Rechtsanwalt Dr. Friedrich Gilsdorf
Zu unserem Berufsspecial IT-Recht
Tätigkeit
Iurratio: Sie sind bei Linklaters im Bereich des IT-Rechts tätig. Was hat Sie dazu bewogen, sich für diesen Bereich zu entscheiden?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Bevor ich bei Linklaters im Bereich des IT-Rechts eingestiegen bin, habe ich bei einer kleineren Kanzlei promotionsbegleitend als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes gearbeitet. Da ich schon immer ein großes Interesse an informationstechnischen Sachverhalten und den damit zusammenhängenden rechtlichen Fragestellungen hatte, war es eigentlich nur konsequent, dass ich mich irgendwann vom reinen gewerblichen Rechtsschutz ab- und mich mehr dem IT-Recht zuwende.
Iurratio: Inwieweit ist ihre Erwartungshaltung an das Fachgebiet IT-Recht erfüllt worden? Was waren die größten Überraschungen?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Ich bin eigentlich sehr unvoreingenommen in die Tätigkeit im IT-Recht eingestiegen. Daher war es recht einfach, meine Erwartung, Fragestellungen mit (informations-)technischem Bezug zu behandeln, zu erfüllen. Eine Überraschung war für mich allerdings durchaus, dass der Bereich des IT-Rechts bei weitem nicht auf diese speziellen IT-Sachverhalte beschränkt, sondern sehr viel breiter gefächert ist. Gleich im ersten Monat meiner Anwaltszeit entpuppte sich etwa ein zu überprüfendes Geschäftsmodell, dass sich zunächst vermeintlich als lediglich kleines und eher unproblematisches datenschutzrechtliches Problem darstellte, als sowohl wettbewerbs- als auch strafrechtlich unzulässig. Dass ich mich nach Studium und Referendariat nochmal mit Strafrecht beschäftigen würde, hatte ich tatsächlich nicht erwartet. Auch hätte ich nicht damit gerechnet, dass wir so regelmäßig mit anderen Fachbereichen zusammenarbeiten. Unabhängig davon, ob es sich beispielsweise um eine kurze Rückfrage zu einer Softwarelizenzklausel in einem Vertrag oder die umfassende datenschutz- und IT-rechtliche Prüfung bei einer Unternehmenstransaktion handelt – andere Fachbereiche beziehen uns sofort mit ein, sobald sie auf Fragen mit Bezug zum IT-Recht stoßen.
Iurratio: Es ist ein Wandel der Gesellschaft hin zur IT-Gesellschaft zu beobachten. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf Ihren Arbeitsalltag?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Die gesellschaftlichen Entwicklungen haben insofern erhebliche Auswirkungen auf unseren Alltag, als wir regelmäßig die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen untersuchen, bevor die Themen überhaupt in der breiten Öffentlichkeit ankommen. So sehen wir uns oft mit rechtlichen Problemen konfrontiert, die wir zuvor weder auf dem Tisch hatten, noch überhaupt in Erwägung gezogen hätten. Da ist dann im wahrsten Sinn des Wortes Grundlagenarbeit gefordert.
Iurratio: Womit muss der Anwalt an einem typischen Arbeitstag im Bereich des IT-Rechts rechnen?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Üblicherweise haben wir verschiedene größere Projekte auf dem Tisch, die uns den größten Teil des Tages beschäftigt halten. Aktuell sind dies beispielsweise häufig Implementierungsprojekte zur Umsetzung der Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung oder sogenannte IT-Outsourcings, wie etwa eine Auslagerung der Office-Umgebung zu einem Cloud-Anbieter wie Google. Dazu kommen dann noch kurzfristige und kleinere Aufgaben, die häufig sehr zeitkritisch sind. So hat uns gerade letztens eine Mandantin wegen einer Datenschutzverletzung einbezogen. Da hier eine Frist von 72 Stunden für die Meldung der Verletzung an die Aufsichtsbehörde lief, war sofortiges Handeln gefordert.
Iurratio: Was sind die aktuell spannendsten Fragen im IT-Recht aus Ihrer Sicht?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Sehr spannend sind beispielsweise alle Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit autonomem Fahren oder künstlicher Intelligenz stellen. Hier geht es insbesondere um vertragliche, haftungsrechtliche und datenschutzrechtliche Aspekte. Insgesamt interessant ist meiner Meinung nach auch die weitere Entwicklung im Datenschutzrecht. Nachdem das Thema im vergangenen Mai mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung sehr breit und kontrovers diskutiert wurde, ist nun wieder etwas Ruhe eingekehrt. Allerdings wird sich erst jetzt langsam zeigen, wie die neuen, teilweise deutlich strengeren gesetzlichen Anforderungen tatsächlich gelebt werden und wie mit etwaigen Verstößen gegen die neuen Vorgaben umgegangen werden wird.
Iurratio: Gibt es bestimmte Trends auch vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage, auf die heutige Bewerber vorbereitet sein sollten?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Sich auf bestimmte Trends festzulegen, fällt meines Erachtens beim IT-Recht eher schwer. Schließlich handelt es sich dabei um eine sehr lebendige Materie, die insbesondere aufgrund technischer Entwicklungen ständig in Bewegung ist.
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Anforderungen
Iurratio: Welche Qualifikationen bzw. welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit im Bereich des IT-Rechts vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber hier einstellen?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Die Anforderungen im IT-Recht dürften denen anderer Praxisbereiche weitgehend entsprechen. Wichtig ist meines Erachtens vor allem, dass man ein allgemeines Grundinteresse für IT-Sachverhalte mitbringt und bereit ist, sich möglichst offen und unvoreingenommen auf die mitunter recht speziellen Fragestellungen einzulassen.
Iurratio: Welche Anforderungen stellen Sie an Referendare für eine Stage bzw. an Berufsanfänger für eine Tätigkeit in Ihrer Kanzlei?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Wir suchen nach herausragenden Talenten, die Spaß daran haben, sich auch in unbekannte Aufgabenfelder einzuarbeiten und über den juristischen Tellerrand hinausblicken möchten. Als internationale Großkanzlei ist es darüber hinaus für uns auch wichtig, dass die Bewerber gute Englischkenntnisse mitbringen.
Iurratio: Erwarten Sie von Anfang an eine starke Spezialisierung im IT-Recht zusätzlich zu breiten Kompetenzen im Zivilrecht? Oder findet hier auch ein „Training on the job“ im Sinne eines Heranführens von kleinen zu großen Aufgaben statt?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Wir freuen uns immer über Bewerber, die bereits einschlägige Erfahrungen im IT-Recht gesammelt haben, weil sie z.B. im Studium oder Referendariat IT-Recht als Schwerpunkt bzw. Wahlfach hatten. Allerdings ist dies bei Berufseinsteigern keine strikte Einstellungsvoraussetzung. Schließlich kann ich aufgrund sowohl der eigenen als auch der im Laufe der Zeit bei Linklaters gewonnenen Erfahrungen versichern, dass die Spezialisierung auf die Rechtsmaterie auch sehr gut funktioniert, wenn man sich langsam und schrittweise mit den neuen Herausforderungen auseinandersetzt und vertraut macht.
Weiterbildung
Iurratio: Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger im Bereich des IT-Rechts?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Für das IT-Recht sehe ich ganz hervorragende Zukunftsaussichten. Die Materie wird auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen, sodass Berufseinsteiger mit ihrer Entscheidung für eine Spezialisierung auf bzw. Arbeit in diesem Bereich eine gute Entscheidung für die Zukunft treffen.
Iurratio: Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gewährt Ihre Kanzlei Berufseinsteigern?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Wir setzen auf ein mehrstufiges Ausbildungssystem, bei dem für Associates z.B. zunächst die fachliche Entwicklung im Vordergrund steht. Später komplettieren dann noch Bereiche wie Management, Führung und Geschäftsentwicklung die Ausbildungsagenda. Das sogenannte „Career House“ ist dabei unser umfassendes Gesamtkonzept zur Karriereentwicklung, das hervorragende individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und viel Raum für die persönliche Entfaltung auf jeder Karrierestufe der juristischen Laufbahn ermöglicht.
Iurratio: Was würden Sie Bewerbern raten, die sich für eine Karriere im IT-Recht interessieren? Welche Schwerpunkte sollten sie bei ihrer Ausbildung setzen, auf welche fachübergreifenden Fähigkeiten wertlegen?
Dr. Friedrich Gilsdorf: Wer bereits während des Studiums oder Referendariats eine spätere Tätigkeit im IT-Recht ins Auge fasst, kann jedenfalls keinen Fehler machen, einschlägige Schwerpunktveranstaltungen oder Wahlfächer zu belegen. Allerdings wissen wir, dass derartige Veranstaltungen nicht überall verfügbar sind. In diesem Fall können sich Interessenten am Rechtsgebiet natürlich auch Praktika oder Referendariatsstationen beispielsweise bei IT-Rechts-Kanzleien absolvieren, um sich einen ersten Eindruck von der Materie zu verschaffen. Davon unabhängig lohnt es sich ganz allgemein, möglichst breit aufgestellt zu sein und nicht vermeintlich irrelevante Rechtsgebiete bei der Examensvorbereitung außen vor zu lassen.