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Compliance: Interview mit RAin Otto (DLA Piper)

Im Rahmen unserer Interviewreihe "Berufsspecials" berichtet Rechtsanwältin Sarah-Maria Otto von DLA Piper über die Anforderungen und Perspektiven einer anwaltlichen Tätigkeit im Bereich Compliance und teilt ihre Erfahrungen.

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"Insbesondere war eine positive Überraschung, dass man seine Arbeitszeit nicht ausschließlich im Büro am Schreibtisch verbringt, sondern auch oftmals zu Unternehmen vor Ort fährt."

Senior Associate Sarah-Maria Otto

Können Sie sich zunächst kurz vorstellen?

Mein Name ist Sarah-Maria Otto und ich bin Senior Associate bei DLA Piper. Hier arbeite ich als Rechtsanwältin im Bereich Wirtschaftsstrafrecht, Compliance und Internal Investigations. Vor meinem Einstieg als Rechtsanwältin war ich mehrere Jahre als Staatsanwältin im Wirtschaftsstrafrecht tätig. Bei der Staatsanwaltschaft durfte ich wertvolle Erfahrungen im Rahmen der Bearbeitung von Großverfahren sammeln.

Vor meinem Berufseinstieg konnte ich erste Auslandserfahrungen in meiner Wahlstation bei der Deutsch-Indischen Handelskammer in Mumbai sammeln. Nach dem zweiten Staatsexamen ging meine Ausbildung zunächst im Ausland weiter. Ich erwarb einen LL.M. an der Stellenbosch University in Südafrika. An einer südafrikanischen Universität zu studieren, war ganz besonders spannend, da ich insbesondere einen außereuropäischen Blickwinkel auf das Völkerstrafrecht werfen konnte. 

Außerhalb des Büros findet man mich oft im Fitness- und Yogastudio. Vor allem Yoga bietet den perfekten Ausgleich zu meinem fordernden Arbeitsalltag.

Womit müssen Jurist:innen an einem typischen Arbeitstag im Compliance Bereich rechnen?

Das Schöne ist, dass unsere Arbeitstage sehr abwechslungsreich sind. Es gibt nicht den „einen typischen Arbeitstag.“ Ein Teil der Arbeit liegt z. B. darin, Richtlinien und Policies von Unternehmen daraufhin zu überprüfen, ob sie im Einklang mit den geltenden Gesetzen und den unternehmerischen Compliance-Pflichten stehen. Ein Beispiel hierfür wäre, die Überprüfung und Anpassung von internen Richtlinien für den Umgang bei der Einladung von Amtsträgern oder deren Teilnahme an von Unternehmen organisierten Veranstaltungen. 

Oftmals unterstützen wir Unternehmen aber auch in zeitkritischen Fällen, wenn beispielsweise eine Meldung eines Whistleblowers eingegangen ist. In diesen Fällen beraten wir beispielsweise die Compliance-Abteilung, wie mit der eingegangenen Meldung umzugehen ist und unterstützen gegebenenfalls auch bei der Aufklärung des Sachverhalts. Weil gerade Whistleblower eine Vielzahl an Verstößen melden können, sind die Sachverhalte sehr verschieden. Das macht die Arbeit äußerst abwechslungsreich.

Was hat Sie dazu bewogen, sich für eine Tätigkeit im Bereich Compliance zu entscheiden? In welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, anwaltlich in diesem Bereich tätig zu werden?

Bereits im Studium war ich sicher, dass ich im Strafrecht arbeiten möchte. Eingestiegen bin ich dann zunächst in der Justiz, wo ich mehrere Jahre als Staatsanwältin im Wirtschaftsstrafrecht arbeiten durfte. Gerade die Verknüpfung von Strafrecht und wirtschaftsrechtlichen Aspekten begeistert mich sehr. Als Staatsanwältin habe ich jedoch festgestellt, dass ich gerne beratend tätig werden würde und Unternehmen dabei unterstützen möchte, eine funktionierende Compliance-Struktur aufzubauen und zu unterhalten. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, das Wirtschaftsstrafrecht aus einer anderen Perspektive kennenzulernen und DLA Piper als Rechtsanwältin im Compliance-Bereich zu verstärken.

Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die praktische Arbeit im Bereich Compliance erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?

Meine hohen Erwartungen an die praktische anwaltliche Arbeit wurden sogar übertroffen. Insbesondere war eine positive Überraschung, dass man seine Arbeitszeit nicht ausschließlich im Büro am Schreibtisch verbringt, sondern auch oftmals zu Unternehmen vor Ort fährt. Bei einem persönlichen Termin kann man sich ein deutlich besseres Bild von den Compliance-Strukturen machen. Auch bei der Untersuchung von Whistleblower-Meldungen werden häufig persönliche Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern geführt. Gerade hier ist auch der persönliche Eindruck maßgeblich. Dies ist wesentlicher Bestandteil der Sachverhaltsaufklärung. Man sitzt also nicht nur am Schreibtisch, sondern ist mitten im Geschehen! 

Was sind Ihrer Meinung nach die aktuell spannendsten Entwicklungen im Bereich Compliance?

Ein derzeit immer wieder diskutiertes Thema ist die lieferkettenbezogene Compliance, welche gesetzlich zum einen durch das seit 01.01.2023 geltende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Deutschland geregelt wird und zum anderen durch die zeitnahe zu erwartende Verabschiedung der EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) auf europäischer Ebene erneuten Reformen entgegensieht. Die aktuell im LkSG geregelten Sorgfaltspflichten verpflichten Unternehmen bereits jetzt zur Einhaltung umfangreicher Sorgfaltspflichten. Danach müssen Unternehmen ihre Lieferketten sowie ihren eigenen Geschäftsbereich auf mögliche Risiken der Verletzung von Menschenrechten und Umweltschutzauflagen überprüfen und bei Bejahung bestimmte Präventions- bzw. Abhilfemaßnahmen ergreifen. In diesem Zusammenhang stellen sich diverse rechtliche und tatsächliche Herausforderungen für Unternehmen. Das reicht von der Bestimmung des Umfangs der Sorgfaltspflichten über die Implementierung interner Prozesse zur Einhaltung der Compliance-Pflichten bis hin zum konkreten Umgang mit Verstößen. Unternehmen sollten darauf bedacht sein, etwaige Verstöße gegen das LkSG zu vermeiden, da ein solcher Verstoß neben einem empfindlichen Bußgeld auch den Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge nach sich ziehen kann.

Welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit in diesem Rechtsgebiet vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen hier einstellen?

Aus meiner Sicht ist insbesondere eine schnelle Auffassungsgabe wichtig, da man sich täglich mit sehr verschiedenen Sachverhalten befasst. Zudem ist ein gutes Gespür für Gesprächsleitung wertvoll. Gerade wenn man Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zu sensiblen Themen befragt, ist es sehr hilfreich, wenn man sich auf unterschiedliche Persönlichkeiten einstellen und damit die jeweils am besten zum Ziel führende Strategie auswählen kann.

Wie wichtig sind gute Englischkenntnisse und sogar Kenntnisse weiterer Sprachen für eine Tätigkeit im Bereich Compliance?

Gute Englischkenntnisse sind essenziell. Bei DLA Piper beraten wir sehr viele international agierende Unternehmen. Interne Policies und Richtlinien, die unternehmensweit gelten, sind daher meistens auf Englisch zu verfassen. Auch bei der Aufklärung des Verdachts einer Straftat wird häufig auf Englisch gearbeitet.

Es lohnt sich, schon früh die eigenen Englischkenntnisse im juristischen Kontext zu üben und zu vertiefen. Die Kenntnis weiterer Fremdsprachen ist immer von Vorteil. Allerdings laufen nach meiner Erfahrung interne Untersuchungen und Compliance-Prozesse bei international agierenden Unternehmen fast ausschließlich auf Englisch. Darauf kommt es also entscheidend an. 

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach eine Promotion, ein LL.M. oder die Erlangung eines Fachanwaltstitels für eine Tätigkeit in diesem Gebiet?

Notwendig sind diese Zusatzqualifikationen aus meiner Sicht nicht. Auch durch Berufserfahrung kann man sein Wissen erweitern und sich spezialisieren. Allerdings kann es hilfreich sein, wenn man sich bereits vor dem Berufseinstieg mit dem Thema „Compliance“ beispielsweise im Rahmen einer Promotion intensiv beschäftigt hat. Ein LL.M. ist aus meiner Sicht die beste Möglichkeit die eigenen Englischkenntnisse auszubauen und speziell auf den juristischen Bereich auszudehnen. Mit einer üblichen Länge von einem Jahr ist auch die Dauer überschaubar. Hiervon abgesehen lernt man meiner Meinung nach durch einen Auslandsaufenthalt interkulturelles Verständnis. Das ist gerade bei Compliance-Untersuchungen im internationalen Umfeld sehr wertvoll.  

Welche Aus- und Weiterbildung in dem Rechtsgebiet würden Sie Junganwält:innen ans Herz legen? Wie unterstützt DLA Piper seine Mitarbeiter:innen diesbezüglich?

Junganwältinnen und Junganwälten würde ich raten, alle angebotenen Weiterbildungen wahrzunehmen. Eine besondere Spezialisierung auf einem bestimmten Gebiet wissen Mandanten meist sehr zu schätzen. Das ist zugleich auch eine tolle Möglichkeit, das eigene Profil zu schärfen. 

DLA Piper bietet diverse Möglichkeiten an internen Schulungen an. Das internationale Trainingsportfolio enthält von „Anti-Bribery and Corruption“ über „Privacy and Data Protection“ bis zu „Anti-Money Laundering“ eine breite Auswahl an interessanten Themen.

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Was erwartet DLA Piper von Bewerber:innen, die im Bereich Compliance tätig sein möchten? Sollten hier schon vertiefte Kenntnisse und eine Spezialisierung in diesem Gebiet vorhanden sein oder findet ein sog. “training on the job” statt, wobei Berufseinsteiger:innen langsam an die Besonderheiten des Gebiets herangeführt werden?

Wir erwarten von Bewerberinnen und Bewerbern, dass sie uns Ihre Begeisterung für den Bereich Compliance sowie ihre Bereitschaft, sich in neue Sachverhalte einzuarbeiten, vermitteln. Besonders wichtig ist es hierbei, uns zu zeigen, warum sie sich wünschen, in diesem Bereich tätig zu sein. Natürlich ist es hilfreich, wenn bereits Vorkenntnisse bestehen, allerdings kann man gewisse Feinheiten auch nur in der praktischen Anwendung lernen. Da wir immer im Team arbeiten, profitieren Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger von den Erfahrungen ihrer Kolleginnen und Kollegen.

Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger:innen im Bereich Compliance?

Aus meiner Sicht wird Compliance immer wichtiger. In diesem Feld gibt es viele spannende Berufsmöglichkeiten. Neben dem Beruf in der Anwaltskanzlei kann man auch in der Compliance-Abteilung eines Unternehmens tätig werden. Je nach Vorliebe, kann man die auf Compliance bezogene Beratung eher im internationalen oder aber im nationalen Umfeld ausüben. Gleichzeitig bietet der Bereich Compliance eine äußerst praxisrelevante Tätigkeit. Eine entsprechende Spezialisierung lohnt sich. 

Welchen Ratschlag würden Sie an diesem Rechtsgebiet interessierten Nachwuchsjurist:innen mit auf den Weg geben? Welche Schwerpunkte sollten sie bei ihrer Ausbildung setzen?

Es ist jedenfalls sehr hilfreich, wenn man frühzeitig in der Ausbildung Interessensschwerpunkte setzt. Hier kann es sich beispielsweise anbieten, an der Universität ein Seminar zu Compliance-Themen zu belegen. Solche Seminare werden häufig entweder im straf- oder unternehmensrechtlichen Schwerpunkt angeboten. Wer bereits mit Sicherheit weiß, dass er später im Bereich der strafrechtlichen Compliance arbeiten will, dem rate ich ganz klassisch einen Schwerpunkt im Strafrecht zu belegen. Sowohl im Studium als auch im Referendariat. Zwingend ist das jedoch nicht. Wegen der oftmals internationalen Dimension ist es zudem von Vorteil, wenn man die eigenen Englischkenntnisse verbessert. Idealerweise nachgewiesen durch einen LL.M. oder sonstigen Aufenthalt im englischsprachigen Ausland.

Vielen Dank für das Interview und die Zeit, Frau Otto!


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