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Welche Kanzleiform passt am besten zu dir?

Du stehst kurz vor dem Referendariat, hast eventuell auch schon damit begonnen oder gerade erfolgreich dein zweites Examen hinter dich gebracht und überlegst, wo du deine Anwaltsstation absolvieren bzw. deinen Berufseinstieg planen kannst? Hier erfährst du alles über die verschiedenen Kanzleiformen
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Jede Form hat ihre Stärken und Schwächen. Letztendlich ist entscheidend, womit man sich am wohlsten fühlt.

Großkanzlei, Mittelständische oder Anwaltsboutique – welche Kanzleiform passt am besten zu dir in deiner Anwaltsstation und/ oder als Berufseinsteiger?

Du weißt noch nicht, ob es dich in die Großkanzlei oder doch eher in eine Boutique-Kanzlei zieht? Denn wenn man der Mundpropaganda Glauben schenken will, bietet die Großkanzlei wegen ihrer Größe besonders viel an, wenn es um die Vergütung und Unterstützung bei der Examensvorbereitung geht, während in einer Boutique gerade wegen der Überschaubarkeit eine engere und persönlichere Ausbildung möglich sein soll, weil man nicht in der Masse untergeht. Oder sollte dich dein Weg doch besser in eine mittelständische Kanzlei als „Goldene Mitte“ führen?

Bei genauerer Betrachtung fällt hierbei schnell auf, dass diese pauschalen Einordnungen keineswegs zutreffend sind. Unsere Umfrage bei Kanzleien aller Art zu Themen wie Unterstützung in der Examensvorbereitung, Zusatzvergütung während der Anwaltsstation, Einstellungsvoraussetzungen und Einstiegsgehältern hat gezeigt, dass die Form der Kanzlei nichts über den Umfang ihres Angebots aussagt. „Je kleiner die Kanzlei, desto geringere Anforderungen bestehen bei der Einstellung und desto niedriger ist die finanzielle Entlohnung“ gilt zum Beispiel nicht. Gerade Boutique-Kanzleien können hierbei zum Teil mehr glänzen als so manche Großkanzlei.

Mehr zu den Vor- und Nachteilen einer jeden Form im Einzelnen:

Boutique-Kanzleien

Unter einer Boutique-Kanzlei ist zunächst einmal eine Sozietät mit bis zu 50 Anwälten zu verstehen, die zumeist auf ein bestimmtes Rechtsgebiet spezialisiert ist. Wer sehr tief in eine spezielle Materie eintauchen und sich damit in einem kleinen Team auseinandersetzen will, ist hier gut aufgehoben. Von allen drei Kanzleiformen tendieren die Talente hier am wenigsten hin. Die Boutiquen machen mit 18% auch den kleinsten Anteil der befragten Kanzleien aus. Sie sind generell eher seltener vertreten. Die meisten Boutiquen sind in den Regionen Westen (ohne die Städte Düsseldorf und Köln), Köln und Hamburg angesiedelt.

Was sind die Vorteile einer Boutique?

Dass Referendare hier in der Praxis weniger machen dürfen oder lernen können, trifft bei Weitem nicht zu. Auch gravierende Unterschiede hinsichtlich der Einstellungsvoraussetzungen lassen sich nicht feststellen. Vielmehr zeichnet sich beispielsweise im Vergleich zu mittelständischen Kanzleien ab, dass etwa das Verhältnis zwischen Einstellungsvoraussetzungen und einer entsprechenden Vergütung bei den Boutique-Kanzleien deutlich ausgeglichener ist.

Ein Prädikatexamen bzw. zwei Prädikatsexamina oder Zusatzqualifikationen wie eine Promotion oder ein LL.M. sind für 80% der befragten Boutiquen weder für die Anwaltsstation noch für den Berufseinstieg dort zwingende Voraussetzung. Vielmehr stehen hier Eigenschaften wie Teamfähigkeit, Selbständigkeit, eine gute schriftliche Ausdrucksweise sowie gute Englischkenntnisse im Fokus. Ähnliches gilt auch beispielsweise bei der in Frankfurt am Main ansässigen Boutique-Kanzlei Greenfort Partnerschaft von Rechtsanwälten, die, anders als die typische Anwaltsboutique, nicht nur auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert ist, sondern ihren Mandanten Experten aus einem rechtlich vielseitigen Spektrum zur Verfügung stellen kann. “Es kommt immer auf das “Gesamtpaket” aus Qualifikationen und Persönlichkeit an”, ist hier bei der Einstellung die Devise.

Dabei ist das Einstiegsgehalt in Boutique-Kanzleien zwar niedriger als in einer Großkanzlei, aber dennoch höher als in einer mittelständischen Sozietät und liegt im Durchschnitt bei ca. 92.200€. Zudem sind verschiedene Arbeitsmodelle möglich wie etwa Teilzeit, Elternzeit und Homeoffice. Eher seltener besteht auch die Möglichkeit eines Sabbaticals, Secondments oder generell eines Auslandsaufenthalts. In Boutiquen stehen den Mitarbeitern hierbei öfter verschiedene Modelle zur Auswahl als in mittelständischen Kanzleien.

Darüber hinaus bieten Boutique-Kanzleien ihren Referendaren eine relativ hohe Zusatzvergütung, die mit durchschnittlich 1.500€ im Monat zwar unter der in Groß-, aber über der in mittelständischen Kanzleien liegt, und die Chancen für eine Übernahme nach dem Absolvieren der Anwaltsstation stehen hier mit ca. 68% am höchsten. Die Arbeitszeiten sind mit durchschnittlich drei Tagen pro Woche für Referendare überschaubar. Ihr Aufgabenspektrum ist ebenso vielfältig wie bei den anderen Kanzleiformen, insbesondere sticht hier die im Vergleich starke Einbindung der Referendare in Mandantengespräche und Anwaltsmeetings hervor, während Recherchetätigkeiten tendenziell seltener angefragt werden. Referendare können während ihrer Station auch in mehrere Praxisbereiche eintauchen. Die Alleinvertretung vor Gericht bzw. dem Mandanten ist zudem öfter möglich als in mittelständischen Kanzleien. Auch in Sachen Feedback und Mentorship stehen Boutiquen den übrigen Formen in nichts nach.

Was die Unterstützung bei der Examensvorbereitung angeht, übernehmen mehr Boutiquen die Kosten für die Teilnahme der Referendare an externen Klausurenkursen und/ oder Seminaren als das bei mittelständischen Kanzleien der Fall ist. Wie bei diesen stellt ein Drittel der Boutiquen den Referendaren außerdem einen Examenskoffer mit Gesetzestexten und Kommentaren für die Prüfungen zur Verfügung.

Was sind die Nachteile?

Grundsätzlich ist es durchaus zutreffend, dass eine Boutique-Kanzlei mit einem Standort weniger Referendarstellen anbietet/ anbieten kann als eine Großkanzlei, die in mehreren (großen) Städten ansässig ist, und sich damit bei der Boutique wegen des geringeren Nachfrageaufkommens zwangsläufig auch das Angebot beschränkt. So werden Fremdsprachenkurse von nur 20% der befragten Boutiquen angeboten. Generell ist das Zusatzangebot im Rahmen der Examensvorbereitung kleiner im Vergleich zu mittelständischen und großen Kanzleien. So gibt es bspw. nicht die Möglichkeiten von Probeexamen oder die Zurverfügungstellung kostenloser Prüfungsprotokolle. In puncto Aktenvortragstrainings und Besprechung der aktuellen Rechtsprechung ist das Angebot ebenfalls eher schwach ausgeprägt, wobei Großkanzleien ihnen bezüglich Letzterem in nichts nachstehen. Was das Aufgabenspektrum der Referendare betrifft, ist die Teilnahme an Gerichtsterminen reduziert ebenso wie die Möglichkeit, eigenständig Verträge zu entwerfen, Prüfungen vorzunehmen und sonstige einzelne Rechtsfragen selbständig zu klären. Aufgrund der kleineren Größe stehen dem Berufseinsteiger in einer Boutique im Durchschnitt weniger Arbeitsmodelle und weniger Zusatzangebote (zB. Fitnessangebote, Kantinen, Kinderbetreuung und Jobtickets) als in Groß- oder mittelständischen Kanzleien zur Verfügung.

Mittelständische Kanzleien

Die mittelständische Kanzlei berät ihrem Wortlaut nach häufiger Mandate im deutschen Mittelstand und seltener internationale Großunternehmen. Im Vergleich zur Großkanzlei ist sie außerdem an weniger Standorten vertreten. 42% der befragten Kanzleien sind Mittelständische Kanzleien. Sie sind in den Regionen Norden und Westen am meisten vertreten und sonst am zweitstärksten. Die Talente wollen in der mittelständischen Kanzlei am liebsten ihre Anwaltsstation absolvieren. Wichtig für sie sind selbständige Referendare, die rhetorisch versiert sind und bei denen das „Gesamtpaket stimmt“. Bei Berufseinsteigern sind darüber hinaus Eigenschaften wie Teamfähigkeit, selbstbewusstes Auftreten, gute Englischkenntnisse und Flexibilität überzeugend.

Wovon profitiere ich bei einer mittelständischen Kanzlei?

Die Arbeitszeiten sind für Referendare mit durchschnittlich drei Tagen pro Woche überschaubar. Es bleibt genug Zeit zum Lernen. Während über der Hälfte der befragten mittelständischen Kanzleien bei der Einstellung eines Associates ein Prädikatexamen wichtig ist, wird dies im Rahmen der Anwaltsstation kaum gefordert. Neben relativ vielen Stellen für Referendaren fallen hier auch oft verschiedene Arbeitsmodelle für Berufseinsteiger wie Teilzeit, Elternzeit, Homeoffice und Secondment auf. Mittelständische Kanzleien bieten zudem deutlich häufiger als Boutiquen, zusätzlich zu kostenlosen Speisen und Getränken, Fitnessangebote oder auch Jobtickets an. Wie Groß- und Boutique-Kanzleien bieten sie volle Unterstützung beim Erwerb von Zusatzqualifikationen. Internationale Zusammenarbeit ist grundsätzlich möglich.

Der überwiegende Teil bietet Unterstützung bei der Examensvorbereitung der Referendare an. Im Rahmen dessen fällt bei dieser Kanzleiform ein breites Spektrum auf: Mittelständische Kanzleien verfügen über ein vielfältiges Angebot wie bspw. Probeexamen, kostenlose Prüfungsprotokolle oder ein generelles Budget für die Vorbereitung. Hier gibt es außerdem im Vergleich zu Boutiquen und Großkanzleien besonders oft Aktenvortragstrainings und mit Abstand am meisten Besprechungen der aktuellen Rechtsprechung. Fremdsprachenkurse sind häufig zu sehen, wenn auch seltener als in Großkanzleien. Was die Zurverfügungstellung eines Examenskoffers mit den aktuellen Gesetzen und Kommentaren für die Prüfungen betrifft, ist das Angebot bei mittelständischen Kanzleien wie bei den Boutiquen besser ausgebaut als bei Großkanzleien. Während ihrer Anwaltsstation können die Referendare zumeist in mehrere Praxisbereiche Einblicke erhalten. Im Vergleich zu den Boutiquen und Großkanzleien zeigt sich, dass in mittelständischen Kanzleien die Referendare die größte Beteiligung am Kanzleigeschehen erfahren, sei es das Verfassen von Schriftsätzen, Memos oder Gutachten oder die Teilnahme an Mandantengesprächen, Anwaltsmeetings und Gerichtsterminen, ausgenommen der Alleinvertretung vor Gericht oder dem Mandanten. Mentorship und Feedbackkultur werden auch bei diesem Kanzleityp großgeschrieben. All das trifft beispielsweise auf die mittelständische, multidisziplinäre Kanzlei MÖHRLE HAPP LUTHER Partnerschaft mbB zu, in der Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte sowohl in Hamburg als auch Schwerin unter einem Dach zusammenarbeiten:

“Unsere Referendare und wissenschaftlichen Mitarbeiter werden in die tägliche Mandatsarbeit eingebunden und arbeiten sowohl an gerichtlichen als auch außergerichtlichen Schriftsätzen mit. Wir legen großen Wert darauf, den Referendaren und wissenschaftlichen Mitarbeitern regelmäßig und zeitnah zu den erstellten Arbeiten Feedback zu geben. […] Dies beinhaltet die Recherche zu verschiedenen rechtlichen Problemen und Fragestellungen sowie das anschließende Verfassen von Memoranden, Gutachten oder Schreiben an den Mandanten. Auch geben wir unseren Referendaren die Möglichkeit an Telefonkonferenzen, Treffen mit gegnerischen Anwälten oder Mandanten sowie Gerichtsterminen teilzunehmen.”

Welche Nachteile kann es geben?

Anders als Großkanzleien sind sie nicht generell international ausgerichtet und bzgl. der angebotenen Arbeitsmodelle ist hier ein Auslandseinsatz am seltensten möglich. Im Rahmen der Examensvorbereitung ist es die Kanzleiform, die am seltensten die Kosten für ein Repetitorium, Klausurenkurse und/ oder Seminare übernimmt. Die Übernahmechancen sind nach dem Referendariat eher mäßig (39%). Während des Referendariats wird den Referendaren im Durchschnitt zudem die niedrigste Zusatzvergütung (1.000€) und als Berufseinsteiger das niedrigste Einstiegsgehalt (76.200€) im Vergleich zu den Boutiquen und Großkanzleien geboten. Dabei sind ein bis zwei Prädikatexamina für 60% der befragten mittelständischen Kanzleien für die Einstellung sehr wichtig. 40% legen hierbei auch großen Wert auf Zusatzqualifikationen wie eine Promotion oder einen LL.M.

Diese Anforderungen sind aber zumeist nicht ausschlaggebend, wie zum Beispiel für die mittelständische Kanzlei GRÜTER Rechtsanwälte & Notare aus Duisburg, die überwiegend im Bereich des nationalen und internationalen Unternehmens- und Wirtschaftsrecht tätig ist. Auf die Frage hin, wie der Referendar ein Fehlen von Prädikatsexamina, Promotion oder LL.M. ausgleichen könne, antwortete sie uns:

“Ein Ausgleich ist nicht notwendig. Das Gesamtbild der vom Referendar mitgebrachten Fertigkeiten, Fähigkeiten und Engagement ist entscheidend. Es muss ein Interesse an den Schwerpunktgebieten der Kanzlei ersichtlich werden sowie die Bereitschaft sich einzubringen.”

Die Großkanzlei

Sie ist unter Jurastudenten berühmt-berüchtigt. Wie der Name schon vermuten lässt, umfasst diese Kanzleiart einige hundert bis tausend Anwälte und agiert international. Sie ist über viele Standorte europa- oder weltweit verteilt, was auch standortübergreifend eine internationale Zusammenarbeit ermöglicht und mit der Möglichkeit des Auslandsaufenthalts insbesondere für Berufseinsteiger, aber auch schon Referendare, spannende Perspektiven eröffnet. Die Großkanzlei tummelt sich hinsichtlich der Beliebtheit für die Anwaltsstation bei unseren Talenten auf dem zweiten Platz. 40% der befragten Kanzleien sind Großkanzleien. Sie sind, abgesehen von den Regionen Norden und Westen, der Kanzleityp mit den meisten Standorten.

Die Vorteile einer Großkanzlei…

Klar hat diese Kanzleiform wegen ihrer Größe den Vorteil einer umfassenden, überregionalen und internationalen Organisation. Hier gibt es am meisten umfassende Aus- und Fortbildungsprogramme im Rahmen von Akademien und/ oder Kooperationen mit in- und ausländischen Universitäten. Zudem stehen die Vergütungen für Referendare und Berufseinsteiger mit durchschnittlich 2.500€ im Monat bzw. 105.000€ im ersten Jahr unangefochten an der Spitze. Sie bieten am häufigsten für Berufseinsteiger Zusatzangebote und die verschiedensten Arbeitsmodelle, insbesondere was das Arbeiten im Ausland betrifft, an. Die Zusatzangebote werden in diesem Rahmen neben Fitnessangeboten und Jobtickets oft noch um Kantinenbesuche und Kinderbetreuung ergänzt.

Zusatzqualifikationen werden für die Einstellung als Referendar nicht zwingend vorausgesetzt und sind auch für die Einstellung als Associate eher mäßig wichtig. Vielmehr ist die Unterstützung von Berufseinsteigern bei dem Erwerb von Zusatzqualifikationen wie bei mittelständischen und Boutique-Kanzleien flächendeckend möglich.

Die Größe dieser Kanzleiform kann sowohl anziehend als auch abschreckend wirken. Jedoch geht mit der Masse an Anwälten und Mitarbeitern nicht einher, dass aufgrund dessen nur eine eher generelle, oberflächliche Ausbildung erfolgt. Je mehr Anwälte an einem Standort angesiedelt sind, desto höher ist die Spezialisierung des einzelnen Teams oder Anwalts, was eine tiefgehende Auseinandersetzung mit einzelnen Themen ermöglicht. Während des Referendariats können aber auch hier mehrere Praxisbereiche kennengelernt werden. Die Referendare können hier im Vergleich der Kanzleitypen mit am meisten Schriftsätze verfassen und an Gerichtsterminen teilnehmen. Relativ oft gehören zu den Aufgaben des Referendars auch die Klärung einzelner Rechtsfragen sowie der Entwurf und die Prüfung von Verträgen. Bzgl. des Verfassens von Memos und Gutachten gestaltet es sich ähnlich wie bei den anderen Kanzleiformen. Die Alleinvertretung vor Gericht oder dem Mandanten ist hier wie bei Boutiquen oft möglich. Wie bei den mittelständischen und Boutique-Kanzleien achten auch die Großkanzleien sehr auf eine ausgeprägte Feedbackkultur und Mentorship. Bei der weltweit an 32 Standorten, in Deutschland in München und Frankfurt am Main vertretene Full-Service-Kanzlei ReedSmith LLP bedeutet die Einbindung der Referendare zum Beispiel die “Mitarbeit bei nationalen sowie internationalen Mandaten, Begleitung bei Gerichts- und Mandantenterminen, Erstellung von Memoranden zu spezifischen Rechtsfragen, […] Rechercheaufgaben im rechtlichen sowie im wirtschaftlichen Bereich, Durchsicht und Drafting von Verträgen, Vor- und Nachbereitung von internen- und externen Telefonaten/ Telefonkonferenzen, Erstellen von Präsentationen, Entwerfen von BlogPosts und Memos [sowie das] Verfassen von E-Mails an Mandanten. Unsere Referendare und wissenschaftlichen Mitarbeiter erhalten individuelles Feedback nach jedem Arbeitsauftrag.”

Neben vielen Referendarstellen bieten 90% der befragten Großkanzleien auch eine umfangreiche Unterstützung bei der Examensvorbereitung an wie bspw. Probeexamen und kostenlose Prüfungsprotokolle. Auch gehören Aktenvortragstrainings und Examenskoffer dazu, wobei dies seltener als in mittelständischen Kanzleien der Fall ist. Dafür übernehmen am meisten die Großkanzleien die Kosten für Repetitorien, Klausurenkurse und Seminare bzw. stellen ein generelles Budget zur Examensvorbereitung zur Verfügung. Auch findet sich hier das häufigste Angebot von Fremdsprachenkursen.

…und ihre Nachteile

Die sehr hohe Vergütung geht allerdings auch mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung einher, wobei sich viele Großkanzleien inzwischen um eine ausgeglichene Work-Life-Balance bemühen. Bereits im Rahmen der Anwaltsstation werden hier mit ca. vier Tagen pro Woche im Vergleich zu mittelständischen und Boutique-Kanzleien die meisten Arbeitstage von Referendaren erwartet. Das Aufgabenspektrum der Referendare umfasst zwar viel, bleibt aber bspw., was die Teilnahme an Mandantengesprächen und Anwaltsmeetings angeht, im Ergebnis hinter dem der Referendare in mittelständischen Kanzleien und Boutiquen zurück. Zudem stehen die Übernahmechancen nach dem Referendariat angesichts der großen Menge an verfügbaren Referendarstellen mit ca. 33% nicht besonders hoch. Insgesamt besteht in einer Großkanzlei eine wesentlich höhere Fluktuation, was Wissenschaftliche Mitarbeiter und Associates angeht.

Auch gelten hier bereits für die Einstellung als Referendar hohe Anforderungen bzgl. der Examensnoten. So fordern ca. 80% der befragten Großkanzleien ein Prädikat in der ersten juristischen Staatsprüfung. Auch für die Einstellung als Associate verlangen 80% ein, wenn nicht zwei Prädikate oder mindestens 16 Punkte in beiden Examina insgesamt.

Bei der globalen Kanzlei White & Case LLP mit vier Standorten in Deutschland und weitaus mehr in 30 Ländern, kommt es neben ausgezeichneten juristischen Qualifikationen sowohl bei Referendaren als auch Associates aber auch auf andere Eigenschaften an wie Teamfähigkeit, gute Englischkenntnisse und eine gute schriftliche Ausdrucksweise, Selbständigkeit sowie gute rhetorische Fähigkeiten. Auch erzählte uns ReedSmith LLP zu diesem Thema:

“Bei einer potentiellen Kandidatin/ Kandidat kommt es immer auf das Können, den Charakter und die juristische und soziale Kompetenz an. Das Gesamtpaket muss stimmen! Englischkenntnisse kann man verbessern, genauso wie das Fachwissen für einen besonderen Praxisbereich.”

Fazit

Jede Form hat ihre Stärken und Schwächen. Letztendlich ist entscheidend, womit man sich am wohlsten fühlt. Arbeitet man lieber spezialisiert in einem kleineren Umfeld auf nationaler Ebene und sind Offerten wie Kantinengänge oder Fitnessangebote nicht ausschlaggebend, ist eine Boutique-Kanzlei wohl das Richtige für einen. Sie verbindet abwechslungsreiche Aufgabengestaltungen und einen breiten Fächer an Vorbereitungsmöglichkeiten für das Examen mit einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Arbeitszeiten und Vergütung. Das Augenmerk liegt hier überwiegend auf den individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften des Bewerbers, als auf dessen Examensnoten.

Mag man es weder zu groß noch zu klein und reizen einen Mandate aus dem deutschen Mittelstand, aber auch die gelegentliche Möglichkeit internationale Mandanten betreuen zu können, führt der Weg einen wohl besser in eine mittelständische Kanzlei. Zwar bieten nicht alle Sozietäten dieses Typs eine maßgeschneiderte Examensvorbereitung an, doch bleibt wegen der geregelten Arbeitszeiten und dem wohlwollenden Entgegenkommen der Kanzleien ausreichend Raum zum Selbststudium, Klausuren schreiben und Besuch des ein oder anderen Seminars. Die Aufgaben für Referendare sind vielgestaltig und ein Prädikatsexamen wird zwar gerne gesehen, ist aber nicht kriegsentscheidend.

Wecken vor allem internationale Mandate und die Möglichkeit des Mitwirkens in möglichst vielen verschiedenen Bereichen dein Interesse und scheust du nicht vor längeren Arbeitszeiten zurück, sondern freust dich über die damit einhergehende hohe Vergütung, bist du in einer Großkanzlei gut aufgehoben. Hier erfährst du als Referendar eine fundierte Unterstützung bei der Vorbereitung auf dein zweites Staatsexamen und als Associate einen breiten Fächer an nationalen und internationalen Weiterbildungsmöglichkeiten. Solltest du dich für diesen Pfad entscheiden, müssten deine Examensnoten aber mithalten können, wobei aber auch auf deine Fähigkeiten außerhalb der juristischen Notenskala ein Auge geworfen wird.

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