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Verfassungsbeschwerde mangels Begründung nicht zur Entscheidung angenommen

Das Bundesverfassungsgericht hatte über eine Verfassungsbeschwerde eines Häftlings zu entscheiden, der die Verlegung in einen Nichtraucherraum der Untersuchungshaftanstalt begehrte (Beschluss vom 18.05.2017 – 2 BvR 249/17).
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Zu den Voraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde

Das Bundesverfassungsgericht hatte über eine Verfassungsbeschwerde eines Häftlings zu entscheiden, der die Verlegung in einen Nichtraucherraum der Untersuchungshaftanstalt begehrte (Beschluss vom 18.05.2017 – 2 BvR 249/17).

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat eine Verletzung der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzpflicht geltend gemacht, weil er vom 8. Dezember 2015 bis zum 5. Januar 2016 als Nichtraucher in einer Zelle mit rauchenden Häftlingen untergebracht war. Zuvor hatte er vor den Fachgerichten eine Feststellungsklage erhoben, wobei ein Feststellungsinteresse jedoch verneint worden war.

Entscheidung

Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen. Soweit die angegriffenen Entscheidungen die von dem Beschwerdeführer begehrte Verlegung in einen Nichtraucherraum der Untersuchungshaftanstalt betreffen, ist die Verneinung des Feststellungsinteresses durch die Fachgerichte zwar insbesondere mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG bedenklich.

Die Verfassungsbeschwerde genügte aber den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Begründungsanforderungen nicht, denn sie war nicht ausreichend begründet. Zur Begründung seines Beschlusses hatte das OLG unter anderem auf eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Bezug genommen, die der Beschwerdeführer nur unvollständig vorgelegt hat. Es fehlte gerade die Seite, auf der sich offenbar Ausführungen zur Begründetheit des Antrags des Beschwerdeführers befanden. Diese gab der Beschwerdeführer auch nicht ihrem wesentlichen Inhalt nach wieder.

Der Beschwerdeführer trat zudem der Feststellung der Gerichte, er habe der Justizvollzugsanstalt vor seinem schriftlichen Antrag vom 29. Dezember 2015 nicht mitgeteilt, Nichtraucher zu sein, nicht hinreichend substantiiert und widerspruchsfrei entgegen. Der diesem Verfahren zugrunde liegende Sachverhalt würde sich bei Kenntnis der vollständigen Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt möglicherweise klarer darstellen.

Das BVerfG würde ein Feststellungsinteresse des Häftlings jedoch bejahen. Angesichts der nicht auszuschließenden Wirkungen des Passivrauchens greife die gemeinschaftliche Unterbringung eines nichtrauchenden Gefangenen mit einem rauchenden Mitgefangenen – jedenfalls wenn der Betroffene ihr nicht in gesicherter vollkommener Freiwilligkeit zustimmt – in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ein.

Die Durchsetzung von auf den Schutz von Nichtrauchern zielenden Geboten könne schon im Hinblick darauf, dass der nichtrauchende Gefangene sich damit der Gefahr von Repressalien seitens der Mitgefangenen aussetzen würde, nicht ihm überlassen bleiben.
Vielmehr müsse die Anstalt durch geeignete, von Beschwerden des betroffenen Nichtrauchers unabhängige Vorkehrungen, wie zum Beispiel Rauchmelder, für eine systematische Durchsetzung des gesetzlichen Verbots sorgen.

Merke:

1. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen werden. Hierzu gehört auch, dass innerhalb der Beschwerdefrist Unterlagen aus dem fachgerichtlichen Verfahren vorgelegt oder inhaltlich wiedergegeben werden müssen, soweit ohne ihre Kenntnis eine Einschätzung, ob die Verfassungsbeschwerde Erfolg haben kann, nicht möglich ist.

2. Im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG ist zu bedenken, dass dem Betroffenen bei gewichtigen Grundrechtseingriffen auch nach Erledigung einer Maßnahme ein schutzwürdiges Interesse an seiner Rehabilitierung zukommen kann.

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