A. Der erste Einstieg
Das Staatsorganisationsrecht vermittelt Ihnen an den meisten Universitäten den ersten Einblick in das öffentliche Recht der Bundesrepublik Deutschland. Im Laufe des Semesters werden Sie die obersten Staatsorgane samt ihrer Funktionen, das föderale Verhältnis von Bund und Ländern und die herausragenden Prinzipien kennen lernen, auf denen sich der deutsche Staat seit 1949 gründet.
Sicherlich werden Sie aufgrund der Kenntnisse, die Sie bereits in Fächern wie Geschichte und Politik erworben haben, eine Vorstellung vom Aufbau und der Funktionsweise der Bundesrepublik haben, die Sie auf- greifen und vertiefen können.
I. Warum das „Grundgesetz“ nicht „Verfassung“ heißt
Oft wird zu Anfang des Semesters die historische Entwicklung Deutschlands von der Paulskirchen-Verfassung von 1848/1849 über die Reichsverfassung von 1871 und die Weimarer Reichsverfassung von 1919 bis zu dem am 23. Mai 1949 in Kraft getretenen Grundgesetz skizziert.
Das Grundgesetz war ursprünglich aufgrund der Teilung Deutschlands nur als Übergangsordnung1 bis zur Wiedervereinigung gedacht, weshalb die Bezeichnung „Grundgesetz“ statt „Verfassung“ gewählt wurde.2 Beim Ende der deutschen Teilung hatte sich das Grundgesetz allerdings derart bewährt, dass von einer Neufassung Abstand genommen wurde.3 Dabei kommt dem Grundgesetz eine Doppelfunktion zu.
Einerseits regelt es das Gesetzgebungsverfahren, bildet aber gleichzeitig auch die Grenze für neue, vom Parlament erlassene Gesetze. Sofern diese nicht im Hinblick auf Verfahren und Inhalt den Vorgaben des Verfassungsrechts entsprechen, werden sie vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verworfen.
Zum materiellen Verfassungsrecht gehören alle für die staatliche Grundordnung wichtigen Normen, so etwa das Grundgesetz, die Landesverfassungen („formelles Verfassungsrecht“) und der Einigungsvertrag4 sowie einfache, unterhalb der Verfassung angesiedelte Gesetze, soweit sie – wie das Bundeswahlgesetz oder das Parteigesetz – die Grundordnung ausgestalten.
Schließlich bilden auch die Geschäftsordnungen der Verfassungsorgane z.B. des Bundestages materielles Verfassungsrecht, wenn sie Normen des Grundgesetzes konkretisieren.5
II. „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“
*6Dieses Sprichwort der Juristerei sollten Sie nicht nur in Ihren Anfangssemestern beherzigen! Lehrbücher und Kommentare enthalten viele wertvolle Hinweise, ersparen Ihnen aber nicht die konsequente Gesetzeslektüre. Den besten Überblick verschaffen Sie sich, indem Sie sich das Grundgesetz zur Hand nehmen und es anhand dieses Beitrags systematisch durchlesen.
B. Das Grundgesetz im Überblick
I. Beginnen Sie bei der Prämabel!
Die Präambel spiegelt zum einen die neuere deutsche Geschichte seit Inkrafttreten des Grundgesetzes und den Wandel von der Bonner Republik zum vereinten Deutschland wieder. Enthielt die ursprüngliche Präambel noch ein Wiedervereinigungsgebot, wurde sie mit der Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 neu gefasst;7 beibehalten wurde der stetig an Bedeutung gewinnende Verfassungsauftrag zur Integration Deutschlands in die Europäische Union (lesen Sie hierzu auch Art. 23 GG).8
Zum anderen drückt die Präambel das verfassungsrechtliche Selbstverständnis der Bundesrepublik aus.9 Es wird Bezug genommen auf das Deutsche Volk als verfassungsgebende Gewalt.
Das Grundgesetz leitet sich nicht von einer anderen, früheren Verfassung ab, es legitimiert sich unmittelbar aus der Volkssouveränität.10 Damit betritt ein weiterer tragender Grundsatz des deutschen Verfassungsrechts die Bühne: Ohne das Demokratieprinzip (Art. 20 II 2 GG) wäre eine Legitimation durch das Volk nicht vorstellbar.
Auf die Präambel folgen die Grundrechte in den Art. 1-19 GG, die ausführlich in einem gesonderten Beitrag behandelt werden. Eine kurze Bemerkung sei an dieser Stelle dennoch gestattet: Der erste Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ (Art. 1 I 1 GG) ist gemeinhin bekannt, der zweite aber umso wichtiger: „Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Damit bindet das Grundgesetz alle Organe und Institutionen des Staates an die Achtung der Menschenwürde, eine Lehre, die das Grundgesetz aus den Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus gezogen hat.11 Sich gegen eine erneute Willkürherrschaft zu wappnen, war erkennbar die Intention der Mütter und Väter des Grundgesetzes.
II. Die verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen
*12 Dreh- und Angelpunkt der Verfassung ist Art. 20 GG, der die grundlegenden Prinzipien auflistet, die das öffentliche Leben Deutschlands bestimmen: Republik, Demokratie, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Sozialstaat und Bundesstaat.
1. Die „ununterbrochene demokratische Legitimationskette “
*13 Deutschland ist – das wird Sie nicht überraschen – eine parlamentarische Demokratie. Das Volk ist zwar Träger der Staatsgewalt („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, Art. 20 II 1 GG). Es kann diese Staatsgewalt aber – anders als das noch in der attischen Demokratie der Fall war und in der Schweiz14 teilweise heute noch der Fall ist – nur in beschränktem Maße selbst ausüben; es kann abstimmen, es kann wählen, es kann aber nicht alle Entscheidungen selbst treffen.15
Daher statuiert Art. 20 II GG, dass das Volk als Souverän seine Repräsentanten regelmäßig durch Wahlen bestimmt. Wenn die Abgeordneten dann Gesetze erlassen, übt das Volk seine von ihm ausgehende Staatsgewalt mittelbar aus.16
Alle Gesetze lassen sich mithin im Sinne einer Kausalitätskette auf den Willen des Volkes zurückführen (Volk → Wahl → Abgeordnete → Gesetze). Damit distanziert sich das Grundgesetz von anderen Staatsformen wie der Monarchie (bis 1918) und der Diktatur (von 1933 bis 1945), die Deutschland geprägt haben.
a) One man, one vote?
Um eine demokratische Legitimation tatsächlich begründen zu können, müssen Wahlen einige Voraussetzungen erfüllen. So regelt Art. 38 II 1 GG, dass die Abgeordneten des Bundestages „in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl“ gewählt werden.
Allgemein ist eine Wahl, wenn grundsätzlich alle Bürger, die das acht- zehnte Lebensjahr vollendet haben, ein aktives und passives Wahlrecht haben, d.h. wählen und gewählt werden können.17 Die Unmittelbarkeit der Wahl heißt, dass die Mitglieder einer Volksvertretung direkt ohne Einschaltung von Wahlmännern – wie es etwa in den USA üblich ist – gewählt werden.18
Nach dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl muss zudem gewährleistet sein, dass jede Stimme das gleiche Gewicht hat: den gleichen Zählwert (one man one vote) und die gleiche Chance, sich auf das Wahlergebnis auszuwirken.19 Ein konkretes Wahlsystem für die Bundestagswahl bestimmt das Grundgesetz nicht. Der Gesetzgeber hat sich des Auftrages in Art. 38 III GG angenommen und die Details durch das Bundeswahlgesetz (BWG – bitte hineinschauen!) geregelt.
Mit der „personalisierten Verhältniswahl“ (erste Stimme für den Abgeordneten aus dem zugehörigen Wahlkreis, zweite Stimme für die Landesliste einer bestimmten Partei) hat sich der Gesetzgeber für eine Kombination aus Mehrheitswahl und Verhältniswahl entschieden.20
Während Fünf-Prozent- Hürde und Grundmandatsklausel21 (§ 6 Abs. 6 BWG) weiterhin als unabdingbar angesehen werden, um der Gefahr der Zersplitterung des Parlaments und seiner daraus resultierenden Funktionsuntüchtigkeit zu entgehen, erachtet das Bundesverfassungsgericht nunmehr die Regelungen des § 6 Abs. 1 S. 1 BWG (Stichwort: Effekt des negativen Stimmgewichts)22 und § 6 Abs. 5 BWG (Überhangmandate)23 für nicht mit den Grundsätzen der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl vereinbar und damit für verfassungswidrig.
Nach dem Grundsatz der Freiheit der Wahl muss der Akt der Stimmabgabe zudem frei von Zwang und unzulässigem Druck bleiben,24 dies korrespondiert mit der Geheimheit der Wahl, die vor der Offenbarung schützt, wie jemand wählen will, wählt oder gewählt hat.25
b) „Ja zur Demokratie zu sagen, aber nein zu Parteien, ist nicht möglich“26
Die Wahlgrundsätze führen Sie auf direktem Wege zu denjenigen Vereinigungen, durch die die Bürger an den Wahlen teilnehmen können: Art. 21 I 1 GG erteilt den Parteien den Auftrag, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Sie sind zwar keine staatlichen Organe, werden aber vom Bundesverfassungsgericht als „verfassungsrechtliche Institutionen“ anerkannt.27
Durch die Parteien sollen also die unterschiedlichen Ansichten der Bürger zu politischen Fragestellungen kanalisiert und einem Lösungsansatz zugeführt werden, über den im Parlament debattiert und abstimmt werden kann. Sie bilden das Bindeglied zwischen Volk und Staat.28 Durch die Teilnahme an Wahlen stellen die Parteien sich und ihre Programme zur Abstimmung, das Volk entscheidet dabei über die Annahme der politischen und gesellschaftlichen Lösungsvorschläge (Stichwort: „demokratische Rückkopplung“29).
In dieser Aufgabenverteilung kommt auch ihre ambivalente Stellung zur Ausdruck: Einerseits sind sie als Vereinigungen von Bürgern im gesellschaftlich-politischen Bereich des Volkes verwurzelt,30 und können diesbezüglich Grundrechte für sich in Anspruch nehmen (Art. 19 II GG),31 andererseits sind sie, wenn sie in Form von Fraktionen im Parlament vertreten sind, an die Grundrechte und die verfassungsmäßige Grundordnung gebunden (Art. 20 III, Art. 1 I 2 GG).
Erst die mittels Art. 21 I 2 GG garantierte Gründungsfreiheit und Chancengleichheit gewährleisten einen freien Wettbewerb und machen Demokratie letztlich möglich.32
2. Wozu brauchen wir den Rechtstaat?
Betrachten Sie nun die Art. 20 II 2, III, Art. 19 IV GG und blättern Sie zu Art. 1 III GG zurück! All diese Grundsätze bilden gemeinsam das elementare Rechtsstaatsprinzip.33 Erklärtes Ziel der Väter und Mütter des Grundgesetzes war, die Konzentration und den Missbrauch von Macht zu verhindern.
Dementsprechend folgt das Grundgesetz dem schon von John Locke (1690) und dem Baron de Montesquieu (1748) herausgearbeiteten Strukturprinzip der horizontalen Teilung der gesetzgebenden (Legislative), vollziehenden (Exekutive) und rechtsprechenden (Judikative) Gewalt. Dabei ist die Legislative an die verfassungsmäßige Ordnung, d.h. das Grundgesetz, Exekutive und Legislative sind an Recht und Gesetz gebunden, Art. 20 III GG.
Weiteres Element des Rechtsstaatsprinzips ist die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, wonach die Verwaltung bei der Einschränkung von Grundrechten nur aufgrund eines Gesetzes tätig werden darf (Vorbehalt des Gesetzes) und Verwaltungsmaßnahmen nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen dürfen (Vorrang des Gesetzes).34 All diese Garantien und Prinzipien wären allerdings wertlos, gäbe es die Rechtsweggarantie des Art. 19 IV GG nicht.
Derjenige, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt sieht, kann bei den Gerichten – in letzter Konsequenz beim Bundesverfassungsgericht – Rechtsschutz suchen und finden.
3. Bundesrecht bricht Landesrecht
Dass Deutschland ein föderaler Bundesstaat ist, ist eigentlich keine Grundentscheidung, sondern vielmehr Folge seiner historischen Entwicklung.35 Sowohl Bund als auch Länder haben jeweils eine eigene staatliche Organisation (Bundes- bzw. Landtag, Regierung, Verwaltung, Gerichte), sodass die Hauptaufgabe des Bundesstaatsprinzips darin besteht, Aufgaben auf Bund und Länder zu verteilen.36
Verfolgen Sie die Systematik anhand der Lektüre des Grundgesetzes! Grundsätzlich ist das Verhältnis in Art. 30 GG geregelt, wonach die Länder für die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben, insbesondere der Gesetzgebung (Art. 70 ff. GG) und Verwaltung (Art. 83 ff. GG) zuständig sind, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft. Nach Art. 31 GG kommt aber dem Bundesrecht im Fall einer Kollision mit Landesrecht der Vorrang zu.
Dies gilt auch für das Landesverfassungsrecht. D.h., einerseits besitzen die Länder Verfassungsautonomie – das Volk eines Bundeslandes kann sich eine eigene Verfassung geben – andererseits wird die Autonomie durch das Homogenitätsprinzip (Art. 28 I GG) eingeschränkt, wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundentscheidungen des Grundgesetzes für Republik, Demokratie und Rechtsstaat entsprechen (aber nicht gleichen) muss.37
Dies klingt paradox, zeigt jedoch nur, dass die Länder an höherrangige Grundsätze des Bundes gebunden sind.38 In letzter Konsequenz kann der Bund ein Land mittels Bundeszwanges, Art. 37 GG, zur Erfüllung seiner Pflichten anhalten, wenn es diese nicht von sich aus erfüllen will.
4. Die Ewigkeitsgarantie
Einige dieser Prinzipien wurden beim Entwurf des Grundgesetzes für derart fundamental erachtet, dass deren Bestand mit Hilfe einer Ewigkeitsgarantie (Art. 79 III GG) abgesichert wurde. So dürfen das Bundesstaatsprinzip und der Kernbestand eigener Aufgaben und Kompetenzen der Länder nicht abgeschafft werden.39
Darüber hinaus sind die Grundentscheidungen für die Achtung der Menschenwürde, Art. 1 I GG, die Demokratie, den Rechtsstaat, die Republik und den Sozialstaat, Art. 20 GG, erfasst.40 Alle anderen Normen können mit Zweidrittel-Mehrheit von Bundestag und -rat geändert werden, Art. 79 I, II GG.
III. Die obersten Verfassungsorgane
1. Wer wählt eigentlich den Bundespräsidenten?
Wer der erste Mann im Staate ist, kann wohl jeder beantworten. Aber wer kommt danach? Diese Frage wurde zuletzt relevant, als Bundespräsident Christian Wulff am 17.2.2012 überraschend zurücktrat. Auch darauf hält das Grundgesetz eine Antwort in Art. 57 parat: Der Bundespräsident wird vom Bundesratspräsidenten41 vertreten.
Allein zum Zweck der Wahl des Bundespräsidenten tritt ein weiteres Verfassungsorgan zusammen: die Bundesversammlung. Sie besteht aus allen Bundestagsmitgliedern und von den Landtagen entsandten Personen des öffentlichen Lebens. Zu den Aufgaben des Bundespräsidenten gehören die Ernennung und Entlassung der Regierungsmitglieder, Art. 63, 64 GG, die Auflösung des Bundestages, Art. 68 I GG, die völkerrechtliche Vertretung des Bundes, Art. 59 GG und die Ausfertigung von Bundesgesetzen.
Neben repräsentativen und administrativen Aufgaben hat der Bundespräsident eine Prüfungskompetenz, Art. 82 GG, da er nur verpflichtet ist, solche Gesetze auszufertigen, die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind.42
2. Bundestag und Bundesrat
Das Parlament ist das einzige unmittelbar demokratisch legitimierte Verfassungsorgan.43 So kommt dem Bundestag die Wahl anderer Staatsorgane gem. Art. 63, 94 I 2 GG zu, um die „ununterbrochene demokratische Legitimationskette“ zu gewährleisten.
Daraus erklärt sich auch der „Parlamentsvorbehalt“, nach dem alle wesentlichen Regelungen, insbesondere solche, die in Grundrechte eingreifen, vom Parlament getroffen werden müssen.44 Grundsätzlich entscheidet der Bundestag mit relativer Mehrheit der abgegeben Stimmen.
Wann ausnahmsweise eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, ist im Grundgesetz explizit geregelt. Gemäß Art. 40 I 2 GG gibt sich der Bundestag eine Geschäftsordnung, die die Rechtsverhältnisse seiner Mitglieder, der Fraktionen, Abgeordneten, Ausschüsse und Untersuchungsausschüsse45 konkretisiert. Der Bundesrat rekrutiert sich nach Art. 51 I GG aus Mitgliedern der Landesregierungen.
Anders als der Bundestag, der jeweils für eine Legislaturperiode von vier Jahren zusammentritt, Art. 39 I 1 GG, können sich die Mehrheiten im Bundesrat mit den Ergebnissen von Landtagswahlen stetig ändern.
3. Chefsache!?
Die Bundesregierung besteht aus Bundeskanzler und Bundesministern, Art. 62 GG. Ihr fallen sämtliche mit der Staatsleitung verbundenen Kompetenzen und Aufgaben zu, die allein durch Kompetenzbereiche anderer Verfassungsorgane begrenzt sind.46
Die wohl wichtigste ist die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers, der nach Art. 65 S. 1, 4 GG die Richtlinien der inneren und äußeren Politik bestimmt und dafür die Verantwortung trägt. Die Minister leiten unter dem Dach dieser Kompetenz ihr Ressort in eigener Verantwortung.
Streitig ist, inwiefern der Kanzler Einzelfragen zur „Chefsache“ erklären und dem Minister diesbezüglich Weisungen erteilen darf.47 Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministern entscheidet die Bundesregierung als Kollegial, Art. 65 S. 3 GG.
Der Bundeskanzler wird vom Parlament gewählt und durch den Bundespräsidenten berufen, Art. 63 I GG. Er scheidet aus dem Amt, wenn ein neuer Bundestag zusammentritt, Art. 39 I 2 GG, er in der von ihm gestellten Vertrauensfrage unterliegt, Art. 68 I GG oder der Bundestag mittels konstruktiven Misstrauensvotums mit Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt, Art. 67 I GG.48
4. Hüter der Verfassung
*49 Das Bundesverfassungsgericht ist damit betraut, die Normen des Grundgesetzes verbindlich auszulegen und anzuwenden sowie dafür Sorge zu tragen, dass Exekutive und Legislative nicht die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen übertreten.50 Seine Entscheidungen binden alle übrigen Staatsorgane, § 31 II BVerfGG.51
IV. Wie entsteht ein Gesetz?
Soll das Grundgesetz seine Funktion erfüllen, demokratische Legitimation zu vermitteln und Rechtssicherheit zu schaffen, so muss verlässlich geregelt sein, wer Gesetze erlässt und wie sie zustande kommen.52 Die Legislative ist an die verfassungsmäßige Ordnung gem. Art. 20 III GG gebunden.
Mithin muss ein Gesetz sowohl formell (dem Verfahren nach) als auch materiell (dem Inhalt nach) verfassungsgemäß sein, was von Ihnen im Rahmen einer Abschlussklausur und selbstverständlich vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird.
Geregelt ist das Gesetzgebungsverfahren in den Art. 70 ff. GG. Dabei dürfte Ihnen bereits bekannt vorkommen, dass die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt sind. Gebiete, auf denen dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis zukommt, sind im Grundgesetz in Art. 73 I aufgezählt. Die Länder sind dabei nur dann zur Gesetzgebung befugt, wenn der Bund sie dazu ermächtigt, Art. 71 GG.
Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung sind die Länder gemäß Art. 72 I GG für die in Art. 74 I GG aufgelisteten Gebiete zuständig, solange der Bund keine Gesetze erlassen hat. In den Fällen des Art. 72 II GG muss der Bund zudem nachweisen, dass eine bundeseinheitliche Regelung im gesamt- staatlichen Interesse erforderlich ist (Erforderlichkeitsklausel, sog. Bedarfskompetenz).53
Mit dem Erlass eines Bundesgesetzes entsteht eine Sperrwirkung für die Länder.54 In den in Art. 72 III GG aufgelisteten Fällen dürfen die Länder durch Gesetz von einer bestehenden Bundesregelung abweichen (für die Lateiner: lex posterior derogat legi priori)55. Daneben haben sich eng gefasste ungeschriebene Kompetenzen in richterlicher Rechtsfortbildung entwickelt.56
Die Mitwirkung des Bundesrates bei der Bundesgesetzgebung ist ein entscheidendes Element des Bundesstaatsprinzips. Der Grad der Mitwirkung bemisst sich nach der Art des Gesetzes: Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz.57
Die meisten Gesetze sind Einspruchsgesetze, d.h. sie kommen ohne aktive Mitwirkung des Bundesrats zustande, der in das Gesetzgebungsverfahren nur eingreifen kann, indem er fristgerecht Einspruch einlegt. Dagegen ist nur in den vom Grundgesetz aufgezählten Fällen, in denen Länderinteressen voraussichtlich empfindlich tangiert werden, eine explizite Zustimmung des Bundesrates erforderlich, z.B. Art. 74 II GG.
V. Die Ausführung der Gesetze durch die Verwaltung
Aufgrund der föderalen Struktur wäre es ineffizient, wenn der Bund für alle seine Zuständigkeitsbereiche eigene Behörden schaffen müsste. Daher bestimmt Art. 83 GG, dass die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen.
Es besteht, ähnlich dem Art. 70 GG, eine Zuständigkeitsvermutung für die Ausführung von Gesetzen durch die Länder. So verwundert es nicht, dass die Länder die Einrichtung ihrer Behörden selbst regeln können, Art. 84 Abs. I 1 GG.
Hiervon macht Art. 85 GG eine Ausnahme: „Bundesauftragsverwaltung“ bedeutet, dass die Länder die Gesetze nicht als eigene Angelegenheit, sondern lediglich im Auftrag des Bundes ausführen. Die Sachkompetenz verbleibt dabei beim Bund, während die Wahrnehmungskompetenz, d.h. das Handeln nach außen, den Ländern übertragen wird.58
Die Bundesauftragsverwaltung liegt nur in den im Grundgesetz genannten Fällen vor, z.B. bei der Luftverkehrsverwaltung, Art. 87d GG oder der Kernenergieverwaltung, Art. 87c GG. Dem Bund steht gegenüber den Landesministerien eine Fachaufsicht zu, d.h. er darf gemäß Art. 85 III GG Weisungen erteilen.
Beschränkt wird dieses Weisungsrecht denklogisch nur durch die Gesetzgebungszuständigkeit, da eine Weisung nicht weiter reichen darf, als die Gesetzgebungszuständigkeit selbst.59 Ist das Land der Auffassung, dass die Weisung rechtswidrig ist, kann es im Wege des Bund-Länder-Streits eine Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht erwirken, Art. 93 I Nr. 3 GG.60
C. Ausblick
Es bleibt zu hoffen, dass mit dieser Einführung in das Staatsorganisationsrecht Ihr Interesse für dieses faszinierende und seit jeher dem kontinuierlichen Wandel unterworfene Rechtsgebiet geweckt wurde.
Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beeinflussen nicht nur Ihren Prüfungsstoff, sondern haben grundlegende Bedeutung für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung Deutschlands. Scheuen Sie sich nicht, den ein oder anderen „Klassiker“ nachzulesen und verfolgen Sie aufmerksam die neuesten Urteile. Sie leben und studieren in spannenden Zeiten!
Fußnoten
1 Präambel a.F.: „um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben“.
2 Jarass/Pieroth, GG Kommentar, Einleitung, Rn. 1; in Art. 146 GG wird der Unterschied deutlich.
3 Roelleke, „Brauchen wir ein neues Grundgesetz ?“ in: NJW 1991, 2441 m.w.N.
4 Einigungsvertrag zwischen BRD und DDR vom 31.08.1990, Bundesgesetzblatt (BGBl.) 1990 II 885.
5 Rolf Schmidt, Staatsorganisationsrecht, S. 1, 2.
6 Das Zitat geht wohl auf den Kölner Professor und späteren (ersten) Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts Hans Carl Nipperdey zurück.
7 Art. 4 Nr. 1 des Einigungsvertrages; Bundesverfassungsgerichtsentscheidung (BVerfGE) Bd. 5, S. 127 f.; Hillgruber in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Rn. 2.
8 BVerfG NJW (= Neue Juristische Woche) Jg. 2009, S. 2267.
9 Hillgruber (Fn. 7) Präambel Vor Rn. 1.
10 Jarass/Pieroth (Fn. 2) Präambel Rn. 2; weitere Nachweise bei Maurer, Staatrecht I, S. 84 f.
11 vgl. Herdegen in: Maunz/Düring Grundgesetzkommentar Art. 1 Abs. 1 GG Rn. 14 f.
12 Davon zu unterscheiden sind die Staatszielbestimmungen, die den Staat zwar verpflichten, auf die Verwirklichung bestimmter Ziele (Umweltschutz, Tierschutz – Art. 20 a GG) hinzuwirken, aber nicht einklagbar sind; Degenhart, Staatsorganisationsrecht, S. 220 m.w.N. Der Unterschied zu den Grundentscheidungen des Art. 20 GG liegt darin, dass sie nicht die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik prägen, sondern so Maurer (Fn. 9) S. 166, „die Bundesrepublik das bliebe, was sie ist, auch dann, wenn die eine oder andere Staatszielbestimmung beseitigt würde“.
13 Degenhart (Fn. 12), S. 10.
14 Andreas Glaser, „Nachhaltige Entwicklung und Demokratie – Ein Verfassungsvergleich der politischen Systeme Deutschlands und der Schweiz“, S. 6, 11 ff., 16 ff.
15 Degenhart (Fn. 12) S. 10.
16 BVerfGE 49, 89 (125) – „Kalkar“; BVerfGE 68, 1 (89) – „Raketenstationierung“; BVerfGE 93, 37 (66 f.); Böckenförde in: Isensee/Kirchhof Handbuch des Staatsrechts Bd. II § 24 Rn. 15 f.
17 Achterberg/Schulte in: v. Mangoldt/Klein/Starck Grundgesetzkommentar, Art. 38 Rn. 120.
18 BVerfGE 47, 253 (279 f.); Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 38 Rn. 8.
19 Anders als noch im preußischen Drei-Klassen-Wahlrecht; BVerfGE 95, 335 (353 f.): allerdings soll hinsichtlich des gleichen Erfolgswertes bei der für zulässig gehaltenen Mehrheitswahl (eine Person ist gewählt, wenn sie die meisten Stimmen erhält) ausreichen, dass alle Wähler auf Grundlage gleichgroßer Wahlkreise, d.h. annähernd gleich großem Stimmgewicht an der Wahl teilnehmen können; Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 38 Rn. 6.
20 BVerfGE 16, 130 (140); m.w.N. Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 117 ff.
21 Die Fünf-Prozent-Hürde und die Grundmandatsklausel werden in st. Rspr. auf Bundes- und Landesebene für zulässig erklärt, vgl. nur BVerfGE 51, 222 (236 f.), 95, 408; auf Kommunalebene wurde die Fünf-Prozent-Hürde in NRW, Thüringen und Schleswig-Holstein vom jeweils für die Landesverfassung zuständigen Gericht für unzulässig angesehen und in vielen Bundesländern daraufhin abgeschafft, vgl. VerfGH NRW OVGE 47, 304; Herdegen (Fn. 11), Art. 38 GG, Rn. 134; bei der Wahl zum Europaparlament wurde sie vom BVerfG nunmehr für nichtig erklärt (Urteil v. 9.11.2011 – 2 BvC 4/10 u.a, JA 2012, 316 – Karteikarte VerfR 3008, verfügbar unter www.iurratio.de; Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 121.
22 Das BVerfG hatte in einem Urteil vom 3.7.2008 (BVerfGE 121, 268) entschieden, dass die zum negativen Stimmgewicht führenden Regelungen des BWG (§§ 7 III 2; 6 IV, V a.F.) gegen die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl verstoßen und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30.6.2011 eine verfassungsgemäße Regelung zu beschließen. Die daraufhin vom Bundestag verabschiedete Änderung der § 6 Abs. 1 S. 1, 2a BWG wurde kürzlich mit Urteil vom 25.07.2012 er- neut vom BVerfG gekippt (Az. 2 BvF 3/11 u.a.). Daraufhin wurde die 22. Änderung zum BWG (BT-Drs. 17/12417) am 21.02.2013 vom Bundestag angenommen, es ist zu erwarten, dass die Gesetzesänderung rechtzeitig vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 in Kraft treten wird; zur Vertiefung: Korp, „Die Qual mit der Wahl – zwei folgenreiche Änderungen des Wahlrechts und ihre Hintergründe“ in: Iurratio 2/2013.
23 Bisher wurden Überhangmandate stets als notwendige und in ihrer Tragweite zu vernachlässigende Konsequenz der zulässigen Grundentscheidung des Gesetzgebers für eine personalisierte Verhältniswahl als verfassungsgemäß erachtet (BVerfGE 95, 335). Mit Urteil vom 25.7.2012 (vgl. Fn. 22) hat das BVerfG nun das ausgleichslose Anfallen von mehr als ca. 15 Überhangmandaten insoweit für unvereinbar mit dem GG erachtet, als dadurch der Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl aufgehoben wird.
24 BVerfGE 44, 125 (139); zur Wahlpflicht Haack „Wahlpflicht und Demokratie“ KritV 2011, 80.
25 Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 38 GG Rn. 10.
26 Wolfgang Thierse (Bundestagsvizepräsident), Frankfurter Rundschau vom 11.7.1992.
27 BVerfG 69, 92 (110); beim BVerfG liegt auch die alleinige Verbotskompetenz für Parteien, die darauf zielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen,
Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG.
28 Klein (Fn. 11) Art. 21 GG Rn. 159, auch BVerfGE 44, 125 (145) – Parteien als „Zwischenglied“.
29 Maurer (Fn.10) S. 331, Rn. 14 ff.: ein Monopol auf politische Willensbildung haben die Parteien nicht.
30 BVerfGE 20, 56 (100 f.); Klein (Fn. 11) Art. 21 GG Rn. 152 f.
31 Degenhart (Fn. 12) S. 37 Rn. 82.
32 BVerfGE 111, 382 (404); Jarass/Pieroth (Fn.2) Art. 21 GG Rn. 1.
33 BVerfGE 20, 323 (331).
34 Rolf Schmidt (Fn. 5) S. 59 Rn. 160. Näheres dazu hören Sie in der Vorlesung zum Verwaltungsrecht.
35 So setzte sich das Deutsche Reich bei seiner Gründung 1871 aus 25 Bundesstaaten (zuvor u.a. zusammengeschlossen im Norddeutschen Bund von 1867) zusammen, darunter Bayern, Württemberg, Baden, Hessen, Sachsen und Preußen (sog. „kleindeutsche Lösung“), m.w.N. Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 9. Dass es die Bundesländer gibt, war auch eine Vorgabe der Alliierten, die deren Ministerpräsidenten mit einem GG-Entwurf beauftragen.
36 Maurer, (Fn.10) S. 285 Rn. 1.
37 Degenhart (Fn.12) Rn. 464.
38 BVerfGE 60, 175 (208).
39 Hain (Fn.17) Art. 79 GG, Rn. 119 f. Einzelne Länder können abgeschafft werden, Art. 29 I 1 GG.
40 Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 79 GG, Rn. 6 ff; sofern keine neue Verfassung in Kraft tritt, Art. 149 GG.
41 Dieser wird jährlich vom Bundesrat gewählt, Art. 52 I GG, derzeit amtierender Bundesratspräsident ist der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Winfried Kretschmann (bis 31.10.2013). Protokollarisch steht der Bundesratspräsident an vierthöchster Stelle nach Bundespräsident, Bundestagspräsident und Bundeskanzler aber vor dem Bundesverfassungsgerichtspräsidenten (www.bmi.bund.de – Protokollarische Rangfragen).
42 Ob der Bundespräsident auf ein lediglich formelles Prüfungsrecht beschränkt ist oder ihm auch ein materielles Prüfungsrecht zusteht, ist umstritten, die h.M. beschränkt das materielle Prüfungsrecht auf offensichtliche Verfassungsverstöße (Evidenzkontrolle), dazu Rolf Schmidt (Fn. 5), Rn. 591 ff.
43 Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 433.
44 BVerfGE 49, 89 = NJW 1979, 359 (Atomkraftwerk – Schneller Brüter).
45 Siehe dazu Fallbearbeitung von Hellermann, Iurratio 2008 S. 54 ff.
46 Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 545.
47 Dazu Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 65 GG Rn. 3 ff ; Achterberg in : Isensee/Kirchhof, Handbuch des
Staatsrechts Bd. II § 52 Rn. 20 ff.; Herzog in: Maunz/Dürig, Art. 65 GG Rn. 6 ff., die wohl h.M. gesteht dem Bundeskanzler eine Weisungsbefugnis in Einzelfragen von besonderer Bedeutung für die Staatsleitung zu, sofern sie nicht in den unantastbaren Kernbereich des Ressorts eingreifen.
48 Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 555 ff.; zur Vertrauensfrage Gerhard Schröders BVerfG NJW 2005, 2669; Ipsen „Zur Regierung verurteilt? Verfassungsrechtliche Probleme der Vertrauensfrage nach Art. 68 GG“ NJW 2005, 2201; Baumeister/Schenke „Vorgezogene Bundestagswahlen: Überraschungscoup oder Verfassungsbruch“ NJW 2005, 1844.
49 So sieht sich das BVerfG, wie in BVerfGE 1, 184 (195 f.) deutlich wird, selbst, dennoch steht es nicht über, sondern unter der Verfassung und ist an den Maßstab des Grundgesetzes gebunden.
50 Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 93 Rn. 3.
51 In den Fällen des Art. 94 Abs. 2 S. 1 GG i.V.m. § 31 Abs. 2 BVerfG, Art. 93 Abs. 2 S. 2 GG hat die Entscheidung sogar Gesetzeskraft.
52 Degenhart (Fn. 12) S. 60.
53 Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 72 GG, Rn. 20 ff. Die Regelungsziele sind alternativ zu verstehen. Bejaht wurde die Notwendigkeit der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Rahmen der Sozialversicherung (BVerfGE 113, 167, 198), nicht aber bei unterschiedlichen Standards im Umwelt- recht (Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 72 Rn. 20). Hinsichtlich der Wirtschaft- und Rechtseinheit ist vor allem an europäische Vorgaben zu denken.
54 BVerfGE 98, 265 (300); Jarass/Pieroth (Fn. 2) Art. 72 GG, Rn. 11.
55 Dt.: Das spätere Gesetz geht dem früheren vor, Art. 72 III GG ist eine Ausprägung dieses Grundsatzes.
56 Zur Bundeskompetenz kraft Sachzusammenhangs, kraft Natur der Sache und zur Annexkompetenz mit Beispielen und Klausurhinweisen: Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 843 ff; Maurer (Fn. 10) S. 295 f.
57 Rolf Schmidt (Fn. 5) Rn. 872.
58 Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, 1974, S. 54.
59 BVerfGE 102, 176; BVerfGE 81, 310, 337 (Kalkar II); Lerche, in: Maunz/Dürig, Art. 85 Rn. 49-69.
60 BVerfGE 81, 310, 330 (Kalkar II); dazu Fallbearbeitung von Pietrzyk in: Iurratio 2011, 172.