Könnten Sie sich zunächst bitte kurz vorstellen?
Mein Name ist Mike Kirchner, ich bin 43 Jahre alt, verheiratet und habe 4 Kinder. Nach dem Studium in Tübingen habe ich mein Referendariat zum Großteil in einer Großkanzlei (Kartellrecht) absolviert. Nach einer Wahlstation in einem Unternehmen ergab sich die Möglichkeit bei einem Anlagenbauunternehmen eine neue Rechtsabteilung aufzubauen. Mein Schwerpunkt lag dort bereits im Bereich von Grundstücksverträgen, Bau- und Lieferverträgen, aber auch den typischen Problemen eines Mittelständlers, beispielsweise Arbeitsrecht oder auch die Bußgeldbescheide der Geschäftsführer. Irgendwann fehlte mir aber der Gerichtssaal und so wechselte ich zu VOELKER ins Immobilienrecht, wo ich viel von meiner vorherigen Tätigkeit einbringen konnte.
Wie kam es zu Ihrer Spezialisierung auf das Immobilienrecht – in welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, darin tätig sein zu wollen?
Die Entscheidung für das Immobilienrecht bei VOELKER fiel mir leicht, da ich hier meine vorherige Tätigkeit im Unternehmen fortsetzen und gleichzeitig auf den Kernbereich vertiefen konnte. Diese Breite der Aufstellung bei der Fokussierung auf Immobilien war für mich der ausschlaggebende Punkt für meine Entscheidung vom Unternehmen in eine Kanzlei zu wechseln.
Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die Tätigkeit in diesem Bereich erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?
Ich wusste bei dem Wechsel bereits, worauf ich mich einlasse. Überrascht bin ich immer wieder, wie öffentlich-rechtlichen Vorgaben beispielsweise bei privatrechtlichen Kaufverträgen oder auch im Mietbereich keine Beachtung geschenkt wird.
Was macht das Immobilienrecht für Sie zu einem besonders spannenden Rechtsgebiet?
Ganz klar die Mischung aus gestaltender und forensischer Tätigkeit. Dabei bietet sich ein Spektrum vom Kauf- und Mietrecht bis zum öffentlichen Baurecht und darüber hinaus. Und auch die Dauer von Mandaten, die häufig einige Jahre gehen und man ein Bauprojekt von der Sicherung des Grundstücks über das Bebauungsplanverfahren bis letztlich zum Verkauf oder der Vermietung mit anschließendem Exit begleiten kann. Immer wieder tauchen auch altrechtliche Dienstbarkeiten etc. aus dem 19. Jhd. auf und bieten spannende Einblicke in die Lebenswelten der Menschen von Damals. Das Servitutenbuch ist manchmal eine Goldgrube, wo beispielsweise heute eine Einkaufsstraße liegt, war Anfang des 19. Jhds. noch Nebenerwerbslandwirtschaft und man entdeckt im Servitutenbuch tatsächlich alte Viehtriebsrechte.
Welche typischen rechtlichen Fragestellungen begegnen Ihnen in Ihrer täglichen Arbeit in diesem Bereich bei VOELKER & Partner und mit welchen Akteuren arbeiten Sie am häufigsten zusammen?
Bei der Gestaltung von Immobilienkaufverträgen geht es häufig um den Umgang mit Altlasten und Bestandsmietverträgen. Hier gibt es regelmäßig Kontakt mit spezialisierten Ingenieurbüros. Auch die Abstimmung mit Baurechtsbehörden, v. a. im Rahmen der Nachbarbeteiligung bei Bebauungsplanverfahren, kommt häufig vor. Die Prüfung und Bewertung von Mietverträgen ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit, sowohl bei Portfoliotransaktionen, als auch im Rahmen von ganz „normalen“ Unternehmensveräußerungen oder auch Praxisübertragungen im Gesundheitswesen.
Mit welchen Herausforderungen sehen sich Ihre Mandanten häufig konfrontiert, und wie unterstützen Sie diese bei der Lösung?
Im Bereich von Nachfolgeregelungen bei Unternehmen, aber auch Arztpraxen, gibt es oft jahrzehntealte Mietverträge, die zwischen Gesellschaftern oder Eheleuten abgeschlossen, aber nicht „gelebt“ wurden. Hier muss man den Beteiligten oft erst einmal klarmachen, welche Regelungspunkte es gibt und wie man zu einem für alle Seiten wirtschaftlich vernünftigen Interessenausgleich kommen kann. Oft sitze ich dann mit dem künftigen Mieter und Vermieter zusammen und wir gehen am Bildschirm den Vertrag gemeinsam durch.
Für eine Tätigkeit im Immobilienrecht ist es häufig erforderlich, ein breites juristisches und insbesondere wirtschaftliches Wissensspektrum mitzubringen. Wie decken Sie diese Anforderungen in Ihrer Kanzlei ab? Wie findet die Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten für diese Bereiche in Ihrem Hause – insbesondere bei Mandaten mit internationalen Bezügen – statt?
Die Motivation der Mandanten kommt aus ganz unterschiedlichen Bereichen mit je eigenen Herausforderungen, denen mit unterschiedlichen Mitteln begegnet werden kann. Das ist beispielsweise eine Erbengemeinschaft, die nach dem Verkauf der geerbten Immobilie mit dieser möglichst nichts mehr zu tun haben will, aber bei der ggf. vorherige Erbgänge nie im Grundbuch vollzogen worden sind. Hier haben wir Erbrechtsspezialisten im Haus, die sich um die Nachlassauseinandersetzung kümmern. Oder im Bereich der Projektentwicklung geht es oft darum, dass abzuschließende Verträge bei einem späteren Weiterverkauf und der Finanzierung keine Probleme machen, sondern „bankable“ sind. Auch hier hilft der direkte und schnelle Draht zu Bankrechtlern, aber auch Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern im Haus. Schließlich gibt es stark regulierte Branchen im Sozial- und Gesundheitswesen, die nach ganz eignen Regeln spielen, die in die Miet- oder Kaufverträge eingebunden werden müssen. Auch hier habe ich zum Glück immer Zugriff auf die spezialisierten Kolleginnen und Kollegen in unserer Kanzlei.
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Gibt es bestimmte Weiterbildungen, wie Fachanwaltslehrgänge oder LL.M.-Programme, die Sie für das Immobilienrecht empfehlen würden?
Der Fachanwaltslehrgang Bau- und Architektenrecht bietet eine gute Grundlage für die meisten relevanten Rechtsbereiche.
Welche Soft Skills und Fähigkeiten, insbesondere Fremdsprachenkenntnisse, sind besonders wichtig für eine Tätigkeit in diesem Bereich? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen einstellen?
Neben einem gewissen Verständnis für wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Immobilienbranche muss man in der Lage sein, sich auf den jeweiligen Gesprächspartner einzulassen und auch deren Rolle in ihrer jeweiligen Organisation mitdenken. So kann ein geschäftsführender Gesellschafter eines Unternehmens anders entscheiden als ein Behördenmitarbeiter oder auch ein Bürgermeister, der bei manch einem Projekt auch erst Mehrheiten im Gemeinderat organisieren muss.
Welche Anforderungen stellen Sie an Berufseinsteiger:innen für eine Tätigkeit bei VOELKER & Partner? Erwarten Sie von Anfang an eine Spezialisierung im Immobilienrecht oder findet ein “training on the job” statt?
Bei VOELKER findet ein training on the job statt. Berufsanfänger bringen häufig Grundkenntnisse in den wichtigen Bereichen Mietrecht und öffentliches Baurecht mit und wissen, wie eine Verwaltungsverfahren abläuft. Bei der Gestaltung von Vertragswerken muss man allerdings schon einige Verträge gesehen haben, um zu merken, dass in dem Vertragsentwurf der Gegenseite eine entscheidende Regelung fehlt, aber auch wo die Grenzen des verhandelbaren sind und bestimmte Branchenstandards liegen.
Welche Trends und Entwicklungen prägen derzeit das Immobilienrecht, etwa in Bezug auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder regulatorische Vorgaben? Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Zukunftsaussichten für Berufseinsteiger:innen hier ein?
Die energetischen Anforderungen an Bauprojekte ändern sich mitunter sehr schnell. Gleichzeitig sind die Bedingungen von Förderprogrammen, die vor allem im sozialen Wohnungsbau in Anspruch genommen werden, sehr unübersichtlich. Ein Thema, in das in den letzten Jahren mehr Bewegung gekommen ist, sind Erschließungsbeiträge und die Frage, wann die für den Ausschluss der Festsetzung maßgebliche Vorteilslage eintritt oder ob noch Jahrzehnte nach Bebauung einer Straße diese immer noch nicht „erstmals endgültig hergestellt“ ist, mit teils fatalen wirtschaftlichen Folgen für die Anlieger. Mit dem 4. Bürokratieentlastungsgesetz wurde die gesetzliche Schriftform langfristiger Mietverträge abgeschafft. Ob damit auch die jahrzehntelange Rechtsprechung zur sog. Einheitlichkeit der Mietvertragsurkunde obsolet geworden ist, ist eine ungelöste und vom Gesetzgeber schlicht übergangene Frage. Die Komplexität in diesem Bereich nimmt wie in vielen Bereichen stetig zu, so dass auf absehbare Zeit auch die Berufsaussichten sicher nicht schlecht sind.
Welchen Ratschlag würden Sie interessierten Studierenden, Referendar:innen sowie Berufseinsteiger:innen, die eine Karriere im Immobilienrecht anstreben, mit auf den Weg geben? Welche Schwerpunkte sollten Sie bereits in ihrer Ausbildung legen?
Viele Themenbereiche aus der juristischen Grundausbildung begegnen einem auch im Immobilienrecht wieder – Kauf-, Miet- und öffentliches Baurecht. Die Schwerpunktsetzung ist weniger entscheidend als viel mehr die Fähigkeit, das Ineinandergreifen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vorgaben und Gestaltungsmöglichkeiten zu überblicken.
Vielen Dank für das Interview und die Zeit, Herr Kirchner!
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