Das AG München hat entschieden, ob ein Grundstückseigentümer einen Unterlassungsanspruch gegen seinen Nachbarn hat, wenn dieser im Winter gelegentlich ein bis zwei Schaufeln Schnee auf das Nachbargrundstück schaufelt (Urteil vom 20.07.2017 – 213 C 7060/17).
Sachverhalt:
Der Kläger ist Eigentümer und Bewohner eines Hauses in München. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks. Beide Grundstücke sind im Bereich der Garagen des Beklagten durch einen Maschendrahtzaun voneinander getrennt. Auf der Seite des Klägers befindet sich dort Rasen.
Mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 11.01.2011, 25.01.2015 und 06.03.2017 ließ der Kläger den Beklagten abmahnen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte regelmäßig seinen Schnee auf die Grundstücksfläche des Klägers schaufelt, um ihn dort abzulagern. Dies geschehe regelmäßig absichtlich und vor den Augen des Klägers, erstmals im Jahr 2011.
Auch am 28.12.2014 habe der Beklagte seine Garagenvorflächen von Schnee befreit und den Schneeniederschlag mit einer Schaufel auf die Grundstücksfläche des Klägers verbracht. Am 02.02.2015 gegen 11:30 Uhr habe der Kläger den Beklagten beim Schneeräumen beobachten können. Der Beklagte habe ihm in die Augen geschaut und hämisch eine Schaufel voll Schnee über den Zaun geschippt.
Auch im Winter 2015/2016 sowie 2016/2017 habe der Beklagte mehrmals unbeobachtet Schnee auf das Grundstück des Klägers verbracht. Der Kläger verlangt vom Beklagten gemäß §1004 Abs. 1 BGB, dies zu unterlassen. Denn an seinem Rasen würden wegen der verzögerter Begrünung im Frühjahr Schäden entstehen. Zudem müsse er den nach Abschmelzen des Schnees verbleibenden Streusplitt von seinem Grundstück entfernen.
Entscheidung:
Das AG München hat die Klage auf Unterlassung nach durchgeführter Beweisaufnahme abgwiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts konnte dem Beklagten lediglich nachgewiesen werden, dass er dreimal im Zeitraum von Winter 2013/2014 bis Winter 2016/2017 eine oder zwei Schaufeln Schnee auf das Nachbargrundstück geschippt hat.
Das Gericht könne in diesem, wenn auch absichtlichen Verbringen von lediglich ein bis zwei Schaufeln Schnee auf das Grundstück des Klägers jedoch keine hinreichende Beeinträchtigung des Grundstückseigentums erkennen. Das Verbringen von lediglich ein bis zwei Schaufeln Schnee möge hier zwar geeignet sein, den Kläger zu provozieren und das Verhältnis der Parteien untereinander weiter zu verschlechtern.
Darüber hinaus habe es jedoch – in dieser Menge – keinerlei spürbare Auswirkungen auf die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Klägers. Bei dem mit der Schaufel absichtlich verbrachten Schnee handele es sich lediglich um einige Liter Wasser. Diese befänden sich allenfalls bis zum selbständigen Schmelzen infolge Erwärmung auf dem Grundstück des Klägers, welches ohnehin aufgrund der natürlichen Witterung ebenfalls schneebedeckt war.
Merke:
1. Es bedarf nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zunächst einer Eigentumsbeeinträchtigung in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes. In Betracht kommt dabei jeder dem Inhalt des Eigentums widersprechende Zustand oder Vorgang. Dies kann nicht nur aus einer Einwirkung auf den Sachkörper oder dem Zuführen wägbarer und unwägbarer Stoffe, sondern grundsätzlich auch durch jedes sonstige Handeln resultieren.
2. Der Anspruchsteller darf gem. § 1004 BGB nicht zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet sein. Eine Duldungspflicht kann sich sowohl aus privatrechtlichen als auch aus öffentlich-rechtlichen Regeln ergeben.