Praktika – wieso, weshalb, warum
An jeder deutschen Uni sind die Pflichtpraktika eine Voraussetzung für die Zulassung zum Ersten Staatsexamen. Daher sollte man sich frühzeitig um eine gute Organisation kümmern.
Beginn der Planung
Zunächst einmal lohnt sich ein Blick in die Prüfungsordnung des jeweiligen Bundeslandes. Grundsätzlich ist eine praktische Studienzeit von mindestens drei Monaten bundesweit verpflichtend. Diese muss in der vorlesungsfreien Zeit absolviert werden.
Je nach Prüfungsordnung lassen sich diese drei Monate unterschiedlich aufteilen. Am geläufigsten ist vermutlich folgende Variante: eine Unterteilung in drei Blöcke à vier Wochen.
Da jedes Bundesland aber andere Anforderungen stellt, sollte man die Lektüre der Prüfungsordnung nicht unterschätzen. Bei Unsicherheiten oder weiteren Fragen kann es oft hilfreich sein, die Studienberatung oder eine Fachschaft aufzusuchen.
Der richtige Ort
Grundsätzlich sind der Wahl des Ortes wenige Grenzen gesetzt. Ein Praktikum lässt sich in jeder noch so kleinen Kanzlei oder Rechtsabteilung absolvieren. Die einzige Voraussetzung ist, dass man währenddessen einem Volljuristen unterstellt ist. In manchen Bundesländern ist es zudem erforderlich, mit den Pflichtpraktika die drei großen Rechtsgebiete abzudecken.
Praktikum in einer Kanzlei
Wer sich für Tätigkeit eines Anwalts interessiert, für den ist ein Praktikum in einer Kanzlei der richtige Weg.
Es kann allerdings große Unterschiede machen, welche Größe die Kanzlei hat. In einigen kleineren Kanzleien gibt es manchmal nur wenige interessante Termine für Praktikanten. Allerdings erhält man dort eventuell einen persönlicheren Einblick in den Arbeitsalltag. Auf der anderen Seite befürchten einige Studenten, in einer Großkanzlei als günstige Kopierhilfe ausgenutzt zu werden.
Vor der Entscheidung zwischen kleinerer Kanzlei und Großkanzlei ist es sinnvoll, Erfahrungsberichte anderer Studenten einzuholen. Und auch hier gilt: nicht jedes Vorurteil hat seine Berechtigung! Auch in einer kleinen Kanzlei können spannende Mandate behandelt werden. Klein bedeutet hier nicht automatisch langweilig. Am hilfreichsten ist es, einfach mal bei einer möglichen Kanzlei nachzufragen. Auf der anderen Seite sind viele Großkanzleien mittlerweile auf Praktikanten eingestellt. Ein Großteil von ihnen bietet sogar spezielle Programme für Praktikanten an.
Praktikum bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht
Ein Praktikum bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht ist meist als Gruppenpraktikum organisiert. Dabei werden die Veranstaltungen für eine gesamte Gruppe von Studenten angeboten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, alleine oder zu zweit einem Richter oder Staatsanwalt zugeteilt zu werden. Auf diesem Wege bekommt man einen besseren Eindruck von der jeweiligen Arbeit.
Ein Vorteil dieses Praktikums ist, dass es bereits in einem niedrigen Semester sinnvoll ist. Das liegt daran, dass Vorkenntnisse nicht erforderlich sind und die Praktika eher allgemein gehalten werden. Außerdem spielen Noten oder der Lebenslauf selten eine Rolle. Meist meldet man sich für solch ein Praktikum nur mit Angabe der wichtigsten Daten an. Der Zeitpunkt der Anmeldung ist dann der entscheidende Faktor.
Praktikum in einer Verwaltungsbehörde
In manchen Bundesländern ist ein Verwaltungspraktikum verpflichtend. Das kann man grundsätzlich bei allen Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden absolvieren.
Interessiert man sich für einen ganz speziellen Bereich, kann man sich auch an sämtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts wenden. Eine weitere Möglichkeit sind Stiftungen. Diese müssen dann aber hoheitliche Aufgaben wahrnehmen.
Praktikum in einer Rechtsabteilung
Für wirtschaftlich interessierte Studenten könnte zudem ein Praktikum in der Rechtsabteilung eines Unternehmens in Frage kommen. Die Größe des Unternehmens spielt dabei keine Rolle. In dieser Hinsicht kann man sich also ganz an seinen persönlichen Präferenzen orientieren. Allerdings gilt auch hier, dass der Vorgesetzte ein Volljurist sein muss.
Sonderfall Auslandspraktikum
Ein Praktikum im Ausland kann nicht nur eine besondere Erfahrung sein, sondern macht sich auch gut im Lebenslauf.
Beliebte Anlaufstellen sind etwa das Auswärtige Amt oder der Deutsche Akademische Auslandsdienst. Eine weitere Möglichkeit ist eine Niederlassung einer deutschen Kanzlei.
Man muss ich allerdings bewusst sein, dass diese Plätze besonders begehrt sind. In der Auswahl konkurriert man meist auch mit Studenten anderer Studiengänge. Die größte Hürde stellt für viele Studenten vermutlich der finanzielle Aspekt dar. Es lohnt sich, Informationen über verschiedene Fördermittel einzuholen. Sei es zum Beispiel im Rahmen von Erasmus oder diversen Stipendien.
Der passende Zeitpunkt
Wann ein Praktikum am sinnvollsten ist, darüber lässt sich streiten. In manchen Bundesländern findet sich eine explizite Regelung in der jeweiligen Prüfungsordnung. Ist das nicht der Fall, kann man sich an den folgenden Punkten orientieren.
Universitäre Regelung
Die Frage nach dem passenden Zeitpunkt wird teilweise durch die Regelung der Universität selbst beantwortet. Die LMU München beispielsweise erkennt nur Praktika an, die nach Vorlesungsende des zweiten Semesters absolviert wurden.
Studienverlauf
Grundsätzlich ist es sinnvoll, die Pflichtpraktika nicht innerhalb der Examensvorbereitung zu absolvieren. Es erspart einem eine Menge Stress, wenn man die erforderlichen Bescheinigungen bereits davor in der Tasche hat.
Möchte man insgesamt drei Praktika absolvieren und muss in den Semesterferien etwa Hausarbeiten schreiben, könnte es hilfreich sein, pro Semesterferien ein Praktikum einzuplanen.
Persönlicher Nutzen
Auch die persönliche Erwartungshaltung kann die Wahl des Zeitpunkts beeinflussen.
Wer möglichst viel aus den Praktika mitnehmen möchte, sollte zunächst seinen persönlichen Kenntnisstand einschätzen. Ein absoluter Kaltstart in einem Rechtsgebiet kann für den einen spannend und aufregend sein. Für den anderen ist der vorherige Besuch der einschlägigen Vorlesung vielleicht sinnvoller und hilfreicher.
Wie bereits erwähnt, sind insbesondere Praktika bei Gericht oder der Staatsanwaltschaft für niedrige Semester geeignet. Einige Kanzleien bieten Praktika erst ab einem bestimmten Semester an.
Praktika – Hürde oder Chance?
Die Praktika mögen zwar verpflichtend und als Zulassung zum Staatsexamen für viele ein lästiges Übel sein.
Andererseits bieten sie auch eine großartige Möglichkeit. Wer keinen einschlägigen Familienhintergrund hat, sollte vor dem Referendariat eine Anwaltskanzlei von innen gesehen haben. Wer von seinem späteren Berufsbild keine Vorstellung hat, hat die Gelegenheit, sich auszuprobieren. Egal ob Anwalt, Richter oder Staatsanwalt – die Möglichkeiten sind vielfältig.
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