Das VG Berlin hat sich mit der Frage befasst, ob die Vorgaben an die mindestens zu fordernde Körpergröße von Bewerbern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Land Berlin zu beanstanden sind (Urteil vom 01.06.2017 – 5 K 219/16).
Sachverhalt
Die 1997 geborene und 154 cm große Klägerin bewarb sich um die Einstellung in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei zum April 2017. Der Polizeipräsident in Berlin lehnte die Bewerbung ab, da die Klägerin die für die Laufbahn vorgeschriebene Mindestgröße von 160 cm für Bewerberinnen (für männliche Bewerber: 165 cm) unterschreite.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, ihre gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst stehe außer Frage. Die Anforderungen an die Größe von Bewerberinnen stellten zudem eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar.
Entscheidung
Das VG Berlin hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klägerin zu Recht nicht in den Polizeivollzugsdienst eingestellt worden. Es sei Sache des Dienstherrn, die aus seiner Sicht maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG zu bestimmen.
Dabei stehe ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren habe; Bewerber müssten sich mit ihren individuellen körperlichen Fähigkeiten daher an den vom Dienstherrn getroffenen Vorgaben messen lassen. Anders als bei Einstellungshöchstaltersgrenzen bedürfe die Festlegung einer Mindestgröße keiner gesetzlichen Grundlage.
Die Festlegung der Mindestgröße auf 160 cm für Frauen sei sachgerecht und beurteilungsfehlerfrei. Denn für die Durchsetzungsfähigkeit bei körperlichen Auseinandersetzungen und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs müssten gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein.
Polizistinnen unter 160 cm könnten zudem wegen ihrer Körpergröße als unterlegen wahrgenommen werden und damit auch eher bevorzugtes Ziel von Widerstandshandlungen sein. Eine sachwidrige und geschlechtsbezogene Benachteiligung liege mit Blick auf das mit der Regelung verfolgte Ziel nicht vor.
Anders ging es für einen Kläger aus Nordrhein-Westfalen aus, bei dem das VG Gelsenkirchen entschied, für die 2007 festgesetzte Mindestgröße von Männern in Polizeidienst (1,68m) mangele es an einer aktuellen wissenschaftlichen Grundlage.
Jedoch sei auch nach Auffassung des VG Gelsenkirchen der Abstand zwischen den Mindestgrößen für Männer und Frauen dagegen nicht zu beanstanden. Auch grundsätzlich sei die unterschiedliche Festlegung aus Gründen der Chancengleichheit in Ordnung.
Auch das VG Aachen entschied anders: Frauen müssten keine Mindestgröße vorweisen, um bei der Polizei arbeiten zu dürfen. Für die bei Einstellungen von Frauen vorgeschriebene Mindestgröße von 1,63 Metern fehle eine plausible Begründung, hieß es in einer im Februar veröffentlichten Entscheidung (Az.: 1L6/17).
Merke:
1. Art. 33 Abs. 2 GG begründet für jeden Bewerber das Recht, bei seiner Bewerbung um ein öffentliches Amt allein nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Voraussetzungen – Eignung, Befähigung und fachliche Leistung – beurteilt zu werden. Verstößt die Einstellungsbehörde bei ihrer Auswahl gegen Art. 33 Abs. 2 GG, kann der Bewerber im Regelfall nur verlangen, daß der auf verfassungswidrige Gesichtspunkte gestützte Ablehnungsbescheid aufgehoben wird.
2. Nur unter besonderen Umständen kann sich aus Art. 33 Abs. 2 GG darüber hinaus ein Einstellungsanspruch des Bewerbers ergeben, nämlich dann, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als die Einstellung dieses Bewerbers als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft und mithin die Einstellung als die einzige rechtmäßige Entscheidung der Behörde über die Bewerbung darstellt.