Es scheint wie eine verkehrte Welt: Der Schüler benimmt sich daneben und bekommt eine Strafarbeit aufgebrummt, die er während des Nachsitzens erledigen soll. Später hat der verantwortliche Lehrer sich dafür vor Gericht zu verantworten. Was ist da schiefgelaufen?
In Neuss wird ein 50-jähriger Musiklehrer wegen Körperverletzung nach §223 StGB und Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB angeklagt, weil er sich mit einem Stuhl in die Tür setzte und den Schülern den Ausgang versperrte, solange sie ihre Aufgabe nicht erledigt hatten. Außerdem soll er einem Jungen mit ausgestreckten Armen in den Bauch gestoßen haben, als dieser versuchte, den Raum zu verlassen. Ein anderer Schüler hat danach die Polizei angerufen.
Die Eltern des 13-jährigen Anrufers finden dessen Verhalten richtig, Ärger mit den Lehrern habe es immer schon gegeben. Ob dies möglicherweise an Verhaltensauffälligkeiten ihres Sohnes gelegen haben könnte, wollten sie dann aber nicht mehr beantworten. Sein Schulleiter hingegen beschreibt den Jungen als eher schwierig, es habe schon öfter Vorfälle mit ihm gegeben.
Vor Gericht behauptete der 13-Jährige, der Lehrer habe ihn mindestens 20 Minuten lang festgehalten, was laut Telefonprotokoll der Polizei allerdings nicht stimmen kann, höchstens 5 Minuten könnte die mögliche Freiheitsberaubung gedauert haben. Dem Schüler erschien die Situation jedoch so „furchterregend“, dass sie ihm länger vorkam. Sein Mitschüler, der gestoßen worden sein soll, erschien wegen Urlaubs nicht einmal zum Prozess.
Dafür erhielt jedoch der angeklagte Musiklehrer zahlreiche Unterstützung von Schüler- und Elternvertretern. Der 50-Jährige wird als „herzlicher Mensch“ und „toller Lehrer“ beschrieben und seitens der Schüler- und Lehrerschaft wird auf einen Freispruch gehofft. Der Prozess wird noch fortgesetzt.