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Die Säumnis im erstinstanzlichen Zivilprozess

Nachfolgend soll ein grober Überblick darüber verschafft werden, welche Fristen unbedingt zu beachten sind, um nachteilige Folgen für die säumige Partei zu vermeiden.

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Die Säumnis im erstinstanzlichen Zivilprozess

A. Einleitung

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Diese Weisheit gilt es auch im Zivilprozess zu beachten, treffen einen Prozessbeteiligten im zivilgerichtlichen Verfahren schließlich mehrfach Fristen, deren Außerachtlassen an unterschiedlichen Rechtsfolgen geknüpft ist. Nachfolgend soll ein grober Überblick darüber verschafft werden, welche Fristen unbedingt zu beachten sind, um nachteilige Folgen für die säumige Partei zu vermeiden.

I. Die Säumnis im schriftlichen Vorverfahren

Klagt ein Anspruchsinhaber seinen vermeintlichen Anspruch gerichtlich ein, so ordnet der Richter mit der Zustellung der Klage regelmäßig das schriftliche Vorverfahren an (§ 276 ZPO). (Eine andere Möglichkeit wäre, einen frühen ersten Termin zu bestimmen (§ 275 ZPO), wovon die Praxis aber selten Gebrauch macht.) Mit diesem Verfahren sollen die Parteien die Gelegenheit erhalten ihren tatsächlichen und rechtlichen Standpunkt darzutun.

1. Die Verteidigungsanzeige

Bevor aber nun der Beklagte mit seiner Klageerwiderung auf die Klage des Klägers reagiert, und der Kläger seinerseits dann mit der sog. Replik auf die Klageerwiderung des Beklagten antwortet, worauf der Beklagte dann wiederum mit der sog. Duplik erwidern kann, muss der Beklagte zuvor erst einmal dem Gericht gegenüber anzeigen, ob er sich überhaupt gegen die Klage verteidigen will. Hierzu fordert das Gericht den Beklagten mit der Klagzustellung auf.

Das Gesetz sieht in § 276 Abs. 1 ZPO für die evtl. Abgabe einer solchen Erklärung eine „starre“ Frist vor, nämlich einer solchen von 14 Tagen ab Zustellung der Klageschrift. Diese Frist stellt eine sog. „Notfrist“ dar, d. h. selbst wenn der Richter wollte, dürfte er diese Frist weder verkürzen noch verlängern. (Im Gegensatz zu sog. richterlichen Fristen, deren Verlängerung im Ermessen des Gerichts steht. Notfristen werden als solche bezeichnet, § 224 I 2 ZPO. Weiter für Notfristen relevante Vorschriften sind §§ 339, 700, 569, 573, 517, 548, 575 ZPO.) Gibt der Beklagte die Erklärung nicht innerhalb dieser Frist ab, ist er säumig, ohne dass es auf eine „körperliche Anwesenheit“ ankommt. Dabei kann die Abgabe einer solchen Erklärung versehentlich unterbleiben, oder aber es wird bewusst darauf verzichtet, weil der Beklagte weiß, dass er dem Kläger die begehrte Forderung schuldet.

(Wenn man sich nun fragt, warum denn der Beklagte sich erst verklagen lässt, so kann darin auch eine Nachlässigkeit liegen, oder aber der Beklagte hat nicht damit gerechnet, dass der Kläger den gerichtlichen Weg beschreiten wird. Vielleicht trifft ihn auch eine (zu) späte Einsicht.)

2. Die Folgen der Säumnis

Das Gericht reagiert auf diese Säumnis mit einem Versäumnisurteil (aber nur wenn das klägerische Tatsachenvorbringen schlüssig ist, die vorgetragenen Tatsachen also seinen Anspruch begründen, vgl. hierzu schon Schröder, Das Relationsgutachten im Rahmen der zivilrechtlichen Klausur im juristischen Vorbereitungsdienst, Iurratio, 2011, S. 20 ff.), wenn der Kläger dies beantragt, was er regelmäßig schon mit der Klage selbst getan hat.

(Der Kläger kündigt mit seiner Klage also nicht nur einen Sachantrag an, also etwa den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.000,- € zu zahlen, sondern darüber hinaus wird er regelmäßig beantragen, den Beklagten hierzu im Rahmen eines Versäumnisurteils zu verurteilen, zeigt er nicht innerhalb der Notfrist von 2 Wochen an, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle.) Es ergeht dann ein sog. (Erstes) Versäumnisurteil gemäß § 331 Abs. 3 ZPO.

Dabei birgt diese Form der Verurteilung mehrere Besonderheiten. Zunächst wird das Urteil als „Versäumnis- urteil“ überschrieben, damit ein solches auf den ersten Blick erkennbar ist. Es folgt nach dem Rubrum (In diesem werden die Parteien und die jeweiligen Prozessbevollmachtigten bezeichnet.) (wie immer) der Tenor. Dieser enthält die Hautsacheentscheidung (z.B. der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.000,00 € zu zahlen.), die Kostenentscheidung (der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Über die Kostenentscheidung ist von Amts wegen zu entscheiden, es bedarf also keines Antrages der Parteien, § 308 Abs. 2 ZPO) und zuletzt die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit.

(Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Vgl. hierzu schon Schröder, Die Nebenentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit in einem zivilgerichtlichen Urteil, Iurratio 2011, S. 158 ff.) Bei letzteren ist die Besonderheit, dass das Urteil gemäß § 708 Nr. 2 ZPO vorläufig vollstreckbar ist. Damit kann der Kläger gegen den Beklag- ten vollstrecken, ohne vorher eine Sicherheit leisten zu müssen.

3. Die „Korrekturmöglichkeit“

Die zivilprozessrechtliche „Sanktion“ für diese Säumnis, trifft den säumigen Beklagten aber nicht unbedingt endgültig. Er hat die Möglichkeit Einspruch gegen das Versäumnisurteil einzulegen, § 338 ZPO. Der Einspruch stellt dabei kein Rechtsmittel, sondern einen Rechtsbehelf dar, weil kein Devolutiveffekt (Devolutiveffekt bedeutet, dass die Sache zur Entscheidung in eine höhere Instanz gehoben wird, dass also ein im Instanzenzug höheres Gericht entscheidet) besteht.

Das Rechtsmittel der Berufung gegen ein erstes Versäumnisurteil ist also nicht möglich. Auch hier greift eine Frist, nämlich die Einspruchsfrist von 2 Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils zu laufen beginnt, § 339 ZPO. Es handelt sich auch hier um eine Notfrist.

Verpasst der Beklagte auch diese Frist, wird der Einspruch als unzulässig verworfen, § 341 ZPO. Legt der Beklagte dagegen fristgerecht Einspruch ein und ist dann im zweiten mündlichen Verhandlungstermin ebenfalls säumig, so ergeht gegen ihn auf Antrag des Klägers ein „Zweites Versäumnisurteil“ (§ 345 ZPO), das als solches ebenso bezeichnet wird. Mit diesem Zweiten Versäumnisurteil wird dann der Einspruch des Beklagten gegen das (Erste) Versäumnisurteil verworfen.

Er hat jetzt nur noch die Möglichkeit Berufung gegen dieses Urteil einzulegen. (Die Berufung beschränkt sich hier aber nur auf die Frage, ob der Beklagte säumig gewesen ist, vgl. § 514 Abs. 2 ZPO.)

Erscheint der Beklagte im Termin, wird sein Antrag nicht mehr auf Klagabweisung gerichtet sein, da bereits über die Klage des Klägers mit dem Ersten Versäumnisurteil entschieden wurde. Vielmehr muss er nun beantragen, das Versäumnisurteil vom (näheres Datum mit Aktenzeichen) aufzuheben und die Klage abzuweisen. Gerade der zuletzt genannte Antrag ist wichtig, weil nur mit der Aufhebung des Versäumnisurteils noch nicht in der Sache entschieden würde. Der Antrag des Klägers wird lauten, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

4. Fazit

Der Nachteil für den Beklagten liegt zunächst darin, dass gegen ihn zeitnah ein Urteil in die Welt gebracht wird, aus dem der Kläger schnell und ohne großen finanziellen Aufwand vollstrecken kann. Dennoch stehen dem Beklagten Rechtsbehelfe in Form des Einspruchs zu, so dass er im Ergebnis ohne tief greifenden Schaden davonkommen kann. (Obsiegt der zuvor säumige Beklagte, muss er jedenfalls die Kosten der Säumnis tragen, § 344 ZPO.)

II. Der verspätete Sachvortrag

Wenn der Beklagte nun seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, sieht § 276 ZPO vor, dass das Gericht dem Kläger eine weitere Frist von 2 Wochen setzt, innerhalb derer er auf die Klage erwidern soll. Faktisch hat er also ab Klagzustellung 4 Wochen Zeit dazu, denn er kann durchaus mit der Verteidigungsanzeige auf die Klage erwidern, muss dies aber nicht tun. Dabei stellt die Klageerwiderungsfrist von (weiteren) 2 Wochen selbst keine Notfrist dar, weil sie eben als solche nicht bezeichnet ist.

Diese richterliche Frist kann das Gericht also nach eigenem Ermessen verändern, also von vornherein z.B. eine großzügigere Frist anordnen, z.B. 3 Wochen, oder auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Frist verlängern. Die Klageerwiderung wird dann dem Kläger unter Fristsetzung zugestellt, um ggf. darauf zu replizieren. Auch bei dieser Fristanordnung handelt es sich um eine richterliche Frist.

Eine seitens des Klägers eingereichte Replik wird dann wiederum dem Beklagten unter Fristsetzung zugestellt, um darauf duplizieren zu können. Dazu dient also das schriftliche Vorverfahren, nämlich dass die Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vortragen.

1. Verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel

Der Kläger soll (bzw. muss) innerhalb der ihm gesetzten Fristen die (Angriffs-)Tatsachen vortragen, die seinen Anspruch rechtfertigen. Zu rechtlichen Aspekten muss er sich nicht verhalten, kann dies aber selbstverständlich tun.

Der Beklagte muss ebenfalls innerhalb der ihm gesetzten Fristen vortragen, ob die seitens des Klägers vorgetragenen Tatsachen stimmen, und/oder ggf. Verteidigungsmittel darlegen, also rechtsvernichtende oder rechtshindernde Einwendungen. Das Gericht wird erst dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen, wenn es meint, dass genügend von den Parteien dargelegt wurde, um über den Rechtsstreit verhandeln zu können. (Sollten die Darlegungen nicht (aus)reichen, muss das Gericht hierauf hinweisen, § 139 ZPO.)

2. Die Folgen der Säumnis

Angriffs- oder Verteidigungsmittel der Parteien können hier verspätet sein, mit der Folge, dass sie im Urteil nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Säumnis richtet sich nach § 296 ZPO und kann damit (im Gegensatz zu der Verteidigungsanzeige) sowohl den Kläger als auch den Beklagten treffen.

Ein Beispiel: Trägt der Beklagte erstmalig in der letzten mündlichen Verhandlung vor, das er den eingeklagten Kaufpreis schon längst bezahlt habe, und bestreitet dies der Kläger, dann wird der Beklagte hierzu nicht mehr gehört, es sei denn, er kann noch in der mündlichen Verhandlung den Beweis hierzu, z.B. durch Quittungsvorlage oder mitgebrachte Zeugen, erbringen. (Das Gericht muss dem Zeugen dann aber auch glauben, § 286 ZPO, und die Echtheit der Quittung dürfte nicht von dem Kläger angegriffen werden.)

Der Beklagte hatte vor diesem Termin genügend Gelegenheit diese Tatsache innerhalb der ihm gesetzten Fristen vorzutragen, nun ist es zu spät. Er würde zur Zahlung verurteilt werden, und würde so doppelt zahlen. „Wer zu spät kommt, den bestraft eben das Leben…“.

3. Die „Korrekturmöglichkeit“

Nun ist es ein weit verbreiteter Irrtum unter den Prozessbevollmächtigten anzunehmen, dass das Vorbringen immer verspätet sei, wenn eine Partei erst nach Ablauf einer ihr gesetzten Frist eine Tatsache vorträgt. Dabei reicht aber die reine Fristüberschreitung nicht aus, um eine Verspätung i.d.S. begründen zu können. Das Gericht muss zudem überzeugt sein, dass der Rechtsstreit durch die Fristversäumnis verzögert werden würde.

In dem zuvor genannten Beispiel, müsste das Gericht einen neunen Termin bestimmen, um einen z.B. von dem Beklagten benannten Zeugen zu hören, der die Geldzahlung miterlebt haben will. Das Gericht würde eine Verzögerung des Rechtstreits annehmen und mit den o.a. Folgen verurteilen. Würde der Beklagte aber vor Terminsbestimmung des Gerichts, aber nach Ablauf einer ihm gesetzten Erwiderungsfrist nun erstmalig behaupten, den Kaufpreis bezahlt zu haben, könnte das Gericht in der dann folgenden Terminsbestimmung den Zeugen laden und hierzu hören. Eine Verzögerung des Rechtsstreits würde nicht eintreten.

Die Klage würde abgewiesen werden, wenn der Zeuge glaubhaft aussagt. Der allzu oft erhobene Einwand eines Prozessbevollmächtigten, der neue Vortrag der Gegenseite sei verspätet, ist also allzu oft falsch.

4. Fazit

Auf Fristen sollte fristgerecht reagiert oder hierauf rechtzeitig ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden. Eine Fristüberschreitung führt aber nicht immer zu einer Verspätungsfolge. Der Beklagte hat an dieser Stelle aber kaum eine Handhabe, weil das Gericht den Ein- tritt der Verzögerung nach freier Überzeugung beurteilt.

III. Die Säumnis in der mündlichen Verhandlung

Erscheint eine der Parteien nicht in der mündlichen Verhandlung, so ergeht gegen sie auf Antrag der Gegenseite ein Versäumnisurteil.

1. Das Nichterscheinen oder Nichtverhandeln im Termin

Dabei braucht es nicht unbedingt an der körperlichen Anwesenheit fehlen. Sind beide Parteien anwesend oder ist die jeweilige Partei durch einen Prozessbevollmächtigen vertreten, so genügt es für eine Säumnis, wenn eine der Parteien keinen Sachantrag (sie also nicht zur Sache verhandelt) stellt.

Beispiel: Kläger und Beklagter sind im Termin anwesend. Der Kläger stellt seinen Antrag aus der Klageschrift, z.B. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.000,- € zu zahlen. Stellt der Beklagte nun keinen Klagabweisungsantrag, ist er säumig.

2. Die Folgen der Säumnis

Der Kläger wird nun beantragen, den Beklagten im Rahmen eines Versäumnisurteils zu verurteilen, an ihn 1.000,- € zu zahlen. Es greift
§ 331 ZPO und es gilt das unter 1. Gesagte. Es ergeht also ein als solches bezeichnetes Versäumnisurteil, das vorläufig (ohne Sicherheitsleistung) vollstreckbar ist. Genauso wird verfahren, wenn der Beklagte in dem Termin (körperlich) nicht erscheint, und sich auch nicht vertreten lässt.

Erscheint der Kläger nicht im Termin oder stellt der im Termin anwesende Kläger keinen Sachantrag, dann ergeht auf Antrag des Beklagten ein Versäumnisurteil gegen den Kläger, § 330 ZPO. Im Rahmen eines Versäumnisurteils wird dann die Klage abgewiesen. Für den Beklagten ist das Versäumnisurteil ebenso vorläufig (ohne Sicherheitsleistung) vollstreckbar. Denn er könnte gegen den Kläger wegen der Kosten vollstrecken.

Nun stellt sich die Frage, warum jemand nicht zu einem für ihn so wichtigen Termin erscheinen oder dort keinen Antrag stellen sollte. Die Antwort: Eine taktische Überlegung ist oft ein Grund dafür. (Natürlich kann aber einfach auch Nachlässigkeit vorliegen. Ist die säumige Partei hinreichend entschuldigt, etwa wegen Krankheit, kann kein Versäumnisurteil gegen sie ergehen.) Sollte der Beklagte eine Frist mit Verspätungscharakter (siehe hierzu unter 2.) missachtet haben, muss er also in dem mündlichen Verhandlungstermin damit rechnen, dass sein neuer Vortrag gemäß § 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen wird.

Dann kann es sinnvoll sein, keinen Antrag zu stellen und so ein Versäumnisurteil über sich ergehen zu lassen. Diese Vorgehensweise wird auch als „Flucht in die Säumnis“ bezeichnet. Der Beklagte kann Einspruch gegen das Versäumnisurteil einlegen (siehe hierzu schon unter 1. c)), und dann mit der Einspruchsbegründung u.a. auch zu der sonst verspäteten Tatsache vortragen. Denn nun muss ohnehin neu verhandelt werden, der Rechtsstreit wird jedenfalls nicht unmittelbar durch den neuen Tatsachenvortrag verzögert. Der Beklagte hat vielmehr von einer zivilprozessrechtlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Nachteile hat er insoweit zu tragen, als dass gegen ihn nunmehr ein ohne Sicherheitsleistung vollstreckbares Urteil in die Welt gesetzt wird, und dass er die Kosten der Säumnis zu tragen hat, selbst wenn er im weiteren Verlauf obsiegt, § 344 ZPO.

IV. Die Säumnis im Mahnverfahren

Das gerichtliche Mahnverfahren ist eine Möglichkeit, einen Geldanspruch gegen den Schuldner schneller durchsetzen zu können. Die Regelungen hierzu finden sich in den §§ 688 ff. ZPO. Der Anspruch braucht nicht begründet zu werden. Das Gericht erlässt auf den Antrag einen Mahnbescheid (eine Schlüssigkeitsprüfung unternimmt das Gericht dabei nicht, vgl. zu diesem Begriff Fn. 4.) und stellt diesen dem Antragsgegner (in dem Mahnverfahren werden die Parteien nicht als Kläger und Beklagter, sondern als Antragsteller und Antragsgegner bezeichnet) zu.

Der Vorteil an diesem Verfahren ist, dass der Antragsteller schneller zu einem Vollstreckungsbescheid gelangen kann, der einem vorläufig vollstreckbaren echten Versäumnisurteil gleich steht, § 700 ZPO. Die weiteren Rechtsbehelfe richten sich also nach §§ 338 ff. ZPO. Sinn macht die Wahl dieses Verfahrens aber nur, wenn zu erwarten ist, dass sich der Antragsgegner nicht gegen den erlassenen Mahnbescheid und auch nicht gegen den sich dann anschließenden Vollstreckungsbescheid wehrt.

Legt der Antragsgegner nämlich Rechts- behelfe ein, wird das Verfahren damit länger dauern. Der Gläubiger muss also abwägen, ob er seinen Anspruch im Mahnverfahren oder im „normalen“ gerichtlichen Verfahren verfolgt, also von vornherein Klage erhebt.

1. Fristen im Mahnverfahren

Obwohl gesetzlich keine Widerspruchfrist normiert ist, innerhalb dieser der Antragsgegner sich gegen den Mahnbescheid mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs zur Wehr setzen kann, wird er gleichwohl mit der Zustellung des Mahnbescheides dazu aufgefordert, binnen zwei Wochen mitzuteilen, ob und in welchem Umfang dem geltend gemachten Anspruch widersprochen wird, § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

Der Mahnbescheid selber entfaltet noch keine vollstreckungsrechtliche Wirkung. Meldet sich der Antragsgegner aber nicht zur Akte, ergeht auf Antrag ein Vollstreckungsbescheid, § 699 ZPO. Da der Vollstreckungsbescheid wie ein erstes Versäumnisurteil behandelt wird, kann der Antragsgegner dagegen binnen zwei Wochen Einspruch einlegen, §§ 700 Abs. 1, 339 ZPO. Unterlässt er dies, erwächst der Vollstreckungsbescheid in Rechtskraft, der Gläubiger kann also aus diesem vollstrecken.

2. Die Folgen der Säumnis und die „Korrekturmöglichkeit“

Versäumt der Antragsgegner nach dem Erlass des Mahnbescheides die 14-tägige „Frist“, ist dies nicht schädlich, da es an dieser Stelle keine Ausschlussfrist gibt. Vielmehr wird dem Antragsteller nunmehr die Möglichkeit eröffnet, einen Vollstreckungsbescheid zu beantragen. Der Widerspruch ist solange richtiger Rechtsbehelf, solange noch nicht über den Vollstreckungsbescheid verfügt wurde.

Ab dann greift der Einspruch als zulässiger Rechtsbehelf. Da der Antragsgegner regelmäßig keine Kenntnis von der Verfügung über den Vollstreckungsbescheid hat, sondern von diesem erst ab Zustellung Kenntnis erhält, schadet es nicht, wenn er fälschlicherweise nach Verfügung einen Widerspruch einlegt. Denn der sog. verspätete Widerspruch wird nunmehr als Einspruch gewertet, § 694 Abs. 2 ZPO.

Legt der Antragsgegner gegen einen Mahnbescheid Widerspruch ein, gibt das Mahngericht den Rechtsstreit an das Gericht ab, das der Antragsteller zuvor für diesen Falle angeben hat. (Dabei sollte es sich natürlich um das in örtlicher und sachlicher Hinsicht richtige Gericht handeln. Hat sich der Antragsteller hier vertan, reagiert das benannte Gericht dann mit § 281 ZPO bzw. § 17a GVG.)

Das Verfahren bestimmt sich jetzt nach dem normalen Streitverfahren. Der Antragsteller wird aufgefordert werden, seinen Anspruch zu begründen. Diese sog. Anspruchsbegründung wird dem Antragsgegner zugestellt, der nun Beklagter ist. Ab jetzt verläuft der Rechtsstreit wie gewöhnlich, das heißt zugleich, dass er sich um diesen vorangegangenen Zeitraum in zeitlicher Hinsicht verzögert hat. Von daher macht es keinen Sinn das gerichtliche Mahnverfahren zu wählen, wenn sicher ist, dass sich der Antragsgegner dagegen wehren wird.

Erscheint der Beklagte nicht vor Gericht oder stellt der dort anwende Beklagte keinen Antrag, ergeht gegen ihn ein Erstes Versäumnisurteil. Das weitere Verfahren bestimmt sich nach dem unter 1. c) Gesagten.

Wehrt sich der Antragsgegner im Mahnverfahren nur gegen den erlassenen Vollstreckungsbescheid mit dem Einspruch oder mit einem als Einspruch gewerteten Widerspruch, wird der Antragsteller/Kläger ebenfalls aufgefordert, eine Anspruchsbegründung einzureichen. Erscheint der Beklagte bei dem dann folgenden Termin nicht oder stellt der anwesende Beklagte dort keinen Antrag, ergeht gegen ihn ein Zweites Versäumnisurteil. (Nachdem das Gericht eine Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen hat.)

3. Fazit

Im Mahnverfahren muss der Antragsgegner die Fristen nutzen, wenn es nicht zu einem rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid kommen soll. Rechtsbehelfsmöglichkeiten gibt es für ihn genug. In der Praxis besteht oft die Gefahr, dass der Antragsgegner diese Form der Zustellung nicht ernst nimmt, so dass es gegen ihn schnell eine vollstreckungsrechtliche Grundlage geben kann.

B. Schlussbetrachtung

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Diese „Weisheit“ gilt es zwar im Zivilprozess an verschiedensten Stellen zu beachten. Wie aber zuvor aufgezeigt, wird der Säumige nicht gänzlich rechtlos gestellt. Vielmehr kann er wieder auf den „richtigen Weg“ gelangen, und muss nur manchmal kleine Einbußen hinnehmen.

Dennoch ist Vorsicht geboten, weil eben auch endgültige Rechtsfolgen eintreten können. Diese Vorsicht ist nicht nur an die Partei gerichtet, die dann mit den Folgen leben muss, sondern auch an den jeweiligen Prozessbevollmächtigen, der sich bei Fristsäumnis ggf. in die Anwaltshaftung begibt.

von Dr. Holger Schröder (Bremen)

veröffentlicht in Iurratio Ausgabe 2/2013

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