Können Sie sich zunächst kurz vorstellen?
Mein Name ist Franziska Strobel. Ich wollte nach Kindheit, Schulzeit und Studium in Bayern einmal aus dem Freistaat herauskommen und es hat mich nach Hamburg gezogen, wo ich nach dem Referendariat „hängengeblieben“ bin und mich sehr wohl fühle. Honert habe ich zunächst bei einem Recruitingevent kennengelernt, weil ich mich speziell für die Arbeit in einer Boutique im Vergleich zur Großkanzlei interessiert habe. Nach einer promotionsbegleitenden Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin und später Teilzeitanwältin habe ich honert für den Berufseinstieg gewählt und nicht bereut.
Privat nutze ich gerne jeden Urlaubstag aus, um zu verreisen. Auch im Zusammenhang mit Studium und Referendariat hat es mich immer wieder ins Ausland verschlagen, um genau zu sein nach Sevilla (Erasmus), Manila (Referendarstation bei der Botschaft) und London (LL.M. an der London School of Economics) – allesamt Erfahrungen, die ich auf keinen Fall missen möchte.
Haben Sie sich auf das Referendariat vorbereitet? Wenn ja, wie?
Nein, hat trotzdem prima geklappt. Würde ich es jedem empfehlen? Nein. Wer für einzelne Stationen eine sehr konkrete Vorstellung hat, sollte diese besser frühzeitig organisieren. Möchte man z.B. bereits in der Verwaltungsstation/Wahlstation I zu einer Botschaft, um in der Wahlstation (II) in ein Unternehmen oder über eine Kanzlei ins Ausland zu gehen, sollte sich man sich aufgrund der Bewerbungsfristen beim Auswärtigen Amt schon vor dem Referendariat darum kümmern.
An welchem Gericht haben Sie Ihr Referendariat absolviert? Was war für Ihre Wahl entscheidend?
Am hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg. Ich wollte raus aus Bayern und in eine Großstadt, insbesondere wegen der Nähe zu Großkanzleien. Hamburg war dabei stets mein Favorit, weil es tatsächlich die schönste Stadt Deutschlands ist 😉.
Wann haben Sie sich auf die Referendarstellen beworben?
Ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber ich glaube, sobald ich die Noten der schriftlichen Prüfung des 1. Examens hatte. Das Zeugnis mit der Endnote konnte ich nachreichen und wurde auch erst dann offiziell berücksichtigt. Aufgrund der verschiedenen Fristen in den Bundesländern war ein nahtloser Übergang nicht möglich, aber die Zeit ließ sich prima durch eine wissenschaftliche Mitarbeit (und Reisen) überbrücken.
Bei welchen Arbeitgebern haben Sie Ihre Stationen absolviert? Nach welchen Kriterien haben Sie die Ausbildungsstätten ausgewählt? Wie war die Begleitung durch die Ausbilder*innen?
- Amtsgericht Hamburg – Strafrichter: Die Station wurde zugewiesen, der Richter war sehr engagiert bei der Referendarausbildung und die Station war intensiv wie auch lehrreich.
- Landgericht Hamburg – Kammer für Handelssachen: Ich war zugegebenermaßen etwas spät dran und musste nehmen, was ich bekommen konnte. Im Nachhinein hatte ich wahnsinnig Glück und ich kann die KfH nur empfehlen. Die Fälle waren spannend und die Betreuung durch den Vorsitzenden sehr gut.
- Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg: Baurecht in der praktischen Anwendung kennenzulernen fand ich (damals) reizvoll. Mein Ausbilder war engagiert, damit ich so viel wie möglich vom Arbeitsalltag in der Behörde mitbekomme.
- Verwaltungsgericht Hamburg: Ich hatte offen gestanden keine bessere Idee für die Wahlstation I, weil auch diese bei einem Gericht oder einer Behörde absolviert werden muss. Das VG gilt allgemein als beliebter Arbeitgeber und Urteile zu schreiben erschien mir examensrelevant. Die Vorsitzende war sehr nett und die Station im Ergebnis keine schlechte Wahl.
- Latham & Watkins, Hamburg: Hier habe ich zuvor als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet und mich sehr wohl gefühlt. Die Arbeit habe ich als spannend empfunden, daher lag es nahe, dort auch die Anwaltsstation zu absolvieren, in der sich der positive Eindruck fortgesetzt hat.
- Deutsche Botschaft, Manila: Ich wollte nach Lateinamerika oder Südostasien. Manila war die allerletzte Stadt auf meiner recht langen Wunschliste – und dort bin ich gelandet. Es war insgesamt eine äußerst lehrreiche und gute Zeit, auch wenn der ein oder andere mit sich ähnelnden Widerspruchsbescheiden gefüllte Tag langatmig werden konnte und mir völlig rätselhaft ist, wie Künstler auf die Idee kommen, „skies of vanilla“ auf Manila zu reimen.
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Wie waren Ihre Erfahrungen mit den stationsbegleitenden AGs?
Nachdem ich in eine neue Stadt gezogen war, waren die AGs für mich sehr wichtig, um Kontakt zu anderen Referendaren zu knüpfen. Inhaltlich fand ich es gut, einmal die wesentlichen Aspekte von Praktikern gehört zu haben. So konnte man mit einem gewissen Basiswissen in die Stationen gehen und hatte eine grobe Vorstellung, was im Examen erwartet wird. Man muss dazu sagen, dass es in Hamburg verhältnismäßig wenig AGs gibt, was ich persönlich positiv fand, weil mir mehr Unterricht das Lernen auch nicht abgenommen hätte.
Wie haben Sie sich die Zeit zum Arbeiten und Lernen eingeteilt?
An einem Tag pro Woche habe ich eine Probeklausur geschrieben und den Klausurenkurs besucht. Einen weiteren Wochentag habe ich gearbeitet. Im Übrigen war ich mit den Stationen beschäftigt. In der Anwaltsstation war ich vier Tage im Büro und hatte einen Klausurentag. Oft habe ich versucht, während der Stationen noch am Wochenende zu lernen, habe aber im Nachhinein das Gefühl, dass solch vereinzelte Lerneinheiten relativ ineffizient waren.
Wie haben Sie sich auf das 2. Examen vorbereitet? Welche Materialien haben Sie zur Vorbereitung auf das 2. Examen genutzt?
Vor dem Examen hatte ich gut drei Monate „Tauchstation“, während derer ich mich intensiv mit dem Examensstoff befasst habe. Insbesondere die „Kaiser-Skripte“ fand ich dabei sehr hilfreich. Außerdem habe ich meine Übersichten und Karteikarten aus dem 1. Examen zum materiellen Recht erneut benutzt. Neben dem Lernen habe ich weiterhin Probeklausuren unter Examensbedingungen geschrieben. Das war zwar sehr frustrierend, aber effektiv.
Haben Sie eine stationsbegleitende Nebentätigkeit ausgeübt?
Ja, einen Tag pro Woche als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Latham & Watkins. Insbesondere während der Gerichtsstationen, in denen man ja eher Einzelkämpfer ist, war die Arbeit mit Kollegen in einem Büro eine willkommene Abwechslung und man erhält bereits einen wertvollen Einblick in die Anwaltstätigkeit. Natürlich hat man die Zeit, in der man arbeitet, nicht zum Lernen, und man muss sich die Wochen gut durchplanen, um alles unter einen Hut zu bekommen. Allerdings hätte die Unterhaltsbeihilfe in Hamburg allein schlichtweg nicht zum Leben gereicht.
Warum haben Sie sich letztendlich für Ihren jetzigen Arbeitgeber entschieden?
Bei honert ist man vom ersten Tag an mittendrin in der Mandatsarbeit. Dadurch, dass es keine feste Partneranbindung gibt, arbeitet man – innerhalb des Schwerpunktbereichs Gesellschaftsrecht – in verschiedenen Bereichen und lernt unterschiedliche Arbeitsweisen kennen. All das macht es herausfordernd, aber äußerst lehr- und abwechslungsreich. Positiv und für meine Entscheidung wesentlich sind auch der Teamgeist, die flachen Hierarchien und der offene Umgang. Schließlich bleibt auch die Arbeitsbelastung in einem angemessenen Rahmen.
Welche Tipps würden Sie angehenden Referendar*innen zur Vorbereitung auf das Referendariat mitgeben?
- Versucht, so viel wie möglich in Hinblick auf Eure Berufswahl mitzunehmen. Das Referendariat ist eine einzigartige Gelegenheit, in verschiedene Berufsbilder hineinzuschnuppern. Das ist meines Erachtens wichtiger, als eine vermeintlich examensrelevante oder tiefenentspannte Station mitzunehmen – den Stoff bekommt man in einer kürzeren, aber intensiven Tauchstation schon auf die Kette. Auch wenn Ihr bereits eine Vorstellung davon habt, was Ihr künftig machen wollt, lohnt es sich, die Stationen auf Zukunftstauglichkeit abzuklopfen, dir Ihr nicht unbedingt anstrebt. Denn klar zu wissen, dass etwas nicht das ist, was man möchte, ist eine wertvolle Erkenntnis.
- Schreibt so viele Probeklausuren allein, in fünf Stunden und ohne Hilfsmaterial, wie möglich. Es wird sicherlich keinen Spaß machen, aber es lohnt sich.
Vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview, Frau Strobel!
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