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M&A: Interview mit Dr. Roman Kasten (Allen & Overy)

Im Rahmen unserer Interviewreihe zu unseren Berufsspecials haben wir Rechtsanwalt Dr. Roman Kasten von Allen & Overy hinsichtlich seiner Tätigkeit, den Anforderungen sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich M&A (Mergers & Acquisitions) befragt.
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Die Großkanzlei ist wie eine Universitätsklinik. Zahlreiche Fachdisziplinen, jede leistet hervorragende Arbeit.

Rechtsanwalt Dr. Roman Kasten

(Allen & Overy)

M&A: Interview mit Dr. Roman Kasten (Allen & Overy)

Zu unserem Berufsspecial M&A (Mergers and Acquisitions)

Dr. Roman Alexander Kasten berät bei grenzüberschreitenden und inländischen M&A-Transaktionen mit dem Schwerpunkt in Private Equity Transaktionen sowie bei gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen. Zuvor hat Roman Kasten für zwei andere, internationale Rechtsanwaltssozietäten gearbeitet. Ferner hat er für eine internationale Investmentbank als Secondee gearbeitet. Vor dem Studium absolvierte er eine Banklehre. Er publiziert laufend zum Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht und ist Co-Autor eines Kommentars zum Deutschen Aktiengesetz.

Tätigkeit

iurratio: M&A ist zunächst ein weit gefasster Begriff. Wie haben Sie den Bereich intern bei Allen & Overy strukturiert? Gibt es bestimmte Teams, die immer wieder bestimmte Teilprozesse betreuen oder werden diese für jedes Mandat individuell neu zusammengestellt?

Dr. Roman Kasten: Bei Allen & Overy ist Mergers & Acquisitions, also M&A, ein Teilbereich der Praxisgruppe Corporate. Zum Corporate gehören auch andere klassische Beratungsfelder wie das Kapitalmarktrecht, das Aktienrecht oder die gesellschaftsrechtliche Beratung von insolvenznahen Gesellschaften. M&A und der damit eng zusammenhängende „Sektor“ Private Equity sind Kerndisziplinen des Gesellschaftsrechts.

Bei Allen & Overy gilt der Teamansatz, so dass bestimmte Kollegen immer wieder miteinander arbeiten und daher eine sehr eingespielte Mannschaft bilden. Eine Spezialisierung auf ein ganz bestimmtes Produkt oder Teilprozesse erfolgt aber nicht. Ich würde Berufseinsteigern davon auch abraten.

iurratio: Für eine Tätigkeit im Bereich M&A ist es häufig erforderlich ein breites Wissensspektrum mitzubringen. Zusätzlich erwarten Mandanten aber auch Expertise in ihrer jeweiligen Branche. Wie decken Sie diese Anforderungen ab? Kann man sagen, dass sich ein bestimmter Teil ihrer Berufsträger überwiegend diesem Thema widmet? Oder müsste man gar sagen, dass M&A alle Anwälte involviert, die Expertise in Handels- und Gesellschaftsrecht, Kapitalmarktrecht, Kartellrecht und Steuerrecht in sich vereinen?

Dr. Roman Kasten: Ein Kollege von Allen & Overy, der im Bereich M&A starten möchte, sollte neben seiner fundierten, breiten Ausbildung sich sicherlich für das Gesellschaftsrecht interessieren. Die Auseinandersetzung mit dem Kapital- und Personengesellschaftsrecht bereits an der Universität ist immer von Vorteil.

Auf der anderen Seite ist die Beratung unserer Mandanten sehr spezialisiert. Auf viele Details unserer täglichen Beratung können universitäre Ausbildung und das Referendariat nicht vorbereiten.

Spezialthemen anderer Praxisgruppen wie das von Ihnen angesprochene Kartellrecht, Steuerrecht oder auch arbeitsrechtliche und öffentlich-rechtliche Fragen werden bei Allen & Overy durch Kollegen dieser Disziplinen beantwortet. Das ist einer der großen Vorteile von Allen & Overy, der sog. „One stop shop“. Den Kollegen allerdings zuzuhören und so die großen Sachzusammenhänge zu lernen, um beim nächsten Mal einen Wiedererkennungseffekt zu haben, ist für Berufseinsteiger nicht verboten. Auch so wird ein Berater mit umfassender Kenntnis ausgebildet.

iurratio: Der Bereich M&A zeichnet sich durch eine hohe Arbeitsbelastung und lange Arbeitszeiten aus. Warum haben Sie sich für diesen Bereich entschieden? Was würden Sie den Vorurteilen entgegnen?

Dr. Roman Kasten: Die Vorurteile stimmen, die Arbeitszeiten sind lang und die Belastung ist hoch. Alles andere würde nicht der Wahrheit entsprechen. Aber bei einer Transaktion, die für die Mandanten, für die Beschäftigten der Unternehmen, für die Kunden und die Wirtschaft allgemein von großer Bedeutung ist und zu Veränderungen führen wird, in vorderster Linie dabei zu sein und buchstäblich „das Kamel durch das Schlüsselloch“ zu bekommen, das ist ein großartiges Gefühl. Für diese Prozesse bin ich Anwalt geworden.

iurratio: Inwieweit ist ihre Erwartungshaltung an das Fachgebiet M&A erfüllt worden? Was waren die größten Überraschungen?

Dr. Roman Kasten: Als ich im Jahr 2005 an der Universität Göttingen mein erstes Staatsexamen absolviert habe, hatte ich keine Vorstellungen von der Großkanzlei, in der ich selbst heute arbeite. Ich denke, es hilft auch, kein festes Korsett von Vorstellungen zu haben, da man dann wahrscheinlich von der Realität enttäuscht wird. Unsere Arbeit ist herausfordernd, energiegeladen und es wird durchaus auch viel gelacht – sie ist aber nicht kongruent mit irgendwelchen Hollywood-Serien.

iurratio: Was sind die aktuell spannendsten Fragen im Bereich M&A aus Ihrer Sicht?

Dr. Roman Kasten: Unternehmenskaufverträge, das Kernstück von M&A, spiegeln auch immer die wirtschaftliche Marktlage wider. In dem verkäuferfreundlichen Markt der letzten Jahre wurden die Garantien, die der Verkäufer hinsichtlich seines Unternehmens abgibt, durch sog. Warranty & Indemnity Insurances, also spezielle Versicherungen, abgesichert. Spannend wird sein, welche neuen Produkte erforderlich sein werden, um Transaktionen in einer möglichen Krise abschließen zu können.

Dr. Roman Kasten: Ich denke nicht. Die aktuelle Wirtschaftslage kann sich dramatisch schnell ändern, wir Anwälte im Wirtschaftsrecht müssen dann ad hoc reagieren. Eine fundierte Ausbildung ist die beste Vorbereitung.

Anforderungen

iurratio: Welche Qualifikationen bzw. welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit im Bereich M&A vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber hier einstellen?

Dr. Roman Kasten: Ich vergleiche die Arbeit in der Großkanzlei oft mit einer Universitätsklinik. Da gibt es zahlreiche Fachdisziplinen, jede leistet hervorragende Arbeit. M&A ist meiner Einschätzung nach am ehesten mit der Unfallchirurgie vergleichbar: der Hubschrauber landet, das Unfallopfer wird in den Schockraum gefahren und dann zählt jede Sekunde. Manchmal ist M&A sehr ähnlich: Transaktionsanwälte sind nicht sehr stressempfindlich, können viele Stunden hintereinander hochkonzentriert arbeiten, und um die Transaktion zum Signing zu bringen, nehmen sie vielleicht auch mal einen Schönheitsfehler in Kauf. Wer sich dafür begeistern kann, der ist im Transaktionsgeschäft richtig. Wer stundenlang seinen Vertrag noch ein drittes Mal Korrektur lesen möchte, dem stirbt der Patient.

iurratio: Welche Anforderungen stellen Sie an Referendare für eine Stage bzw. an Berufsanfänger für eine Tätigkeit in Ihrer Kanzlei?

Dr. Roman Kasten: Begeisterungsfähigkeit, Bescheidenheit, Fröhlichkeit. Wir sind ein Team und arbeiten viele Stunden miteinander. Jeder ist auf den anderen angewiesen, Einzelkämpfer sind fehl am Platz. Jeder Mitarbeiter hat seine Aufgabe. Und wenn man die beherrscht, kommt am nächsten Tag eine neue Aufgabe hinzu. Daher sollte man konzentriert als Referendar an seine Aufgaben gehen und sich Zeit geben, dass man am ersten Tag der Karriere noch nicht alles beherrscht.

iurratio: Erwarten Sie von Anfang an eine starke Spezialisierung im Bereich M&A zusätzlich zu breiten Kompetenzen im Zivilrecht? Oder findet hier auch ein „Training on the job“ im Sinne eines Heranführens von kleinen zu großen Aufgaben statt?

Dr. Roman Kasten: Wie bereits gesagt, kann kein Berufsanfänger am ersten Tag eine Transaktion verstehen, geschweige denn einen wesentlichen Beitrag leisten. Das wissen wir und entsprechend haben wir Aufgaben für Praktikanten, wissenschaftliche Mitarbeiter, Referendare, Berufsanfänger und berufserfahrene Anwälte. Jeder trägt so viel Verantwortung auf seinen Schultern, wie ihm aufgrund unserer jahrelangen Erfahrung zugemutet werden kann. Andererseits gilt auch: Gerade als Einsteiger sollte man sich nicht überschätzen. Wir beraten große Transaktionen, die keinen Fehler erlauben. Sich Zeit zu geben und zu lernen, ist mindestens genauso wichtig für einen Berufseinsteiger.

iurratio: Beratung im Bereich M&A findet häufig im internationalen Rahmen statt. Gute Englischkenntnisse gelten vermutlich als selbstverständliche Anforderungen an ihre Bewerber und Mitarbeiter. Wie wichtig sind Kenntnisse weiterer Sprachen und anderer Rechtssysteme, z.B. über Zusatzqualifikationen wie einen LL.M. ?

Dr. Roman Kasten: Keine unserer Transaktionen ist ausschließlich auf deutsch. Irgendeiner der Mandanten, Berater, finanzierenden Banken, Versicherungen etc. hat Teammitglieder an Bord, die nicht der deutschen Sprache mächtig sind. Englisch ist daher in der Tat indispensable.

Darüber hinaus eine weitere Sprache zu sprechen, mag für den Urlaub verlockend sein, für unsere Arbeit ist es nicht erforderlich.

Ausländische Abschlüsse wie ein LL.M. sind sicherlich etwas Tolles. Haben wir allerdings Fragen zum englischen oder australischen oder US-Recht, fragen wir die Kollegen vor Ort.

Weiterbildung

iurratio: Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger im Bereich M&A?

Dr. Roman Kasten: M&A heißt auf Deutsch Fusionen und Übernahmen. Unternehmensübernahmen sowie Zusammenschlüsse von Unternehmen sind die rechtliche Folge des Wirtschaftslebens, sowohl in einer Hausse als auch Baisse.

iurratio: Welche Aus/Weiterbildung im Bereich M&A würden Sie Junganwälten ans Herz legen?

Dr. Roman Kasten: Eine Kanzlei auszuwählen, in der es brummt. Transaktionen als Berater live zu erleben, gleichgültig ob als Junior oder Senior, ist die beste Aus/Fortbildung, da es um reales Wirtschaftsleben geht.

Darüber hinaus merkt ein Berufseinsteiger relativ schnell, dass es hilfreich ist, wenn man sich ein wenig für wirtschaftliche Zusammenhänge interessiert. Transaktionen scheitern oftmals an wirtschaftlichen Rahmenparametern und sehr selten an Streit über juristische Klauseln. Wenn man die Wirtschaft besser durchdrungen hat, kann man als Anwalt auch besser beraten.

iurratio: Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gewährt Ihre Kanzlei?

Dr. Roman Kasten: Allen & Overy hat sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene diverse Weiterbildungsmöglichkeiten implementiert: International startet dies für alle Berufsanfänger des jeweiligen Fachbereiches mit bspw. der sog. Corporate University für die Kollegen aus dem Gesellschaftsrecht. Eine Woche lang werden sämtliche Berufsanfänger aller weltweiten Büros in London in speziellen Fragen des Gesellschaftsrechts ausgebildet. Diese internationale Weiterbildung wird dann mit weiteren Themen immer wieder fortgeführt. Daneben hat Allen & Overy für unsere deutschen Associates auch eine rein deutsche Training Faculty Academy installiert. Hier halten deutsche Partner zu Spezialthemen Vorträge. Auch das Socializing kommt dabei aber nicht zu kurz.

iurratio: Was würden Sie Bewerbern raten, die sich für eine Karriere im Bereich M&A interessieren? Welche Schwerpunkte sollten sie bei ihrer Ausbildung setzen, auf welche fachübergreifenden Fähigkeiten wertlegen?

Dr. Roman Kasten: Ich selbst habe nicht sofort Jura studiert, sondern zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert. Ich wusste, ich wollte in der Wirtschaft arbeiten. Rechtswissenschaften hat mich dann mehr fasziniert als die Betriebswirtschaftslehre. Ich habe im Studium nie auf Lücke gesetzt, sondern mich genauso für das Embryonenschutzgesetz wie für das Baugesetzbuch interessiert. Mein Jurastudium kannte keinen Schwerpunkt, sondern nur ein Wahlfach, das war Handels- und Gesellschaftsrecht. Promoviert habe ich mit einer Arbeit zum Kapitalmarktrecht. Kurz gesagt: Der große Vorteil unserer Ausbildung ist die Breite unseres Studiums. Das würde ich nicht vernachlässigen. Darüber hinaus bedeutet M&A Interesse für Wirtschaft. Als Rechtsanwalt im M&A muss man Lust auf die fundamentalen Strukturen des Gesellschaftsrechts haben. Alles andere kommt dann im Beruf. Da hört das Lernen nicht auf – da geht es noch mal neu los.

iurratio: Vielen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch, Herr Dr. Kasten!

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