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Zusatzqualifikationen – Möglichkeiten, Zeitpunkte und Vorteile bei Bewerbungen

LL.M., Promotion & Co. - Wann der beste Zeitpunkt ist, um Zusatzqualifikationen zu erwerben und was sich wann besonders gut im Lebenslauf macht
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Es gibt viele Möglichkeiten, sich bereits während des Referendariats weiterzubilden oder zu spezialisieren.

Vorteile durch Zusatzqualifikationen

Viele angehende Juristen denken im Laufe ihres Studiums oder nach Abschluss des Ersten Staatsexamens darüber nach, die eine oder andere Zusatzqualifikation zu erwerben. Entweder, weil sie sich aus dem Bewerberpool hervorheben möchten oder weil sie bereits einen bestimmten Karriereweg ins Auge fassen, für den bestimmte Zusatzqualifikationen notwendig sind.

Im seltensten Fall wird in Erwägung gezogen, eine solche während des Referendariats zu absolvieren oder zumindest zu beginnen. Welche zusätzlichen Fähigkeiten und Ausbildungen man schon während des Referendariats erwerben kann und wann dies sinnvoll ist, haben wir hier für euch zusammengetragen.

LL.M. und Promotion neben dem Vorbereitungsdienst

Gute Noten im Staatsexamen sind wichtig, aber aufgrund der Fülle an Bewerbern eben nicht immer alles. Klassische Zusatzqualifikationen sind nach wie vor der LL.M. und die Promotion. Ein LL.M. ist ein postgradueller Titel für Juristen („Master of Law“), den man durch ein juristisches Aufbaustudium erwerben kann. Ein solches dauert in der Regel ein Jahr, die Dauer kann jedoch auch abweichen. Besonders vorteilhaft ist es, wenn der LL.M. im Ausland absolviert wird, da dies kennzeichnet, dass man in der Regel verhandlungssichere Kenntnisse in der jeweiligen Fremdsprache, meistens Englisch, vorweisen kann.

Einen LL.M. bereits nach dem ersten Staatsexamen – jedoch noch vor dem Referendariat – zu erwerben, hat mehrere Vorteile. Zum einen hat man den Stress des Examens hinter sich gelassen und kann sich voll und ganz der neuen Aufgabe widmen. Außerdem hat man mit einem vorzuweisenden LL.M.-Titel bessere Chancen bei der Bewerbung im Referendariat, insbesondere in der Anwaltsstation, wenn man Interesse an einer Tätigkeit in einer Großkanzlei hat.

Wer sich zutraut, neben dem Referendariat auch einen LL.M.-Studiengang in Teilzeit zu absolvieren, für den gibt es mehrere Möglichkeiten. So bietet beispielsweise die Fernuniversität Hagen den LL.M „Anwaltsrecht und Anwaltspraxis“ an, der vom Deutschen Anwaltsverein entwickelt wurde. Dieser basiert auf Online-Seminaren, die in einer Abschlussklausur münden. Weiterhin nehmen Studierende auch an ausgewählten Präsenz-Seminaren teil. Einige Inhalte des Aufbaustudiums sind zudem relevant für das Assessorexamen, weswegen auch eine Teilnahme während des Referendariats sinnvoll sein kann.

Zu beachten ist jedoch, dass das Referendariat bereits als „Vollzeitjob“ ausgelegt ist: Zu der jeweiligen Tätigkeit in der Station, dem Lernen des neuen (und teilweise auch alten) Stoffs kommt noch die zusätzliche Arbeit eines Masterstudiengangs, in dem wiederum Klausuren zu bestehen sind und schließlich eine Masterarbeit anzufertigen ist. Studiert man neben dem Referendariat, sollte man sich mit dem Gedanken anfreunden, für den LL.M. länger als das vorgesehene Jahr zu benötigen und eventuell Urlaub vom Referendariat zu nehmen, um sich mit dem Lernstoff des Masters auseinandersetzen zu können.

Dies gilt natürlich nicht nur für den LL.M. „Anwaltsrecht und Anwaltspraxis“, sondern für alle Aufbaustudiengänge dieser Art, die zeitgleich zum Vorbereitungsdienst absolviert werden. Neben Referendariat und Examensvorbereitung noch ein Studium zu absolvieren, erfordert in jedem Fall viel Engagement, Disziplin und Organisationstalent. Eine andere Möglichkeit besteht darin, bereits die Monate der Wahlstation für den LL.M. zu nutzen, wenn die jeweiligen bundeslandspezifischen Regelungen des JPA dies zulassen. Eine solche Option bietet die School of Law der University of California, Berkeley, Partneruniversität der Uni Köln.

Auch der Erwerb einer Promotion während des Referendariats will gut überlegt sein. Viele Doktorväter raten Doktoranden davon ab, die Arbeit während des Vorbereitungsdienstes anzufertigen, da auch diese einen Vollzeitjob darstellt. In jedem Fall sollte jedoch immer mit dem Ausbilder oder Arbeitgeber der jeweiligen Station abgesprochen werden, wie man reibungslos beide Aufgaben parallel gestalten kann.

Einige Kanzleien bieten Arbeitsmodelle für Anwälte an, die während ihrer Tätigkeit in der Kanzlei promovieren möchten. Dies ist dann eine Win-Win Situation für die Kanzlei, da sie in ihre eigenen Anwälte investiert. Für Referendare sieht die Situation etwas anders aus, da nicht immer sicher ist, ob sie später auch tatsächlich beim konkreten Arbeitgeber bleiben werden. Hierbei ist jedoch auch zu beachten, dass der Zeitraum für die Promotion, der ohnehin schon nicht kurz ist, sich durch die Arbeit daran lediglich in Teilzeit deutlich verlängern wird.

Ein Rigorosum oder eine Disputation, also die abschließende Prüfung zur Promotion, ist während des Referendariats dagegen in der Regel unproblematisch, da hierfür Sonderurlaub gewährt werden kann. Zum Teil wird es auch als vorteilhaft empfunden, durch das Referendariat schon Erfahrung durch Kurzvorträge gesammelt zu haben.

Ein ausdrücklicher Sonderurlaubsgrund „Promotion“ ist in der Sonderurlaubsverordnung für Referendare nicht vorgesehen. Die gegenwärtige Verwaltungspraxis geht dahin, Sonderurlaub nur dann noch zu gewähren, wenn die Dissertation gefährdet ist. Wie dieser unbestimmte Rechtsbegriff auszufüllen ist, ist noch nicht gänzlich geklärt. Ausreichend dürfte es etwa sein, wenn das Promotionsthema auch an einer anderen Universität bearbeitet wird oder wenn Reformprojekte des Gesetzgebers den Sinn der Dissertation in Frage stellen.

Erwerb des Fachanwaltstitels

Eine andere Form der Zusatzausbildung ist der Fachanwaltstitel. Seit einiger Zeit hat sich vor dem Hintergrund steigender Zahlen der Rechtsanwälte und der damit steigenden Konkurrenz der Hang zu einer Spezialisierung auf ein Rechtsgebiet als Wettbewerbsvorteil gezeigt. Das Ergebnis einer solchen Spezialisierung sind einerseits Anwaltsboutiquen. Andererseits entwickelten der Deutschen Anwaltsverein (DAV) und die Bundesrechtsanwaltskammer die sogenannte Fachanwaltsordnung (FAO), womit nun der offizielle Titel des „Fachanwalts“ verliehen werden kann.

Wird der Fachanwaltstitel verliehen, so darf dieser nach berufsständischem Recht neben der Bezeichnung als Rechtsanwalt stehen. Insgesamt können jedoch nur drei Fachanwaltsbezeichnungen geführt werden (s. § 43c Abs. 1 BRAO). Ein Fachanwaltskurs besteht immer aus Theorie und Praxis. Wer den theoretischen Kurs absolviert hat, muss außerdem noch über einen vorgegebenen Zeitraum hinweg eine bestimmte und nach Rechtsgebiet unterschiedlich hohe Zahl von Fällen und Gerichtsverfahren (40 bis 100) bearbeiten (§ 5 FAO).

Die wenigsten Absolventen des Ersten Staatsexamens wissen jedoch, dass die theoretischen Fachanwaltskurse bereits nach der ersten Prüfung oder eben während des Referendariats begonnen werden können. Dies hat etwa den Vorteil, dass die Preise für die Fachanwaltskurse deutlich niedriger ausfallen als bei Volljuristen.

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass sich ein solcher Vorgang meist nur für Referendare anbietet, die schon im Studium eine dem Fachanwaltslehrgang entsprechende Spezialisierung gewählt haben, da der Stoff im Rahmen der Lehrgänge eher für den fortgeschrittenen Praktiker bestimmt ist. Um den Überblick über den Stoff zu behalten und auch die Abschlussklausuren zu bestehen, bedarf es entweder der Vorkenntnis des Spezialgebietes durch den im Studium bereits gewählten Schwerpunktbereich oder viel Disziplin. Auch hier sollte gut überlegt sein, ob und wie dieser zusätzliche Aufwand neben dem Referendariat zu bewerkstelligen ist.

Verwaltungswissenschaftliches Ergänzungsstudium in Speyer

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in der Verwaltungs- oder Wahlstation (in einigen Bundesländern ist dies auch in der Anwaltsstation möglich) drei Monate an die Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer zu gehen. Dort kann man das verwaltungswissenschaftliche Ergänzungsstudium als Station im Rechtsreferendariat absolvieren.

Im dreimonatigen Ergänzungsstudium können sich Referendare auf interdisziplinärer Basis mit den Verwaltungswissenschaften, dem Öffentlichen Recht, den Verwaltungs-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften befassen und sich für eine spätere Führungstätigkeit in der öffentlichen Verwaltung, in Politik, Verbänden, Wirtschaftsunternehmen u. Ä. qualifizieren.

Dabei können sie vorhandene Fachkenntnisse ihres erfolgreich absolvierten Studienganges im Hinblick auf Staat und Verwaltung vertiefen und die durch jedes Fachstudium zwangsläufig bestehenden Ausbildungslücken entsprechend den Anforderungen der modernen öffentlichen Verwaltung schließen. Außerdem erwerben Teilnehmer verwaltungsrelevante Fähigkeiten und üben ihre praxisbezogene Anwendung ein. Sie erhalten ein tieferes Verständnis für übergreifende Probleme, Zusammenhänge und Entwicklungen und gewinnen Erfahrungswissen aus der Praxis, vermittelt von anerkannten Experten. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sich speziell während der Anwaltsstation im Bereich Rechtsberatung und Rechtsgestaltung weiter zu qualifizieren.

Außerdem kann man in Speyer ein verwaltungswissenschaftliches Aufbaustudium absolvieren. Dieses schließt mit dem akademischen Grad eines Magisters bzw. einer Magistra der Verwaltungswissenschaften (Magister bzw. Magistra rerum publicarum; Mag. rer. publ.) ab und dauert regulär zwei Semester. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das oben beschriebene Speyer-Semester aus dem Referendariat sogar auf das Aufbaustudium anerkannt werden, sodass man dieses um einen nicht unerheblichen Teil verkürzen kann.

Auch für den LL.M. „Staat und Verwaltung in Europa“, den man in Speyer erwerben kann, besteht die Möglichkeit, sich das zuvor absolvierte Speyer-Semester anerkennen zu lassen.

Zusatzausbildungen an Universitäten oder Unternehmen

Viele Universitäten bieten Zusatzausbildungen in verschiedenen Rechtsgebieten an, die man zu einem flexiblen Zeitpunkt, auch im Referendariat, ablegen kann. So kann man beispielsweise an der Universität Münster von einem besonders breiten Angebot an Zusatzausbildungen und -zertifikaten profitieren. Hier gibt es Ausbildungen wie „Gewerblicher Rechtsschutz“, „Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht“ oder „Anwaltsrecht“, um nur drei der zahlreichen Angebote zu nennen.

Für die meisten der Zusatzausbildungen muss man nicht an der Universität Münster eingeschrieben sein und deren Umfang beträgt ein bis zwei Semester. Voraussetzungen für den Erwerb eines der Zertifikate sind meist das Bestehen einer gewissen Anzahl von Klausuren sowie die Teilnahme an einem Seminar. Abseits von Münster bieten viele Universitäten solche Zusatzausbildungen an, die neben dem Arbeitsaufwand im Referendariat noch realistisch zu absolvieren sind. Eine kleine Recherche hierzu lohnt sich also.

Eine andere Art der Zusatzausbildung ist die des Mediators. Die Mediation ist als außergerichtliches Verfahren oft eine gute Alternative zum Gerichtsverfahren, die es ermöglicht, aus einem Konflikt im Idealfall eine win-win-Situation für beide Parteien zu machen. An die Aus- und Weiterbildung von Mediatoren stellt das seit 2012 geltende Mediationsgesetz keine besonderen Anforderungen. „Zertifizierter Mediator“ oder „zertifizierte Mediatorin“ darf sich aber dennoch nur nennen, wer eine bestimmte Ausbildung absolviert hat.

Einheitliche Standards gibt es weder für die Ausbildung selbst noch für die Ausbilder. Deshalb wird die Mediationsausbildung derzeit von vielen unterschiedlichen Anbietern angeboten. Es gibt sowohl Hochschulen als auch spezielle Mediationsakademien und viele private Unternehmen, bei denen man eine Ausbildung zum Mediator oder zur Mediatorin machen kann.

Da sich die Ausbildung nicht nur an Juristen richtet, sondern auch an Pädagogen, Psychologen oder andere Berufsgruppen und oft auch Berufstätige daran teilnehmen, ist sie oft auf verschiedene Module aufgeteilt, die über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig stattfinden. So gibt es meistens Termine, die Blockweise an Wochenenden über mehrere Monate verlaufen, um auch Teilnehmer mit Vollzeitjob eine solche Ausbildung zu ermöglichen. Dies kommt jedoch auch denjenigen zugute, die über eine Partizipation während des Referendariats nachdenken. Ein nicht unerheblicher Anteil des Eigenstudiums ist jedoch auch hier nicht zu verachten, da die Ausbildung mit einer Abschlussprüfung endet.

Fazit:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich bereits während des Referendariats weiterzubilden oder zu spezialisieren. Hierbei ist es jedoch wichtig, sich einen genauen Plan zu machen und dabei immer im Auge zu behalten, ob das Arbeitspensum im Referendariat erfüllt werden kann, da dieses immer an erster Stelle stehen sollte. Bei Auslandsaufenthalten oder Studiengängen ist außerdem immer darauf zu achten, die jeweiligen Vorgaben des Justizprüfungsamts zu befolgen und sich gegebenenfalls die notwendige Genehmigung einzuholen.

Nicht alle Prüfungsämter sehen es gern, wenn Referendare dem Vorbereitungsdienst nicht ihre volle Aufmerksamkeit schenken. Außerdem ist nicht jeder Referendar für eine derartige doppelte Belastung geschaffen. Wer es als angehender Jurist allerdings bis hierhin geschafft hat und wem eine der genannten Zusatzqualifikation zusagt, der sollte sich nicht entmutigen lassen. Mit der richtigen Planung, Organisation und der dazugehörigen Disziplin ist alles zu schaffen!

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Studiert man die Stellenanzeigen in der einschlägigen Presse, so wird deutlich, dass eine Zusatzqualifikation wie eine Promotion oder ein LL.M. gern gesehen wird. Auch bei mir war der Erwerb des LL.M. Eur. eine gute Visitenkarte, zumal das Europarecht quasi überall eine Rolle spielt.