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Journal / Allgemein

Worauf legt der juristische Nachwuchs bei der Wahl seines Arbeitgebers Wert?

Im Rahmen unserer bundesweiten Talentumfrage haben wir rund 2000 Nachwuchsjuristinnen und Juristen befragt, wie wichtig ihnen einzelne Angebote bei der Wahl ihres Arbeitgebers sind – sei es für die Anwaltsstation im Referendariat, als frischgebackene/r Assessor*in und Berufseinsteiger*in oder bereits im Studium.
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Worauf legt der juristische Nachwuchs bei der Wahl seines Arbeitgebers Wert?

 

Auch in diesem Jahr bewertete iurratio wieder Arbeitgeber für den juristischen Nachwuchs im Hinblick auf verschiedene Kategorien wie die Einbindung des Nachwuchses in die praktische Arbeit, die Unterstützung bei der Examensvorbereitung, Zusatzangebote für Referendare sowie Arbeitsmodelle und Weiterbildungsangebote für einen späteren Einstieg. Erstmals beurteilte iurratio zusätzlich ihre Angebote für Berufseinsteiger in den Bereichen Digitalisierung, Karriereperspektiven, Gesundheit und Work-Life-Balance, Aus- und Weiterbildung sowie ebenfalls Arbeitsmodelle und Zusatzangebote.
Parallel dazu befragten wir die Nachwuchsjuristen selbst zu ihren Prioritäten diesbezüglich. So konnten sie in unserer bundesweiten Talentumfrage** angeben, wie wichtig ihnen einzelne Angebote bei der Wahl ihres Arbeitgebers sind – sowohl für die Anwaltsstation im Referendariat als auch für den Berufseinstieg. Abgestimmt haben Talente aus den unterschiedlichsten Stadien – sei es als frischgebackener Assessor,  noch mitten im Referendariat oder sogar noch als Student mit individuellen Vorstellungen für die berufliche Zukunft.
Die Skala reicht hierbei von eins (sehr wichtig) bis sechs (sehr unwichtig). Die Prozentzahlen beziehen sich im Folgenden jeweils auf die Anzahl der Teilnehmer, die Stufe eins angegeben haben.

Anwaltsstation im Referendariat

Einbindung in die praktische Arbeit

Nach wie vor am wichtigsten (57 %) ist den Talenten das regelmäßige Feedback zu ihren erledigten Aufgaben, um ihre Arbeitsleistung leichter einschätzen und sich gegebenenfalls verbessern zu können. Der Wunsch nach einem persönlichen Mentor ist im Vergleich zum Vorjahr wieder auf 43 % gestiegen. Einen fest zugeteilten Ansprechpartner zu haben, nimmt damit bezogen auf die Bedeutsamkeit für Talente wieder den zweiten Platz ein.

Wenngleich in diesem Jahr hingegen die Möglichkeit, an Anwaltsmeetings und Mandantengesprächen teilzunehmen (32 % beziehungsweise 34 %) um circa 15 % gesunken ist, bleibt dies dennoch sehr wichtig, da dadurch die Arbeitsweise der Kanzlei und der Alltag eines Anwalts am besten kennengelernt werden kann. Im Rahmen der Anwaltsstation in verschiedene Praxisbereiche hineinschnuppern zu können, blieb unverändert bei 32 %. Abgefragt wurde in diesem Bereich außerdem der Wunsch nach Gesprächen zur persönlichen Entwicklung im Rahmen der Tätigkeit in der Kanzlei. Diesen sprechen die Talente auch in diesem Jahr eine höhere Wichtigkeit zu (34 %), ebenso in Bezug auf regelmäßige Karrieregespräche (25 %). Generell legen viele Talente zudem Wert darauf, dass die Kanzlei internationale Mandanten hat (24 %).

Examensvorbereitung

Die Examensvorbereitung ist stets ein zentrales Thema, insbesondere für die Referendare, die sich am Ende ihrer Anwaltsstation den Klausuren des 2. Staatsexamens stellen müssen. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen die Bewertungen im Rahmen der Kategorie Examensvorbereitung in diesem Jahr, ähnlich wie in den Vorjahren, eher eine Tendenz in Richtung Mittelfeld auf. Hierzu zählen die Kostenübernahme für externe Repetitorien und Klausurenkurse, die nur 22 % beziehungsweise 21 % der Teilnehmer für “sehr wichtig” befinden,  sowie die Angebote eines kanzleiinternen Repetitoriums und Klausurenkurses (18 % beziehungsweise 15 %). Lediglich die Nachfrage nach den kanzleiinternen Angeboten ist um wenige Prozente angestiegen. Ein Angebot für ein Aktenvortragstraining mit 16 % und ein Angebot zur Simulation der mündlichen Prüfung mit 13 % ordneten die Talente ähnlich ein. Heraussticht lediglich das Bedürfnis nach flexiblen Arbeitszeiten, insbesondere im Hinblick auf die Examensvorbereitung, mit 60 %.

Zusatzangebote

Im Rahmen der Zusatzangebote zeigt sich, dass insbesondere Offerten, wie eigene Kantinen (12 %), Fremdsprachenkurse (10 %), Mietkostenzuschüsse (8 %), Unterstützung bei der Wohnungssuche (8 %), Kinderbetreuungsmöglichkeiten (8 %) oder kanzleieigene Sportangebote (9 %), auf der Prioritätenliste der Nachwuchstalente weit nach hinten gerückt sind. Dagegen sind sowohl das Angebot eines Jobtickets für Talente (17 %) als auch das Angebot kostenloser Getränke und Speisen während der Arbeitszeit zunehmend wichtiger geworden (19 %). Auch dem Bedürfnis nach einer Zusatzvergütung während der Anwaltsstation wieder ein höherer Stellenwert beigemessen (21 %). Wichtig ist dem Nachwuchs ebenfalls, an den Social Events der Kanzleien teilnehmen zu können, um ihre Integration innerhalb der Sozietät und auch ihr Networking zu fördern (21 %). Besonders relevant war für die Talente außerdem die Möglichkeit, nach der Anwaltsstation eine Wahlstation im Ausland bei einem internationalen Standort der Kanzlei oder einer Partnerkanzlei absolvieren zu können (30 %).

Einstellungen und Arbeitsklima

An oberster Stelle steht für den juristischen Nachwuchs das Arbeitsklima bei dem zukünftigen Arbeitgeber. Bereits im Referendariat wollen die Referendare wertgeschätzt werden und sich im Team wohlfühlen, weshalb das Miteinander innerhalb des Teams in der Kanzlei mit 65 % und der Umgang aller Mitarbeiter untereinander in der Kanzlei mit 64 % als besonders wichtig eingeschätzt wird.

Stellen sich die von uns befragten Jurastudenten, wissenschaftlichen Mitarbeiter, Doktoranden, Referendare und Assessoren ihren Berufseinstieg in einer Kanzlei vor, ist ihnen insbesondere die Möglichkeit wichtig, während des Referendariats im Homeoffice arbeiten zu können (32 %). Gerade im Hinblick auf einen späteren Berufseinstieg wollen die Talente bereits in der Anwaltsstation einen Arbeitgeber kennenlernen, der später diese Flexibilität gewährt (40 %). Des Weiteren ist für sie die Perspektive auf ein sicheres Arbeitsverhältnis von Relevanz (30 %), denn gerade die Corona-Pandemie machte deutlich, dass ein sicherer Arbeitsplatz insbesondere in Krisenzeiten von großer Bedeutung ist. 

Ebenso legen die Nachwuchsjuristen Wert darauf, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Kanzlei, in der sie als Referendare in der Anwaltsstation tätig sind, im Anschluss an das 2. Staatsexamen übernommen werden (24 %). Vergleichbar wichtig ist ihnen ein umfangreiches Weiterbildungsangebot (23 %) für Berufseinsteiger, ein hohes Einstiegsgehalt (23 %) sowie das Bedürfnis nach flachen Hierarchien innerhalb der Sozietät (25 %). Die Relevanz eines hohen Frauenanteils auf Partnerebene bleibt unverändert (15 %).

Berufseinstieg

Gesundheit und Work-Life-Balance

Für den Berufseinstieg steht ebenso wie im Referendariat schon ungeschlagen an erster Stelle hinsichtlich der Wichtigkeit das Miteinander innerhalb des Teams (72 %) und der Umgang aller Mitarbeiter untereinander in der Kanzlei (70 %). Ebenfalls von Belang sind flache Hierarchien (30 %) und – im Unterschied zur Anwaltsstation im Referendariat – konkrete Lösungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (35 %). Schließlich sind bei der Wahl des Arbeitgebers nach dem Referendariat auch Zukunftspläne wie beispielsweise die Familienplanung mit einzubeziehen.

Etwas weniger wichtig, aber dennoch von Bedeutung für die Work-Life-Balance der Mitarbeiter, sind dagegen kanzleieigene Sportangebote (11 %), kanzleieigene Gesundheitsangebote in Bezug auf Mental Health (12 %) und die Möglichkeit, Tiere, insbesondere Hunde, an den Arbeitsplatz mitzubringen (10 %).

Karriereperspektiven und Aus- und Weiterbildung

Berufseinsteiger legen im Bereich der Aus- und Weiterbildung am meisten Wert auf ausführliches und regelmäßiges Feedback zu ihrer Arbeit (49 %), damit sie sich stetig weiterentwickeln können, dicht gefolgt von der Möglichkeit, an den Meetings der Anwälte und Arbeitsgruppen (39 %) und Mandantengesprächen (43 %) teilzunehmen. Darüber hinaus wünschen sich die Berufseinsteiger einen persönlichen Mentor (38 %), der sie beim Einstieg unterstützt und mit Rat und Tat auf dem Weg zur Seite steht. Regelmäßige Gespräche, insbesondere zur eigenen Karriereperspektive (34 %), sind für sie dabei ebenfalls bedeutend. 

Die Anzahl und der Umfang der Weiterbildungsangebote für Berufseinsteiger ist für 29 % sehr wichtig. So bewerteten 33 % die Förderung von Weiterbildungsangeboten wie eines LL.M., Doktortitels oder Steuerberaters und immerhin 22 % eine Kostenübernahme des Erwerbs eines Fachanwaltstitel als sehr wichtig. Gleichermaßen würden sie gerne verschiedene Praxisbereiche nach dem Berufseinstieg kennenlernen (20 %).

Arbeitsmodelle, Vergütung und Einstellungen

In der aktuellen Zeit legen Nachwuchstalente immer mehr Wert auf Flexibilität in Bezug auf Arbeitsort, -zeit und -umfang. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen unserer Talentumfrage wieder. So bewerteten 49 % die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können und 35 % die Möglichkeit zum Mobile Working, also außerhalb des Homeoffice, als sehr wichtig. Insgesamt sehen 46 % flexible Arbeitszeiten als besonders wichtig an. 

Die Höhe des Basisgehalts (35 %) ist weniger von Bedeutung als das Verhältnis zwischen Vergütung und Arbeitszeit (60 %). Letzteres ist ebenfalls für die Work-Life-Balance relevant – die Berufseinsteiger möchten, sofern sie viel beziehungsweise mehr arbeiten, auch entsprechend entlohnt werden. Überdies ist die Möglichkeit, bei einem internationalen Standort der Kanzlei tätig zu werden (26 %) für Berufseinsteiger von Relevanz. Bei den Einstellungen ist auch bei den Berufseinsteigern der Blick für die Wichtigkeit eines hohen Frauenanteils auf Partnerebene (17 %) sowie von über 40 Prozent bei den Neueinstellungen (16 %) gegeben.

Zusatzangebote

Zusatzangebote wie das Angebot eines Fremdsprachenkurses (15 %), eine Kantine oder ein Essenszuschuss (11 %) und die Unterstützung bei der Wohnungssuche (8 %) spielen bei der Wahl des Arbeitgebers für den Berufseinstieg im Vergleich zur Aus- und Weiterbildung oder den Arbeitsmodellen eine eher nebensächliche Rolle. Lediglich das Jobticket ist für Berufseinsteiger im Hinblick auf die Flexibilität des Arbeits- und Wohnortes und die überall gestiegenen Lebenshaltungskosten als Zusatzangebot vorrangiger (21 %).

Fazit

Allzu starke Abweichungen in der Prioritätensetzung der Nachwuchsjuristen in Bezug auf die Anwaltsstation im Referendariat lassen sich im Vergleich zum Vorjahr nicht feststellen. Nach wie vor geben die Ergebnisse aber eine gute Orientierung, worauf es den Talenten bei der Wahl ihres Arbeitgebers ankommt und auf welche Wünsche es sich besonders lohnt, einzugehen, wenn man den Nachwuchs überzeugen möchte.

Die Auswertungen bezüglich der Wahl des Arbeitgebers für den Berufseinstieg lassen erkennen, dass die Talente etwas zukunftsorientierter und langfristiger denken – so beispielsweise in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Generell wird jedoch ähnlichen Bereichen eine große Bedeutung beigemessen. Folglich sollten die Arbeitgeber schon bei den Referendaren anfangen, entsprechenden Wünschen nachzukommen, um diese für einen späteren Berufseinstieg für sich zu gewinnen. 

Das A und O stellt letztlich für jeden das Wohlfühlen am Arbeitsplatz dar  – das Hauptaugenmerk sollte also auf ein gutes Arbeitsklima gelegt werden!

**basierend auf den Angaben von rund 2.000 Nachwuchsjuristen.

 

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