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Journal / Karriere

Mentoring 2023: Legally Female

In unserem Interview mit Kathrin Ludwig und Felicitas Famulla stellen die beiden Gründerinnen ihr Mentoringprogramm "Legally Female" vor und erklären den Aufbau sowie die Idee dahinter 

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Mentoring 2023: Legally Female

Mentoring – ein viel zu lange im Schatten stehendes Thema. Dabei ist es für den juristischen Nachwuchs von großer Bedeutung für den persönlichen Werdegang und die Entwicklung. Insbesondere Frauen haben einen erhöhten Bedarf an Mentoring, da die entsprechenden Netzwerke für sie bisher fehlten. Ein solches Netzwerk bietet Legally Female. In dessen Rahmen erhalten Juristinnen die Möglichkeit, sich durch ein entsprechendes Mentoringprogramm miteinander zu verknüpfen und voneinander zu profitieren. Im Folgenden geben die beiden Gründerinnen, Ann-Kathrin Ludwig und Felicitas Famulla, einen Einblick in die Vision von Legally Female. Sie stellen den Ablauf des Mentoringprogramms vor und erzählen, wie man Teil des Netzwerks werden kann.

Von der Vision bis zur Gründung

Mit dem stetigen Ziel: „Gemeinsam wollen wir die Förderung angehender Juristinnen ohne Wenn und Aber ermöglichen!“ vor Augen, bietet Legally Female einen umfassenden Überblick über die möglichen Berufsbilder in der Juristerei und stärkt nachhaltig die Rolle der Frau in der Rechtswissenschaft. Denn eine juristische Karriere erfordert zunehmend ein selbstbewusstes Auftreten und den Mut, sich schon früh von der Masse abzuheben. Diesen Mut zu finden, falle insbesondere den teils selbstkritischen und verkopften Nachwuchsjuristinnen schwer, erklären die Gründerinnen.

Sie glauben fest daran, dass die Rechtswissenschaft starke Juristinnen braucht. Deshalb wollen sie den juristischen weiblichen Nachwuchs ermutigen, sein Potential vollkommen auszuschöpfen. Oft fehlt der sichere Rahmen, um auch sensible Themen zu adressieren. Aufgrund dessen möchten sie einen „Safe-Space“ schaffen, in dem jegliche Fragen – auch unangenehme oder vermeintlich „dumme“ – gestellt werden können. Durch die vertrauensvolle und beratende Unterstützung durch erfahrene Juristinnen und das Aufzeigen verschiedener Möglichkeiten zur Gestaltung von Studium und Beruf soll das Selbstbewusstsein gestärkt werden.

Um diese Ziele und die Vision der leicht zugänglichen Förderung und Bildungsgleichheit zu unterstützen, ist das Programm vollumfänglich kostenlos und wird es laut den Gründerinnen auch immer bleiben. 

Aber wer steckt hinter dem vielversprechenden Netzwerk? 

Legally Female Gründerin Kathrin Ludwig

Legally Female – das sind Ann-Kathrin Ludwig und Felicitas Famulla. Felicitas ist Associate in einer internationalen Großkanzlei im Bereich M&A und Anwältin. Sie lebt das Motto des Netzwerks auch außerhalb von Legally Female: Bei ihr könnt ihr euch auch auf Social Media Mentorinnen-Tipps zur Examensvorbereitung sowie zur mentalen Stärke im Jurastudium holen, denn dort ist sie als @beyourbestlawstudent bekannt! Ann-Kathrin ist Rechtsreferendarin in Rheinland-Pfalz und arbeitet seit mehreren Jahren im Bereich Bank- und Finanzrecht in einer internationalen Großkanzlei. Aufgrund eigener sehr positiver Erfahrungen mit einer Mentorin kam ihr die Idee zu Legally Female. Felicitas sofortige Antwort auf ihre Vorstellung: „Wir machen das!“

Legally Female Gründerin Felicitas Famulla

So trugen beide ihre Erfahrungen bezüglich Mentoring und Frauen im juristischen Arbeitsleben zusammen und entwickelten damit das Konzept von Legally Female. Alles fußte auf der grundsätzlichen Feststellung, dass weibliche Nachwuchsjuristinnen oft eine gewisse Hemmung an den Tag legen. So etwa, wenn es darum geht, Karriereentscheidungen zu treffen oder die eigenen Stärken herauszustellen. Dies sei bei den beiden Frauen leider selbst lange genauso gewesen. So setzten sie alles daran, dies zu ändern und andere Frauen darin ebenfalls zu unterstützen!

Im Gründungsprozess hat sich immer mehr herauskristallisiert, was die konkreten Inhalte, Ziele und Punkte des Programms sein sollen. Dabei haben sie anfangs viel mit Nachwuchsjuristinnen kommuniziert, um herauszufinden, von welchen Inhalten sie am meisten profitieren können und um das Programm den Wünschen entsprechend anzupassen.

Die drei Säulen von Legally Female

Legally Female besteht nun aus drei Säulen: „LF Developing“, „LF Networking“ und „LF Mentoring“. Das „LF Developing“ schließt monatliche Workshops und Events ein, wozu unter anderem ein Bewerbungstraining gehört. Events finden in regelmäßigen Abständen von ein bis zwei Monaten online oder als Präsenzveranstaltung statt. Das „LF Networking“ beinhaltet geschlossene LinkedIn- und WhatsApp-Gruppen, wodurch die Teilnehmerinnen die Möglichkeit zum Austausch beziehungsweise Netzwerken erhalten. „LF Mentoring“ ist das Eins-zu-eins-Mentoringprogramm – das Kernstück des Unternehmens.

Generierung von Mentorinnen

Zur Gewinnung der Mentorinnen wurden zunächst Frauen angefragt, die die Gründerinnen durch berufliche Erfahrungen selbst kennengelernt haben. Als das Netzwerk aufgrund ihres Social-Media-Auftritts bekannter wurde, hat sich der Großteil der Mentorinnen eigeninitiativ gemeldet. Bei der Auswahl dieser achten die Gründerinnen primär auf ihr Engagement. Hierbei stellen sich Felicitas und Ann-Kathrin immer die Frage: Teilen sie die gleiche Motivation und Vision?

Der Bewerbungsprozess – softe Faktoren statt harter Fakten

Zweimal jährlich öffnet Legally Female die Pforten für eine Woche. In dieser Woche können sich an unterschiedlichen Bewerbungstagen die jeweiligen Mentees für ihre Gruppe (Erste Gruppe: Studium bis 1. Staatsexamen, zweite Gruppe: 1. Staatsexamen bis Referendariat, dritte Gruppe: Referendarinnen und Berufseinsteigerinnen) bewerben.

Bei der Auswahl geeigneter Mentees sind insbesondere „softe Faktoren“ von Bedeutung. Ausschlaggebend bei der Bewerbung ist das Anschreiben, in welchen teilweise sehr persönliche Geschichten und Schicksalsschläge anvertraut werden. Herausragende Noten, beeindruckende Lebensläufe und Praktika, privilegierter Background und andere harte Fakten finden weniger Beachtung. Von solchen objektiven Kriterien soll die Förderungsmöglichkeit nicht abhängig sein. Die meisten anderen Förderprogramme würden erst ab einem gewissen Punkt im Lebenslauf unterstützen. Dort müsse man allerdings erst einmal hinkommen und dürfe vorher nicht durch das grobmaschige Netz fallen, so die Gründerinnen. Deshalb möchte Legally Female dies durch eine frühzeitige Förderung anders angehen!

Beim anschließenden Pairing werden die Mentees mit den passenden Mentorinnen primär nach subjektiven Kriterien gematcht. Solche Kriterien können sowohl ein Kind, Krankheiten, persönliche Vorlieben, ein Migrationshintergrund, Erfahrungen und Schicksalsschläge als auch Ausbildungsstand, Rechtsgebiet und Standort sein. Mentorinnen sollen dort Hilfestellung bieten, wo Support benötigt wird.

Das Mentoringprogramm im Einzelnen

Damit die Qualität dieses Supports erhalten bleibt, wird zu Beginn einer jeden Runde des Mentoringprogramms ein Einführungsabend sowohl für Mentorinnen als auch Mentees veranstaltet. An diesem werden die Eckpfeiler des Programms transparent umrissen. Zudem stehen die Gründerinnen während des Programms jederzeit als Ansprechpartnerinnen bei eventuell aufkommenden Problemen oder Fragen vertrauensvoll zur Seite. Ansonsten wird sich jedoch zur Gewährleistung eines „Safe-Space-Networking“ aus der persönlichen Mentorin-Mentee-Beziehung herausgehalten.

Mentorin und Mentee sollen mindestens einmal monatlich auf die selbst gewählte Art und Weise in Kontakt treten. Alles Weitere wird dem jeweiligen „Match“ überlassen, um eine Ausgestaltung ganz nach den jeweiligen Bedürfnissen zu ermöglichen. Orientierung bieten Leitfäden und Arbeitsblätter, die zur Verfügung gestellt werden. Fragen der Checkliste zum ersten Kennenlernen sehen beispielsweise wie folgt aus: Habe ich schon Erfahrungen im Bereich des Mentoring gesammelt? Was interessiert mich an der Mentorin/Mentee? Wo bestehen Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede? Die Leitfäden zu den Rahmenbedingungen und Erwartungen enthalten unter anderem Fragestellungen und Empfehlungen bezüglich der Arbeitsweise, der Wünsche auf beiden Seiten und der Frequenz und Medien der Kommunikation. Der Austausch findet sowohl digital als auch in Präsenz statt. Viele treffen sich etwa, um gemeinsam an den Legally Female Events teilzunehmen.

Gemeinsam festgelegte Ziele zwischen Mentorin und Mentee können eine selbstbewusste Bewerbung auf einen Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Referendarin, der Mut zu einer Karriereentscheidung oder das selbstbewusste, gut vorbereitete Auftreten in einer mündlichen Prüfung sein. Zur Erreichung dessen dürfen sie die Arbeitsweise individuell vereinbaren. So kann man beispielsweise an einer schrittweisen Lösung von Problemen oder Hindernissen arbeiten oder – je nach Bedarf – völlig offen und situativ in die Gespräche hineingehen. Ebenso steht es den Teilnehmerinnen frei, vorab festgelegte Themen zu besprechen. 

Derzeit umfasst das Mentoringprogramm 136 Mentorinnen und 246 Teilnehmerinnen, die miteinander im Austausch stehen. Obwohl das Mentoring auf den Zeitraum von einem Jahr angelegt ist, halten viele Paare auch darüber hinaus noch Kontakt.

Das sagt ein aktuelles Mentorin-Mentee-Paar:

Mentee:
„Ich bin X und befinde mich mitten in der Examensvorbereitung. Durch Legally Female lernte ich meine tolle Mentorin Y kennen. Mit ihr tausche ich mich per WhatsApp und Zoom ca. 1-2 Mal im Monat über alles Mögliche, was das Jurastudium und speziell die Examensvorbereitung betrifft, aus. Ich kann ihr jederzeit sämtliche Fragen stellen, sie spricht mir immer Mut zu und gibt mir gute Tipps, was ich gerade in dieser anstrengenden Phase meines Lebens besonders wertschätze. Es hilft mir sehr und ist schön, eine Person zu haben, die den ganzen langen Weg der juristischen Ausbildung selbst schon erfolgreich durchlaufen hat und mich somit in jeder Gefühlslage verstehen und mit eigenen Erfahrungswerten tatkräftig unterstützen kann. Für dieses schöne Match bin ich dem Legally Female Team mehr als dankbar und kann das Mentoringprogramm einfach nur jeder (angehenden) Juristin weiterempfehlen!

Mentorin: 
„Hey, mein Name ist Y und ich bin frisch gebackene Anwältin. Ich engagiere mich als Mentorin, weil ich den Austausch zwischen Juristinnen in verschiedenen Lebens- bzw. Ausbildungsausschnitten wichtig finde. In vertraulicher Atmosphäre tausche ich mich mit meiner lieben Mentee regelmäßig über Ihre Examensvorbereitung und meinen Berufseinstieg aus. Dabei kann ich Tipps und Erfahrungswerte weitergeben, die mir damals selbst geholfen haben bzw. hätten. Ich konnte von dem Mentoringprogramm auch selbst profitieren, in dem ich mein Studium nochmal aus einer anderen Perspektive reflektiere und mich von ihrer positiver Einstellung anstecken lasse. Wir sind uns sehr ähnlich und mittlerweile sind die Videocalls wie ein Gespräch unter Freunden. Ich hoffe, dass es in Zukunft mit einem Treffen in Person klappt und danke dem LF Team, dass ihr uns zusammen gebracht habt.“

Vielen Dank an die Gründerinnen Felicitas und Ann-Kathrin für die Zeit und den Einblick in Legally Female!

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