Können Sie sich zunächst kurz vorstellen?
Mein Name ist Christian Schott; nach meinem Abitur habe ich 2009 mit dem Jurastudium in Göttingen angefangen und bin dort recht früh als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl von Prof. Spindler gelandet. Dort bin ich nach meinem ersten Staatsexamen im Jahr 2015 für die Promotion geblieben, bis ich 2019 mit dem Referendariat begonnen habe.
An welchem Gericht haben Sie Ihr Referendariat absolviert? Was war für Ihre Wahl entscheidend?
Für das Referendariat bin ich zum Landgericht Lüneburg gegangen. In meinem Göttinger Bekanntenkreis gab es schon vorher das Modell, in Hamburg zu wohnen und für die jeweiligen Stationen und AGs nach Lüneburg zu pendeln. Ich bin allerdings direkt nach Lüneburg gezogen.
Lüneburg hat als Referendariatsstandort den Vorteil, dass die Betreuung objektiv gut und im Vergleich zu anderen Standorten überragend ist und durch die Nähe zu Hamburg nahezu alle Optionen für die Verwaltungs-, Anwalts- und Wahlstation offen stehen.
Haben Sie sich vor Beginn auf das Referendariat vorbereitet? Wenn ja, wie?
Tatsächlich hatte ich keine Vorbereitung für das Referendariat, da ich meine Doktorarbeit fertigstellen musste und hier Prioritäten gesetzt werden mussten. Durch die Tutorien, Begleitkollegs und Vorlesungsvertretungen war die Materie aus dem ersten Examen aber noch weitreichend präsent.
Wann haben Sie sich auf die Referendarstellen beworben? Wann sollten Referendar:innen spätestens ihre Bewerbungen vor Beginn der jeweiligen Stationen abschicken?
2019 war die Bewerbungssituation noch entspannter als es heute der Fall ist. Außerdem hatte ich durch meine Noten im ersten Examen den Vorteil, auf keinen Wartelistenplatz zu rutschen. Dadurch bin ich direkt im ersten Bewerbungsanlauf zugelassen worden. Die „Bewerbungsfenster“ werden ja ohnehin durch das jeweilige OLG diktiert, sodass man nach Zulassung – jedenfalls für die Zivil- und die Strafstation – genau weiß, wann man wo landen wird.
Stand heute muss man klar sagen: Sobald man die Zulassung zum Referendariat angenommen hat, sollte man sich um die weiteren Stationen kümmern, damit man sich den späteren Stress erspart.
Bei welchen Arbeitgebern haben Sie Ihre Stationen absolviert? Nach welchen Kriterien haben Sie die Ausbildungsstätten ausgewählt?
Für die Strafstation war ich im Dezernat „Wirtschaftsstrafrecht“, für die Verwaltungsstation bin ich zur Polizeidirektion gegangen. In der Anwaltsstation war ich bei Hogan Lovells in der Abteilung für Großprojektfinanzierungen (IERP), was vor dem Hintergrund meines Promotionsthemas recht passend war.
Für die Wahlstation bin ich schließlich zu Esche Schümann Commichau in den Bereich Corporate/M&A mit einer gehörigen Portion Banking & Finance gegangen (und letztlich auch dort geblieben).
Wie war die Begleitung durch die Ausbilder:innen in Ihren Stationen?
Die Betreuung durch die Ausbilder war durchweg gut. Das Gericht hatte eine Gruppenausbildung angeboten, sodass uns unsere Ausbilderin eine deutlich intensivere Betreuung (mit regelmäßigen Aktenvorträgen) zugutekommen lassen konnte.
In der Strafstation hatte ich aufgrund des gewählten Dezernats zwar weniger, dafür aber deutlich größere Akten als meine Ref-Kollegen. Die Besprechungen mit meiner Ausbilderin waren dennoch regelmäßig und zielführend, auch was die Vorbereitung für das zweite Examen betrifft.
In der Verwaltungsstation hatte ich ebenfalls eine überragende Ausbildung genossen. Bei der Polizeidirektion bekommt man die praktische Examensvorbereitung in Reinform – Polizei- und Ordnungsrecht, Versammlungsrecht, Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren – zuweilen aber auch absolute Exotengebiete.
Die Anwaltsstation in einer Großkanzlei war demgegenüber ein ziemlicher Bruch, denn die Arbeitsmaterie dort hatte mit dem, was im Examen geprüft wird, so gut wie keine Überschneidungen. Dafür genießt man jedoch eine noch intensivere Betreuung, insbesondere in Form von Zusatzkursen, die durch die Kanzlei gestellt werden.
In der Wahlstation hatte ich den Vorteil, unter den Augen eines überragenden Prozessrechtlers zu arbeiten, der keine Ungenauigkeiten durchgehen lässt – weder in schriftlichen Ausarbeitungen noch in der mündlichen Erörterung. Für die mündliche Examensprüfung schärft das die Sinne besonders.
Worauf legen Sie während der Ausbildung von Referendar:innen bei ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU besonders Wert? Wovon profitieren Referendar:innen in einer Station bei ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU?
Kurz gesagt: Intensiver Austausch in beide Richtungen – eine Referendarausbildung kann nur dann gelingen, wenn der Referendar durch den Ausbilder intensiv in die Mandatsarbeit eingebunden wird und der Ausbilder jederzeit für Rückfragen zur Verfügung steht. Hier liegt einer der Vorteile bei ESCHE darin, dass eine sehr hohe Partnerquote besteht. Damit haben Referendare gleich mehrere Ansprechpartner, die jederzeit zur Verfügung stehen.
Der eigentliche Vorteil für Referendare ist aber die Größe der Mandate: Dadurch, dass wir eine große Kanzlei sind, aber keine Großkanzlei im eigentlichen Sinne, haben wir eine sehr große Bandbreite an Mandaten, die auch für die Einbindung von Referendaren geeignet sind, egal in welcher Abteilung man sich bewirbt. So erhalten Referendare, ebenso wie Berufsanfänger, von der allerersten Minute einen ganzheitlichen Blick auf das Mandat.
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Mittelständische Kanzlei
Esche Schümann Commichau
Wie waren Ihre Erfahrungen mit den stationsbegleitenden Arbeitsgemeinschaften?
Viel Licht und viel Schatten – gerade bei der Staatsanwaltschaft und in der Verwaltung hatten wir den Vorteil, von erfahrenen AG-Leitern ausgebildet zu werden. Unsere Staatsanwältin hatte jahrelange Erfahrung mit der AG-Leitung; die AG-Leiterin in der Verwaltungsstation war eine OVG-Richterin, die sowohl im materiellen und prozessualen Verwaltungsrecht firm war. Auch die Zivilstation hatte eine gute Betreuung geboten.
Die Praxisstationen nehmen neben dem Lernen im Referendariat viel Zeit ein. Hier den richtigen Schwerpunkt zu setzen fällt oftmals schwer. Wie haben Sie sich die Zeit zum Arbeiten und Lernen während des Referendariats eingeteilt?
Man sollte während der gesamten Zeit versuchen, am Ball zu bleiben und nichts schleifen lassen – aber die „eigentliche“ Examensvorbereitung beginnt mit dem herannahenden Examen, wenn man in der „Wiederholungsphase“ angelangt ist. Hier kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren und insbesondere Übungsklausuren schreiben, was sehr viel Zeit „am Stück“ in Anspruch nimmt.
Hier bleibt auch meist noch ausreichend Zeit, gewisse Versäumnisse aufzuholen.
Wie haben Sie sich auf das 2. Staatsexamen vorbereitet? Welche Materialien haben Sie zur Vorbereitung darauf genutzt?
Man sollte auf keinen Fall versuchen, sich auf jeden möglichen Einzelfall durch Lektüre von allerhand Urteilen vorzubereiten – man benötigt eine solide „Allgemeinbildung“ (hier helfen Skripte und Podcasts) und „Kampferprobung“ durch Übungsklausuren.
Die beste, wenngleich auch zeitintensivste und unangenehmste Form der Examensvorbereitung sind Übungsklausuren. Hierdurch probt man den Extremfall immer aufs Neue und wird mit genau den skurrilen Sachverhalten konfrontiert, die auch im Examen drohen. In der letzten Examensklausur wurde uns etwa ein Rückzahlungsanspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag aus Anwaltssicht mit der Behörde als Mandantin und einer intensiven AGB-Prüfung präsentiert, nachdem man ein paar Tage zuvor bereits das fragliche Vergnügen hatte, Inhaberschuldverschreibungen in Form von „Tanztalern“ zu prüfen.
Hat man vorher bereits Erfahrung mit derartigen Ausnahmesachverhalten, geht man die Klausur deutlich anders an. Auf bestimmte Urteile hinzulernen, hilft hier in aller Regel recht wenig. Bestenfalls hat man hierfür eine Lerngruppe. Durch die Übungsklausuren lernt man zudem den Umgang mit den Kommentaren.
Skriptmaterial bekommt man idealerweise in den jeweiligen AGs. Dazu gibt es von Christian Konert unter dem Titel „AG Zivilrecht“ (und mittlerweile auch „AG Strafrecht“) Podcasts für Referendare, die eine ideale Wiederholung des Inhalts aus den ersten Stationen darstellen. Für das Verwaltungsrecht gibt es in Niedersachsen ausgezeichnete Materialen von Tim Maczynski, einem LJPA-Prüfer.
Haben Sie eine stationsbegleitende Nebentätigkeit ausgeübt? Wenn ja, wie konnten Sie diese mit dem Lern- und Arbeitspensum des Referendariats vereinen?
Während der Zivilstation war meine Nebenbeschäftigung die Fertigstellung meiner Doktorarbeit, die ich „pünktlich“ zum Ende meiner Zivilstation eingereicht hatte. In den Straf- und Verwaltungsstationen hatte ich auf eine weitere Nebentätigkeit verzichtet; in der Anwaltsstation und in der Wahlstation war ich jeweils auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, was die Ausbildung noch einmal intensiviert hat.
Man sollte den Fokus hierbei – natürlich den jeweiligen Möglichkeiten entsprechend – aber definitiv auf die Examensvorbereitung setzen.
Warum haben Sie sich nach dem Referendariat für Ihren jetzigen Arbeitgeber ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU entschieden?
„One office. THE city.“ – Dadurch, dass ESCHE eine traditionsreiche, hanseatische Kanzlei ist, hat man einen Mandantenstamm, der seinesgleichen sucht. Zugleich hat man durch die Konzentration auf einen einzigen Standort sämtliche Fachgebiete gebündelt – Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Insolvenzrecht, öffentliches Recht, IP, Real Estate sowie Stiftungsrecht und Vermögensnachfolge. Dazu kommen noch die Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung.
Die Vernetzung innerhalb und außerhalb der jeweiligen Teams ist extrem hoch; man hat aus allen Fachgebieten eine ganze Reihe von Kontakten, was gerade die größeren Projekte deutlich vereinfacht. Aber auch (und gerade) für kleinste Rückfragen stehen immer Ansprechpartner zur Verfügung.
ESCHE hat den weiteren Vorteil, dass man von der allerersten Minute direkt „im Mandat“ arbeitet und auch sofort Mandantenkontakt genießt und nicht bloß den jeweiligen Partnern aus dem Hinterzimmer ausgewählte Rückfragen zuarbeitet.
Welche Tipps würden Sie (angehenden) Referendar:innen zur Vorbereitung auf das Referendariat mitgeben?
Das hängt letztlich davon ab, in welcher Phase man sich befindet – im Idealfall sollte man „lastenfrei“ ins Referendariat gehen, sprich: Die Doktorarbeit final abgegeben haben (und sich nicht auf Vorkorrekturen einlassen! Im Referendariat hat man weder Zeit noch Nerven, größere Umbau- oder Aktualisierungsmaßnahmen an der Doktorarbeit vorzunehmen).
Die Materie aus dem ersten Examen sollte sitzen, damit man hier nicht zusätzlich Zeit und Ressourcen auf das verwendet, was man im ersten Examen gelernt haben sollte.
Und zuletzt sollte man immer bedenken, dass die unangenehme, aber gewinnbringende Phase (erst) in den letzten Monaten vor den Klausuren droht. Man sollte die Vorbereitung also zwar nicht erst auf die letzten Monate verschieben, sondern immer am Ball bleiben. Noch weniger sollte man sich aber schon in den ersten Monaten aufreiben.
Vielen Dank für die Zeit und das Interview, Herr Dr. Schott!
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