Direkt nach dem Abitur ist der Beginn eines Studiums für die Meisten eine Herausforderung. Man kommt an eine Uni, zieht vielleicht aus, hat einen anderen Tagesablauf, lernt neue Leute kennen. Vor allem im ersten Semester sollte man in Ruhe alle Eindrücke sammeln, schauen was noch außerhalb des Studiengangs angeboten wird. (Sportkurse, fachfremde Kurse, Sprachkurse etc.)
Das Jurastudium stellt noch mal eine besondere Herausforderung unter allen Studiengängen dar. Man lernt und lernt und schreibt Klausuren, Hausarbeiten und Seminararbeiten, aber am Ende zählen nur 6 Klausuren und eine mündliche Prüfung für den Pflichtteil des Staatexamens. Nun stellt sich also die Frage, wie schafft man diesen Ironman, welcher ein langes Durchhaltevermögen, Disziplin, aber auch Spaß am Studium fordert.
Planung des Studiums
Verschafft euch direkt zu Beginn eures Studiums einen Überblick, welche Leistungen ihr an der Uni erbringen müsst, d.h. welche Scheine gemacht werden müssen. Außerdem solltet ihr schauen, welche Leistungen ihr im Rahmen eurer Zwischenprüfung erbringen müsst.
Euer erstes Ziel sollte es sein, die Zwischenprüfung zu bestehen. An vielen Unis habt ihr nur eine begrenzte Anzahl an Semestern Zeit für die Zwischenprüfung, daher sollte das Bestehen der Zwischenprüfung unbedingt an Erster Stelle stehen. Zudem müsst ihr euch einen Überblick verschaffen, welche Leistungen für die Anmeldung zum ersten Staatsexamen vorausgesetzt sind. Dafür müsst ihr auch rechtzeitig eure Pflichtpraktika für die Semesterferien planen.
Hierbei solltet ihr eine Vorlaufzeit von 2-6 Monaten einplanen, manchmal auch mehr, je nachdem ob ihr euch für das Praktikumsprogramm einer großen Kanzlei interessiert (häufig eine Vorlaufzeit von 6 Monaten oder mehr) oder ihr ein spezielles Verwaltungspraktikum (meist mindestens 6 Monate bis 1 Jahr) machen wollt.
Auf unserem Stellenmarkt werden regelmäßig Praktikumsplätze und auch Jobs für studentische Hilfskräfte ausgeschrieben:
Häufig benötigt ihr noch einen Fremdsprachennachweis zur Examenszulassung. Diesen könnt ihr meist auch bei einem Auslandssemester erwerben. Auch ein solches sollte gut geplant werden. Hierzu könnt ihr hier mehr in einem Erfahrungsbericht nachlesen.
Zu guter Letzt stellt sich noch die Frage, wie ihr euren Schwerpunkt meistern wollt. Da gibt es drei Varianten, vor der Pflichtfachprüfung, nach der Pflichtfachprüfung oder während dessen bzw. während der Prüfungsvorbereitung. Wenn ihr den Freischuss nutzen wollt ist es empfehlenswert das Schwerpunktstudium nach der Pflichtfachprüfung zu machen oder lediglich einzelne Teilleistungen zu erbringen. Wer sich für den Pflichtfachteil Zeit lassen will, kann auch den Schwerpunkt davor erbringen. Details zum Thema Schwerpunktstudium könnt ihr hier nachlesen.
Auswahl der Lernmaterialien
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Organisation und Planung eures Studiums ist die Auswahl der Lernmaterialien. Zunächst solltet ihr euch nicht sofort alle Buchempfehlungen eures Professors kaufen.
Geht in die Bibliothek und testet die unterschiedlichen Lehrbücher aus. In allen steht in etwa dasselbe, lediglich die Art der Vermittlung und Darstellung ist eine andere. Erfahrungsgemäß kann es helfen, wenn ihr euch zu jedem Fach ein Lehrbuch auswählt, sowie ein Fallbuch. Meist ist es sinnvoll, Lehrbücher und Fallbücher vom selben Verlag zu wählen, da diese häufig aufeinander verweisen und so das Lernen einfacher wird. Außerdem solltet ihr schauen, ob ihr gut mit Karteikarten lernen könnt.
Es gibt viele gute fertige Karteikartensätze zu kaufen, allerdings sind diese häufig recht kostspielig und meist überladen. Viele Studenten lernen gerne mit eigenen Karteikarten. So lernt ihr schon bei der Erstellung einer Karteikarte auch die Inhalte dieser.
Wichtig ist auf jeden Fall, dass ihr von Anfang an eure Grundlagen d.h. die Basics des Jurastudiums beherrscht und vertieft. Zum Thema richtig Jura lernen gibt es hier einige gute Artikel von Herrn Prof. Schwintowski:
Richtig Jura lernen – verschiedene Lernkonzepte
Richtig Jura lernen – mentale Übungen & Systemverständnis
Die Tagesstruktur
Ein weiterer wichtiger Punkt stellt eure Tagesstruktur, dass heißt eurer Tagesablauf dar. Besonders für diejenigen, die direkt nach dem Abitur an die Uni kommen und sich an eine vorgegebene Tagesstruktur gewöhnt haben, kann der Studienalltag zu Beginn schnell überfordern.
Im Studium seid ihr bei der Planung eures Tages wesentlich freier. Schaut euch die Empfehlungen der Unis an, welche Veranstaltungen in den jeweiligen Semestern zu besuchen sind.
Die Vorlesungen sind sehr wichtig, aber fast noch wichtiger sind die Übungen, Arbeisgemeinschaften oder Tutorien, diese solltet ihr auf keinen Fall verpassen. Ihr werdet schnell merken, welche Art von Veranstaltung euch weiterbringt und welche nicht.
Dies hängt nicht nur vom jeweiligen Dozenten oder Professor ab, sondern auch von eurem Lerntyp. In den ersten 2 Wochen des Semesters solltet ihr alle empfohlenen Veranstaltungen besuchen und erst danach entscheiden, welche ihr endgültig besucht. Bedenkt aber, im Jurastudium gibt es keine Veranstaltung, die ihr nicht fürs Examen braucht. Solltet ihr also entscheiden, die eine oder andere Vorlesung nicht zu besuchen, müsst ihr euch überlegen, wie ihr euch den Stoff, z.B. an Hand eines Lehrbuchs selbst erarbeitet. Außerdem müsst ihr dann auch Zeit einplanen, um den Stoff zu erarbeiten. Neben der Zeiten für die Veranstaltungen, sollte auch genügend Zeit eingeplant werden, um die Veranstaltungen nachzuarbeiten. Ihr könnt ein spezielles Thema in einem Lehrbuch nachlesen oder zur Vertiefung eines Problems zu einem Artikel oder Urteil greifen.
Neben den Aktivitäten für das Studium solltet ihr auf jeden Fall Zeit für Hobbys, Sport und Freunde treffen einplanen. Wenn ihr von montags bis freitags diszipliniert 8 Std. täglich Veranstaltungen besucht, lernt und nacharbeitet ist das vollkommen ausreichend. In den 8 Std. täglich solltet ihr auf jeden Fall Pausen einplanen. Eine kurze Pause jeweils in der Vormittags- und Nachmittagseinheit und eine längere Mittagspause, sodass ihr auf ca. 6 Stunden effektive Lernzeit kommt. Sicher solltet ihr in den Phasen kurz vor den Prüfungen ein wenig das Tempo anziehen. Wer allerdings während des Semesters diszipliniert gelernt hat, braucht zum Schluss keinen Sprint hinlegen.
Schlaf ist wichtig!
Achtet darauf, dass ihr vor allem unter der Woche ausreichend Schlaf bekommt. Versucht immer in etwa zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen. So kann sich euer Körper gut darauf einstellen und das Aufstehen fällt irgendwann nicht mehr so schwer. Unerlässlich sind 6-8 Stunden Schlaf pro Nacht, damit sich euer Körper regenerieren und der Geist abschalten kann.
Es spricht nichts dagegen, wenn ihr am Wochenende von eurem normalen Tagesrhythmus etwas abweicht. Wichtig ist hier aber, dass ihr am Sonntagabend wieder zu gewohnter Zeit schlafen geht. Wer Probleme mit dem Aufstehen hat, sollte für den Anfang vielleicht einen Mitbewohner oder seine Eltern um einem Weckanruf bitten, oder den Wecker so weit wegstellen, dass er auf jeden Fall aufstehen muss, um ihn wieder auszumachen.
Eine sanftere Art aufzustehen erreicht ihr mit einem Wecker, welcher den Sonnenaufgang simuliert. Dabei wird das Licht stufenweise heller und man wird ganz sanft aus dem Schlaf geweckt. Diese Art von Wecker sorgt für ein natürliches Aufwachen und man fühlt sich nicht gleich so gerädert nach dem Aufstehen.
Eigenmotivation
Die Eigenmotivation spielt im Studium eine große Rolle. Steckt euch ein realisierbares Tages-, Wochen-, und Monatsziel, d.h. legt die Messlatte nicht zu hoch, aber auch nicht zu niedrig an. Sich selbst zu loben und auch über seine Erfolge zu sprechen ist wichtig. Erzählt euren Freunden oder eurer Familie von euren Erfolgen und belohnt euch, mit Essen gehen, einem Kinoabend, einem schönen Konzert. Wenn ihr auf der Couch liegt, ohne eure Aufgaben erledigt zu haben, könnt ihr diese Zeit des „Gammelns“ und Ausruhens gar nicht gut genug genießen.
Eure Gedanken werden die ganze Zeit um eure unerledigten Aufgaben kreisen und euch wird das schlechte Gewissen packen. Daher ist es sinnvoll, erst eure Tagesaufgaben zu erledigen, mit Blick und Vorfreude auf das was danach kommt: Entspannung.
Versucht in Gruppen (max. 4 Personen) zu lernen. Gemeinsam seid ihr stark und könnt euch gegenseitig unterstützen und motivieren. Außerdem könnt ihr von euren Stärken und Schwächen profitieren. Denkt daran auch in der Lerngruppe gibt es keine dummen Fragen. Die dümmste Frage ist die, die nicht gestellt wird.
Gönnt euch bewusst Auszeiten, z.B. für einen Spaziergang oder ein bisschen Sport zwischendurch. Das regt den Kreislauf an und fördert die Durchblutung. Es gibt einige interessante Sportapps., welche man nutzen kann, um beispielsweise 7-10minütige Einheiten zu trainieren. Allerdings solltet ihr eure bewussten Auszeiten auf jeden Fall zeitlich begrenzen z.B. „Ich mache jetzt eine halbe Stunde Pause“ und nicht „ Ich mache erst mal Pause“, sonst endet die Pause am Ende auf der Couch, von der es bekanntlich schwer ist wieder aufzustehen.
Ernährung
Achtet auch während des Studiums ein wenig darauf, was ihr eurem Körper zuführt. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung steigert euer Wohlbefinden und auch das Konzentrationsvermögen. Zudem ist es wichtig, dass ihr ausreichend trinkt. 2-3 Liter am Tag (Wasser, Saftschorle, Tee) sorgen dafür, dass ihr euch fit fühlt und ihr vermeidet so auch Kopfschmerzen. Mehr zu dem Thema Ernährung während des Studiums und während Prüfungsphasen erfahrt ihr hier.
Ordnung halten
Sucht euch zu Hause oder in der Bibliothek einen Platz, an dem ihr ohne Ablenkung und ungestört lernen könnt. Hierbei ist wichtig, dass euer Schreibtisch immer aufgeräumt bzw. ordentlich ist.
Es sollten lediglich die benötigten Arbeitsmaterialien wie Stifte, ein Block und etwas zu Trinken auf dem Arbeitsplatz stehen. Vermeidet das Arbeiten am Laptop, denn so habt ihr die Möglichkeit, euch durch das Surfen im Internet abzulenken. Denkt daran, im Examen schreibt ihr 5-stündige Klausuren. Daher ist es wichtig eure Hand an das viele Schreiben zu gewöhnen. So trainiert ihr ein schönes leserliches Schriftbild und vermeidet eine Sehnenscheidentzündung im Examen.
Bei einem aufgeräumten Arbeitsplatz habt ihr nicht ständig das Gefühl ihr müsstet Ordnung schaffen. Ein überladener Schreibtisch sorgt zudem auch schnell für das Gefühl, dass man einen kaum zu bewältigten Berg zu lernen vor sich hat und alles zu viel wird. Wie wahrscheinlich eure Eltern schon gesagt haben: „Ordnung ist das halbe Leben“. Das stimmt vielleicht nicht ganz, jedoch ist es erwiesen, dass eine aufgeräumte Umgebung die Konzentration fördert.
Fazit
Alles in allem ist das Jurastudium mit ein wenig Selbstdisziplin und einer gut strukturierten Arbeitsweise gut zu bewältigen. Mit ausreichend Ruhepausen – auch mal einem geplanten Urlaub – ist dieser Ironman gut zu packen.