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Presse- & Verlagsrecht: Interview mit RAin Trebst (WBS.LEGAL)

Im Rahmen unserer Interviewreihe "Berufsspecials" berichtet Rechtsanwältin Vivian Trebst von WBS.LEGAL über die Anforderungen und Perspektiven einer anwaltlichen Tätigkeit im Bereich Presse- und Verlagsrecht.
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"Dass das Presserecht von Abwägungsfragen geprägt ist, in denen überzeugende Argumentationsarbeit zu leisten ist, macht es für mich enorm spannend."

Rechtsanwältin Vivian Trebst

Können Sie sich zunächst kurz vorstellen? 

Mein Name ist Vivian Trebst. Ich habe in Köln studiert und meinen medienrechtlichen Schwerpunkt dort gemacht. Um mein Studium und das Leben in Köln zu finanzieren, habe ich bereits zu Beginn des Studiums als studentische Hilfskraft oder wissenschaftliche Mitarbeiterin in Unternehmen sowie Kanzleien mit medienrechtlichem Schwerpunkt gearbeitet. Seit ca. zwei Jahren bin ich nun Rechtsanwältin im Medien- und Urheberrecht bei WBS.LEGAL. Als Ausgleich zum fordernden Anwaltsjob und den derzeitigen parallelen Weiterbildungsmaßnahmen (Fachanwalt und medienrechtlicher LLM) spiele ich Tennis und Fußball. Als Wahlkölnerin trifft man mich auch regelmäßig bei Heim- und Auswärtsspielen des FC.

Womit müssen Jurist:innen an einem typischen Arbeitstag im Presse- und Verlagsrecht rechnen? Was ist von diesem umfasst?

Das Presserecht ist geprägt von Kurzfristigkeit. In der Regel ist es so, dass Betroffene, die sich in einem Zeitungsartikel oder in einem Internetbeitrag falsch dargestellt, beleidigt oder anderweitig angegriffen fühlen, begehren, dass die Diffamierung schnellstmöglich nicht mehr öffentlich einsehbar ist. Schnelles Handeln ist gefordert: Nach Erstprüfung, ob die Äußerungen über die betroffene Person rechtsverletzend sein könnten, muss zeitnah abgemahnt und ggf. innerhalb einer kurzen Dringlichkeitsfrist eine einstweilige Verfügung gerichtlich durchgesetzt werden.

Inhaltlich kommt es im Presserecht in der Regel auf eine Abwägung der Interessen der sich streitenden Parteien an: Persönlichkeitsrecht vs. Presse-/Meinungsfreiheit. Da bei jeder Abwägung eine gewisse subjektive Komponente mitschwingt, ist jedem Prozess ein erhöhtes Risiko immanent. Das erschwert die Beratung in solchen Fällen, macht es aber auch möglich, durch besonders gute Argumentation Gerichte zu überzeugen und die Rechtsprechung weitestgehend mit zu entwickeln.

Ähnlich sieht es aus, wenn man die andere Seite berät. Bei der Beauftragung durch die Presse oder eine sich äußernde Person, die abgemahnt wird, ist schnelles und taktisches Handeln geboten, um eine ggf. mögliche einstweilige Verfügung zu verhindern.

Das Verlagsrecht betrifft im Wesentlichen die Erstellung von Verträgen. Schwerpunkt hier ist das Urheberrecht sowie ggf. übertragene Nutzungsrechte und die Auswirkungen einer solchen Übertragung bzw. die Verletzung etwaiger Rechte.

Was hat Sie dazu bewogen, sich für eine Tätigkeit in diesem Rechtsgebiet zu entscheiden? In welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, anwaltlich in diesem Bereich tätig zu werden?

Das Rechtsgebiet hat mich bereits zu Beginn meines Studiums fasziniert – insbesondere die Dynamik des Medienrechts und die daraus resultierende ständige Herausforderung, einen gesetzgeberischen Willen zu einem Sachstand zu partizipieren, an den zum Zeitpunkt der Gesetzesentwicklung niemand gedacht hat. Auch dass das Presserecht von Abwägungsfragen geprägt ist, in denen überzeugende Argumentationsarbeit zu leisten ist, macht es für mich enorm spannend. 

Neben Jobs als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit medienrechtlichem Bezug während des Studiums bei der Telekom (Congstar), Ströer und in mehreren medienrechtlichen Kanzleien absolvierte ich auch meinen universitären Schwerpunkt im Medien- und Urheberrecht. Mein Referendariat war ebenfalls geprägt von medienrechtlichen Stationen: Ich war u. a. in zwei medienrechtlichen Kanzleien, darunter auch WBS.LEGAL, und bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW.

Während ich nun seit knapp zwei Jahren bei WBS.LEGAL als Rechtsanwältin arbeite, habe ich berufsbegleitend einen medienrechtlichen Master begonnen und befinde mich derzeit in den letzten Zügen. Zudem habe ich die Theorie für meinen Fachanwalt im Medien- und Urheberrecht erfolgreich abgeschlossen.

Das Medienrecht hat sich also durch meinen gesamten Werdegang gezogen und ich bin ihm treu geblieben. 

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Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die praktische Arbeit im Presse- und Verlagsrecht erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?

Inhaltlich wusste ich, worauf ich mich einlasse. Insoweit sind meine Erwartungen erfüllt worden. Überraschend war jedoch, wie kurzfristig und schnell teilweise reagiert werden muss. So kann es sein, dass ein Schreiben der Gegenseite oder des Gerichts eintrifft und innerhalb von wenigen Tagen und/oder sogar Stunden vollumfänglich geprüft, Rücksprache mit der Mandantschaft gehalten und mit einer Antwort reagiert werden muss. Es ist erforderlich, einen kühlen Kopf zu bewahren, taktisch klug zu agieren und möglichst schnell eine rechtliche Meinung zu einem Sachverhalt zu entwickeln, die überzeugend dargestellt werden kann und muss. Das kann im Arbeitsalltag zwar auch zu Stresssituationen führen, macht ihn aber auch abwechslungsreich und spannend.

Was sind Ihrer Meinung nach die spannendsten bzw. schwierigsten Herausforderungen in dem Rechtsgebiet?

Herausfordernd ist im Presserecht neben der bereits genannten Kurzfristigkeit insbesondere, dass man für Betroffene emotionale Sachverhalte behandelt. Hier ist es erforderlich, einfühlsam mit den Mandanten zu sein, diesen aber gleichzeitig die rechtliche Lage objektiv und verständlich zu erläutern. Oftmals ist es schwer verständlich für Betroffene, dass Äußerungen in der Presse oder im Internet, die kritisch sind, nicht immer eine Rechtsverletzung bedeuten, sondern von der Presse- oder Meinungsfreiheit geschützt sein können.

Im Verlagsrecht sind die Strukturen etwas klarer, was die Beratung einfacher macht. Allerdings ist bei der Erstellung von Verträgen besonders herausfordernd, dass man Szenarien abdecken muss, die hypothetisch sind. Man muss Vorstellungskraft beweisen, um im Einzelfall alles Erforderliche im Vertrag abgedeckt und geschützt zu haben, was zu einem späteren Zeitpunkt ggf. zu einem Streit führen oder problematisch werden könnte. Hier kommt es auf Nuancen im Wortlaut an. Spannend ist insbesondere, dass man interessante Menschen, insbesondere KünstlerInnen, und deren Werke kennenlernt. 

Welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit im Presse- und Verlagsrecht vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen hier einstellen?

Im Presserecht muss man stressresistent sein und einen kühlen Kopf bewahren können. Es ist erforderlich, sich auf den Mandanten einstellen und ihnen die Beratung in der Form geben zu können, die individuell benötigt wird. Während die eine Person eine klare Ansage braucht, muss man bei der anderen Person ggf. etwas einfühlsamer sein. Argumentationsstärke ist ebenfalls essentiell.

Für das Verlagsrecht sollte man fit im Vertrags- sowie Urheberrecht sein. 

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Erlangung des Fachanwaltstitels im Bereich Medienrecht für das Presse- und Verlagsrecht? 

Ich habe meine Theorie für den Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bereits abgeschlossen und werde diesen nach Ablauf von drei Jahren Berufserfahrung anmelden und sodann tragen können. 

Unabhängig von der Außenwirkung des Titels, der die besondere Schwerpunktsetzung zeigt, erachte ich den Titel auch wegen der regelmäßigen Weiterbildung/Auffrischung als sinnvoll. Man beschäftigt sich zwangsläufig mindestens einmal im Jahr bewusst mit einer selbst ausgewählten Materie im Medienrecht und kommt mit KollegInnen in den Austausch. Das erachte ich als sehr wertvoll. 

Welche Aus-/Weiterbildung in dem Rechtsgebiet würden Sie Junganwält:innen ans Herz legen?

Ich selbst habe berufsbegleitend einen medienrechtlichen Master am Mainzer Medieninstitut gemacht und würde mich auch wieder dafür entscheiden. Als Berufsanfängerin in Vollzeit war es durchaus eine Herausforderung, nebenbei noch einen Master und einen Fachanwalt (der ist in dem Masterstudiengang enthalten) zu absolvieren; allerdings fällt das Lernen weniger schwer, wenn man die Lerninhalte im beruflichen Alltag direkt verknüpfen und anwenden kann. Beinahe jede Woche bin ich mit neuem Wissen und mehr Sicherheit in die Bearbeitung meiner Mandate gegangen. Ich habe früh KollegInnen und ProfessorInnen kennengelernt, die mir für meinen weiteren Karriereweg unmittelbar einen Mehrwehrt geboten haben, weil man Erfahrungen austauschen und gemeinsam diskutieren kann.

Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger:innen im Presse- und Verlagsrecht?

Auch wenn die Fälle, die die klassische Printpresse betreffen, weniger werden, öffnet sich eine große neue Tür: Das Internet. Klassische presserechtliche Fälle finden inzwischen online statt. Die Zukunftsaussichten sind mithin gut.

Auch das Verlagsrecht ist weiterhin gefragt, auch wenn (online)presserechtliche Fälle meinen Alltag mehr dominieren. 

Welchen Ratschlag würden Sie an diesem Rechtsgebiet interessierten Nachwuchsjurist:innen mit auf den Weg geben?

Ich bin Fan davon, ins Kalte Wasser geschmissen zu werden. Als ich mein Interesse für das Medienrecht entwickelt habe, habe ich mich ausprobiert und in unterschiedlichen Branchen mit Bezug zum Medienrecht gearbeitet. Hierdurch konnte ich sichergehen, dass es sich beim Medienrecht um das Rechtsgebiet handelt, in dem ich mich in der Zukunft sehe und konnte bereits vor dem Berufsstart viele Erfahrungen sammeln. Das kam mir in jedem Fall zugute. Daher empfehle ich Nachwuchsjurist:innen mit Interesse an dem Rechtsgebiet, Praktika oder Nebenjobs in Unternehmen oder Kanzleien zu machen.

Vielen Dank für das Interview & die Zeit, Frau Trebst!


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