Skip to main content

Medizin- & Gesundheitsrecht: Interview mit Franziska Münchow (OPPENLÄNDER)

Im Rahmen unserer Interviewreihe "Berufsspecials" berichtet Franziska Münchow, Rechtsanwältin bei Oppenländer, über die Anforderungen und Perspektiven einer anwaltlichen Tätigkeit im Bereich des Medizin- und Gesundheitsrechts.

  • Artikel teilen
Medizin- & Gesundheitsrecht: Interview mit Franziska Münchow (OPPENLÄNDER)

Könnten Sie sich zunächst bitte kurz vorstellen?

Mein Name ist Franziska Münchow, ich komme aus Stuttgart und arbeite bei OPPENLÄNDER Rechtsanwälte im Gesundheitsrecht. Ich habe in Tübingen studiert und dort auch mein Referendariat absolviert. In meiner Freizeit spiele ich Klavier und mache gerne Sport im Freien.

Wie kam es zu Ihrer Spezialisierung auf das Medizin- und Gesundheitsrecht – in welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, darin tätig sein zu wollen?

Die Entscheidung fiel bei mir erst nach dem Berufseinstieg. Vor meinem Start bei OPPENLÄNDER hatte ich noch keine Berührungspunkte mit dem Medizin- und Gesundheitsrecht, insbesondere gab es an der Universität Tübingen zu meiner Studienzeit keine Lehr- oder Schwerpunktveranstaltungen in diesem Bereich. Ich begann bei OPPENLÄNDER zunächst im Gesellschaftsrecht, das mir aus dem Studium bekannt war. Als ich während meiner Tätigkeit im Gesellschaftsrecht erstmals und eher zufällig vereinzelt in Mandaten mit gesundheitsrechtlichen Kontexten und Fragestellungen in Kontakt kam, entdeckte ich mein Interesse und meine Freude am Gesundheitsrecht und entschloss mich zu einem Wechsel, mit dem ich bis heute sehr glücklich bin.

Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die Tätigkeit in diesem Bereich erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?

Mir sind Abwechslung im Berufsalltag und Raum zur eigenen rechtlichen Argumentation sowie zu juristischer Kreativität in der anwaltlichen Tätigkeit wichtig. Ist ein Rechtsgebiet bzw. sind die aufkommenden Rechtsfragen in großen Teilen schon erschöpfend erforscht oder Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung, sind die Argumentationen oft vorgegeben und die Möglichkeiten zur Mitgestaltung und Einflussnahme auf die juristische Diskussion begrenzt. Das ist im Gesundheitsrecht, einem Nischenrechtsgebiet, anders. Hier gibt es Raum, eigene juristische Problemlösungen zu erarbeiten und rechtliche Argumentationen zu entwickeln. Etwas überrascht war ich anfangs von der starken Regulierung des Gesundheitssektors, die für den hohen Beratungsbedarf in diesem Bereich mitverantwortlich ist.

Was macht das Medizin- und Gesundheitsrecht für Sie zu einem besonders spannenden Rechtsgebiet?

Interessant ist das Medizin- und Gesundheitsrecht aufgrund seiner Vielseitigkeit. Es umfasst zahlreiche Rechtsgebiete wie das Apothekenrecht, das Arzneimittel- und Medizinprodukterecht, das Heilmittelwerberecht, das Gesundheitsdatenschutzrecht, usw. Im Gesundheitswesen agieren eine Vielzahl von Marktakteuren und Leistungserbringern (bspw. Ärzte, Apotheker, Arzneimittelhersteller, etc.), deren Auftreten auf dem Markt sehr detailliert geregelt ist. Bei Gesetzesverstößen drohen diverse und oft empfindliche Rechtsfolgen wie Maßnahmen von Behörden, Bußgelder, Klagen von Wettbewerbern und sozialrechtliche Folgen. Die Vielfalt der Themen macht die anwaltliche Tätigkeit auf dem Gebiet sehr spannend. Gelegentlich wird man auch rechtsgestaltend tätig, entwirft Verträge zwischen Marktteilnehmern oder Ähnliches. Außerdem wird das Gesundheitssystem durch das Verfassungsrecht geprägt, sodass auch verfassungsrechtliche Fragestellungen auftauchen.

Welche typischen rechtlichen Fragestellungen begegnen Ihnen in Ihrer täglichen Arbeit in diesem Bereich? Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

In letzter Zeit habe ich häufiger (anvisierte oder praktizierte) Kooperationen zwischen Leistungserbringern (bspw. zwischen Apotheken und Krankenhäusern/Ärzten/Homecare-Unternehmen) auf ihre Zulässigkeit und Gestaltbarkeit geprüft und dazu beraten. Rechtlich ist der Bereich ein Minenfeld und daher sehr interessant. Arbeitsprodukt waren in diesen Fällen umfangreiche Rechtsgutachten. Daneben vertrete ich Mandanten auch vor Behörden und Gerichten, verfasse Schriftsätze/Stellungnahmen und nehme an Verhandlungen teil.

Mehr über OPPENLÄNDER Rechtsanwälte erfahren:

Mittelständische Kanzlei

OPPENLÄNDER Rechtsanwälte

Gruppenbild MT FS AE AW Original DSC02706 scaled e1713271432266

1 Standort

0 Events

3 Jobs

Alle Arbeitgeber entdecken

Was sind Ihrer Meinung nach die schwierigsten rechtlichen sowie praktischen Herausforderungen im Medizin- und Gesundheitsrecht?

Die Regelungsdichte und -komplexität sowie die Dynamik des Gesundheitsrechts sind für die Marktakteure herausfordernd. Die Gesetze unterliegen ständigen Anpassungen. Es kommt auch vor, dass rechtliche Vorgaben nicht allen Bedürfnissen der Praxis (bspw. Interessen des Patienten) gerecht werden und Leistungserbringern ein sinnvolles Handeln erschwert wird. Außerdem bringt die Digitalisierung des Gesundheitssektors rechtliche Herausforderungen mit sich, besonders mit dem Gesundheitsdatenschutzrecht und Fragen im Umgang mit KI. Eine weitere Herausforderung sind die steigenden Versorgungsausgaben und finanziellen Negativentwicklungen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Auch wirtschaftliche Fragestellungen prägen insoweit das Gesundheitsrecht. 

Welche Soft Skills und Kenntnisse sind Ihrer Meinung nach besonders wichtig, um im Medizin- und Gesundheitsrecht erfolgreich zu sein? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen einstellen und ist dabei auch medizinisches Wissen erforderlich?

Im Gesundheitsrecht ist das Mandantenspektrum breit, zudem kann schnelles Handeln erforderlich sein, etwa wenn bußgeldbewehrte Verstöße im Raum stehen. Als Anwalt im Gesundheitsrecht sollte man daher komplexe Sachverhalte schnell erfassen und sich in die jeweilige Situation des Mandanten hineinversetzen können. Hilfreich ist auch ein gewisses Maß an Kreativität, um Argumentationen und Lösungen auch in rechtlich neuen Fallkonstellationen entwickeln zu können. Tiefes medizinisches Fachwissen ist meiner Einschätzung nach nicht erforderlich. Ein Basiswissen von medizinischen Begriffen und Vorgängen kann aber nützlich sein, um bspw. ein Arzneimitteldokument oder einen ärztlichen Bericht besser zu verstehen.

Wie verändert die Digitalisierung das Medizin- und Gesundheitsrecht? Gibt es spezielle Fragestellungen, die durch technische Innovationen wie KI aufkommen und inwiefern ist technisches Verständnis hier von Vorteil?

Die Digitalisierung hat zum Beispiel zur Einführung des E-Rezeptes und der Elektronischen Patientenakte (ePA) geführt. Aktuelle Themen sind die Umsetzung des AI Acts, die Telemedizin (digitale Sprechstunden und Fernbehandlung) und der Einsatz von KI in der Arzneimittel- und Medizinprodukteentwicklung sowie bei der ärztlichen Behandlung (bspw. in Form von KI-gestützten Analysen/Diagnosesystemen). Rechtlich geht es häufig um Gesundheitsdatenschutz, IT-Sicherheit, Patientenrechte und Haftungsfragen. Auch die Frage, wann Software (bspw. eine Gesundheitsapp) ein Medizinprodukt ist, wird aktuell diskutiert. Technische Kenntnisse können vorteilhaft sein, um regulatorische Vorgaben besser zu verstehen und medizintechnische Innovationen juristisch korrekt einzuordnen und zu bewerten.

Gibt es spezielle Aus- und Weiterbildungen, Netzwerke oder Fachveranstaltungen, die Sie am Medizin- und Gesundheitsrecht interessierten Nachwuchsjurist:innen empfehlen würden?

Empfehlen kann ich die Marburger Gespräche zum Pharmarecht, eine jährlich stattfindende Tagung mit interessanten Vorträgen über aktuelle Themen im Pharmarecht, spannenden Diskussionsrunden und einem netten Kennenlernen von Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsbereich. 

Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger:innen in diesem Gebiet?

Ich gehe davon aus, dass das Gesundheitsrecht ein wichtiges und beratungsintensives Tätigkeitsfeld bleibt und weiter an Bedeutung gewinnen wird, nicht zuletzt deshalb, weil die Gesellschaft immer älter wird und die Nachfrage nach Gesundheitsgütern und -leistungen weiter ansteigen wird. Außerdem wird das Gesundheitsrecht aufgrund des medizinischen und technischen Fortschritts (Digitalisierung und KI) voraussichtlich auch weiterhin stark in Bewegung sein, neue Rechtsfragen aufwerfen und eine Rechtsberatung in allen Teilbereichen erforderlich machen.

Was würden Sie interessierten Studierenden, Referendar:innen sowie Berufseinsteiger:innen raten, die eine Karriere im Medizin- und Gesundheitsrecht anstreben?

Sofern möglich, würde ich mir schon im Studium (bspw. im Schwerpunkt) einen ersten Eindruck vom Medizin- und Gesundheitsrecht verschaffen. Außerdem sind Praxiseinblicke ratsam, da es für Juristinnen und Juristen eine Vielzahl an Jobs im Gesundheitsbereich gibt (insbesondere in Anwaltskanzleien, Rechtsabteilungen von Pharmaunternehmen und Gesundheitsbehörden) und Praxiseinblicke die spätere Berufswahl erleichtern können. Dafür bieten sich Praktika im Studium, das Referendariat oder eine WissMit-Tätigkeit im Gesundheitsrecht an.

Vielen Dank für das Interview und Ihre Zeit!


Weitere Berufsspecials gibt es hier:

Berufsspecials

Kennst du schon diese Angebote von uns?

Hier findest du die wichtigsten Fakten zum Referendariat über Ablauf, Planung und Bewerbung sowie Unterhaltsbeihilfen auf einen Blick!

Überblick über das Referendariat

Finde alles, was du über das Referendariat und den Berufseinstieg wissen solltest im IUR50, unserem Magazin für Referendar:innen und Berufseinsteiger:innen: Kompakt und verständlich gibt es hier alle Informationen zu Planung, Examensvorbereitung, Arbeitgebern, Karrierechancen, Berufsfeldern und Vielem mehr!

IUR50 – Das Magazin für Referendariat & Berufseinstieg

Wenn du noch auf der Suche nach dem richtigen Repetitorium und kostenlosen Lernangeboten bist oder wichtige Tipps für deine Examensvorbereitung in den Bereichen Planung, Ernährung, Sport, Mindset & mehr benötigst, schau in unseren RepGuide – mitsamt Erfahrungsberichten und Interviews der Rep-Gewinner!

RepGuide – Der Weg zu deiner passenden Examensvorbereitung

Falls du auf der Suche nach einem Arbeitgeber für deine Anwaltsstation, als Berufseinsteiger:in oder im Rahmen deines Studiums bist, haben wir hier ein paar Vorschläge für dich:

Entdecke Arbeitgeber

Oder mach es dir leicht und werde Teil des iurratio-Talentpools: Registriere dich und finde deinen zukünftigen Arbeitgeber, der voll und ganz zu dir passt, oder lass dich von deinem Wunscharbeitgeber kontaktieren in nur wenigen Schritten! Zur Registrierung geht´s hier:

iurratio-Talentpool

Weitere Artikel

Medizinrecht: Einführung und aktuelle Entwicklung

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Rosenberg gab uns im Rahmen unseres Berufsspecials zum Medizinrecht einen Überblick über das Rechtsgebiet und die rechtlichen Fragestellungen im Gesundheitsbereich.

Junge Anwältinnen mit Kindern – Eine lohnenswerte Herausforderung?!

Seit fast einem Jahr gehöre ich zu dieser Berufsgruppe Anwältin, deren Zugang von meinen Geschlechtsgenossinnen so hart erkämpft wurde. Ich bin Anwältin in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Madrid, wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe und kurz vor der Geburt meines ersten Kindes stehe.

Berufsspecial Bundeswehr

Wer nicht als Anwalt in einer Privatkanzlei tätig wird oder ein großes Unternehmen unterstützt, kann ebenso in der Verwaltung, beziehungsweise bei der Polizei oder Bundeswehr, seine juristische Fähigkeiten und sein fachliches Wissen unter Beweis stellen.