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Journal / Karriere

Wege zur Partnerschaft: Interview mit Dr. Jonas Hennig (H/T Defensio)

In diesem Interview teilt Gründungspartner Dr. Jonas Hennig von H/T Defensio seine Erfahrungen mit der Gründung einer Kanzlei und gibt Tipps und Ratschläge für diejenigen unter euch, die mit dem Gedanken spielen, selbst eine Kanzlei zu gründen.

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Bei uns und sicher in allen guten Kanzleien ist eines notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung: fachliche Exzellenz in einem Gebiet, das für die Kanzlei wichtig ist.

Können Sie sich zunächst kurz vorstellen?

Ich bin Jonas. Ich liebe meinen Beruf und wusste in der neunten Klasse nach einem Schülerpraktikum bei der Polizei, in dessen Rahmen wir eine strafrechtliche Gerichtsverhandlung besucht haben, „das ist es“, „das willst Du mal machen“: Strafverteidigung. Der Reiz ist für mich Menschen zu helfen, die an der Wand stehen, egal ob schuldig oder unschuldig. Ohne effektive Strafverteidigung gibt es keinen Machtausgleich und damit kein faires Verfahren. Das spornt mich an. Im Strafrecht spielt das ganze Leben. Mit all seiner Tragik, Schönheit und seinen Brüchen und unauflösbaren Widersprüchen.

Auch wenn ich meinen Beruf mit großer Passion betreibe, gibt es auch andere Säulen in meinem Leben. Zuvorderst meine Familie; meine Tochter ist etwas über ein Jahr alt und es ist großartig sie wachsen zu sehen. Ich liebe es zu reisen. Afrika ist der Kontinent, der mich wahnsinnig begeistert. Und last but not least gute Weine, schöne Bars und Restaurants gehören für mich zum Lebensglück dazu.

Gründungsanwalt Dr. Jonas Hennig

Sie sind Gründungspartner der Kanzlei H/T Defensio Strafverteidiger. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Kanzlei zu gründen?

Ich habe 2014 die Kanzlei gegründet. Damals noch unter anderem Namen und nur bestehend aus mir selbst und einer 450-EUR-Kraft. Nach dem Referendariat wurde mir eine Richterstelle auf Empfehlung meiner Prüfungskommission angeboten, aber ich wollte immer selbständiger Strafverteidiger werden. Dass wir neun Jahre später die größte Strafrechtskanzlei in Deutschland sind, habe ich damals nicht eingeplant.

2015 habe ich mich mit meinem Kollegen Jan-Christian Thum-Raithel zur Partnerschaft (HT Rechtsanwälte) zusammengeschlossen. 2018 ist Christian Albrecht als Partner dazugekommen. Wir haben die zu diesem Zeitpunkt schon in Norddeutschland gut etablierte Kanzlei in den darauffolgenden Jahren deutlich wachsen lassen und ein bundesweit agierendes Team aus großartigen, jungen Strafverteidiger*innen, mit ganz unterschiedlichen Spezialisierungen aufgebaut. Seit 2023 ist Jan mit einer eigenen Kanzlei und Notariat (HT Causa Civilis) unser zivilrechtlicher Kooperationspartner und HT Defensio Strafverteidiger die erste bundesweit agierende Strafrechtskanzlei, die das gesamte Feld der Strafverteidigung abdeckt.

Die Motivation für diesen Weg ist vielfältig. Zunächst mal hatte ich einen sehr guten Ausbilder – Strafverteidiger Dr. Böttner –, der ein echtes Vorbild für mich war und ist. Vor allem aber bedeutet mir kein Wert so viel wie die Freiheit. Ich wollte nie wieder einen Chef oder eine Chefin haben. 

Ich glaube, ich kann sehr gut Strukturen erschaffen, also optimierte Prozesse aber auch Menschen begeistern und ausbilden. Alles Fähigkeiten, die ich leben wollte und das wäre in jedem anderen Format zu kurz gekommen.

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Was gilt es zu beachten, wenn man eine Kanzlei gründen möchte?

Man muss sich zunächst fragen, ob man Selbständiger oder Unternehmer werden will. Das ist ein großer Unterschied, auch wenn der Unternehmer natürlich auch selbständig ist. Der reine Selbstständige wird aber immer eine kleine Kanzlei führen und Vieles selbst machen, was nichts Schlechtes ist. Als Unternehmer muss man die Fähigkeit haben, Dinge abzugeben, risikobereit sein, in der Lage sein, Menschen zu finden und zu binden, die bestimmte Dinge besser können als man selbst und immer das Große und Ganze im Blick behalten.

Wer sich als Anwalt oder Anwältin selbstständig macht, sollte Lust darauf haben, sich auch mit anderen Dingen als Jura zu befassen: Personalführung, Marketing, Controlling usw. Und man sollte sich von Anfang an spezialisieren. Ich sehe immer wieder junge Kollegen*innen, die am Anfang „alles“ annehmen. Oft bleibt es dabei, weil sie damit sofort im Tagesgeschäft landen, statt ein echtes Konzept zu entwerfen und umzusetzen.

Was sind die Vor- und Nachteile an Ihrer Position als Gründungspartner? Wie wirkt sich Ihre Position auf Ihre Work-Life-Balance aus?

Es gibt keine Nachteile. Ich habe einen wunderbaren und unheimlich abwechslungsreichen, erfüllenden Beruf. Im Bereich Strafverteidigung kann ich mir meine Mandate aussuchen und in der Unternehmensführung mache ich genau das, worauf ich Lust habe. „Wenn Du einen Beruf gefunden hast, der Dich voll und ganz erfüllt, gehst Du nie wieder in deinem Leben zur Arbeit“. Genau so fühlt es sich für mich an. Mein Kanzleipartner Christian und ich haben ein für das Strafrecht und darüber hinaus völlig neues Kanzleikonzept erschaffen mit einem großartigen Team. Mit diesen Menschen täglich zusammen zu arbeiten macht Freude und ist ein Privileg. Wir bei Defensio ziehen an einem Strang und haben das im Strafrecht bestehende Einzelkämpfertum erfolgreich durchbrochen. Wenn ich wollte, könnte ich mich mit einigen kleinen Modifikationen im System auf die reine Geschäftsführung zurück ziehen und könnte deutlich weniger in der Woche arbeiten. Aber das will ich gar nicht. Ich liebe es, diese Kanzlei umfassend mit meinem Partner zu führen und gleichzeitig an der „Front“ als Strafverteidiger zu stehen.

Wenn man nach Nachteilen suchen will, ließen sich die ersten drei Jahre nennen. Das ist schon hart, wenn Du im ersten Jahr die 100 Stunden-Woche machst und am Ende des Jahres so wenig übrig bleibt, dass Du von deiner Dozentenstelle, die heute Hobbie ist, lebst. Aber auch diese Zeit war lehrreich und intensiv. Hinsichtlich des Einkommens habe ich in der Zeit manchmal meine Freunde in den Großkanzlei beneidet, aber das Bild hat sich gedreht. Sowohl finanziell aber auch hinsichtlich der Freiheit der Ausgestaltung meines Berufsalltags. Die letzten zwei Monate habe ich zum Beispiel in Südafrika gearbeitet. Um Erlaubnis muss ich dafür niemanden fragen.

Das Wort Work-Life-Balance legt ein falsches Verständnis von Arbeit zu Grunde. Das Glück im Leben lässt sich für die meisten Menschen doch auf vier Säulen stützen: Familie, Freunde, Beruf und Zeit für seine individuellen Bedürfnisse wie Hobbies, Sport, Reisen und vieles mehr. Der Beruf sollte damit Teil eines erfüllenden Lebens sein und nicht als Gegensatz zum Rest des Lebens gewichtet werden. Aber natürlich gilt es diese vier Säulen in Balance zu halten. Ich habe damit kein Problem, auch wenn das Andere anders sehen könnten. Ich habe Zeit für meine Familie, fahre jedes Jahr mit meinen Freunden in den Urlaub, mache Sport und habe genug Zeit für meine Reisen. Aber ich gebe zu: Meine große Passion ist mein Beruf und der ist mental und zeitlich schon sehr einnehmend.

Welche Fähigkeiten und Qualifikationen muss man mitbringen, um Partner*in zu werden/eine Kanzlei zu gründen?

Das sind meines Erachtens zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wenn Du richtig erfolgreich eine Kanzlei gründen oder mitgründen willst, musst Du mutiger Visionär mit einem sehr guten, neuen Konzept sein. Du musst brennen für deine Idee und bereit sein, Jahre nichts als „dein Baby“ in den Fokus zu stellen. Und dann kann es auch phasenweise schwierig sein mit der eben angesprochenen Balance.

Um Partner in einer bereits etablierten Kanzlei zu werden, sollte man richtig gut in seinem Fachbereich sein, gut mit Menschen kommunizieren können, belastbar sein und je nach Partnerstellung auch unternehmerisch denken können.


Stellt eine Familienplanung ein Hindernis auf dem Weg zur Partnerschaft/zur Gründung einer Kanzlei dar?

Auf dem Weg zur Partnerschaft nicht, wenn die Kanzlei, wie wir, familienfreundliche Konzepte hat. Ich hätte mir in der Gründungsphase nicht vorstellen können parallel Familienvater zu sein. Aber ich kenne Menschen, die das hinbekommen haben. Ich habe immer eine Sache fokussiert.

Als ich meine Doktorarbeit geschrieben habe, war das mein Projekt. Nebenbei habe ich unterrichtet und ein sehr freies Leben genossen aber das Kernprojekt war die Dissertation. Umso mehr bewundere ich Anwält*innen aus unserem Team, die berufsbegleitend promovieren.

Was können Sie angehenden Berufseinsteigern/Berufseinsteigerinnen raten, die ebenfalls das Ziel anstreben, Partner*in zu werden oder sogar selbst eine Kanzlei zu gründen?

Für die Gründer: Gründer haben einen Traum und sind in der Lage, daraus eine Vision zu machen, daraus einen Plan und diesen umzusetzen. Mutig, innovativ, teils kompromisslos. Wenn man das nicht spürt und mitbringt, sollte man davon absehen.

Wir werden in den nächsten Jahren die Partnerrunde in Form von „Salary Partnern“ erweitern. Bei uns und sicher in allen guten Kanzleien ist eines notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung: fachliche Exzellenz in einem Gebiet, das für die Kanzlei wichtig ist.

Dazu kommen müssen Belastbarkeit, unternehmerisches Denken, Organisationstalent und vor allem Teamfähigkeit.

Das reicht aber alles nicht. Sehr wichtig ist der Socialising-Faktor. Man wird nicht Partner, weil man bis spät in die Nacht seine To Dos abarbeitet und einen genialen Schriftsatz verfasst. Gerade bei den Teamevents und im Teamalltag ist es wichtig Präsenz zu zeigen, mitzumachen und Gespräche zu führen. Es gibt umgekehrt auch immer wieder Menschen, die diesen letzten Teil als ausreichend erachten und so – ohne den fachlichen Einsatz – nach oben kommen wollen. Das wird genau so wenig gelingen, wie der reine Fokus auf die juristische Arbeit.

Es muss aber auch nicht jede/r Partner*in werden. Eine Kanzlei sollte dankbar für großartige Talente sein und Ihnen eine interessante, dauerhafte Perspektive bieten, auch wenn der Partner-Track nicht der Passende ist.


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