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Erwartungshaltungen und Wünsche der (angehenden) Referendare für die Anwaltsstation

Hohe Zusatzvergütung und ein bekannter Name und die Referendare bewerben sich in Scharen – vor zehn Jahren konnten die renommiertesten Kanzleien so nahezu alle ihre Stellen für Referendare und wissenschaftliche Mitarbeiter ohne umfassende Ausbildungsprogramme und viele Zusatzangebote besetzen. In den letzten fünf Jahren haben sich aber nicht nur die Anzahl […]
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Hohe Zusatzvergütung und ein bekannter Name und die Referendare bewerben sich in Scharen – vor zehn Jahren konnten die renommiertesten Kanzleien so nahezu alle ihre Stellen für Referendare und wissenschaftliche Mitarbeiter ohne umfassende Ausbildungsprogramme und viele Zusatzangebote besetzen. In den letzten fünf Jahren haben sich aber nicht nur die Anzahl der Plätze für wissenschaftliche Mitarbeiter und Referendare erhöht, auch die Anforderungen der Bewerber haben sich stark verändert. Wir wollten von den Teilnehmern unserer Umfrage wissen, welche Arten von Arbeitgebern für sie in der Anwalts- und Wahlstation in Betracht kommen und welche Faktoren einen Arbeitgeber besonders interessant machen.

Diese Ergebnisse ermöglichen Referendaren Einblicke in die Bedürfnisse ihrer Kollegen zu erhalten und geben Arbeitgebern die Möglichkeiten, ihre Ausbildung entsprechend zu optimieren. Neben der allgemeinen Erhebung haben wir individuelle Statements zusammengetragen, um die verschiedenen Beweggründe zu verdeutlichen.

ATTRAKTIVITÄT ANWALTSSTATION*

Welche Arbeitgeberarten sind in der Anwaltsstation besonders attraktiv? Diese Frage stellen sich nicht nur die Referendare, sondern auch die Arbeitgeber haben ein gesteigertes Interesse daran zu wissen, wie attraktiv die jeweilige Kanzleiart für Nachwuchsjuristen. Um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir den Teilnehmern unserer Umfrage ebenfalls die Frage gestellt und folgendes Ergebnis erhalten.

An erster Stelle stehen für die Teilnehmer die mittelständischen Kanzleien. Ingesamt ca. 89 % der Teilnehmer unserer REF50-Umfrage können sich vorstellen dort ihre Anwaltsstation zu absolvieren bzw. absolvieren diese bereits bei einer mittelständischen Kanzlei.

Aus welchen Gründen Annika (Referendarin aus NRW, 29 Jahre) sich für eine Anwaltsstation in einer mittelständischen Kanzlei entschieden hat haben wir sie gefragt.

Annika: „Ich finde, dass eine mittelständische Kanzlei in der Anwaltsstation viele Vorteile gegenüber einer Großkanzlei und einer sehr kleinen Kanzlei bietet. In der mittelständischen Kanzlei kann man bei kleineren und größeren Verfahren mitarbeiten und sieht den alltäglichen Umlauf. Dadurch bearbeitet man automatisch viel mehr examensrelevante Fälle als in einer Großkanzlei. Am besten ist es, wenn die Kanzlei auf mehrere Rechtsgebiete spezialisiert ist und einem während der Station Praxiseinblicke in die verschiedenen Bereiche gewährt.“

Nicht nur die mittelständischen Kanzleien liegen weit vorne bei den Teilnehmern der Umfrage. Mit ca. 73 % sind Anwaltsboutiquen auf dem zweiten Platz. Was für eine Anwaltsboutique spricht, hat uns unsere Teilnehmerin Helena (Referendarin aus NRW, 30 Jahre) mitgeteilt.

Helena: „Es ist spannend während der Anwaltsstation zu einem Fachanwalt zu gehen in einem Rechtsgebiet, das einen immer interessiert und gereizt hat. So kann man für sich einen Realitätscheck machen, um zu wissen, ob eine Arbeit in diesem Bereich für einen tatsächlich später in Betracht kommt.“

Großkanzleien sind und bleiben weiterhin beliebte Arbeitgeber für Referendare, wie auch das Umfrageergebnis zeigt. Insgesamt finden ca. 68 % Großkanzleien als Arbeitgeber attraktiv. Aus welchen Gründen die Großkanzlei auch für unsere Teilnehmerin Stefanie (Referendarin aus Baden-Württemberg, 28 Jahre) attraktiv war hat sie uns gesagt.

Stefanie: „Ich habe mich für eine Großkanzlei entschieden, weil ich dort in meinem Wunschrechtsgebiet arbeiten konnte und zudem eine zusätzliche Vergütung erhalten habe. Dadurch konnte ich meinen Nebenjob kündigen. Ein zentrales Kriterium war für mich auch die gute Erreichbarkeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.“

Wir konnten eindeutig feststellen, dass die mittelständischen Kanzleien diejenigen Arbeitgeber sind, die für Referendare bzw. angehende Referendare am attraktivsten sind. Dennoch liegen Anwaltsboutiquen, Großkanzleien und Unternehmen sehr nah beieinander und erfreuen sich weiterhin sehr großer Beliebtheit.

ATTRAKTIVITÄT WAHLSTATION*

Uns interessierte auch die Attraktivität möglicher Arbeitgeber für einer Wahlstation. Hier wurden nicht nur die verschiedenen Kanzleiarten, sondern auch der Staatsdienst bzw. öffentliche Dienst, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen oder auch Vereine/Verbände beachtet.

Das Ergebnis der Umfrage zeigt, dass auch hier die mittelständischen Kanzleien wieder an der ersten Stelle anzutreffen sind. Überraschende 81 % der Teilnehmer empfinden eine mittelständische Kanzlei für die Wahlstation als attraktiv bis sehr attraktiv.

Überraschenderweise sind Unternehmen und der Staatsdienst / Öffentliche Dienst mit ca. 73% gleichauf. Anwaltsboutiquen sind für 71 % als Arbeitgeber in der Wahlstation attraktiv bis sehr attraktiv.

Immerhin 64 % der Teilnehmer halten Großkanzleien für attraktive Arbeitgeber in der Wahlstation. Eine geringere Anzahl der Referendare finden NGOs (ca. 47 %) und Vereine / Verbände (ca. 31 %) attraktiv für die Wahlstation.

Weshalb gerade Unternehmen und der Staatsdienst / Öffentliche Dienst so hoch bei den Teilnehmerinnen angesiedelt sind haben wir von Melanie (Referendarin aus NRW, 27 Jahre), Stefanie (Referendarin aus Baden-Württemberg, 28 Jahre) und Christina (Absolventin 1. Staatsexamen in Hamburg, 25 Jahre) erfahren.

Melanie: „Die Wahlstation habe ich mir vor allem nach meinem Berufswunsch ausgesucht und werde daher an ein Zivilgericht gehen. Damit möchte ich vor allem nochmal meinen Wunsch bestätigen und mich selbst quasi absichern.“

Stefanie: „Für die Wahlstation würde ich gerne zum Landtag, um meinem Interesse für Politik zu frönen und nicht nur Gesetze anzuwenden, sondern endlich auch mal neue auf den Weg zu bringen. Alternativ würde ich in die Rechtsabteilung eines Unternehmens gehen, um mal etwas anderes zu sehen als nur Gerichtsräume und Kanzleibüros.“

Christina: „Im Rahmen der Wahlstation würde ich ein Wirtschaftsunternehmen bevorzugen. Als Anwalt in einem Unternehmen arbeitet man Hand in Hand mit dem Business zusammen und bekommt ein Gefühl für die wirtschaftliche Komponente der jeweiligen Rechtsthematik. Zudem sind die Aufgaben in einem Unternehmen eher weitgefächert und fordern das Verknüpfen vieler einzelner Aspekte. Dabei ist auch mal ein Herangehen an Probleme nicht nur als Jurist gefordert.

Diese Vorteile sehe ich ähnlich auch bei Vereinen und Verbänden, sowie bei NGOs.“

Demnach nutzen viele die Wahlstation, um bei dem Arbeitgeber bzw. in dem Bereich zu arbeiten, in dem man nach dem Referendariat anfangen möchten. Andere ziehen es vor in der Wahlstation Bereiche kennenzulernen, die man zuvor nicht oder nicht so intensiv im Rahmen der Ausbildung kennengelernt hat.

BEWERBUNGSFAKTOREN

Welche Arbeitgeber für die Anwalts- oder Wahlstation attraktiv sind wissen Sie nun. Doch welche Faktoren entscheiden letztlich über die Wahl des Arbeitgebers?

Um dieser Fragen auf den Grund zu gehen, wollten wir von den Teilnehmern der Umfrage wissen, welche Angebote ein Arbeitgeber mitbringen sollte, damit sie sich dort bewerben. Die Referendare sollten hier verschiedenen Aspekte auf einer Skala von 1 (sehr wichtig) bis 6 (unwichtig/egal) bewerten.

Hier zeigt sich ein klarer Trend: Die Einbindung in die praktische Arbeit ist das wichtigste Kriterium zur Entscheidung, bei welchem Arbeitgeber ein Referendar sich für die Anwalts- oder Wahlstation bewirbt. Die besten Punktzahlen (höchste Relevanz) erzielen die Faktoren, die wir im Rahmen unserer Arbeitgeberumfrage abgefragt haben. Die Referendare wollen eine gute praktische Ausbildung erhalten, um wirklich mitarbeiten zu können und den Arbeitsalltag kennenzulernen.

Die sonst oftmals als besonders wichtig wahrgenommenen Faktoren wie die Übernahmewahrscheinlichkeit im Anschluss an das Referen- dariat und die Zahlung einer Zusatzvergütung bzw. Möglichkeiten zur Nebentätigkeit erzielen dazu im Vergleich überraschend schlechtere Bewertungen.

Unterstützende Angebote zur Examensvorbereitung sind für viele heute ähnlich wichtig wie eine Zusatzvergütung. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass die Zusatzvergütung vielerorts mittlerweile verboten ist oder starken Einschränkungen unterliegt.

Diese Unterstützungsleistungen für die Examensvorbereitung sind seitens der Prüfungsämter nicht verboten, sie sind vielmehr im Interesse aller, da sie in der Regel zu besseren Examensergebnissen beitragen können. Auch ein Fremdsprachenkurs kann ausschlaggebend für eine Bewerbung sein.

Um einen authentischen Einblick in die Gründe für diese Gewichtungen zu vermitteln haben wir Sebastian (Referendar aus NRW, 26 Jahre), Magdalena (Referendarin aus NRW, 27 Jahre), Helena (Referendarin aus NRW, 31 Jahre) und Julia (Referendarin aus NRW, 26 Jahre) um persönliche Statements gebeten.

Sebastian: „Regelmäßiges Feedback, Einblicke in verschiedene Praxisbereiche und ein persönlicher Mentor sind mir als Kriterien am wichtigsten, weil diese der konkreten Ausbildung helfen. Externe oder interne Repetitorien sind für mich dagegen nicht wichtig, da die Wahl für einen Anbieter eine individuelle Geschmacksfrage ist. Speziell für die Wahlstation spielt für mich noch die Übernahmechance bzw. Vorteile durch die Stelle im Lebenslauf (z. B. bei Justiz) eine große Rolle.“

Magdalena: „Ganz wichtig ist mir ein persönlicher Mentor, eine gute Einbeziehung in die Praxis und eine gute Einbindung in das Team. Ich möchte keine „Pflichtaufgaben“ erledigen, sondern wirklich bei den alltäglich anfallenden Aufgaben mitarbeiten und meinen Teil dazu beitragen. Bei einer guten Ausbildung, d. h. mit ausreichend Vorbereitungszeit, sind finanzielle Anreize / Ausgleiche für mich nebensächlich.“

Julia: „Für mich ist es sehr wichtig bei Mandantengesprächen und internen Meetings miteinbezogen zu werden, um einfach ein Teil der Kanzlei zu sein. Ein weiterer Hauptpunkt für mich sind regelmäßige und aussagekräftige Feedbacks. Solange noch eine gute Einbindung in die Kanzleimitarbeit stattfindet wäre eine Zusatzvergütung für mich nebensächlich. Dennoch stellt eine Kostenübernahme externer Repetitorien oder Klausurenkurse, die ich mir dann aussuchen dürfte, einen interessanten Anreiz dar.“

Helena: „Eine Zusatzbezahlung ist für mich nicht wichtig, wenn das Betreuungsverhältnis stimmt. Hierfür sollte man sich im Vorfeld die Mühe machen und ein persönliches Gespräch über die jeweiligen Erwartungen mit dem Arbeitgeber führen. Die gute Chemie sollte in Anbetracht dessen, dass die Anwaltsstation die längste ist, nicht unterschätzt werden. Insbesondere ohne Zusatzvergütung sollte in diesem Gespräch ganz klar vereinbart werden, dass genug Zeit für die Examensvorbereitung bleibt.“

Zusammenfassend ist das wichtigste Kriterium eine gute Einbindung in die praktische Arbeit, was alle Statements bestätigt haben. Insbesondere sind regelmäßige Feedbacks und die Möglichkeit den Arbeitsalltag kennenzulernen von großer Bedeutung, denn nur so erfahren die Referendare wie der Realbetrieb bei dem Arbeitgeber ist.

Mittlerweile setzen auch die meisten Kanzleien selber auf eine immer bessere Ausbildung. So bietet der Großteil der befragten Kanzleien persönliche Mentoren an und es finden regelmäßig Feedbackgespräche statt. Fast alle Arbeitgeber setzen auch darauf, dass sie im Rahmen der Anwalts- oder Wahlstation ihre potentiellen Mitarbei- ter der Zukunft kennen und schätzen lernen können. Daher stellt die praktische Einbindung in die Arbeit für beide Seiten eine „win-win-Situation“ dar.

BENEFITS**

In dem Zusammenhang der Attraktivität eines potentiellen Arbeitgebers und der Bewerbungsfaktoren spielen auch Benefits eine Rolle.

Für die Referendare sind kostenlose Getränke und Speisen (z. B. Wasser, Kaffee, Obst) sehr wichtig und somit mit fast 78 % auf Platz 1. Mittlerweile bieten das sehr viele Arbeitgeber an, sodass es für viele zum Standard zählt. Für Referendare wie auch für Arbeitnehmer bietet dieser vergleichbar geringe finanzielle Ausgleich ein hohes Maß an Komfort.

Arbeitgeber können auch mit der Bereitstellung von Wohnungen, der Unterstützung bei der Wohnungssuche und einem Mietkostenzuschuss punkten. Für 59 % der Teilnehmer kann dies den Ausschlag für einen Arbeitgeber geben. Viele Referendare zieht es für einzelne Stationen in Ballungszentren, weil dort in der Regel die Arbeitgeber gut erreichbar sind (auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln) und eine Vielzahl an Arbeitgebern dort angesiedelt sind. In den Ballungsgebieten ist der Wohnraum aber knapp und oftmals sehr teuer, beste Beispiele sind hier Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart. Wenn eine Kanzlei dann eine Wohnung oder ein Zimmer zur Verfügung stellt oder zumindest einen Mietkostenzuschuss zahlen, liegt es nahe, dass diese Kanzleien eine hohe Attraktivität ausstrahlen.

An dritter Stelle mit ca. 52 % stehen für viele Referendare Fitness-Angebote und an vierter Stelle mit 38 % eine Kantine. Referendare können durch die internen Strukturen schnell Anschluss finden und weiterhin ihren sportlichen Ausgleich zu der Arbeit verfolgen.

Überraschenderweise ist für fast 1⁄4 die Kinderbetreuung wichtig und steht auf Platz 5 der Umfrage. Allerdings ist für viele Referendare der Stationsarbeitgeber auch der spätere Arbeitgeber, sodass der Wunsch einer Kinderbetreuung für manche über die Referendarszeit hinausgehen mag. Nicht zu unterschätzen ist jedoch auch die Gruppe der Eltern unter den Referendaren, die in vielen Fällen von Kinderbetreuungsangeboten sehr profitieren können.

Daneben können Arbeitgeber mit Angebote wie ein Jobticket, Homeoffice oder ein Examenskoffer punkten.

Wir haben Magdalena (Referendarin aus NRW, 27 Jahre), Sabrina (Referendarin aus NRW, 25), Sebastian (Referendar aus NRW, 26 Jahre), Julia (Referendarin aus NRW, 26 Jahre) und Stefanie (Referendarin aus Baden-Württemberg, 28 Jahre) gefragt, warum sie welche Benefits positiv finden.

Magdalena: „Viele Benefits sind definitiv ein Luxus. Es kann super sein, Fitnessräume zu nutzen in der Pause, aber es ist nichts was ich erwarten würde. Manche anderen Angebote sind nur in Großkanzleien oder Großunternehmen organisatorisch möglich und daher eben sehr eingeschränkt anzubieten, wenn auch oftmals sehr gut. Bei der Kinderbetreuung kommt es meiner Meinung nach auf die Art des Angebots und der Qualität an. Bei Eltern-Kind-Büros finde ich die Option Homeoffice zu machen viel reizvoller. An sich ist Homeoffice in der heutigen Zeit für mich das wichtigste Kriterium und nicht unbedingt mehr als Benefit einzustufen. Homeoffice ist auch für die kleineren Kanzleien ein gut handhabbares Angebot. Mit der freien Terminplanung und den technischen Möglichkeiten sollte es eher Standard sein.“

Sabrina: „Grundsätzlich finde ich es gut, wenn ein Arbeitgeber Homeoffice, eine Kinderbetreuung und ein Jobticket anbietet, um Berufliches und Privates gut vereinbaren zu können. Freizeitangebote sind für mich dagegen nicht von Bedeutung, weil ich diese gerne außerhalb der Arbeit wahrnehme.“

Sebastian: „Benefits sind für mich keine ausschlaggebenden Faktoren. Wenn es kostenlose Getränke und Speisen gibt ist das aber durchaus ein Pluspunkt.“

Julia: „Für mich sind die Benefits interessant, die finanziell keinen großen Unterschied machen, aber dennoch unsere geringe Unterhaltsbeihilfe entlasten wie beispielsweise ein Bahnticket-Zuschuss oder ein Zuschuss für die Mietgebühren der Kommentare und Gesetze.“

Stefanie: „Das Wort „Benefits“ macht mich aggressiv. Ich will keinen Obstkorb oder ein hausinternes Fitnessstudio, sondern eine Tätigkeit mit Sinn, die mir (meistens) Spaß macht und von meinem Chef und Kollegen gewürdigt und gut bezahlt wird. Für mich ist das Stichwort „Work-Life-Balance“ und auch Arbeitsplatzsicherheit. Wenn der Arbeitgeber das Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel übernimmt, ist das natürlich trotzdem eine gute Sache. Aber für mich eben nicht das Hauptkriterium.“

ZUKUNFTSPLÄNE NACH DEM REFERENDARIAT**

Viele Referendare haben neben dem Berufseinstieg noch weitere Zukunftspläne für die Zeit nach dem Referendariat. Es sind sowohl weitere fachliche Qualifikationen wie auch berufsvorbereitende Pläne gemeint.

Der Tabelle ist zu entnehmen, dass eher der geringere Anteil mit ca. 20% entschlossen ist eine Doktorarbeit zu schreiben. Die übrigen 80 % sind beinahe hälftig unschlüssig oder haben diesen Weg für sich ausgeschlossen.

Eindeutiger ist es bei der Frage nach einem LL.M. Hier plant der überwiegende Anteil keinen, weder im Ausland noch in Deutschland. Allerdings ist sich jeweils ca. ein Drittel der Befragten noch unsicher bei dieser Entscheidung.

In Bezug auf einen Auslandsaufenthalt sind ca. 40 % fest entschlossen und 40% lehnen diesen ab. Mehr als die Hälfte der Befragten würde ein freiwilliges Kanzleipraktikum absolvieren.

Um einen authentischen Einblick in die Gründe zu vermitteln haben wir Christina (Absolventin 1. Staatsexamen in Hamburg, 25 Jahre), Sebastian (Referendar aus NRW, 26), Melanie (Referendarin aus NRW, 27 Jahre) und Stefanie (Referendarin aus Baden-Württemberg, 28 Jahre) um persönliche Statements gebeten.

Christina: „Bislang halte ich es mir offen, ob ich promovieren oder einen LL.M. machen möchte. Allerdings möchte ich definitiv eins von beidem machen. Einen LL.M. würde ich im Ausland machen, da hängt es aber natürlich von dem Land und dem Zeitraum ab.“

Sebastian: Abhängig von der Note könnte ich mir vorstellen, noch eine Promotion zu beginnen. Hierbei wäre dann zu klären, inwiefern diese ggf. parallel möglich ist und ein Berufseinstieg in Teilzeit machbar wäre.“

Melanie: „Ich schließe für mich sowohl einen Auslandsaufenthalt wie auch eine Promotion und einen LL.M. aus, weil für mich das wichtigste ist endlich richtig zu arbeiten und in das Berufsleben einzusteigen.“

Stefanie: „Theoretisch würde ich gerne einfach aus Freude an der Wissenschaft und dem Schreiben promovieren. Ich weiß aber nicht, wie ich das finanzieren machen soll bzw. ob man das berufsbegleitend schaffen könnte und dann überhaupt von einem Professor akzeptiert werden würde, wenn man nicht an dem Lehrstuhl mitarbeitet.“

FAZIT

Zusammenfassend sind diejenigen Arbeitgeber interessant, die den Referendaren eine gute praktische Einbindung ermöglichen. Diese Möglichkeit ist für jeden Arbeitgeber relativ leicht umsetzbar und bietet auch für diesen einen immensen Vorteil. So lernt man seinen potenziellen Arbeitnehmer und die Arbeitsweise dessen von Beginn an kennen und bemerkt, ob der Referendar auch als Arbeitnehmer in das Team passt. Das Risiko einer Neueinstellung, welches jeder Arbeitgeber trägt, wird so verringert. Beide Seiten profitieren von einer guten praktischen Einbindung sehr.

Insbesondere haben Großkanzleien oder größere Unternehmen gegenüber mittelständischen Kanzleien und Anwaltsboutiquen organisatorisch betrachtet Vorteile. Für eine Anwaltsboutique wird es in aller Regel räumlich und wirtschaftlich nicht realisierbar sein ein internes Fitnessstudio, eine Kantine oder auch interne Repetitorien anzubieten. Allerdings wird wohl kaum ein Referendar oder potenzieller Arbeitnehmer derartiges von diesem Arbeitgeber erwarten. Anwaltsboutiquen und mittelständische Kanzleien können aber auch mit kostengünstigen Benefits wie kostenlosen Getränken, eine Kostenübernahme für den Examenskoffer oder ggf. mit einem Gutschein über eine bestimmte Anzahl an Klausuren sehr positive Eindrücke bei Referendaren erwecken. Derartige Angebote sind von großem Nutzen für die Referendare. Im Vergleich zu einer Zusatzvergütung sind solche Angebote auch für den Arbeitgeber kostengünstiger und dennoch sehr vorteilhaft. Bei den kleineren Arbeitgebern ist die persönliche Ebene oft entscheidender, da Referendare nicht wie in einer Großkanzlei die Möglichkeit hätten die Abteilung zu wechseln.

Neben all den verschiedenen Zusatzangeboten ist und bleibt das oberste Ziel eine gute praktische Einbindung und ausreichend Zeit für die Examensvorbereitung. Die Frage welcher Arbeitgeber und welche Angebote attraktiv sind hängen auch immer subjektiv von den jeweiligen Referendaren ab, sodass ein gut aufgestelltes Angebot an Zusatzangeboten und ein gewisser Grad an Flexibilität vorteilhaft sind.

* In der Umfrage sollte die Attraktivität aller bewertet werden. Die Abstufungen zwischen sehr attraktiv, überwiegend attraktiv und attraktiv wurden hier zusammengerechnet.

** Hinweis: Jeder Teilnehmer sollte zu allen Optionen seine Meinung mitteilen.

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