„11 Bilder von Badeenten?“ „Das macht 21.044,66 €“- neue Schadensersatzdimensionen im Urheberrecht
In Zeiten, in denen Online-Shopping mehr und mehr die traditionellen Einkaufsbummel ersetzt, haben viele von uns schon negative Erfahrungen gemacht. Das bestellte Produkt kommt an, man reißt erwartungsvoll die Verpackung auf und hält etwas in den Händen, das zwar der Bestellung im weitesten Sinne- nicht aber dem Bild auf der Online-Präsenz entspricht.
Dies kann natürlich böswillige Absicht des Shop-Betreibers sein, oftmals liegt es aber auch daran, dass er sich ein Bild eines anderen Verkäufers „geliehen“ hat.
Dass zumindest diese Art von (un)bewusster Täuschung des potentiellen Kunden im Internet künftig unterbleibt, scheint angesichts neuer Dimensionen an Schadensersatzzahlungen für den Gebrauch von fremden Fotos wahrscheinlich.
Der Fall:
Ein Onlineshop-Betreiber hatte in seinem Online-Shop, aber auch in seiner Ebay-Präsenz Bilder von Badeenten zur Kennzeichnung der von ihm vertriebenen Produkte genutzt. Allerdings lagen die Nutzungsrechte nicht bei ihm, sondern bei Bernfried Warning.
Er setzte die Bilder zum Verkauf der Badeenten in unberechtigter Weise ein und wurde daher durch den Bevollmächtigten von Warning abgemahnt.
Der Schadensersatzanspruch:
Der Betrag, den der Shop-Betreiber nun zahlen muss, lässt jeden Finger, der gerade den Bewegungsablauf „Rechte-Maustaste-Bild-speichern“ vollführt, in der Bewegung erstarren. Inklusive Abmahnkosten beläuft sich der zu zahlende Betrag auf eine Summe von insgesamt 21.044,66 €.
Anspruchsgrundlage ist § 97 II UrhG. Er muss Warning den Schaden ersetzen, welcher durch die unlizensierte Nutzung der Bilder entstanden ist. Fraglich ist zunächst, wie ein derartiger Betrag errechnet wird. Hierzu wird sich der sogenannten Lizenzanalogie bedient.
Es ist klar, dass ein unrechtmäßiger Nutzer vorliegend nicht besser gestellt werden darf als ein rechtmäßiger, andernfalls bestünde kein Anreiz sich rechtmäßig zu verhalten. Schließlich könnten Shop-Betreiber auf gut Glück unlizensierte Bilder verwenden, darauf hoffen, nicht abgemahnt zu werden und im Zweifel den Betrag entrichten, der bei lizensierter Nutzung angefallen wäre. Dies ist nicht im Sinne des Gesetzgebers.
Es muss also zunächst die Höhe der Zahlung durch den rechtmäßigen Nutzer ermittelt werden, um auf dieser Grundlage die des unrechtmäßigen Nutzers zu ermitteln. Eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte findet sich in dem Kommentar von Dreier/Schulze zum Urhebergesetz in § 97, Rn. 3.
Gemäß der Honorarempfehlung ergibt sich für die Nutzungsdauer von einem Jahr (die dem Shopbetreiber unterstellt wurde, genaue Angaben sind von ihm zu machen) ein Betrag von 465,00 € pro Bild, was bei den 11 streitgegenständlichen Bildern einen Gesamtbetrag von 5.115,00 € bedeutet.
Das war aber noch nicht alles. Da der Nutzer die Bilder für einen Online-Shop verwendete, kommt ein 50 %-iger Aufschlag hinzu. Die Zwischensumme beträgt mittlerweile 7.672,50 €.
Der Onlineshop-Betreiber nutzte die Bilder aller auf zwei unterschiedlichen Domains. Dies bedeuetet einen zusätzlichen Aufschlag von 25 %.
Der Anspruch betitelt sich nunmehr auf 9.590,63 €. Zur Veranschulichung der Dimensionen. Geht man davon aus, dass es sich bei den Badeenten um relativ schlichte Exemplare ohne LED-Beleuchtung oder Massagerollen (ja, die gibt es) handelte, die etwa 3,95 € kosten, muss der Betreiber 2.428 Badeenten verkaufen, um den zu zahlenden Betrag zu erwirtschaften.
Weiterhin besteht hier aber auch noch ein Verstoß gegen § 13 UrhG, schließlich wurde Warning nicht als Urheber bei den verwendeten Bildern genannt. In Verbindung mit § 97 Abs. 2 UrhG besteht deswegen ein weiterer Schadensersatz des Urhebers, nämlich in Höhe der einfachen Lizenzgebühr.
Hierin liegt nämlich eine Verletzung der besonderen Beziehung, die der Urheber zu seinem Werk habe, nämlich des Urheberpersönlichkeitsrechts (vgl.: BGH GRUR 1972, 713, 714)
Damit erhöht sich der zu zahlende Betrag auf 19.181,26 €.
Insgesamt ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 85.181,26 €. Aus diesem berechnen sich nun die Kosten der Abmahnung. Zustande kommt ein Endbetrag von 21.044,66 €.
Fun-Fact: Warning nutzte die Bilder selbst auf der Seite von amazon.de.
Beim Hochladen eines Bildes in dieses Onlineportal wird amazon ein gebührenfreies unterlizensierbares Recht eingeräumt, die Bilder in beliebigen Medien zu verwenden. Trotzdem beruft er sich gegenüber dem Online-Shop-Betreiber auf die Lizenzanalogie.
Dieser müsste übrigens 5.328 Badeenten verkaufen, um den Kopf wieder über Wasser zu kriegen und die gesamte Summe zu begleichen. Ob man also für den Verkauf von Waren ein Bild aus dem Internet verwendet, das eine Suchmaschine ausgespuckt hat, sollte im Einzelnen durchdacht werden.
Kommt es zu einer Abmahnung, dürfte sich die Gewinnspanne nicht unerheblich verringern. Weitere Details zu diesem skurillen Fall, wie etwa rechtliche Bewertungen findet ihr unter:
https://www.ratgeberrecht.eu/urheberrecht-aktuell/19-181-eur-schadensersatz-fuer-11-bilder-von-badeenten.html
P.S.: Das von uns verwendete Badeenten-Bild für diesen Beitrag DARF genutzt werden.