Berufsspecial
Bau- und Architektenrecht
Praxis
Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein sind das A und O
Ein Bauvorhaben ist ein komplexes Unterfangen und bedarf professioneller Beratung auf allen Ebenen. Die kleinste Unachtsamkeit im Rahmen der Vertragsgestaltung kann zu verheerenden Folgen und Auseinandersetzungen zwischen den Parteien führen. Oft sind gleich mehrere Unternehmen an einem Bauvorhaben beteiligt, sodass die rechtliche Beratung des Bauherrn/der Bauherrin im Vorfeld wesentlich ist, um das Konfliktpotenzial in den Vertragsverhältnissen von vornherein möglichst klein zu halten. Auch auf Seiten der Architekt*innen und Bauunternehmen besteht Beratungsbedarf, beispielsweise hinsichtlich ihrer Honorar- oder Werklohnforderungen. Ein/e Spezialist*in im Bau- und Architektenrecht muss die Bedürfnisse und Forderungen aller Parteien berücksichtigen und eine passgenaue Beratung anbieten, unabhängig davon, auf wessen Seite er steht. Bauvorhaben und -prozesse verschlingen Summen, weswegen es gilt, kostspielige Streitigkeiten nach Möglichkeit zu vermeiden.
Auch im öffentlichen Baurecht gibt es reichlich zu tun. So ist zum Beispiel die Genehmigung von Bauvorhaben nicht immer unproblematisch, sodass es ratsam ist, sich hier einen Spezialisten/eine Spezialistin zur Seite zu holen. Ebenfalls relevant werden können Konflikte im Rahmen von nachbarrechtlichen Streitigkeiten. Erwartet wird von Experten und Expertinnen in diesem Bereich eine überzeugende Performance vor den Ämtern und Behörden sowie im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung, sollte es zum Prozess kommen.
Was das Bau- und Architektenrecht fordert, ist ein/e gewissenhafte/r, sorgfältige/r und verantwortungsbewusste/r Jurist*in mit profunden Rechtskenntnissen in diesem Bereich. Er/sie sollte zudem keine Scheu vor langwierigen Verwaltungs- und Verhandlungsprozessen haben!
Tätigkeitsfelder im Bau- und Architektenrecht
Auf das Baurecht spezialisierte Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen begleitet die komplexen und umfangreichen Prozesse des Errichtens, Umbauens oder Beseitigens von Gebäuden. Das Gebiet unterteilt sich in das öffentliche und private Baurecht. Letzteres regelt die Rechtsbeziehung zwischen allen am Bauprozess beteiligten Personen, wie etwa dem Bauherrn/der Bauherrin, dem Architekten/der Architektin und dem Bauunternehmer/der Bauunternehmerin. Demgegenüber befasst sich das öffentliche Baurecht mit der Genehmigung von Bauvorhaben sowie dem Nachbarrecht und den Interessen der Allgemeinheit bei einem Bau.
Die größte Baustelle: Werklohn- oder Honorarforderungen
Die Tätigkeitsspanne breitet sich beim privaten Baurecht über die Gestaltung von Verträgen, die erste Prüfung von Planung oder Bauleistungen, die Anmeldung von Ansprüchen gegenüber den Bauschaffenden bis hin zur Geltendmachung von Ansprüchen durch Beweissicherung oder Klage aus. Die häufigsten Auseinandersetzungen entstehen darüber, welche Leistungen in dem vereinbarten Werklohn oder Honorar inbegriffen sind. Da ein Bauvorhaben ein wandelnder und sich entwickelnder Prozess ist, können sich Ausführungspläne oder Ausführungsweisen schnell ändern, sodass Baukosten und Honorare angepasst werden müssen. Besonders schwierig wird es, wenn mehrere Unternehmer*innen an einem Bauwerk beteiligt sind und bei einem auftretenden Mangel nicht klar ist, in wessen Verantwortungsbereich dieser fällt. Hier gilt es den Überblick zu behalten!
Der Vertrag macht den Unterschied
Mit einer sorgfältigen, unmissverständlichen Vertragsgestaltung und einem in Bezug auf jegliche Gewährleistungsrechte gründlich geprüften Vertrag können viel Ärger und hohe Kosten vermieden werden. Kommt es dennoch zu Streitigkeiten, sollte der Experte/die Expertin im Baurecht zunächst auf dem Verhandlungsweg eine Lösung mit den Beteiligten suchen. Fruchtet dies nicht, wäre das gerichtliche Beweissicherungsverfahren mit Einbeziehung aller in Frage kommenden Verantwortlichen der nächste Schritt (Tipp: So wird zumindest der Ablauf der Gewährleistungsfrist gehemmt, sollte man keine Lösung auf Verhandlungsebene gefunden haben). Hierfür bedarf es eines/einer sorgfältigen, klar strukturiert vorgehenden Jurist*in!
Im öffentlichen Baurecht kommt es vor allem darauf an, die Bauordnungen und Bauvorschriften bestens zu kennen, um eine solide Beratung im Planungs- und Städtebaurecht gewährleisten zu können. Einen wichtigen Bereich stellt die Vergabe öffentlicher Bauaufträge dar. Insofern eröffnet sich eine Schnittstelle zum Vergabe- und öffentlichen Wirtschaftsrecht. Weiterhin kann es auch zu Überschneidungen mit den Kollegen aus dem Immobilienwirtschaftsrecht beziehungsweise dem Miet- und Wohnungseigentumsrecht kommen.
Vieles spielt sich für Spezialisten und Spezialistinnen auf dem Gebiet des Baurechts im Rahmen der Vertretung der Mandanten und Mandantinnen vor Behörden oder Ämtern ab. Sorgfalt und Ausdauer sollten Juristen und Juristinnen im Baurecht also zu eigen sein!
Berufschancen & Gehälter
Berufsaussichten – Was sind meine Möglichkeiten?
Aufgrund der Bandbreite an Einsatzgebieten im Bau- und Architektenrecht eröffnen sich viele Berufsmöglichkeiten in diesem ertragreichen Berufsfeld. Neben dem klassischen anwaltlichen Einstieg in eine Kanzlei ergeben sich gute Aussichten in Unternehmen oder Architekturbüros. Eine weitere Perspektive für Volljuristen und Volljuristinnen ist auch die Arbeit in einer Behörde, zum Beispiel in den Baureferaten der Stadtverwaltung.
Gehaltsaussichten
Das Bau- und Architektenrecht ist für Juristen und Juristinnen auch unter finanziellen Gesichtspunkten ein sicherer Hafen. Das Durchschnittsgehalt in Kanzleien liegt bei knapp 96.000 €,* wobei die Gehaltsspanne je nach Kanzleiform sehr weit reicht. Die durchschnittlichen Jahresbruttogehälter liegen in Anwaltsboutiquen bei 75.500 € und in mittelständischen Kanzleien bei knapp 80.500 €.* Spitzenreiter*innen sind wie so oft die großen Sozietäten mit gut 120.000 € pro Jahr.*
Für die Arbeit in einer Landes- oder Bundesbehörde richtet sich die Besoldung nach der jeweiligen Besoldungstabelle des Landes beziehungsweise des Bundes.
Bildung
Fachanwaltstitel im Bau- und Architektenrecht
Das Bau- und Architektenrecht verzeichnet mit aktuell 3.011 zugelassenen Fachanwälten und Fachanwältinnen eine beträchtliche Anzahl an Spezialisten und Spezialistinnen. Darin spiegelt sich nicht nur der bestehende Bedarf an kompetenten Fachkräften in diesem Bereich wider, sondern auch die Beliebtheit des Rechtsgebiets. Die zuständige Rechtsanwaltskammer, welcher der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin angehört, verleiht nach Maßgabe der Fachanwaltsordnung (FAO) die Berechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Voraussetzungen für diese Verleihung sind:
- dreijährige Zulassung und Tätigkeit innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung (§ 3 FAO)
- Antragstellung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 22 FAO)
- Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse (§§ 4, 4a und 6 FAO)
- Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen (§§ 5, 6 FAO)
Zudem muss er/sie besondere Kenntnisse in den in § 14e FAO genannten Bereichen nachweisen.
Promotion oder LL.M. im Bau- und Architektenrecht
Natürlich besteht auch in diesem vielfältigen Berufsfeld die Möglichkeit zu promovieren oder einen Master of Laws zu erwerben. In Deutschland bieten beispielsweise die Westfälische Wilhelms-Universität Münster den Master „Immobilienrecht“ (Kosten: 11.700 €) und die Philipps-Universität Marburg einen LL.M. in „Baurecht und Baubegleitung“ (Kosten: 19.800 €) an. Beide Programme dauern vier Semester, können berufsbegleitend absolviert werden und sind ausschließlich deutschsprachig. Allerdings setzen beide Universitäten mindestens ein Jahr Berufserfahrung voraus.
Interessiert man sich für ein ausländisches LL.M.-Programm, sollte man einen Blick auf den deutsch-englischen Master „International Construction Law“ der Universität Wien werfen. Er kann berufsbegleitend innerhalb von drei Semestern für 13.500 € abgeschlossen werden.
An der University of Salford – Salford Law School in Großbritannien nahe Manchester gibt es den LL.M. in „Construction Law and Practice“. Er dauert zwei Jahre und geht mit Kosten in Höhe von umgerechnet circa 13.000 € einher.
Mit umgerechnet circa 28.500 € Studiengebühren am teuersten, aber auch am exotischsten ist das Masterprogramm „Construction Law“ der University of Melbourne Law School in Australien. Je nachdem, ob man sich dem Masterstudium in Voll- oder Teilzeit widmen möchte, dauert es ein bis zwei Jahre.
Zwar kann der LL.M. in Deutschland durchweg berufsbegleitend absolviert werden, der Nachteil besteht aber darin, dass der Blick über den „deutschen juristischen Tellerrand“ nicht hinausgeworfen wird und die eigenen Fremdsprachenkenntnisse währenddessen nicht erweitert werden. Gerade weil die deutschen Programme nicht nur Berufserfahrung voraussetzen, sondern auch in kostentechnischer Hinsicht den ausländischen Programmen in nichts nachstehen und zum Teil sogar teurer sind, klingen die Master in Österreich, Großbritannien und Australien mehr als verlockend! Insbesondere können auch die ausländischen Masterprogramme in Teilzeit absolviert werden.
*basierend auf unserer Umfrage von 143 Kanzleien.
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