Können Sie sich zunächst kurz vorstellen?
Mein Name ist Moritz Gielen und seit ungefähr eineinhalb Jahren praktiziere ich als Rechtsanwalt im Bereich des Datenschutz- und IT-Rechts bei WBS.LEGAL. Durch meine Zertifizierung als Datenschutzbeauftragter konzentriere ich mich in meiner täglichen Arbeit insbesondere auf Fragen des Datenschutzes, ohne jedoch den Bezug zum IT-Recht zu vernachlässigen.
Abseits meiner beruflichen Verpflichtungen habe ich die Freude, langjähriger Gitarrist in einer Band zu sein. Diese musikalische Leidenschaft hat mir nicht nur kreative Ausdrucksmöglichkeiten geboten, sondern auch wertvolle Einsichten in die Wichtigkeit von Teamarbeit vermittelt. In einer Band lernt man, sich aufeinander zu verlassen und gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten – eine Erfahrung, die ich auch in meinem beruflichen Umfeld schätze und aktiv einbringe.
Womit müssen Jurist:innen an einem typischen Arbeitstag im Datenschutzrecht rechnen? Worum geht es genau im Datenschutzrecht?
Das Rechtsgebiet des Datenschutzrechts ist sehr vielfältig und abwechslungsreich. Zum einen ist man täglich beratend tätig. Man unterstützt die Mandanten bei der datenschutzkonformen Gestaltung der Unternehmensprozesse und steht bei schwierigen Abwägungsfragen mit Rat und Tat zur Seite. Dabei wird man immer wieder mit neuen Rechtsfragen und Problemen konfrontiert, da jedes Unternehmen anders strukturiert ist und kein Fall dem anderen gleicht.
Zum anderen werden im Datenschutzrecht auch regelmäßig verletzte Betroffenenrechte der Mandanten nach der Datenschutz-Grundverordnung gerichtlich durchgesetzt. So wollen Mandanten beispielsweise ihr Recht auf Löschung oder Berichtigung personenbezogener Daten durchsetzen oder klagen auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Datenschutzrechten.
Was hat Sie dazu bewogen, sich für eine Tätigkeit im Datenschutzrecht zu entscheiden? In welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, anwaltlich in diesem Bereich tätig zu werden?
Der interdisziplinäre Aspekt des Datenschutzrechts hat mich schon immer interessiert. Gerade als Datenschutzbeauftragter ist man eine Stabsstelle zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen und muss immer versuchen, für alle die bestmögliche Lösung zu finden. Man muss nicht nur das geltende Datenschutzrecht auf teilweise sehr komplexe Unternehmensstrukturen und -prozesse anwenden. Es bedarf auch eines gewissen Verständnisses für die technischen Grundlagen und des Geschicks, die Arbeitsweisen der einzelnen Abteilungen, wie z.B. der Personalabteilung oder der Marketingabteilung, mit dem geltenden Datenschutzrecht in Einklang zu bringen.
Die Entscheidung, als Anwalt in diesem Bereich tätig zu werden, fiel während des Referendariats, als ich meine Wahlstation bei WBS absolvieren durfte. Auch wenn ich schon vorher die Tendenz hatte, als Anwalt arbeiten zu wollen, hat mir die Wahlstation bei WBS den letzten Schub in die richtige Richtung gegeben.
Mehr über WBS.LEGAL erfahren:
Mittelständische Kanzlei
WBS.LEGAL
Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die praktische Arbeit im Datenschutzrecht erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?
Da ich schon vorher einen Einblick in die praktische Arbeit als Datenschutzanwalt gewinnen konnte, war ich bereits darauf vorbereitet, mit vielen neuen und unerwarteten Themen und Problemfragen konfrontiert zu werden. Die größte Überraschung für mich und viele meiner Kolleginnen und Kollegen in anderen Rechtsgebieten war jedoch, dass sich durch die immer wiederkehrende Arbeit in der Praxis die Muster und Mechanismen des Rechts viel schneller und nachhaltiger in das Langzeitgedächtnis einprägen.
Was sind Ihrer Meinung nach die spannendsten bzw. schwierigsten Herausforderungen im Datenschutzrecht?
Die spannendste und zugleich schwierigste Herausforderung im Bereich des Datenschutzrechts besteht darin, dass das Datenschutzrecht, insbesondere in Form der DSGVO, ein noch sehr junges Rechtsgebiet ist. Die Datenschutz-Grundverordnung ist erst am 24. Mai 2016 formell in Kraft getreten und muss erst ab dem 25. Mai 2018 verpflichtend angewendet werden. Diese nunmehr sechs Jahre sind in der Zeitrechnung der Rechtspraxis nur ein Wimpernschlag. Im Bereich der DSGVO sind noch sehr viele Rechtsfragen ungeklärt, was die Rechtsanwendung teilweise sehr schwierig und unsicher macht. Häufig finden sich sowohl für die eine als auch für die andere Sichtweise sehr gute Argumente und keine Seite kann ihre Argumente auf eine ständige Rechtsprechung des BGH oder des EuGH stützen.
Welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit im Datenschutzrecht vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen hier einstellen?
Als besonders wichtig erachte ich hier die Kommunikation mit den Mandanten. Dies mag zwar grundsätzlich zunächst auch für jedes andere Rechtsgebiet gelten, jedoch muss man im Datenschutzrecht aufgrund des Einflusses des Rechts auf alle Unternehmensbereiche in der Lage sein, sowohl mit dem Vertriebsmitarbeiter als auch mit dem IT-Spezialisten oder dem Personalverantwortlichen eines Unternehmens zu sprechen, deren Arbeitsabläufe zu verstehen und dann in enger Zusammenarbeit eine Lösung zu erarbeiten. Darüber hinaus halte ich es gerade wegen der vielen Schnittstellen des Datenschutzrechts zu anderen Bereichen für äußerst hilfreich, ein großes Interesse und eine hohe Begeisterungsfähigkeit für andere Bereiche als das Recht mitzubringen.
Es wird spekuliert, ob demnächst auch der Fachanwaltstitel im Datenschutzrecht möglich sein wird. Glauben Sie, das ist realistisch und notwendig? Falls es einen Fachanwaltstitel im Datenschutz geben sollte, würden Sie einen solchen erlangen wollen?
Ich selbst mache gerade den Fachanwaltslehrgang für Informationstechnologierecht. Schon hier gibt es viele Seminarblöcke zum Datenschutzrecht und angrenzenden Gebieten. Die Zusammenhänge und Schnittstellen zwischen IT-Recht und Datenschutzrecht sind offensichtlich und die Trennlinien oft nicht erkennbar. So macht es aus meiner Sicht jedenfalls derzeit Sinn, diese Bereiche in einem Fachanwaltslehrgang zu vereinen.
Mit der zunehmenden europäischen Gesetzgebung zu datenschutzrechtlich relevanten Themen, wie z.B. dem AI-Act oder dem Data Act, scheint es mir jedoch nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich die Rechtsgebiete IT-Recht und Datenschutzrecht in zwei getrennte Fachanwaltslehrgänge aufspalten werden, da allein die Masse an Fachwissen die Kapazität eines einzigen Fachanwaltslehrgangs übersteigen wird.
Welche Aus-/Weiterbildung im Datenschutzrecht würden Sie Junganwält:innen im Übrigen ans Herz legen?
Ich kann zu einer Ausbildung zum Datenschutzbeauftragten raten. Dort lernt man alle notwendigen Grundlagen des Datenschutzrechts in Form der verschiedenen relevanten Betroffenenrechte, der Pflichten der Datenverarbeiter, der technischen und organisatorischen Grundlagen eines guten Datenschutzes und der notwendigen Dokumentation. Man bekommt in dieser Ausbildung alle Werkzeuge an die Hand, um in der Praxis eine gute datenschutzrechtliche Beratung durchführen zu können.
Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger:innen im Datenschutzrecht? Wird das Datenschutzrecht zukünftig (auch hinsichtlich KI, Metaverse etc.) immer mehr an Bedeutung gewinnen?
Auf jeden Fall! Das Thema Datenschutz und alles, was damit zusammenhängt, steckt meiner Meinung nach noch in den Kinderschuhen. Gerade die neuesten und sich rasant entwickelnden Technologien wie KI zeigen uns, wie relevant es ist, mit Hilfe des Rechts die damit verbundenen Risiken einzudämmen und zu minimieren, um so Akzeptanz für die Anwendungen in der breiten Masse zu schaffen. So wie sich die Technologien weiterentwickeln werden, wird sich auch das Recht stetig weiterentwickeln (müssen).
Welchen Ratschlag würden Sie am Datenschutzrecht interessierten Nachwuchsjurist:innen mit auf den Weg geben?
Ich kann nur raten, sich hier selbst ein Bild zu machen. Da das Datenschutzrecht kein Prüfungsfach ist, wird man im universitären Umfeld im Rahmen der klassischen Examensvorbereitung wenig bis keine Berührungspunkte mit dem Datenschutzrecht haben. Bei Interesse bietet es sich aber immer an, ein entsprechendes Schwerpunktstudium oder eine entsprechende Station im Referendariat zu suchen.
Vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview, Herr Gielen!
Weitere Berufsspecials gibt es hier:
BerufsspecialsKennst du schon diese Angebote von uns?
Hier findest du die wichtigsten Fakten zum Referendariat über Ablauf, Planung und Bewerbung sowie Unterhaltsbeihilfen auf einen Blick!
Überblick über das ReferendariatFinde alles, was du über das Referendariat und den Berufseinstieg wissen solltest im IUR50, unserem Magazin für Referendar:innen und Berufseinsteiger:innen: Kompakt und verständlich gibt es hier alle Informationen zu Planung, Examensvorbereitung, Arbeitgebern, Karrierechancen, Berufsfeldern und Vielem mehr!
IUR50 – Das Magazin für Referendariat & BerufseinstiegWenn du noch auf der Suche nach dem richtigen Repetitorium und kostenlosen Lernangeboten bist oder wichtige Tipps für deine Examensvorbereitung in den Bereichen Planung, Ernährung, Sport, Mindset & mehr benötigst, schau in unseren RepGuide – mitsamt Erfahrungsberichten und Interviews der Rep-Gewinner!
RepGuide – Der Weg zu deiner passenden ExamensvorbereitungFalls du auf der Suche nach einem Arbeitgeber für deine Anwaltsstation, als Berufseinsteiger:in oder im Rahmen deines Studiums bist, haben wir hier ein paar Vorschläge für dich:
Entdecke ArbeitgeberOder mach es dir leicht und werde Teil des iurratio-Talentpools: Registriere dich und finde deinen zukünftigen Arbeitgeber, der voll und ganz zu dir passt, oder lass dich von deinem Wunscharbeitgeber kontaktieren in nur wenigen Schritten! Zur Registrierung geht´s hier:
iurratio-Talentpool