Können Sie sich zunächst kurz vorstellen?
Seit 2018 bin ich zugelassene Rechtsanwältin. Nach meinem Abitur in Bremen habe ich Rechtswissenschaften zunächst in Bonn und anschließend in Köln studiert. Schon immer war es mein großer Traum, Rechtswissenschaften zu studieren – auch wenn das vielleicht etwas kitschig klingen mag.
Bereits während meiner Schulzeit habe ich zahlreiche Gelegenheiten genutzt, um in der großen Strafkammer in Bremen zu hospitieren, sei es während der Ferien oder durch Schülerpraktika. Dort wollte ich so viel wie möglich über das Recht erfahren und lernen.
Interessanterweise wurde mir sogar in meinem Jahrgangsbuch von meinen Mitschülern prophezeit, dass ich einmal Rechtsanwältin in Amerika sein würde. Obwohl ich letztendlich meinen Weg hier in Deutschland gegangen bin, erinnert mich diese Vorhersage immer wieder daran, wie früh meine Leidenschaft für das Recht erkannt wurde und wie sehr ich mich seitdem dafür engagiere.
Womit müssen Jurist:innen an einem typischen Arbeitstag im Strafrecht rechnen? Was umfasst dieser Bereich?
Dass kein Tag wie der andere ist. Jurist:innen im Strafrecht erleben einen Arbeitsalltag, der stets abwechslungsreich und herausfordernd ist. Sie müssen sich auf eine Vielzahl von Aufgaben in verschiedenen Kontexten und mit unterschiedlichen Personen einstellen.
Oft genug steht man vor unerwarteten Ereignissen wie Festnahmen oder Durchsuchungen, die ein schnelles Handeln erfordern. Der Arbeitsplatz ist nicht immer der Schreibtisch, sondern man ist viel unterwegs und steht in direktem Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen.
Dieser enge und oft auch emotional geprägte Kontakt zu Mandanten, Strafverfolgungsbehörden und anderen Beteiligten macht den Arbeitsalltag besonders spannend. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Situationen mit sich, die es zu bewältigen gilt, sodass es nie langweilig wird.
Was hat Sie dazu bewogen, sich für eine Tätigkeit in diesem Rechtsgebiet zu entscheiden? In welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, anwaltlich in diesem Bereich tätig zu werden?
Schon in meiner Kindheit war mein Gerechtigkeitssinn stark ausgeprägt. Ich habe oft mit angesehen, dass Menschen aufgrund mangelnder Kenntnisse ihrer Rechte, finanzieller Einschränkungen oder Sprachbarrieren benachteiligt wurden und diese Ungerechtigkeit leider hinnahmen. Als junges Mädchen habe ich mir geschworen, immer meine eigenen Rechte zu kennen und mich für diejenigen einzusetzen, die Hilfe benötigen. Mein Entschluss, mich beruflich im Rechtswesen zu engagieren, manifestierte sich demnach schon in meiner Kindheit.
Das Rechtsgebiet Strafrecht hat mich ehrlicherweise schon von Anfang an besonders fasziniert. Obwohl ich im Verlauf meines Studiums und Referendariats in verschiedene andere Rechtsbereiche hineingeschnuppert habe, blieb das Strafrecht bis zum Ende meine größte Leidenschaft.
Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die praktische Arbeit im Strafrecht erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?
Die praktische Arbeit im Strafrecht hat meine Erwartungen in vielerlei Hinsicht erfüllt. Die Vielfalt der Fälle und die ständige Notwendigkeit, flexibel und schnell zu handeln, haben mich besonders beeindruckt. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Situationen mit sich, die es zu bewältigen gilt, und das macht den Beruf äußerst spannend und dynamisch. Eine der größten Überraschungen für mich war die Tiefe der menschlichen Geschichten hinter den Fällen.
Was sind Ihrer Meinung nach die spannendsten bzw. schwierigsten Herausforderungen im Strafrecht?
Die spannendste Herausforderung im Strafrecht liegt meiner Meinung nach darin, dass jeder Fall einzigartig ist und eine individuelle Herangehensweise erfordert, was den Beruf äußerst abwechslungsreich und fesselnd macht. Gleichzeitig ist es entscheidend, die Fähigkeit zu besitzen, schnell auf Menschen einzugehen und sich auf das Gegenüber einzustellen. Es gilt, die individuellen Aspekte jedes Falles überzeugend zu präsentieren, um das Gericht von der Wahrheit zu überzeugen. Am Ende kann die Wahrheit die Wahrheit sein; es ist jedoch entscheidend, sie erfolgreich zu vermitteln, um eine gerechte Entscheidung zu erreichen und ggf. eine Verurteilung zu verhindern.
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Welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit in diesem Rechtsgebiet vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen hier einstellen?
Für eine anwaltliche Tätigkeit im Strafrecht sind Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, das Gegenüber zu verstehen, von großem Vorteil. Es ist wichtig, die Gestik und Mimik von Menschen lesen zu können, um ihre Bedürfnisse und Emotionen besser zu erfassen (z. B. bei der Befragung von Zeugen). Das Strafrecht erfordert meines Erachtens ein besonders hohes Maß an psychologischem Geschick, da es oft darum geht, die Motivationen und Handlungen der Beteiligten zu verstehen und effektiv darauf zu reagieren.
Bewerber:innen müssen sich darauf einstellen, dass die Arbeit im Strafrecht oft emotional belastend sein kann. Sie müssen in der Lage sein, mit schwierigen Situationen umzugehen und gleichzeitig professionell zu bleiben. Wichtig ist auch die Bereitschaft, sich ständig weiterzuentwickeln und sich neuen rechtlichen Herausforderungen zu stellen.
Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Erlangung des Fachanwaltstitels im Strafrecht?
Die Erlangung des Fachanwaltstitels im Strafrecht bescheinigt vertiefte Kenntnisse. Ich persönlich habe von dem Fachanwaltslehrgang sehr profitiert, nicht nur durch das Erlernen neuer Fachkenntnisse, sondern auch durch den wertvollen Austausch mit Kolleg:innen aus dem gleichen Rechtsgebiet. Ich durfte in meinem Lehrgang viele nette Kolleg:innen kennenlernen und profitiere bis heute von dem Austausch der Erfahrungen.
Welche (sonstige) Aus-/Weiterbildung in dem Rechtsgebiet würden Sie Junganwält:innen ans Herz legen?
Neben dem Fachanwaltstitel im Strafrecht können Junganwält:innen von Weiterbildungen profitieren, die ihre Kenntnisse in spezifischen Bereichen des Strafrechts vertiefen.
Als sehr bereichernd empfinde ich auch die Teilnahme an Fortbildungen zur Aussagepsychologie sowie zur Vernehmungslehre und -taktik.
Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger:innen im Strafrecht?
Die Zukunftsaussichten für Berufseinsteiger:innen im Strafrecht können vielversprechend sein, da die Vielfalt der Fälle und die Bedeutung des Berufs weiterhin bestehen bleiben. Das Rechtsgebiet wird nicht aussterben.
Welchen Ratschlag würden Sie an diesem Rechtsgebiet interessierten Nachwuchsjurist:innen mit auf den Weg geben?
Mein Ratschlag an interessierte Nachwuchsjurist:innen im Strafrecht ist einfach: Folgt Eurer Leidenschaft. Das Strafrecht unterscheidet sich deutlich von anderen Rechtsgebieten. Hier kann man sich nicht hinter dem Schreibtisch verstecken, sondern muss präsent sein und bereit sein, sich den Herausforderungen vor Ort zu stellen.
Die meisten Strafrechtler:innen sind eine Persönlichkeit für sich; und meiner Erfahrung nach trägt diese Persönlichkeit dazu bei, den Beruf mit Leidenschaft auszuüben.
Wenn Ihr Euch also für die Strafverteidigung interessiert, lasst Euch nicht davon abbringen. Es ist wichtig, dass man seiner Leidenschaft folgt und sich für das einsetzt, was einen wirklich begeistert.
Vielen Dank für das Interview und die Zeit, Frau Farnejad!
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