A. Allgemeines1
Die Bearbeitung von juristischen Sachverhalten während des Studiums erfordert Genauigkeit und Disziplin. Dabei ist es gerade bei komplexeren Sachverhalten oder Hausarbeiten wichtig, eine übersichtliche Struktur und Gliederung zu finden. Dies hat mehrere Funktionen: Zum einen kann man damit komplexe Sachverhalte „aufhellen“ und sich vor dem eigenen Auge besser verdeutlichen.
Zum anderen führt es auch dazu, wichtige Einzelheiten nicht zu übersehen. Zuletzt kann es von Vorteil sein dem Korrekturassistenten mit einer systematischen Gliederung die Korrektur zu erleichtern. Ein gut gelaunter Korrektor gibt erfahrungsgemäß bessere Noten! Eine Gliederung sollte deshalb sowohl in Klausuren, als auch in Hausarbeiten unbedingt vorgenommen werden. In Hausarbeiten sollte dabei noch deutlicher auf die Abstufung der Gliederungsebenen geachtet werden.
In Klausuren führt eine Gliederung zu Übersichtlichkeit. An dieser Gliederung können die oftmals mit nur sehr wenig Zeit ausgestatteten Korrekturassistenten erkennen, ob wichtige Kernprobleme angesprochen werden und „wo die Reise“ bei der vorliegenden Klausur hin geht. Zudem hilft eine Gliederung jedem Prüfling schon bei der Strukturierung des Sachverhalts und der Erstellung der Lösungsskizze.
Ebenso wichtig ist aber das „Werkzeug“ zur Darstellung juristischer Sachverhalte und deren gutachterliche Betrachtung. Auf die Einhaltung des Gutachtenstils wird bis hin zum Examen besonderer Wert gelegt.
B. Gutachtenstil
Im juristischen Studium bestehen die Prüfungen überwiegend aus Fallklausuren und Fallhausarbeiten. Der Klausurtext enthält einen Lebenssachverhalt, der juristisch betrachtet werden muss. Diese Begutachtung stellt nicht einen formlosen „Besinnungsaufsatz“ dar, wie man ihn vielleicht noch aus der Schulzeit kennt, sondern ist in einer bestimmten Form darzustellen. Die juristische Fallbearbeitung wird in der Ausformulierung im sog. Gutachtenstil vorgenommen.
Der aus dem juristischen Syllogismus2 abgeleitete Gutachtenstil (auch: 4-Schritt-Methode genannt) besteht aus vier Schritten, die immer „gegangen“ werden müssen.
I. Obersatz
Der Obersatz bildet gemeinsam mit der Konklusion den Rahmen eines jeden Gutachtens und eines jeden Prüfungspunktes. Der Obersatz wirft eine Frage auf, die dann mittels der anderen Schritte (Definition + Subsumtion) geklärt und im Rahmen der Konklusion beantwortet wird. Dabei ist zu beachten, dass die Fragestellung nicht direkt getätigt, sondern in der Form des Konjunktivs formuliert wird. Er endet also niemals mit einem Fragezeichen!Der Obersatz wird zunächst für das gesamte Gutachten geschrieben:
Beispiel: „A könnte sich gemäß § 240 StGB wegen Nötigung strafbar gemacht haben, indem er an einer Sitzblockade auf einer Bundesstraße teilgenommen hat und so den Autofahrern die Weiterfahrt verwehrte.“
So könnte der Obersatz für ein gutachten lauten, indem geprüft werden soll, ob sich der A wegen (nicht: einer!) Nötigung nach § 240 StGB strafbar gemacht hat.
Anmerkung: Bei der Begutachtung eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts ist es immer erforderlich, die für die Strafbarkeit relevante Tathandlung im Obersatz kurz darzustellen (…, indem…). Die „indem“-Formulierung ist eine gängige Formulierung, die es ermöglicht, kurz und prägnant das wichtigste in einem Satz unterzubringen.
Sodann wird auch für jeden einzelnen Prüfungspunkt ein Obersatz gebildet:
Beispiel: „Fraglich ist, ob der B den C an der Gesundheit geschädigt hat.“
Hier würde man nun prüfen, ob das objektive Tatbestandsmerkmal der Gesundheitsschädigung aus dem Tatbestand des § 223 I StGB vorliegt.
Anmerkung: Man sollte allerdings nicht jedes Mal denselben Satzanfang wählen. Das ist zu monoton und liest sich schlecht. Wer immer „Fraglich ist, …“ schreibt, hat unter Umständen Punktabzug wegen erheblicher stilistischer Mängel zu befürchten. Besser ist es zu variieren:
- Weiter ist zu prüfen, ob…
- Zu prüfen ist…
- Der B müsste des Weiteren den C auch…
- Eine weitere Voraussetzung ist, dass…
Einleitungen wie „Fraglich ist, ob…“ sollten auch nur dann zur Anwendung kommen, wenn der im Folgenden zu prüfende Kontext umstritten oder unproblematisch ist, es Abgrenzungsschwierigkeiten gibt oder berechtigte Zweifel am Vorliegen der zu prüfenden Voraussetzung bestehen, deren Vorliegen also tatsächlich „fraglich“ ist.
II. Definition
Im zweiten Schritt wird nun die Definition dargestellt. Dies ist notwendig, damit die Auslegung des Gesetzestextes konkretisiert und genauer umschrieben wird. Es wird abstrakt, vom Sachverhalt losgelöst ermittelt, welchen Inhalts beispielsweise ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal ist. Die entsprechenden Definitionen findet man in allen gängigen Kommentaren, in der Rechtsprechung oder in Lehrbüchern. Für die Klausur ist es von Vorteil die gängigsten Definitionen auswendig zu beherrschen, das spart Zeit und Nerven!
Beispiel: „Eine Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines wenn auch vorübergehenden pathologischen Zustands3.“
So würde die Definition für das Tatbestandsmerkmal der Gesundheitsschädigung aus § 223 Abs. 1 StGB aussehen.
Es gibt noch einen weiteren „Typ“ von Definitionen, die sog. Legaldefinitionen. Das sind Definitionen, die direkt im Gesetz zu finden sind. Teilweise sind sie daran zu erkennen, dass das Definierte in Klammern genannt wird.
Beispiel: Unfallbeteiligter (§ 142 Abs. 5 StGB), Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2. StGB), Verbraucher (§ 13 BGB), Unternehmer (§14 BGB), Anspruch (§ 194 BGB), Polizei (§ 2 Nr.1 BremPolG).
Man sollte sie unbedingt in der Bearbeitung verwenden und dabei auch auf die entsprechenden Fundstellen verweisen. In Hausarbeiten ist es erforderlich, Definitionen aus Rechtsprechung und Literatur zu belegen. Meist lassen sich die Fundstellen für Definitionen in Kommentaren und Aufsätzen zu dem jeweiligen Thema finden.
III. Subsumtion
Als Subsumtion wird das „Einordnen eines Sachverhaltes unter eine Norm“ verstanden, welches auch als rechtliche Würdigung eines Umstandes beschrieben werden kann. Die Subsumtion ist der wichtigste Teil jeder Klausur und Hausarbeit. An dieser Stelle kann man die meisten Punkte sammeln, muss demzufolge aber genau und schlüssig argumentieren.
Im Rahmen der Subsumtion wird der konkrete Sachverhalt unter die abstrakte Definition subsumiert. Man prüft also, ob die konkreten Abläufe, Zustände und Handlungen mit der Definition vergleichbar sind. Man argumentiert zum Beispiel, warum eine bestimmte Handlung gerade die Anforderungen der Definition erfüllt oder gerade nicht erfüllt.
Beispiel: (Sachverhalt in Kurzform: Nach dem Besuch in seiner Stammkneipe will A mit seinem Fahrrad nach hause fahren. Er glaubt, dass er trotz Genusses einiger Weißbiere noch in der Lage ist, sicher nach Hause zu kommen. Er wird auf dem Weg wegen eines defekten Rücklichts von der Polizei angehalten.) „Fraglich ist, ob A ein Fahrzeug geführt hat (Obersatz). Ein Fahrzeug wird geführt, wenn der Fahrer das Fahrzeug selbst oder zusammen mit einem Anderen in Bewegung setzt oder in Bewegung hält.
Von § 315c StGB werden nicht nur Kraftfahrzeuge gemäß § 1 II StVG, sondern auch andere Fahrzeuge ohne Motorkraft erfasst (Definition).“ „A will nach dem Kneipenbesuch nach Hause fahren und benutzt dazu sein Fahrrad. Kennzeichnend für ein Fahrrad ist gerade, dass es vom Fahrer selbst, durch Treten der Pedale in Bewegung gebracht und gehalten wird. Deshalb fällt das Fahrrad trotz mangelnder Motorkraft unter den Fahrzeugbegriff des § 315c StGB.“ (Subsumtion)
Der Umfang einer Subsumtion kann je nach Prüfung unterschiedlich ausfallen. Decken Definition und Sachverhalt sich eindeutig, unmissverständlich und ohne erkennbare Probleme, sollte die Subsumtion eher kurz ausfallen und nicht unnötig problematisiert werden.
Sind Sachverhalt und Definition im Verhältnis zueinander aber eher problematisch, so muss das Problem mit der Subsumtion in gegebenem Umfang gelöst werden. Das erfordert häufig die Darstellung von Meinungsstreiten. Wenn ein Problem dies erfordert, muss eine kurze Darstellung des Meinungsstandes auch in einer Klausur erfolgen. In Hausarbeiten ist die Aufarbeitung von Meinungsstreiten die Kernarbeit.
Herrschen zu einem zivilrechtlichen oder sonstigen juristischen Problem verschiedene Meinungen, so sind sie insbesondere in einer Hausarbeit gegenüberzustellen: Man stellt zunächst eine Auffassung dar, subsumiert den Sachverhalt unter die entsprechende Meinung und kommt dann zu einem Zwischenergebnis.
Diesen Vorgang wiederholt man dann für alle darzustellenden Meinungen. Kommen alle Auffassungen zum gleichen Ergebnis, so ist eine Stellungnahme nicht erforderlich und sollte auch nicht erfolgen. Bei verschiedenartigen Ergebnissen muss man alle Argumente für und gegen die jeweiligen Meinungen darstellen und dann in der Stellungnahme den Streit entscheiden.
Meinungsstreite sind allgemein nur darzustellen, wenn sie für den zu bearbeitenden Fall von besonderer Bedeutung sind. In einer Hausarbeit bedient man sich dabei Literatur und Rechtsprechung.
Beispiel: „Fraglich ist, ob eine erste Hilfe auch erforderlich ist, wenn der Hilfsbedürftige trotz dieser, versterben würde. In diesem Fall ist sich die Literatur unein. Zum einen wird vertreten, dass die Hilfeleistung dann nicht mehr erforderlich ist, wenn jede Hilfe aussichtslos ist, insbesondere beim sofortigen Tod des Verunglückten4.
Schließt man sich dem an, ist die Hilfe für O nie erforderlich gewesen. A hätte also keinerlei Hilfeleistungsversuche anstrengen müssen und wäre auch nicht wegen unterlassener Hilfeleistung gemäß § 323 c strafbar. Andererseits vertritt ein anderer Teil der Literatur, dass die Erforderlichkeit der Hilfe dort zu bejahen ist, wo erst aus der Rückschau klar zu erkennen ist, dass der Verunglückte auch bei sofortiger ärztlicher Hilfe keine Überlebenschance hätte, die in Betracht kommende Hilfeleistung also vergeblich gewesen wäre5.
Im vorliegenden Fall konnte man zum Unfallzeitpunkt lediglich erkennen, dass O u.a. erhebliche Kopfverletzungen erlitten hat. Eindeutige Todeszeichen sind keineswegs erkennbar gewesen. Erst später wird lt. Sachverhalt festgestellt, dass O nicht mehr zur Besinnung gekommen ist und auch mit umgehender notärztlicher Hilfe nicht mehr hätte am Leben erhalten werden können. Folgt man also der letzteren Auffassung wäre die Hilfe erforderlich gewesen.
Diese Auffassung kommt der h.M. sehr nahe. Denn auch aus Sicht eines „verständigen Beobachters“6 darf man zum Unfallzeitpunkt kein Spezialwissen annehmen, mit dem man schon an der Unfallstelle hätte erkennen können, dass jede Hilfe zu spät kommt. Diese Auffassung wird damit gerade dem u.a. präventiven Schutzcharakter einer Strafnorm gerecht.
Denn geht man davon aus, dass die im Nachhinein, am Ort nicht erkennbare, nicht bestehende Möglichkeit der Hilfeleistung strafbefreiend wirkt, verleitet dies unter Umständen zu einem geringeren Grad der Hilfsbereitschaft. Zudem würde dies dem besonderen Unrechtscharakter dieser Tat nicht gerecht werden, wenn es straflos bleibt, dass ein Täter eine hilflose Person in dem Bewusstein ihr könnte vielleicht doch geholfen werden auf sich gestellt liegen lässt.
Im Ergebnis ist also der letzteren Auffassung zu folgen und im vorliegenden Fall die Erforderlichkeit der Hilfe zu bejahen.“
Dieser Weg ist der „sicherste“ Weg einen Meinungsstreit darzustellen.7 In diesem Beispiel führen die Meinungen zu verschiedenen An- sichten. Deshalb musste der Meinungsstreit entschieden werden.
IV. Ergebnis/Konklusion
An dieser Stelle beantwortet man kurz und prägnant die im Obersatz aufgeworfene Frage.
Beispiel: „A hat sich wegen Nötigung gemäß § 240 StGB strafbar gemacht, in- dem er an einer Sitzblockade auf einer Bundesstraße teilnahm und den Autofahrern die Weiterfahrt verwehrte.“
So könnte das Ergebnis/die Konklusion für ein gutachten lauten, indem geprüft wurde, ob sich der B wegen (nicht: einer!) Nötigung strafbar gemacht hat.
Beispiel: „Folglich hat B den C an der Gesundheit geschädigt.“
So würde ein Ergebnis für einen einzelnen Prüfungspunkt aussehen. Hier hätte man geprüft, ob das objektive Tatbestandsmerkmal der Gesundheitsschädigung aus § 223 I StGB vorliegt.
Hier noch ein Beispiel für einen zivilrechtlichen Fall:
Obersatz: Für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung müsste der Schuldner die Pflichtverletzung auch zu vertreten haben.
Definition: Der Schuldner hat gemäß § 276 I BGB grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Subsumtion: A wusste vorliegend weder von der Reparatur, noch von einem Mangel. Er hat nichts zu der Unmöglichkeit (Pflichtverletzung) beigetragen.
Ergebnis: Er hat diese somit auch nicht zu vertreten.
C. Prüfungsreihenfolge
Neben dem Gutachtenstil muss auch eine Prüfungsreihenfolge eingehalten werden. Hierbei ist insbesondere im Strafrecht und im Zivilrecht zu unterscheiden. Im Strafrecht kann man verschiedentlich verfahren. Entweder man prüft nach der Schwere der Taten, nach dem Verhältnis in dem die Taten zueinander stehen oder man bildet chronologisch Handlungskomplexe und prüft in diesen Komplexen in der o.g. Reihenfolge.
Was die für den Fall „beste“ Variante ist, hängt vom Fall ab und kann nicht pauschalisiert werden. Im Zivilrecht hingegen gibt es starre Vorgaben. Vertragliche Ansprüche sind immer vor gesetzlichen Ansprüchen zu prüfen. Insgesamt gilt folgende Prüfungsreihenfolge:
I. Vertragliche Ansprüche
1. Primäransprüche
2. Sekundäransprüche
II. Quasivertragliche Ansprüche (z.B. § 280 I i.V.m. § 311 II BGB)
IV. Dingliche Ansprüche ( § 985 BGB)
V. Deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB)
VI. Bereicherungsrechtliche Ansprüche (§§ 812 ff. BGB)
Diese Reihenfolge ist sowohl in Klausuren, als auch in Hausarbeiten strikt einzuhalten. Hinsichtlich einzelner Punkte (insbesondere GoA und Bereicherungsrecht) herrscht zwischen den verschiedenen Universitäten Uneinigkeit über die Prüfungsreihenfolge. Hier sollte man sich erkundigen, welche Reihenfolge von den Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern bevorzugt wird und sich dann daran halten.
D. Formalien bei Hausarbeiten und Klausuren
I. Formalia bei einer Hausarbeit
Eine Hausarbeit muss neben der eigentlichen Fallbearbeitung noch einige weitere Dinge enthalten, die wiederum in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sein müssen. Die Hausarbeit besteht aus folgenden Elementen:
I. Deckblatt (ohne Seitenzahl).
II. Sachverhalt (römische Seitenzahlen, beginnend mit II.).
III. Inhaltsverzeichnis/Gliederung (fortlaufende römische Seitenzahlen im Anschluss an den Sachverhalt).
IV. Literaturverzeichnis (Seitenzahlen fortlaufend nach dem Inhaltsverzeichnis).
V. Lösung bzw. Fallbearbeitung (arabische Seitenzahlen, beginnend mit 1).
VI. Versicherung der eigenständigen Anfertigung und das ausschließliche Verwendung der angegebenen Quellen.
VII. Unterschrift.
Soweit im Bearbeitervermerk der Hausarbeit zu den Formalien nichts anderes angegeben ist, gilt:
- Zeilenabstand: 1 1⁄2.
- 1/3 Korrekturrand – also 7 cm (grundsätzlich rechts, kann aber je nach Dozent variieren).
- Schriftgröße: 12 P., bei Standardschriftarten Arial, Times New Roman.
- Fußnoten: 10 P., Schriftart wie im Gutachten selbst.
II. Formalia bei einer Klausur
Eine Klausur muss mit einem Deckblatt versehen werden. Das Deckblatt muss folgende Daten enthalten:
I. Name (ggf. Anschrift)
II. Matrikelnummer
III. Anzahl Fachsemester
IV. Datum der Klausur
V. Titel der Veranstaltung
VI. Dozent
VII. Veranstaltungskennziffer oder –nummer.
Dieses Deckblatt muss als erstes Blatt der Klausur mit abgegeben werden oder als erste Seite angeheftet werden. Tipp: Das Deckblatt zuhause vorbereiten, das spart wertvolle Zeit!Innerhalb der Ausarbeitung sollten Zwischenergebnisse gemacht werden. Dies steigert die Übersichtlichkeit und ist somit ein wichtiger Bestandteil einer jeden Klausur. Jede Klausur endet mit einem Endergebnis, in dem praktisch die Zwischenergebnisse noch einmal zusammengefasst werden.
Zudem muss immer ein Korrekturrand gelassen werden. In der Regel geht man von 1/3 der Seite aus und lässt diesen Rand auf der rechten Seite. Besondere Wünsche und Angaben des jeweiligen Dozenten sollten natürlich beachtet werden.
E. Gliederung
Sowohl Klausuren, als auch Hausarbeiten sollten, wie bereits oben beschrieben, gegliedert werden. Klausuren sollten beispielsweise nach Anspruchsgrundlagen gegliedert werden. Es ist aber nicht erforderlich, dass sie so feingliederig ist wie in einer Hausarbeit. Grundsätzlich gilt: „Wer A sagt, muss auch B sagen“! Gibt es kein B, sollte man auch auf A verzichten.
F. Häufige Fehler
Da Gutachtenstil und Argumentationstechnik ein wichtiges Handwerkszeug für Juristen sind, sollte bereits zu Beginn des Studiums versucht werden, bei der Anwendung dieser bisweilen nicht gerade sehr beliebten Methoden Sorgfalt walten zu lassen. Möglichst früh sollten typische Fehler behoben werden.
I. Obersatz
Obersätze werden häufig zu oberflächlich formuliert und wichtige Bestandteile ausgelassen. Da der Obersatz aber die zu prüfende Fragestellung aufwirft, beschränkt und umschreibt, ist hier besondere Präzision erforderlich. Soweit es sich um den Obersatz für ein gesamtes Gutachten handelt sind alle wesentlichen Bestandteile zu nennen.
Im Zivilrecht beispielsweise sind dies die sog. W-Fragen: Wer will was von wem warum woraus? Angesichts der Umgrenzungsfunktion von Obersätzen sollte sich der Bearbeiter sorgsam überlegen, welche Fragestellung er beantworten möchte. Hinzukommt, dass häufig zu viele Prüfungspunkte in einen Obersatz integriert werden.
So werden zum Beispiel gelegentlich von Klausurbearbeitern alle objektiven Tatbestandsmerkmale einer Körperverletzung gemäß § 223 I StGB in einen Obersatz gequetscht und im weiteren Verlauf auf Obersätze verzichtet. Das ist falsch. Jeder Prüfungspunkt muss mit einem eigenen Obersatz eingeleitet werden. Das vermeidet Verwirrungen und trägt zur Übersichtlichkeit eines Gutachtens bei.
II. Definition
Bei der Definition muss strikt darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Vermischung mit der Subsumtion kommt. Häufig gelingt es Prüflingen nicht, diese beiden Schritte voneinander zu trennen.
III. Subsumtion
Die Liste möglicher Fehlerquellen im Rahmen einer Subsumtion ist lang. Hier soll nur auf die beiden häufigsten Fehler eingegangen werden.
1. „Sachverhaltsquetsche“
Häufig geht der Blick auf den Sachverhalt verloren. In den meisten Fällen ist es so, dass die Sachverhalte ausreichend Argumentationsmaterial liefern. Dabei darf aber nicht der Fehler gemacht werden, dass der Sachverhalt lediglich wiedergegeben und nicht mit der Definition in Beziehung gesetzt wird.
Es ist gerade die Aufgabe des Prüflings, den Sachverhalt unter die Definition zu subsumieren. Gelegentlich stehen die Bearbeiter einer Klausur oder Hausarbeit aber auch vor dem Problem, dass sie den Eindruck haben, der Sachverhalt liefere keine klaren Antworten auf ihre Fragen und lasse wesentliche Aspekte aus. Umstritten ist, wie damit umzugehen ist. Auf der einen Seite wird vertreten, dass der Sachverhalt in den Grenzen der sog. lebensnahen Auslegung interpretiert werden darf.
Dies ist ein sehr schmaler Grad, bei dessen Beschreitung Vorsicht geboten ist. Andererseits wird jegliche Sachverhaltsauslegung für unzulässig erachtet. Wichtig ist nur: Sollten Bearbeiter das Bedürfnis haben, einen Sachverhalt auszulegen, sollten Sie dabei sehr vorsichtig sein und mit derartigen Interpretationen sparsam sein. So ist die Auslegung, die an einer norddeutschen Universität mal von einem Studierenden vorgenommen worden ist, dass alleinerziehende Mütter generell dazu neigen ein Problem mit Alkoholmissbrauch zu haben, fernab jeglicher lebensnaher Interpretation. Im Grundsatz gilt: „Der Sachverhalt ist heilig!“.
2. Umgang mit Meinungsstreits
Auch der Umgang mit Meinungsstreiten enthält einige Fehlerquellen. Insbesondere die Darstellung von Meinungsstreiten überfordert einige Bearbeiter gelegentlich. Wichtig ist, dass jeder Meinungsstreit klar strukturiert dargestellt und vermieden wird, verschiedene Meinungen wild durcheinander zu werfen. Ist ein Streitenscheid erforderlich, gelingt es vielen Bearbeitern bei der eignen Stellungnahme nicht, sich von den Argumenten anderer ausreichend zu distanzieren.
Eine Stellungnahme darf nicht aus einer Zusammenfassung der gerade dargestellten Auffassungen bestehen. Vielmehr wird hier Wert auf eine eigene Argumentation gelegt, dazu wird es auch immer positiv bewertet, wenn eigene Argumente gefunden werden!
Tipp: Üben Sie die schriftliche Darstellung von gängigen Meinungsstreiten schon vor der Klausur, dann geht es in der Klausursituation schneller und routinierter!
VI. Ergebnis/Konklusion
Gelegentlich wird aus dem Blick verloren, welche Frage im Obersatz aufgeworfen worden ist. Nur diese und nichts anderes sollte im Ergebnis beantwortet werden. Die Konklusion muss sich also eng an der Fragestellung im Obersatz orientieren.
VII. Sonstige Fehler
Unabhängig von diesen Fehlern im Bereich der 4-Schritt-Methode fällt auf, dass häufig Schwerpunkte falsch gesetzt werden. In Klausuren und Hausarbeiten sollte die meiste Energie in problematische Punkte investiert werden. Unproblematisches kann kurz und prägnant abgehandelt werden.
Viel zu häufig wird den Fallfragen nicht gebührend Beachtung geschenkt. Insgesamt sollte ein Gutachten auf die Fallfrage fokussiert werden. In Kombination mit den erkannten Problemen gibt diese den Weg für eine erfolgreiche und ausgewogene Prüfung vor und eröffnet den Blick auf sich ggf. stellende Anschlussprobleme.
Fußnoten
1 Die Autorin ist seit Dezember 2011 Rechtsreferendarin am OLG Braunschweig. Im Juli 2011 absolvierte sie das erste Staatsexamen an der Universität Bremen und war unter anderem dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Danken möchte ich unserem Herausgeber Herrn Alexander Otto, der aus seinen Tätigkeiten als Korrekturassistent einige wertvolle Hinweise geben konnte.
2 Zur Entstehung: Der Gutachtenstil ergibt sich aus dem juristischen Syllogismus. Der Begriff des Syllogismus stammt von dem griechischen Wort: „syllogismos“ ab, welches „Zusammenrechnen“ und/oder „logischer Schluss“ bedeutet. Er ist also Bestandteil von Argumentation und dem daraus folgendem Ergebnis. Der Syllogismus ist der Kerngedanke der Lehre von der Folgerichtigkeit, der Logik (Schwintowski, Juristische Methodenlehre, S. 61) und wird auch das Schlussverfahren genannt (Dubischar, Grundbegriffe des Rechts, S. 15, §4).
Das Denkschema des Syllogismus stellt die Schlussfolgerung aus zwei Prämissen auf einen Schlusssatz, also auf eine Konklusion dar (Joerden, Logik im Recht, S. 311) Mit dem Syllogismus kann logisch bewiesen werden, dass eine ganz bestimmte Ableitung aus dem Gesetz zu einem ganz bestimmten Ergebnis führen muss, wenn die Zwischenschritte jeweils richtig gebildet worden sind.3 Tröndle/Fischer, StGB Kommentar, 60. Auflage, 2013 § 223, Rn. 8.
4 Küpper, Strafrecht BT 1, 7. Auflage, 2008, § 5, Rn. 80.
5 Wessels/Hettinger, Strafrecht BT 1, 34. Auflage, 2010, § 23, Rn. 1046.
6 BGHSt 17, 166, 169.
7 Beispiel für den komprimierten Weg: (Fall: Brandstiftung an einer Kneipe, an der im oberen Stockwerk eine Wohnung angeschlossen ist) „Ob diese Handlung für ein Inbrandsetzen einer Wohnung reicht, ist umstritten. Es handelt sich hier um ein gemischt genutztes Gebäude, wobei nur der gewerblich genutzte Bereich als Start des Feuers dienen sollte. Gemäß der herrschenden Meinung reicht es für das Inbrandsetzen aus, wenn sich das Feuer auf die den Wohnzwecken dienenden Bereiche ausbreiten kann. Laut einer anderen Ansicht ist ein Inbrandsetzen erst dann verwirklicht, wenn sich die abstrakte Gefahr des Brandes derart zugespitzt hat, dass die Rechtsgutsver- letzung unmittelbar bevorsteht. Für die zweite Ansicht spricht, dass es sich hier um einen Verbrechenstatbe- stand handelt, der zum Schutz des Beschuldigten restriktiv ausgelegt werden sollte; dieses Argument kann jedoch vorliegend nicht überzeugen. Der § 306 a ist als Gefährdungsdelikt dem Schutze der Allgemeinheit verpflichtet, sodass von einem Inbrandsetzen schon ausgegangen werden kann, wenn das Feuer nur auf den Wohnungsteil übertreten kann. Zudem wollte A nicht nur die gewerblichen Gebäudeteile, sondern auch die Wohnung in der S wohnt, niederbrennen und wusste auch, dass sich die Wohnung dort befindet. Der ersten und herrschenden Ansicht ist somit zu folgen.“