Berufsspecial
Vertragsrecht
Praxis
Das Vertragsrecht ist schon so sehr Teil unseres Alltags geworden, dass wir manchmal überhaupt nicht mehr darüber nachdenken. Morgens die Brötchen beim Bäcker besorgen, mit der U-Bahn in die Stadt fahren und abends eine Pizza bestellen – Wie viele Verträge schließen wir wohl täglich ab, ohne es zu bemerken? Natürlich braucht es für diese Geschäfte des täglichen Lebens keinen schriftlichen Vertragsentwurf, auf dem alle Bedingungen festgehalten werden. Aber es gibt durchaus auch Bereiche, in denen es sinnvoll ist, sich von Spezialist:innen beraten zu lassen, damit man auf jedes unerwartete Ereignis vorbereitet ist.
Tätigkeitsfelder
Bei einem Vertrag werden mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen mit dem Ziel abgegeben, einen rechtlichen Erfolg zu erreichen. Vertragspartner können dabei nicht nur Privatpersonen sein, sondern ebenso Unternehmen, Institutionen und Behörden. Nicht jeder Vertrag muss in schriftlicher Form vorliegen, um gültig zu sein. Mündliche Vereinbarungen sind ebenso rechtswirksam wie etwa ein Online-Geschäft, soweit keine konkrete Form vorgegeben ist.
Vertragsparteien wollen bei der Ausarbeitung von Verträgen typischerweise Unterschiedliches. Die Aufgabe der Vertragsrechtler:innen ist es dann, durch Verhandlungsgeschick und Erfahrung eine optimale Vereinbarung für beide Seiten auszuhandeln. Zudem klären sie diese bereits im Vorfeld von Vertragsabschlüssen über Konsequenzen, Risiken und Unklarheiten auf.
Die Tätigkeitsfelder und Jobmöglichkeiten im Vertragsrecht sind – wie auch der Rechtsbereich selbst – sehr vielfältig, da das Vertragsrecht kein eigenständig geregelter Bereich ist. Die Vorschriften verteilen sich quer über das BGB, je nachdem, welche Fragen beantwortet werden sollen. Vertragsrechtler:innen helfen Parteien dabei, alles in einer Vereinbarung festzuhalten, was sie vereinbaren möchten und sorgen dafür, dass auch darüber hinaus keine Klauseln vergessen werden, die für das Vertragsverhältnis wichtig sind. Dabei muss stets darauf geachtet werden, was Parteien individuell regeln dürfen und was das Gesetz zwingend vorsieht, beispielsweise im Rahmen des Verbraucherrechts oder bei der Nutzung von AGB. Vertragsrechtler:innen unterstützen die Parteien aber auch dann, wenn mal etwas nicht so läuft, wie es vorab geplant war: Wenn ein Vertrag rückgängig gemacht werden soll oder was passiert, wenn ein:e Vertragspartner:in nicht die vereinbarte Leistung erbringt.
Aber auch im öffentlichen Recht gibt es Verträge. Dazu gehört einerseits der typische öffentlich-rechtliche Vertrag, zu dem etwa Erschließungsverträge, Durchführungsverträge für vorhabenbezogene Bebauungspläne, Ablösungsverträge, Umlegungsvereinbarungen, Verträge über kommunale Zusammenschlüsse und Zusammenarbeit, Sanierungsvereinbarungen im Bereich des Bodenschutzes gehören. Andererseits wird auch der privatrechtliche Vertrag mit öffentlich-rechtlichen Institutionen erfasst, wozu der gesamte Bereich der Privatisierungen im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge, die Verträge der öffentlichen Hand im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung, energiewirtschaftliche Vereinbarungen aber auch die Entwicklung komplexer Vertragswerke unter Berücksichtigung subventionsrechtlicher und vergaberechtlicher Problemkreise im Rahmen der Wohnungsbaupolitik und Ansiedlung gewerblicher und industrieller Vorhaben gehören. Da diese Vertragsarten von besonderer wirtschaftlicher sowie finanzieller und haftungsrechtlicher Bedeutung sind, ist es besonders wichtig, sich hier von Expert:innen beraten zu lassen.
Berufschancen und Gehälter
Vertragsrechtler:innen können als Rechtsanwält:innen in Kanzleien oder in Rechtsabteilungen von Unternehmen, Banken sowie Versicherungen arbeiten. Welche Verträge in den Rechtsabteilungen vorwiegend bearbeitet werden, hängt von der jeweiligen Branche ab. Auch eine Tätigkeit in der Personalabteilung, im Betriebsrat, in Verbraucherzentralen oder als Unternehmensberater ist denkbar. Gerade Verbraucherzentralen befassen sich überwiegend mit privatrechtlichen Verträgen.
Wer als Rechtsanwält:in im Vertragsrecht tätig werden will, kann mit einer guten Vergütung rechnen. Das Durchschnittsgehalt liegt bei circa 97.000 €, wobei Großkanzleien mit durchschnittlich 118.000 € deutlich mehr zahlen als die mittelständischen Kanzleien (82.000 €).* Die Vergütung in einem Unternehmen richtet sich nach der jeweiligen Branche und Unternehmensgröße und kann zwischen 45.000 € und 100.000 € variieren.
Bildung
Fachanwaltstitel im Vertragsrecht
Einen separaten Fachanwaltstitel für das Vertragsrecht gibt es nicht; Anwält:innen können sich in einem konkreten Rechtsgebiet weiterbilden, in dem das Vertragsrecht auch zum Tragen kommt. So kann ein entsprechender Titel etwa im Arbeitsrecht, Mietrecht, Handelsrecht sowie im internationalen Wirtschaftsrecht erlangt werden. Die zuständige Rechtsanwaltskammer, welcher die Rechtsanwält:in angehört, verleiht nach Maßgabe der Fachanwaltsordnung (FAO) die Berechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Voraussetzungen für diese Verleihung sind:
- dreijährige Zulassung und Tätigkeit innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung (§ 3 FAO)
- Antragstellung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 22 FAO)
- Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse (§§ 4, 4a und 6 FAO)
- Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen (§§ 5, 6 FAO)
Zusätzlich müssen gem. §§ 8ff. FAO besondere Kenntnisse in den jeweiligen Rechtsbereichen nachgewiesen werden.
Promotion und LL.M. im Vertragsrecht
Im Vertragsrecht gibt es auch die Möglichkeit, zu promovieren oder einen LL.M.-Studiengang zu absolvieren. Letzteres ist beispielsweise an der University of Johannesburg möglich, die den Studiengang “Entwurf und Auslegung von Verträgen” anbietet. Das Studium kann hier in Teilzeit mit einer Dauer von 36 Monaten durchgeführt werden und kostet ca. 2.000-3.000 €.
Der Master im Internationalen Wirtschaftsrecht an der University of Helsinki beinhaltet als Modul auch das Vertragsrecht. Er kann innerhalb von zwei Jahren (Vollzeit) für etwa 13.000 € erworben werden.
An der Frankfurter UAS findet sich außerdem der Studiengang “Verhandeln und Gestalten von Verträgen”, welcher drei Semester dauert (Vollzeitstudium).
Ein LL.M.-Erwerb im Fernstudium ist ebenfalls möglich, so etwa an der IU. Dort dauert der Erwerb des LL.M. je nach Zeitmodell 12-24 Monate und die Studiengebühren betragen 448 € im Monat, abhängig vom gewählten Zeitmodell.
Der Vorteil eines LL.M. im Ausland liegt darin, dass der Blick über den „deutschen juristischen Tellerrand“ hinausgeworfen wird und die eigenen Fremdsprachenkenntnisse erweitert werden.
Wie man sich auch entscheidet, lohnen wird es sich am Ende auf jeden Fall!
*basierend auf unserer Befragung von 143 Kanzleien.
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