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Auch Remonstrieren will gelernt sein

Eine Remonstration stellt ein rechtliches Mittel dar mit dem Sie eine Neubewertung Ihrer Prüfungsleistung begehren. Für Sie hat dieses factum als Studierender der Rechtswissenschaft eine besondere Bedeutung.
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Auch Remonstrieren will gelernt sein

Leitfaden zum Verfassen einer Remonstration

A. Vorüberlegungen

Eine Remonstration stellt ein rechtliches Mittel dar mit dem Sie eine Neubewertung Ihrer Prüfungsleistung begehren. Für Sie hat dieses factum als Studierender der Rechtswissenschaft eine besondere Bedeutung. Zum einen hat der Prüfer neben der fachlichen Expertise auch alle Kenntnisse über die rechtliche Ausgestaltung einer fairen Bewertung und den Ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln.

Zum andern ist das Einlegen von Rechtsmitteln höchstwahrscheinlich ein Vorgriff in Ihren späteren beruflichen Alltag und bietet Ihnen die Möglichkeit zu erlernen eine Rechtsfrage in angemessener Weise schriftlich zu klären. Dafür sollten Sie sich möglichst nüchtern mit der Bewertung auseinandersetzen. Um dies zu leisten, sollte der vergrämte Prüfling erst nach den Hitzewellen des verletzten Stolzes sich der Vorbereitung zuwenden.

Danach erfolgt eine strukturierte Ausarbeitung Ihrer Meinung, in welcher höflich und respektvoll die Gegenseite – der Prüfer/-in- entkräftet wird und Sie ihren Standpunkt verständlich auf sachlichen Gründen aufbauen. Diese Überlegungen sind eine Selbstverständlichkeit für die Prüfer, daher fühlen Sie sich nicht durch die Bewertung persönlich angegriffen und versuchen Sie trotz Fehlurteilen Verständnis zu behalten, jedem passieren Fehlern –auch Ihnen.

Zuletzt sei vorausgeschickt, dass auch ein peius durch eine Neubewertung möglich ist, analysieren Sie ihre Klausur also ruhig, aber fühlen Sie sich nicht abgeschreckt, erfahrungsgemäß sind gerade Anträge mit Benotungen über 4 Punkten erfolgreicher.

B. Voraussetzungen

Zuallererst müssen Sie sich klar machen, welche Voraussetzungen an eine Remonstration gestellt sind.

I. Formal

Es gelten die formalen Anforderungen, wie sie im Rechtsverkehr üblich sind. Die Remonstration hat schriftlich zu ergehen. Die Remonstration sollte einen angemessenen Umfang im Verhältnis zu der Arbeit haben, d.h. sie kann bei einer Hausarbeit länger sein als bei einer Klausur.

Dabei sollte sie einen Umfang von drei Seiten nur ausnahmsweise überschreiten. Man sollte sie an den verantwortlichen Professor und den Korrekturassistenten adressieren. Belegen Sie Ihre Meinung mit Fundstellen. Halten Sie Ihre Ausführungen prägnant und sachlich. Welche Bedingungen weiterhin gestellt sind ist an jeder Uni unterschiedlich, es hilft die Richtlinien der Uni zu lesen.

So verlangen manche Universitäten eine doppelte Ausführung, die Bescheinigung einer Teilnahme an einer Besprechung der betreffenden Arbeit und die Fristen sind ebenfalls nicht einheitlich.

Verstoße gegen diese Anforderungen führen zur Ablehnung ihres Antrags als unzulässig. Überschreiten Sie daher nicht die Frist und lassen Sie die Hände von üblichen Floskeln wie „Ich bitte um eine faire und wohlwollende Neubewertung“ und Hinweise auf Ihre Umstände, sie stellen keinen sachlichen Grund dar und erwecken den Verdacht, dass Sie eine Bevorzugung wünschen.

II. Materiell

Eine Remonstration ist materiell rechtmäßig, wenn ein Remonstrationsgrund vorliegt. Ein solcher liegt bei einer fehlerhaften Bewertung vor. Es folgt ein kurzer Abriss möglicher Fehleinschätzungen:

Unzutreffende Einwände gegen die Argumentation, Ansätze, Darstellung, Aufbau etc. sollten konkret benannt und mit Fundstellen unterlegt werden, welche diese Meinung unterhalten. Als Tipp sei hier erwähnt, dass vor allem zustimmende Aussagen der Leitung der Klausur- oder Hausarbeitenbesprechung in Ihrer Remonstration gut aufgestellt sind, folgerichtig ist der Besuch zur Besprechung mehr als günstig für Sie.

Bei ganz eigenen Ansätzen, die über die der Lösungsskizze hinausgehen, sollte ein kurzer Abriss Ihrer dahinter stehenden Überlegungen erfolgen. Berücksichtigen Sie dabei allerdings, dass nicht alles diskutabel ist und im Sinne der Schwerpunktsetzung Einzug in der Bewertung finden muss. Dennoch gilt auch: Mindermeinungen sind vertretbar und dürfen nicht als falsch gewertet werden.

Ein Ungleichgewicht der Bewertung und der Endnote lässt sich nur belegen, wenn sich herauskristallisiert, dass der Prüfer Richtiges in der Gewichtung unberührt lässt oder Nebensächliches überbewertet. So etwa wenn trotz einer vertretbaren Meinung der Autor diese Sicht für nicht überzeugend befindet, oder treffende Herleitungen für „zu knapp“ deklariert.

Ferner lässt sich auch der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 I GG konsultieren. So kann gerügt werden, dass in einer anderen Klausur gerade die ausführlichen Ausführungen zu einer Mindermeinung mit einem „gut gesehen“ gelobt wurden, wohingegen Ihre in einem kritischen „abwegig“ oder „überflüssig“ abgetan wird. Allerdings sollte dieser Ansatz nicht den Kern Ihrer Argumentation darstellen und weiterhin leiden solche Ausführungen häufig an Konsistenzlosigkeit, da selten genau “das Selbe“ geschrieben wurde.

Zudem berechtigt auch ein formeller Korrekturfehler zur Neubewertung. Sie haben ein Recht auf eine vollständige und transparente Korrektur. Schlängellinien oder Bemerkungen wie „nur i.E. vertretbar“ begründen unzulänglich eine Bewertung, mithin müssen Mängel grundsätzlich als solche gekennzeichnet werden.

C. Vorschlag zum Aufbau

Nachdem Sie diese Grundsätze verinnerlicht haben, sollten Sie in der Lage sein selbstständig zu schreiben und nicht an Vorlagen hängen zu bleiben. Denn die Lehrstühle sind sicherlich schon häufig genug mit charakterlosen Fachschaftsvorlagen ausgelastet. Allerdings müssen Sie nicht mit Ihrer Einleitung oder dem Schlusswort das Rad neu erfinden. Es folgen mit diesem Hintergrund Vorschläge zum Aufbau.

In der Einleitung stellen Sie eine fehlerhafte Bewertung fest.

„Sehr geehrte/r Frau/ Herr Prof. Dr. Muster, sehr geehrter Korrekturassistent, hiermit möchte ich die korrigierte Fassung meiner Hausarbeit im XXX Recht zur nochmaligen Korrektur zurückreichen. Ich halte die Bewertung für sachlich nicht gerechtfertigt und unzureichend begründet und daher die Notenstufe für zu niedrig angesetzt.“

Der Hauptteil wird ausgestaltet durch die oben aufgeführten Gründe zur Berechtigung einer Neubewertung namentlich die Fehleinschätzungen des Prüfers, bei einer Betitelung bleiben Sie besser neutral bei „Begründung“ etc.. Es bietet sich bei der Darstellung der einzelnen Punkte ein übersichtlicher Zweischritt an. Damit ist gemeint, dass Sie erst die fehlerhafte Korrektur anreißen und sie dann entkräften.

Der Schluss ist kurz und höflich zu halten. Es handelt sich um kein Pathos geladenes Abschlussplädoyer. Der vorherige Abriss reicht aus – oder auch nicht – und führt zu einer komplett neuen Bewertung.

„Aufgrund der vorangegangenen Begründung bitte ich um eine Neubewertung meiner Klausur/ Hausarbeit.

Mit den besten Grüßen

Max Mustermann“

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