Diskussion um den Schwerpunktbereich
Vor einiger Zeit gab es Aufregung unter Studierenden und Lehrenden. Die Diskussion um den Schwerpunktbereich an der Uni und dessen Sinnhaftigkeit wurde erneut aufgenommen. Es wurden Stimmen laut, die den universitären Schwerpunkt abschaffen wollten, es wird über eine Reduktion der Wertung gesprochen; von 30 auf 20 Prozent der Gesamtnote. Während einige Studierende den Schwerpunkt als verbesserungsbedürftig ansehen, steht ein großer Teil hinter ihm, fordert eine Angleichung zur besseren Vergleichbarkeit und sieht die Universitäten in der Pflicht, Mankos auszubügeln. So auch der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften, der offen in den Dialog geht und seine Meinung deutlich vertritt.
Das gesamte Studium über lernen wir das Gleiche, eine Möglichkeit, Alleinstellungsmerkmale zu erwerben, besteht meist nur außerhalb der universitären Veranstaltungen, die Prüfungsinhalt der ersten Pflichtfachprüfung sind. Der Schwerpunkt bietet die Möglichkeit, praxisnah neue Fertigkeiten zu erwerben und sich intensiv mit einem neuen (Rand-)Gebiet zu befassen. Aus diesem Grund werden wir euch in dieser Reihe exotische und interessante Schwerpunktbereiche an verschiedenen Universitäten vorstellen.
Der Schwerpunkt „Medienrecht“ an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder)
Antonia Lange hat den Schwerpunktbereich „Medienrecht“ erfolgreich abgeschlossen und war davon so begeistert, dass sie uns im Interview gerne mehr davon erzählt hat!
iurratio: Welchen Schwerpunkt hast du gewählt und aus welchem Grund?
Antonia: Ich habe mich für den Schwerpunkt Medienrecht entschieden, weil es für mich zwei dauerhaft präsente Themen in einem vereint. Medien sind unserer heutigen Zeit ein essentieller Bestandteil unseres Lebens und die damit verbundenen Rechte und Pflichten entwickeln sich erst aus dem Umgang damit. Nach dem Abitur stellte sich mir nur die Frage, welche Uni wähle ich für diesen Schwerpunkt. Dass ich mich dabei für die Europa-Uni entschied, ließ meine Erwartungen nicht unerfüllt.
iurratio: Welche Leistungen muss man an deiner Fakultät erbringen, um das Schwerpunktzeugnis zu erhalten? Was sind die Erfordernisse?
Antonia: Zunächst wird die Vorlesung „Einführung in das Medienrecht“ besucht, welche mit einer Klausur abgeschlossen wird. Neben den Pflichtvorlesungen, wie zum Beispiel Europäisches Recht, Bildrecht oder Recht der elektronischen Medien können Wahlkurse wie Urheber- Marken- und Titelrecht, Datenschutzrecht oder Film-, Kino- und Musikrecht belegt werden. Außerdem wird ein Seminar belegt, welches sich aus einer Seminararbeit und einem Vortrag zusammensetzt. Dies kann jedoch auch aus einem anderen Schwerpunkt gewählt werden.
Für den Schwerpunkt Medienrecht wird zusätzlich ein sechswöchiges medienrechtliches Praktikum gefordert. Anschließend bekommt man für die Erbringung dieser Leistungen das Zertifikat Medienrecht.
Erfüllt man diese Voraussetzungen wird eine Examenshausarbeit, sowie eine fünfstündige Schwerpunktsklausur geschrieben und eine abschließende mündliche Prüfung vor den Prüfern abgelegt. Aus diesen drei Ergebnissen ergibt sich die Note auf dem Schwerpunktzeugnis.
iurratio: Wie beliebt ist dein Schwerpunkt?
Antonia: In den Vorlesungen und Seminaren schwankt die Teilnehmerzahl zwischen 3 und 30 Leuten. Das liegt auch daran, dass viele Veranstaltungen auf das Wochenende fielen. Der Schwerpunkt an sich ist relativ gut besucht, allerdings nicht so sehr wie Strafrecht oder Zivilrecht.
iurratio: Wie ist die Betreuungssituation? Sind Praktiker eingebunden?
Antonia: Unser Schwerpunkt ist etwas ganz besonderes, da dieser durch den Honorarprofessor und Rechtsanwalt Herrn Dr. Weberling gefördert wird. Neben seiner Kanzlei und anderen Tätigkeiten bringt er uns Studenten das Medienrecht näher. Außerdem werden Vorträge und Veranstaltungen von Korrespondenten aus öffentlich-rechtlichen Sendern, sowie Anwälten und Journalisten begleitet. Sehr spannend und praxisrelevant sind die Vorlesungen in einer renommierten Großkanzlei in Berlin gewesen. Erst durch diese Praktiker bekommt man ein Gefühl für die Anwendung des Rechts. Ich habe mich zu jeder Zeit super betreut und eingebunden gefühlt.
iurratio: Wie schätzt du den Praxisbezug ein/ wie die Examensrelevanz und wie die Relevanz für das Referendariat?
Antonia: Durch die Dozenten bekommt man einen guten Einblick in die Relevanz des Medienrechts, vor allem des Presse- und Rundfunkrechts. Ohne den praktischen Bezug, würden mir einige Erkenntnisse fehlen. Vor allem das tatsächliche Gewicht, welches Medien und Presse in unserer Gewaltenteilung haben, wäre mir verborgen geblieben. Von daher halte ich diesen Schwerpunkt für die Rechtswissenschaften unabdingbar.
Die Examensrelevanz schätze ich etwas geringer als in anderen Schwerpunkten ein, aber um materiell-rechtliche Zusammenhänge besser zu verstehen, dient die Belegung des Schwerpunktes auf jeden Fall. Durch die vielen verschiedenen Dozenten und Anwälte aus Kanzleien hat mir der Schwerpunkt einen guten Einblick für eine mögliche Wahlstation des Referendariates gegeben.
iurratio: Was gefällt dir an deinem Schwerpunktbereich? Wo siehst du Verbesserungsbedarf?
Antonia: Mir gefällt an den Schwerpunkten generell, dass man sich auf ein Gebiet spezialisieren kann, um zu sehen, ob man später auch darin arbeiten möchte und dafür geeignet ist. Außerdem kann man durch die Belegung des Schwerpunktes die dauerhaften Fragen nach der späteren beruflichen Spezialisierung beantworten. Den Befürwortern einer Abschaffung des Schwerpunktes kann ich keineswegs zustimmen. Er dient dazu, seine eigenen Stärken im Jura Studium zu finden und auszubauen. Sicherlich heißt es nicht ohne Grund Staatsexamen, aber die Universitäten bilden uns aus und sind besser auf die Bedürfnisse der Studenten abgestimmt. Wenn sich das Recht und die Gesetze weiterentwickeln und sich den aktuellen Gegebenheiten anpassen, wieso sollte man unser Rechtsstudium wieder zurückentwickeln?!
Mein Schwerpunkt hat mir außerdem andere Berufsmöglichkeiten von Juristen und neue Sichtweisen nahe gebracht. Für mich war es sehr spannend, beide Seiten eines Eingriffs in das Bild- und Urheberrecht zu hören. Durch die Praktiker wurde mir die Schwierigkeit eines gerechten Ausgleiches erst richtig bewusst. Es ist sehr problematisch zu entscheiden, wann ein Eingriff in die Grundrechte des Einzelnen durch das öffentliche Interesse auf der anderen Seite gerechtfertigt ist. Über diese Abwägung, die Medienunternehmen täglich treffen, haben wir einen guten Einblick erhalten. Gerade in der heutigen Zeit sind Medien und das dazugehörige Recht ein sehr wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Für mich ist es sehr wichtig zu sehen, wie sich die Gesetze darum weiterentwickeln und verändern. Der Schwerpunkt hat meine Erwartungen übertroffen und meine Neugier weiter geweckt. Nicht nur in Deutschland, sondern europa- und weltweit spielt das Medienrecht eine wichtige Rolle.
Verbessern könnte man allerding die Vorlesungszeiten, da wir oft am Wochenende stundenlange Vorträge hatten und man dadurch nur bedingt aufnahmefähig ist. Leider sind auch die Lehrbücher und –materialen etwas rar in der Bibliothek.
iurratio: Vielen Dank für diesen Einblick in den Schwerpunkt „Medienrecht“!
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