Die Qual der Wahl
Endlich ist es soweit: Das Referendariat ist abgeschlossen und das zweite Staatsexamen wurde erfolgreich absolviert. Mit dem Titel „Volljurist“ stehen einem in der juristischen Welt viele Türen offen. Aber wie geht es jetzt weiter? Wir haben für euch in unserer Rubrik „Perspektive Berufseinstieg“ Informationen zu den Tätigkeiten als Richter, Staatsanwalt, Syndikusanwalt und Verwaltungsjurist gesammelt.
Bewerbung und Einstellung
Bewerberinnen und Bewerber für das Richteramt müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Deutsche / Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes
- Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes
- Dienstfähigkeit aus amtsärztlicher Sicht
Darüber hinaus sind fachliche Kompetenz, Menschenkenntnis, Flexibilität und Entscheidungsfreude die persönlichen Voraussetzungen, die man mitbringen muss.
Wie in unserem Beitrag „Pensionierungswelle in den Gerichten“ nachzulesen ist, wird richterlicher Nachwuchs dringend gesucht. Aus diesem Grund sind die Notenvoraussetzungen nicht mehr ganz so streng wie bisher. Oft wird nicht mehr ein „Vollbefriedigend“ verlangt, es reicht auch ein „Befriedigend“.
Im Übrigen wird auch mehr auf zusätzliche Qualifikationen geachtet, da nur wenige Juristen ein „Prädikat“ erreichen und viele von ihnen dann eher eine Karriere in einer Großkanzlei bevorzugen, sodass nicht genügend Prädikats-Absolventen für das Richteramt zu finden wären.
Auf den Internetseiten der verschiedenen Bundesländer und deren Gerichtsbezirken finden sich die jeweiligen Bewerbungsvoraussetzungen. Erfolgt eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, kann dieses je nach Bundesland einem Assessment-Center ähneln, bei dem man zunächst ein ausführliches Einzelgespräch führt, bei dem auch fachliche Fragen möglich sind, und anschließend an einer Gruppendiskussion zu einem juristischen Thema teilnimmt. Eine Auswahlkommission bewertet die erbrachten Leistungen.
Erst Richter auf Probe, dann Richter auf Lebenszeit
Liegen die Notenvoraussetzungen vor und hat der Absolvent sich für eine Richterlaufbahn entschieden, wird er zum „Richter auf Probe“ ernannt. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit erfolgt der erste Einsatz regelmäßig innerhalb eines bestimmten Landgerichtsbezirks, bei den Fachgerichtsbarkeiten bei einem bestimmten Gericht (zB. Verwaltungsgericht, Sozialgericht).
Als Richter auf Probe kann man jederzeit versetzt werden. Erst wenn ein Richter auf Lebenszeit ernannt wird, muss für eine Versetzung seine Zustimmung vorliegen. In ihrem ersten Jahr auf Probe dürfen jungen Richter auch gewisse Aufgaben noch nicht wahrnehmen. So dürfen sie zB. keine Familiensachen entscheiden und keine Geschäfte eines Betreuungsrichters übernehmen. Ansonsten sind sie in ihrer Rechtsprechung sachlich unabhängig, also auch weisungsunabhängig, werden aber regelmäßig in ihrer Leistung beurteilt. Nach erfolgreichem Verlauf der Probezeit, die zumeist drei Jahre dauert, erfolgt die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit.
Besoldung und Aufstiegsmöglichkeiten
Die Besoldung richtet sich nach der Besoldungsgruppe R, beginnend bei R1 auf Landes- bzw. R2 auf Bundesebene bis hin zu R10. Die genaue Höhe der Vergütung richtet sich nach dem Bundes- oder jeweiligen Landesbesoldungsgesetz. Richter unterliegen nicht der gesetzlichen Sozialversicherung, sondern genießen die Vorzüge der Beamtenversorgung und der Beihilfeberechtigung.
Aufstiegsmöglichkeiten ergeben sich vor allem innerhalb des Instanzenzugs: Eine „Beförderung“ an ein höherinstanzliches Gericht ist nach mehrjähriger Berufserfahrung, guter Leistung und auf Bewerbung hin möglich. Während am Amtsgericht die Tätigkeit durch Einzelrichter ausgeübt wird, ergibt sich bspw. an Landgerichten durch die Einteilung in Kammern und an Oberlandesgerichten durch die Einteilung in Senate die Möglichkeit, zum Vorsitzenden Richter einer Kammer oder eines Senates aufzusteigen.
Für Richter gibt es darüber hinaus aber auch außerhalb des Gerichts liegende, berufliche Perspektiven: In Betracht kommen zB. Abordnungen an Ministerien oder Zuweisungen an europäische oder internationale Institutionen.Es können Aufgaben in der Aus- und Fortbildung übernommen werden, etwa als Leiter einer Referendararbeitsgemeinschaft oder als Dozent in der Justizakademie, in der Deutschen Richterakademie oder auch in der Fachhochschule für Rechtspflege.
Die ersten Tage am Gericht
In den ersten Arbeitstagen erfolgt meist eine Führung durch das entsprechende Gericht, bei der sich der Berufseinsteiger bei seinen Kollegen vorstellen kann. In der Regel erhalten neue Richter von ihrem Justizministerium beim Berufseinstieg eine Informationsmappe oder ein Merkblatt, um die beruflichen Anfänge zu erleichtern.
Der Deutsche Richterbund (DRB) NRW hat eine Informationsmappe zum Download auf seiner Internetseite bereitgestellt. Darin finden sich Tipps zum Verhalten in den ersten Arbeitstagen gegenüber den Kollegen sowie Hinweise zum täglichen Dezernat. Dabei wird vor allem immer wieder darauf hingewiesen, dass die jungen Richter keine Scheu haben sollen, ihre Kollegen um Hilfe zu bitten und Fragen zu stellen. Es finden sich kurze Einführungen zur Bearbeitung der Akten und zum richterlichen Eildienst. Die „Tipps für den Anfang“ erleichtern die Orientierung im Gericht und die Merkblätter bieten Hilfestellung bei Sitzungen und Dezernatsarbeit.
Die Arbeitsbelastung ist gerade zu Beginn wegen der Einarbeitung recht hoch. Die meisten Richter an Amts- und/ oder Landgerichten können aus Erfahrung allerdings berichten, dass sich dies mit der Zeit einpendelt und sie in der Regel einen Arbeitstag von 8-9 Stunden haben. Hierbei gilt aber als Faustregel: Je höher die Instanz, desto höher die Arbeitsbelastung des Richters, sprich als Richter an einem OLG oder Bundesgericht wird man sich auf längere Arbeitszeiten einstellen müssen, als das zB. an einem Amtsgericht der Fall ist.
Unsere Leseempfehlungen
Erfahre mehr über die Möglichkeiten als frischgebackener Volljurist in unserer Reihe „Perspektive Berufseinstieg“:
Perspektive Berufseinstieg: Syndikusanwalt
Perspektive Berufseinstieg: Staatsanwalt
Perspektive Berufseinstieg: Verwaltungsjurist
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