kann. Außerdem fallen die Kosten für ein deutsches LL.M.-Programm oft nicht so hoch aus.b) Die Promotion
Hat der Absolvent/die Absolventin, der/die sich für eine Promotion entscheidet, eine/n Hochschulprofessor*in gefunden, der/die sich der Promotion annimmt, steht die Themenfindung an, die mit dem Doktorvater/der Doktormutter besprochen wird. Anschließend wird die eigentliche Doktorarbeit angefertigt, über die nach Abgabe noch eine mündliche Prüfung abgelegt werden muss. Die im Rahmen der Promotion erworbenen Fähigkeiten sind für die praktische Arbeit als Rechtsanwalt/-anwältin wichtig. Sauberes wissenschaftliches Arbeiten, juristisch kreatives und analytisches Denken sowie ein gutes Sprachgefühl sind für eine/n Rechtsanwalt/-anwältin entscheidende Fähigkeiten. Diese sind für die Qualität der Beratung gegenüber den Mandant*innen maßgeblich.Relevanz bei der Bewerbung
Iurratio hat etwa 120 Kanzleien in Deutschland dazu befragt, wie wichtig ein LL.M. oder eine Promotion bei der Bewerbung für das Referendariat ist. Auf einer Scala von 1 bis 10, von „unwichtig“ bis „unerlässlich“, sollten die Arbeitgeber dabei bewerten, wie relevant es für sie ist, einen der genannten Titel vorweisen zu können. Interessant für die Bewerber*innen ist auch, ob sie ein fehlendes Prädikatsexamen durch eine entsprechende Alternative ausgleichen können.
Bei den Ergebnissen ist besonders hervorzuheben, dass keine der Kanzleien einen LL.M. oder eine Promotion für unerlässlich hält. Nur eine Kanzlei betrachtet einen englischsprachigen Master als besonders wichtig (Stufe 9). Im Gegensatz dazu gilt ein Prädikatsexamen bei etwa 7% der Kanzleien als unerlässlich.
Ungefähr 30% aller Arbeitgeber bewerteten sowohl eine Promotion als auch einen LL.M. im mittleren Bereich der Scala mit „mäßig wichtig“. Insgesamt wurde die Relevanz eines englischsprachigen LL.M. etwas höher bewertet als ein deutsch- oder anderssprachiger LL.M. Der Unterschied zum Prädikatsexamen ist auch hier sichtbar: Während zwischen 12% und 17% der Kanzleien eine Promotion oder einen Master als unwichtig betrachten, gilt dies beim Prädikatsexamen nur für weniger als 1%.
Da es häufiger vorkommt, dass ein/e Bewerber*in nicht alle idealen Kriterien wie Prädikatsexamen und gleichzeitig auch eine Promotion oder einen LL.M. vorweisen kann, gibt es die Möglichkeit, ein fehlendes Prädikat mit einem der Titel auszugleichen.