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Handelsrecht: Exkurs zum Rechtsschein

Der allgemeine Rechtsscheinsgrundsatz ist eine Rechtsfortbildung, die in Anlehnung an die vereinzelten gesetzlichen Regelungen einer Rechtsscheinhaftung (§§ 15, 56 HGB, §§ 170-173 BGB) entwickelt wurde.
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Rechtsschein und Haftung im Handelsrecht

Der allgemeine Rechtsscheinsgrundsatz ist eine Rechtsfortbildung, die in Anlehnung an die vereinzelten gesetzlichen Regelungen einer Rechtsscheinhaftung (§§ 15, 56 HGB, §§ 170-173 BGB) entwickelt wurde. Dieser Gedanke besagt, dass das Recht zugunsten gutgläubiger Dritter Rechtsfolgen aus bestimmten Tatbeständen herleitet, obwohl diese in Wirklichkeit gar nicht vorliegen, sondern lediglich im Rechtsverkehr der Anschein ihres Vorliegens erweckt wurde. Ein Rechtsschein wurde gesetzt. Ein generelles Charakteristikum des Handelsrechts ist es nämlich, dem Schutz des Rechtsverkehrs einen hohen Stellenwert anzuerkennen.
In folgenden Fallgruppen spielt der Rechtsschein eine Rolle:

  • Bindung an unrichtige Registereintragung bei Verursachung oder unterlassener Beseitigung
  • Unterwerfung unter Handelsrecht bei Vorliegen der Figur eines Scheinkaufmanns/einer Scheingesellschaft
  • Unzulässige/irreführende Firmierung
  • Vertretungswirkung kraft Scheinvollmacht

Wurde ein Rechtsschein gesetzt, wird eine allgemeine Rechtsscheinhaftung ausgelöst: Der Betroffene muss sich nach den Rechtsvorschriften behandeln lassen, die für die kaufmännischen Unternehmen und die Rechtsformen der Unternehmensträgerschaft gelten, obwohl er in Wahrheit kein kaufmännisches Unternehmen in dieser rechtlichen Qualität betreibt. Insbesondere muss er sich von demjenigen, der im Vertrauen rechtsgeschäftliche Dispositionen getroffen hat, in Anspruch nehmen lassen.

Der allgemeine Rechtsscheinsgrundsatz ist jedoch weder gleichzusetzen mit der Sanktion eines täuschenden Verhaltens, noch mit einer quasi-rechtsgeschäftlichen Hilfskonstruktion, sondern will einen umfassenden Rechtsschutz gewähren. Dementsprechend müssen für eine Rechtsscheinhaftung mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Der Anschein eines rechtserheblichen Tatbestands wird im Rechtsverkehr gesetzt (Rechtsschein).
  2. Ein Dritter vertraut auf diesen Rechtsschein.
  3. Dieser Dritte ist im Vertrauen schutzwürdig (gutgläubig).
  4. Der Rechtsschein ist demjenigen, der an ihm festgehalten werden soll, zurechenbar.

Quelle: Günther H. Roth, Handels- und Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2001

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