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KI in der Ausbildung: Wie kann KI die Examensvorbereitung verbessern?

Der Artikel zeigt, wie KI die Examensvorbereitung erleichtern kann – etwa durch automatisierte Zusammenfassungen, individuelle Lernpläne oder digitale Übungstools. Gleichzeitig wird deutlich, dass ihre Nutzung kritische Reflexion erfordert und die eigenständige juristische Argumentationsfähigkeit weiterhin unverzichtbar bleibt.

Beitrag aus unserer aktuellen Ausgabe des IUR50, 8. Auflage 2026

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KI in der Ausbildung: Wie kann KI die Examensvorbereitung verbessern?

Die Examensvorbereitung im juristischen Studium sowie im Referendariat ist langwierig und anspruchsvoll. Die Menge an Gesetzen, Kommentaren, Aufsätzen, Skripten und sonstigen Arbeitsmaterialien sind unüberschaubar und mannigfaltig. Aus diesem Grund steht ein jeder Jurist irgendwann vor der Frage: Wie kann ich mich effizient und zielorientiert auf das Examen vorbereiten? Womöglich bietet „Künstliche Intelligenz“ (KI) hier Möglichkeiten, um nicht nur zeitsparend, sondern auch erfolgreich zu lernen. Ob durch automatisierte Zusammenfassungen, kluge Recherche-Tools oder interaktive Lernhilfen – KI verspricht echte Unterstützung auf dem Weg zum Staatsexamen.

Wie kann KI die juristische Ausbildung unterstützen?

KI macht nichts anderes als menschliche Intelligenz so gut es geht nachzuahmen. Primär sind die Algorithmen darauf programmiert, Probleme zu identifizieren, Lösungsvorschläge zu unterbreiten und Daten schnell und effizient zu verarbeiten. Diese Fähigkeiten können bei der Vorbereitung für das juristische Staatsexamen von enormem Wert sein – wenn man weiß, wie man sie effektiv nutzt. Dazu muss man insbesondere die richtigen Prompts verwenden, die hier beispielhaft aufgeführt werden sollen.

Ein relevantes Einsatzfeld ist das automatisierte Erstellen von Lernmaterialien. Die gängigsten KI-Systeme sind in der Lage, umfangreiche und komplexe Texte kurz und prägnant zu komprimieren. Hierbei können Urteilstexte, wissenschaftliche Aufsätze oder Gesetzeskommentare als Datei hochgeladen werden, woraufhin die relevanten Kernpunkte binnen kürzester Zeit extrahiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, gezielt nach bestimmten Schlüsselbegriffen zu filtern und auf dieser Grundlage vertiefende Ausführungen zu den jeweiligen Themenbereichen zu erhalten. Besonders bei langen Urteilen, Skripten, Aufsätzen oder Kommentaren ist eine KI dazu in der Lage, relevante Passagen automatisch hervorzuheben, um sich so auf bestimmte „Keyphrases“ fokussieren zu können.

Beispielprompt: „Fasse das angehängte Dokument für mich kurz und prägnant zusammen und hebe außerdem die wichtigsten Passagen zum Thema mittelbaren Nebenbesitz hervor.

Ein zusätzlicher, überaus zeiteffizienter Ansatz besteht darin, die Künstliche Intelligenz als Organisator zu nutzen. Statt selbst Lernzeit für die Erstellung eines Lernplanes zu verwenden, kann in Sekundenschnelle ein systematisch aufbereiteter Plan generiert werden, der zudem individuell angepasst werden kann. 

Beispielprompt: „Bitte erstelle mir einen Lernplan für die nächsten sechs Wochen. Dabei will ich die Rechtsgebiete Schuldrecht, Sachenrecht, allgemeiner Teil des Strafrechts, Staatsorganisationsrecht und Polizeirecht intensiv wiederholen. Dabei soll die meiste Zeit für Schuld- und Sachenrecht eingeplant werden. Beachte zusätzlich, dass der Samstag für eine Klausur geblockt ist und den Sonntag mache ich frei.

Ein weiteres Beispiel, inwiefern KI in der Examensvorbereitung eingesetzt werden kann, ist die Nutzung als digitalen Übungstrainer. Sollte der unmittelbare Austausch mit der Lerngruppe einmal nicht möglich sein oder der Wunsch bestehen, von den herkömmlich selbst erstellten Karteikarten abzuweichen, eröffnen moderne KI-Systeme die Möglichkeit, themenspezifische Multiple-Choice-Tests oder offene Fragestellungen zu generieren. Hierzu müssen die relevanten Dokumente hochgeladen werden, auf deren Basis die KI nach einem entsprechenden Prompt eigenständig präzise Fragen formuliert. Auf diese Weise fungiert die KI als persönlicher Lernassistent, der nicht nur Abwechslung in den Lernprozess bringt, sondern auch eine effektive, individualisierte Betreuung ermöglicht.

Beispielprompt: „Ich werde dir im Folgenden mehrere Dokumente hochladen, die prüfungsrelevante Inhalte zum Thema mittelbaren Nebenbesitz enthalten. Erstelle bitte darauf basierend eine Serie von Übungsfragen. Nutze verschiedene Formate wie Multiple-Choice, offene Fragen und kurze Fallbeispiele.

Welche Gefahren und Herausforderungen gibt es?

Die zunehmende Integration von KI in den juristischen Ausbildungsbereich birgt jedoch auch unübersehbare Risiken und Herausforderungen. So gibt es speziell für generative KI-Modelle keine Gewähr für die inhaltliche Korrektheit sowie die Aktualität der generierten Antworten. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen neigen KI-Systeme häufig zu sogenannten „Halluzinationen“. Sie generieren falsch kontextualisierte, unzutreffende oder gar frei erfundene Informationen. Das liegt hauptsächlich an der Funktionsweise von KI-Systemen. Denn im Gegensatz zu den klassischen juristischen Datenbanken, die aus einer fest definierten Menge an Datensätzen und Dokumenten bestehen, produziert ein generatives KI-Modell, wie zum Beispiel ChatGPT, seine Antworten, indem es statistische Muster aus umfangreichen Trainingsdaten (in der Regel Textquellen) erkennt und fortführt. Ein KI-System wird mit unzähligen derartigen Trainingsdaten „gefüttert“, um darauf basierend nach sprachlichen Wahrscheinlichkeiten – je nach sprachlicher Formulierung des jeweiligen Prompts – eine Antwort zu generieren. Dabei gibt es jedoch keine Garantie, dass diese verwendeten Daten aktuell oder richtig sind, weil derartige KI-Modelle auch nicht automatisch Quellenverweise oder Fundstellen angeben, sondern ihre Informationen aus den unterschiedlichsten Dokumenten heranziehen.

Hieran schließt sich ein weiteres Problem von KI-Systemen an, nämlich, dass die generierten Antworten aufgrund datengetriebener Algorithmen und Trainingsdaten entstehen, die für die Nutzer nicht augenfällig sind. Dieses „Black-Box-Problem“ erschwert es, die Herkunft der Angaben zu verifizieren und kann somit den Lerneffekt beeinträchtigen, wenn Argumentationsstrukturen nicht vollständig nachvollzogen werden können.

Zudem basiert die Juristerei auf Divergenz und Vielschichtigkeit in den Rechtsansichten. Das KI-System bildet jedoch häufig nur ein einheitliches Ergebnis ab. Das birgt das Risiko, dass sich auf die vermeintlich richtige Antwort verlassen wird, ohne dass die Pluralität der möglichen Lösungsansätze und Rechtsmeinungen berücksichtigt wird. Die juristische Ausbildung erfordert – speziell in den Examensklausuren – ein hohes Maß an eigenständiger Analyse- und Argumentationsfähigkeit. Eine übermäßige Nutzung von KI kann deshalb nicht nur eine „Denkfaulheit“ bewirken, sondern auch dazu führen, dass sich mit den juristischen Problemen nur oberflächlich beschäftigt wird.

Daneben gibt es natürlich noch eine Vielzahl weiterer Herausforderungen, die die Nutzung von KI-Systemen mit sich bringt. Zu erwähnen ist der unsichere und unkontrollierbare Umgang mit Datenschutz- und Persönlichkeitsrechten. Denn niemand weiß genau, wie die Inhalte, die die Nutzer in das (teils von ausländischen Unternehmen betriebene) System einbringen, verarbeitet und verwertet werden. Nicht zuletzt besteht auch die Gefahr der unbewussten Übernahme von Fremdinhalten. Wenn das KI-System bestimmte Inhalte generiert, die auf urheberrechtlich geschützten Daten basieren und „blind“ in Hausarbeiten oder ähnlichen Arbeiten verwendet werden, können nicht unerhebliche Plagiatsrisiken entstehen.

Welche KI-Modelle für den juristischen Markt gibt es?

Die aufgezeigten Herausforderungen sind speziell bei solchen KI-Systemen zu beobachten, die nicht auf einen bestimmten Bereich zugeschnitten sind oder nicht auf einer festen Datenbank basieren, also zum Beispiel generative Systeme, wie ChatGPT oder Copilot. Doch daneben gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Tools und KI-Anwendungen, die speziell auf die Rechtsbranche angepasst sind und daher für die Examensvorbereitung und die juristische Ausbildung generell weitaus bedeutsamer und zuverlässiger sein können. Denn diese KI-Systeme könnten zumindest teilweise den oben beschriebenen Risiken und Problemen, die die Nutzung von KI-Anwendungen mit sich bringt, entgegenwirken, indem nur bestimmte Trainingsdaten verwendet und explizite Quellenangaben geliefert werden. Zudem werden nachgestellte KI-Systeme auf inländischen Servern und Unternehmen betrieben.

Eines davon ist vom Verlag C.H.Beck entwickelt worden, der sogenannte „beck-chat“. Diese KI-gestützte Software-Anwendung zeigt, dass auch die juristische Recherchearbeit zunehmend technologiebasierter wird. Der „beck-chat“ ermöglicht Nutzern innerhalb der beck-online Plattform einen interaktiven Zugang zu der umfangreichen beck-online Datenbank. Nutzer können in einem Chatfenster Fragen formulieren und die Anwendung generiert aus den jeweils relevanten Inhalten der beck-online Datenbank präzise Antworten. Die Antworten werden dabei nicht nur inhaltlich aufbereitet, sondern enthalten auch zitierte Fundstellen mit direkten (internen) Verlinkungen zu den zugrunde liegenden Originalquellen. Dies erhöht die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Rechercheergebnisse und ist daher besonders im juristischen Bereich ein sehr wertvolles Feature. Falls also mal eine detailliertere und umfassendere Recherche erforderlich ist – im Rahmen von Hausarbeiten oder bei einer Auseinandersetzung mit einem komplexen Rechtsproblem, welches man anhand wissenschaftlicher Quellen begegnen möchte – kann das Tool eine hilfreiche Bereicherung darstellen.

Eine vergleichbare Anwendung, die ebenfalls vom Verlag C.H.Beck entwickelt wurde, ist „Frag den Grüneberg“, welche insbesondere in der anwaltlichen Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dieses KI-gestützte Tool ermöglicht eine umfassende Literaturrecherche innerhalb des BGB-Kommentars „Grüneberg“ (ehemals „Palandt“). Neben einer klassischen Stichwortsuche haben Nutzer die Möglichkeit, vollständige Fragen zu formulieren, auf die die KI eine fundierte Antwort liefert und sie durch Fundstellenangaben sowie Verlinkungen zur beck-online Datenbank ergänzt.

Darüber hinaus bietet die Anwendung eine interaktive Dialogfunktion, die es ermöglicht, komplexe Sachverhalte darzustellen und rechtliche Fragestellungen vertieft zu erörtern. Die KI erkennt dabei kausale Zusammenhänge und unterstützt bei der strukturierten Aufarbeitung juristischer Probleme. Zudem besteht die Option, anwaltliche Schreiben oder E-Mails automatisch generieren zu lassen, wobei die relevanten rechtlichen Aspekte systematisch und präzise eingearbeitet werden. Doch auch für die Examensvorbereitung im Zivilrecht erweist sich das Tool als äußerst nützlich: Studierende oder Referendare können damit juristische Probleme gezielt anhand des BGB-Kommentars nachschlagen – insbesondere solche, die sich nicht unmittelbar aus klassischen Lernmaterialien erschließen oder deren Verständnis Schwierigkeiten bereiten.

Ein weiteres KI-Modell hat Wolters Kluwer auf den Markt gebracht. Dieses Modell dürfte ebenfalls speziell in der Praxis für Rechtsanwälte relevant sein. Aber auch Nachwuchsjuristen können das Tool für Hausarbeiten, Seminararbeiten und womöglich auch bei der Examensvorbereitung sinnvoll nutzen. Die Wolters Kluwer GPT-Technologie ermöglicht eine strukturierte und präzise Zusammenfassung gerichtlicher Entscheidungen, sodass deren wesentlicher Inhalt auf einen Blick erfasst werden kann, ohne das vollständige Originaldokument studieren zu müssen. Durch die Eingabe spezifischer Stichwörter in die Suchfunktion generiert das System eine zuverlässige Zusammenfassung aller einschlägigen Urteile und Beschlüsse. Dabei werden insbesondere die entscheidungserheblichen Gründe der Rechtsprechung hervorgehoben. Anstatt eine zeitaufwendige manuelle Rechtsprechungsrecherche durchzuführen, um seine eigenen Argumentationslinien zu verifizieren, bietet die Wolters Kluwer GPT-Anwendung die Möglichkeit, per Mausklick eine Vielzahl relevanter Sachverhalte zu identifizieren und die zentralen Inhalte automatisch zu extrahieren.

Die Recherche-Plattform LexAI bietet einen kontinuierlich aktualisierten, KI-gestützten Newsfeed, der gesetzliche Änderungen sowie rechtliche Entwicklungen aus mehr als 300 legislativen Quellen erfasst. Durch den Einsatz leistungsstarker Filterfunktionen sowie individuell anpassbarer Benachrichtigungen können Nutzer gezielt rechtliche Neuerungen verfolgen, die für ihre spezifischen Interessengebiete relevant sind. Auf diese Weise stellt das System sicher, dass keine wesentlichen Änderungen übersehen werden. Die KI generiert außerdem prägnante Zusammenfassungen der neuesten rechtlichen Entwicklungen und stellt direkte Verlinkungen zu den jeweiligen Originalquellen bereit. Besonders für die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung erweist sich dieses Tool als äußerst wertvoll, da hier häufig aktuelle rechtliche Fragestellungen und jüngste Gesetzesänderungen thematisiert werden. Durch den Einsatz von LexAI können Examenskandidaten sicherstellen, stets auf dem neuesten Stand der Rechtsentwicklung zu bleiben und sich optimal auf aktuelle Rechtsthemen vorzubereiten.

Fazit

Der juristische Markt verfügt bereits über vielversprechende KI-gestützte Tools, die gezielt auf die Bedürfnisse des Rechtsmarktes zugeschnitten sind. Dabei erstreckt sich ihr Nutzen nicht nur auf den beruflichen Alltag in den Kanzleien und Unternehmen im Rahmen von Legal Tech, sondern auch in der Examensvorbereitung, in der eine gezielte Informationsbeschaffung sowie eine automatisierte Generierung von Lernmaterialien von entscheidender Bedeutung sein können. Allerdings bleibt es unerlässlich, juristische Argumentationsstrukturen eigenständig zu analysieren und zu durchdringen – speziell in der Examensvorbereitung. Denn die Fähigkeit, unterschiedliche Rechtsansichten zu erkennen, zu bewerten und eigenständig abzuwägen, ist für eine fundierte juristische Arbeitsweise und Ausbildung unerlässlich. Eine große Stärke von KI ist zweifellos die Fähigkeit der systematischen und effizienten Organisation. Auf die inhaltliche Richtigkeit hingegen ist nicht immer Verlass. Die Nutzung KI-gestützter Systeme erfordert daher ein hohes Maß an kritischer Reflexion. Letztlich gilt: KI ist ein leistungsfähiges Hilfsmittel – doch es obliegt den Nutzern, es verantwortungsvoll und reflektiert einzusetzen.

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