Diskussion um den Schwerpunktbereich
Vor einiger Zeit gab es Aufregung unter Studierenden und Lehrenden. Die Diskussion um den Schwerpunktbereich an der Uni und dessen Sinnhaftigkeit wurde erneut aufgenommen. Es wurden Stimmen laut, die den universitären Schwerpunkt abschaffen wollten, es wird über eine Reduktion der Wertung gesprochen; von 30 auf 20 Prozent der Gesamtnote. Während einige Studierende den Schwerpunkt als verbesserungsbedürftig ansehen, steht ein großer Teil hinter ihm, fordert eine Angleichung zur besseren Vergleichbarkeit und sieht die Universitäten in der Pflicht, Mankos auszubügeln. So auch der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften, der offen in den Dialog geht und seine Meinung deutlich vertritt.
Das gesamte Studium über lernen wir das Gleiche, eine Möglichkeit, Alleinstellungsmerkmale zu erwerben, besteht meist nur außerhalb der universitären Veranstaltungen, die Prüfungsinhalt der ersten Pflichtfachprüfung sind. Der Schwerpunkt bietet die Möglichkeit, praxisnah neue Fertigkeiten zu erwerben und sich intensiv mit einem neuen (Rand-)Gebiet zu befassen. Aus diesem Grund werden wir euch in dieser Reihe exotische und interessante Schwerpunktbereiche an verschiedenen Universitäten vorstellen.
Der Schwerpunkt „Internationales und Europäisches Recht“ an der Universität Münster
Vito Tamburo, Amtierender zweiter Sprecher der Bundesfachschaft Jura, studiert in Münster und stellt uns seinen Schwerpunkt „Internationales und Europäisches Recht“ vor.
Iurratio: Welchen Schwerpunkt hast du gewählt und aus welchem Grund?
Vito: Ich habe mich für den Schwerpunkt „Internationales und Europäisches Recht“ entschieden, weil er eine ganze Bandbreite an Fächern aus dem Öffentlichen Recht und dem Internationalen Privatrecht bietet. Dazugehörige Vorlesungen wie „Völkerrecht“ und „Migrationsrecht“ beleuchten aktuelle politische Themen aus einer rechtlichen Perspektive.
Iurratio: Welche Leistungen muss man an deiner Fakultät erbringen, um das Schwerpunktzeugnis zu erhalten? Was sind die Erfordernisse?
Vito: Wir müssen drei schwerpunktspezifische Pflichtfächer (in unserem SPB zB „Völkerrecht I“, „Internationales Zivilprozessrecht“ oder „Europäisches Privatrecht“) mit einer SAS absolvieren. Man muss jeweils ein Pflichtfach aus dem Öffentlichen Recht und dem Privatrecht schreiben. Hinzu kommen drei Wahlpflichtfächer und ein Grundlagenfach. Die im zweiten Schwerpunktsemester geschriebene Seminararbeit zählt dreifach – und stellt somit 30 % der Note des gesamten Schwerpunkts.
Iurratio: Wie beliebt ist dein Schwerpunkt?
Vito: Wegen der großen Wahlfreiheit an Fächern besonders in den Wintersemestern gehört der Schwerpunkt zu den beliebtesten. Die Pflichtvorlesungen sind regelmäßig sehr gut besucht gewesen und die Auswahlmöglichkeiten an Seminaren ebenfalls sehr vielfältig. Wegen dieser Vielfalt an Angeboten kommt es im Übrigen kaum vor, dass man sich, ähnlich wie in den ersten Semestern, „von der Masse überlaufen“ fühlt. Dadurch können die Dozierenden die Vorlesungen interaktiver gestalten.
Iurratio: Wie ist die Betreuungssituation? Sind Praktiker eingebunden?
Vito: Dozierende stehen nach meiner Erfahrung bei Fragen sehr hilfsbereit zur Verfügung und weisen auch immer wieder auf Sprechstunden oder zumindest auf die eigene Mailadresse hin. Sie fragten regelmäßig nach Feedback und gestalteten die Vorlesung interaktiv. Auch Praktiker, wie Anwälte internationaler Großkanzleien konnten in bestimmten privatrechtlichen Fächern von den Dozierenden eingeladen und eingebunden werden.
Iurratio: Wie schätzt du den Praxisbezug ein/ wie die Examensrelevanz und wie die Relevanz für das Referendariat?
Vito: Der Praxisbezug ist aufgrund der steigenden Relevanz des internationalen Rechts durchaus gegeben. Abgesehen von den Grundzügen des Europarechts ist die Relevanz für das 1. Examen indes eher gering.
Iurratio: Was gefällt dir an deinem Schwerpunktbereich? Wo siehst du Verbesserungsbedarf?
Vito: Die Vielfalt an Fächern, die man aus dem Öffentlichen Recht und dem Privatrecht wählen kann, ist sehr ansprechend und zwingt einen vor der Wahl des Schwerpunktes nicht, sich auf eines der beiden Gebiete festzulegen. Darüber hinaus besteht die Option, dass man ein Fach aus der Fachspezifischen Fremdsprachenausbildung mitschreibt und sich als Wahlpflichtfach anrechnen lässt. Dadurch erhält man die Gelegenheit, Einblicke in andere Rechtssysteme zu erhalten.
Besonders reizt mich an dem internationalen Schwerpunkt die politische Aufladung der öffentlich-rechtlichen Materie, zB des Völkerrechts, da durch die Beschäftigung damit die Argumentationsfähigkeit gut geschult wird. Allerdings ist es ein wenig schade, dass fünf Pflichtfächern aus dem Privatrecht lediglich zwei Fächern aus dem Öffentlichen Recht gegenüberstehen. Hinzu kommt, dass beide öffentlich-rechtlichen Pflichtfächer nur im Wintersemester angeboten werden. Das Angebot und die Einteilung dieser Pflichtfächer sind daher ausbaufähig.
Iurratio: Vielen Dank für das Interview und deine Einblicke!
Unsere Leseempfehlungen
Hilfestellungen und Informationen zur Wahl deines Schwerpunktes sowie eine Übersicht weiterer verschiedener Schwerpunkte mit hilfreichen Einblicken findest du hier: