Das VG Karlsruhe hat entschieden, ob die Stadt Mannheim die Kosten für die Abfallentfernung von einem Grundstück im Wege der Ersatzvornahme selbst tragen muss, weil die Räumungsfrist für den inhaftierten Grundstückseigentümer zu kurz gewesen sein könnte (Urteil vom 05.09.2017 – 1 K 397/15).
Sachverhalt:
Der Kläger ist Miteigentümer eines Grundstückes und nutzte es bis zu seiner Inhaftierung im März 2012 als Freilager für verschiedene Materialien. Nachdem der Zustand des Grundstückes in der Folgezeit Gegenstand der Berichterstattung im Mannheimer Morgen war, erklärte der Erste Bürgermeister der Beklagten am 10.04.2013 gegenüber dem „Mannheimer Morgen“, dass er verfüge, das Grundstück räumen zu lassen.
Mit Bescheid vom 13.05.2013 verpflichtete die Stadt Mannheim den Kläger, die auf dem Grundstück gelagerten Abfälle zu entfernen und zu beseitigen. Sollte er dieser Verpflichtung nicht bis zum 27.05.2013 nachkommen, drohte sie an, die Räumung auf Kosten des Klägers selbst durchzuführen (sog. Ersatzvornahme, § 25 VwVG Baden-Württemberg). Bei den abgelagerten Gegenständen handele es sich um Abfall.
Nach erfolglosem Fristablauf räumte die Stadt Mannheim das Grundstück. Mit Bescheid vom 16.09.2013 verlangte sie die entstandenen Kosten von 23.328,92 Euro vom Kläger. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies die Widersprüche des Klägers gegen beide Bescheide zurück.
Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen den Räumungs- und den Kostenbescheid der Stadt Mannheim und begehrte Rückgabe der entfernten Gegenstände, hilfsweise Schadensersatz. Bei den im Hof gelagerten Gegenständen habe es sich um Wertsachen und demzufolge um keinen Abfall gehandelt.
Entscheidung:
Das VG Karlsruhe hat der Klage in weitem Umfang stattgegeben. Soweit der Kläger die Rückgabe der gelagerten Gegenstände verlangte, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen; hinsichtlich der Schadensersatzforderung hat das VG Karlsruhe den Rechtsstreit an das zuständige LG Mannheim verwiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Anordnung zur Räumung nicht zu beanstanden, da auf dem Grundstück Abfall gelagert war. Die Androhung der Ersatzvornahme und der Kostenbescheid hätten sich jedoch als rechtwidrig erwiesen. Die Räumungsfrist bis zum 27.05.2013 sei für den damals bereits inhaftierten und unter Betreuung stehenden Kläger zu kurz und deshalb nicht angemessen gewesen.
Dem Kläger sei es innerhalb dieser Frist von wenigen Tagen nicht möglich und zumutbar gewesen, die Räumung des Grundstückes zu organisieren. Auch sei die Räumung nicht besonders eilbedürftig gewesen. Weil die Überwälzung der Räumungskosten auf den Kläger voraussetze, dass die Ersatzvornahme – und damit auch deren Androhung – rechtmäßig sei, sei auch der Kostenbescheid rechtswidrig.
Soweit der Kläger die Rückgabe der gelagerten Gegenstände verlange, wurde die Klage abgewiesen. Sie sei auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet. Hinsichtlich der Schadensersatzforderung wurde der Rechtsstreit an das zuständige LG Mannheim verwiesen.
Merke:
1. Die Ersatzvornahme ist die Vornahme einer vertretbaren Handlung anstelle und auf Kosten des Handlungspflichtigen durch einen Dritten. „Vertretbar“ ist eine Handlung nach der Legaldefinition des § 59 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW bzw. des § 52 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW dann, wenn die Vornahme der Handlung durch einen Dritten möglich ist.
2. Enthält der Grund-VA ein Handlungsgebot für den Adressaten, dann ist dem Betroffenen in der Androhung eines Zwangsmittels eine angemessene Frist zur Erfüllung dieser Handlungspflicht zu bestimmen.