Jeder kennt sie, jeder nutzt sie, jeder hat ein Familienmitglied der älteren Generation, das hauptsächlich über sie kommuniziert und jeder hat einen Freund, der grundsätzlich keine benutzt und dadurch immer irgendwie ein bisschen beleidigt wirkt.
Die Rede ist von Emoticons. Und so lange, wie diese schon zum Alltag unserer nonverbalen Kommunikation gehören, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie Gegenstand einer gerichtlichen Verhandlung werden.
Seit 1963 der erste Smiley von Harvey Ball gezeichnet wurde, sind einige andere Tatsenkombinationen und Symbole hinzugekommen, die uns das Kommunizieren erleichtern sollen.
Eine interessante Anwendung der Emoticons wurde nun vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg verhandelt (Urteil vom 22.06.2016, 4 Sa 5/16).
Der Fall:
Es geht vorliegend um einen Montagearbeiter mit einem Behinderungsgrad von 20, der in einem Umfang von 28 Stunden die Woche bei einem Maschinenbauunternehmen tätig war.
Das betroffene Unternehmen beschäftigt allein in seinem Stammsitz 1000 Mitarbeiter und ist damit der größte Arbeitgeber am Ort.
Dem Betroffenen und Kläger in diesem Fall wurde am 03.08.2015 gekündigt. Es handelte sich um eine außerordentliche fristlose Kündigung. Hilfsweise wurde ihm wenig später eine ordentliche Kündigung zugestellt.
Die Kündigung wurde auf folgenden Sachverhalt gestützt: In Folge eines Arbeitsunfalles war der Kläger arbeitsunfähig. Seine Verletzung an der Hand postete er auf seinem privaten Facebook-Account. Unter dem Beitrag entwickelte sich eine Diskussion mit 21 Beteiligten, von denen vier Arbeitskollegen des Klägers waren.
Hierbei sind folgende Kommentare gefallen:
C.H.: 6 Wochen gelben Urlaubsschein!
L.F.(Kläger): Lars Ricken sags nicht er kommt im Oktober wieder!!!
M.I.: Was Oktober ich hab gedacht in Dezember!!!
L.F.(Kläger): Hahhahhahahaha (*Thumbsup-Smiley*)
L.F.(Kläger): Das fette *Schwein-Emoticon* dreht durch *Smiley-Emoticon*
L.F.(Kläger): Und der *Affenkopf-Emoticon* Kopf auch *viele lachende Smileys*
Am 27.07.2015, nur kurze Zeit nach den Kommentaren erhielt die Beklagte/ der Arbeitgeber Kenntnis von der Konversation. Zu der Kündigung wurde auch der Betriebsrat angehört. Er widersprach den Kündigungen beziehungsweise äußerte Bedenken gegen diese (BI 48-51 der arbeitsgerichtlichen Akte).
Gegen beide Kündigungen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage, die durch Beschluss des Arbeitsgerichtes verbunden wurden. Der Kläger bestritt eine ordnungsgemäße Anhörung durch den Betriebsrat konstatierte, dass die Kündigungen nicht gerechtfertigt seien.
Es habe sich um eine private Kommunikation in einem geschützten Raum gehandelt. Außerdem sei die ganze Unterhaltung durch Insider geprägt gewesen. Der Kläger habe sich über den Empfängerkreis keine Gedanken gemacht und sagte, aufgrund der Schnelllebigkeit des Internets würden die Einträge schnell an Bedeutung verlieren.
Weiterhin sagte er aus, die Emoticons hätten keine Vorgesetzten gemeint, gerade „Bärenkopf“ sei keine Beleidigung. Er bat auch darum, bei einer Interessenabwägung seine soziale Position zu berücksichtigen. Der Mann arbeitete im Teilzeit, um die demenzkranke Großmutter versorgen zu können.
Demgegenüber behauptete die Beklagte, die Kommentare seien öffentlich und nicht nur für Facebook-Freunde einsehbar gewesen sein. Dies sei dem Kläger auch bewusst gewesen, schließlich habe er in einem Kommentar zu Vorsicht gewarnt wegen etwaigen Mithörern. Die Bezugnahme auf einen ehemaligen Abteilungsleiter ließe auch keinen Zweifel offen, dass mit „fettes Schwein“ und „Affenkopf“ zwei Vorgesetzte gemeint gewesen waren.
Der Instanzenzug:
Das Arbeitsgericht Pforzheim (1 Ca 290/15) stellte mit Urteil vom 08.12.2015 fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die beiden streitgegenständlichen Kündigungen aufgelöst wurde.
Infolgedessen wurde die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt.
Zwar besagte es, dass die Beleidigungen wohl in Richtung der Vorgesetzten gemeint waren.Es nahm jedoch auch Bezug auf die 16 Jahre andauernde beanstandungslose Beschäftigung des Klägers. Deswegen sei zunächst eine Abmahnung des Arbeitnehmers nötig, um abzuwarten, ob dieser künftig derartige Äußerungen unterlassen würde.
Die Beklagte ging in Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg. Hier rügte sie eine Verletzung materiellen Rechts, es habe keine Auseinandersetzung mit den Tatumständen stattgefunden. Schließlich habe es sich um eine öffentlich einsehbare grobe Beleidigung gehandelt.
Es wurde weiterhin ergänzt, dass die beiden in der Unterhaltung gemeinten Personen entsprechende körperliche Merkmale aufweisen. So soll einer etwas korpulenter sein und der andere aufgrund einer Knochenerkrankung sehr markante Gesichtszüge haben. Hilfsweise wurde durch die Beklagte eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt.
Der Kläger sei im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens aus dem arbeitsgerichtlichen Weiterbeschäftigungstitel gegen den Arbeitgeber vorgegangen, dadurch wurde gegen den Seniorgeschäftsführer der Beklagten Zwangshaft festgesetzt. Das ohnehin durch die Beleidigungen gestörte Verhältnis sei hierdurch weiter zerrüttet gewesen.
Das Berufungsgericht stellte fest, dass die Kündigung nicht nach § 626 Abs. 1BGB gerechtfertigt gewesen sei. Es konstatierte, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nur gegeben sei, wenn das Ergebnis der Gesamtwürdigung die Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung sei.
An sich wurde das Vorliegen eines Kündigungsgrundes festgestellt, insbesondere wurde festgestellt, dass in den streitgegenständlichen Bemerkungen grobe Beleidigungen liegen und hier auch die fraglichen Vorgesetzten gemeint gewesen seien, was sich durch die Betrachtung des Gesamtkontextes ergebe.
Dies wurde zumindest in Bezug auf den Schwein-Emoticon festgestellt, in Bezug auf den anderen Kommentar hatte der Kläger ja behauptet, er habe einen Bären-Emoticon wählen wollen. Das Berufungsgericht führt aus, dass die Liste der Emoticons bei Facebook den benutzten Emoticon aber als Affenkopf auszeichnet.
Es wurde zugunsten der Beklagten angenommen, dass deren Behauptung insoweit zutrifft und tatsächlich der Vorgesetzte mit den krankheitsbedingt markanten Gesichtszügen gemeint war. Trotzdem wird die Kündigung als nicht erforderlich betrachtet. Es wird hierbei geprüft, ob eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, um künftige Störungen zu verhüten. Wenn die fragliche Pflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruht, kann auch die Androhung negativer Folgen für das Arbeitsverhältnis eine künftige Verhaltensänderung erwarten lassen.
Eine Ausnahme bestünde, wenn die erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und- auch für den Arbeitnehmer erkennbar- ausgeschlossen ist (BAG 25. Oktober 2012 aaO). Das Berufungsgericht stellte deswegen fest, dass eine Entbehrlichkeit der Abmahnung nicht gegeben sei.
In der Urteilbegründung wurden die von der Beklagten bemängelten Aspekte hinreichend miteinbezogen, insbesondere wurde auf das Medium Facebook, die öffentliche Einsehbarkeit und die Unterhaltung zwischen Mitarbeitern eingegangen.
Mithin wurden beide Kündigungen als nicht rechtmäßig festgestellt, die zweite ordentliche Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KschG. Auch eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 S.2 KschG wird verneint. Es lägen keine Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor, das Vorgehen des Klägers im Wege der Zwangsvollstreckung sei kein Fehlverhalten seinerseits, die Folgen der Zwangshaft seien indes auf ein Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Es wird auch hier auf die 16 Jahre dauernde Tätigkeit des Arbeitnehmers verwiesen.
Festzuhalten ist in jedem Fall aber, dass die Nutzung des Schweine- und Affen- oder Bären-Emoticons je nach Situation eine grobe Beleidigung darstellen kann.
Wir raten euch deswegen, rein profilaktisch auch den Haufen-Smiley, den Kuh-Emoticon,den Drachen-Emoticon, die Flasche, den Vogel und die Null künftig mit Vorsicht zu behandeln.