Diskussion um den Schwerpunktbereich
Vor einiger Zeit gab es Aufregung unter Studierenden und Lehrenden. Die Diskussion um den Schwerpunktbereich an der Uni und dessen Sinnhaftigkeit wurde erneut aufgenommen. Es wurden Stimmen laut, die den universitären Schwerpunkt abschaffen wollten, es wird über eine Reduktion der Wertung gesprochen; von 30 auf 20 Prozent der Gesamtnote. Während einige Studierende den Schwerpunkt als verbesserungsbedürftig ansehen, steht ein großer Teil hinter ihm, fordert eine Angleichung zur besseren Vergleichbarkeit und sieht die Universitäten in der Pflicht, Mankos auszubügeln. So auch der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften, der offen in den Dialog geht und seine Meinung deutlich vertritt.
Das gesamte Studium über lernen wir das Gleiche, eine Möglichkeit, Alleinstellungsmerkmale zu erwerben, besteht meist nur außerhalb der universitären Veranstaltungen, die Prüfungsinhalt der ersten Pflichtfachprüfung sind. Der Schwerpunkt bietet die Möglichkeit, praxisnah neue Fertigkeiten zu erwerben und sich intensiv mit einem neuen (Rand-)Gebiet zu befassen. Aus diesem Grund werden wir euch in dieser Reihe exotische und interessante Schwerpunktbereiche an verschiedenen Universitäten vorstellen.
Der Schwerpunkt „Kollektives Arbeitsrecht“ an der Universität Mannheim
Maximilian Holl stellt seinen Schwerpunkt „Kollektives Arbeitsrecht“ an der Universität Mannheim vor, der seinerseits ein Teil des einheitlichen Schwerpunkts Wirtschaftsrecht ist. Hier ist eine individuelle Spezialisierung möglich.
iurratio: Welchen Schwerpunkt hast du gewählt und aus welchem Grund?
Maximilian: Mein Schwerpunkt im engeren Sinne ist kollektives Arbeitsrecht. Ich habe mich ganz klassisch einfach in fast alle Schwerpunktvorlesungen gesetzt und sie mir eine Zeit lang angehört. Nach und nach habe ich dann einfach festgestellt, dass mich dieses Fach fesselt. Vor allem die Wirkung der Grundrechte im Arbeitsrecht – insbesondere im Kollektivarbeitsrecht – hat mich dann interessiert. Mit Professor Fischinger hatten wir dann auch einen jungen Dozenten, dem die Materie Spaß macht und der das auch vermitteln konnte.
iurratio: Welche Leistungen muss man an deiner Fakultät erbringen, um das Schwerpunktzeugnis zu erhalten? Was sind die Erfordernisse?
Maximilian: Einfach gesagt ist das Schwerpunktstudium in Mannheim einheitlich Wirtschaftsrecht. Es besteht wahlweise aus den Themen Kreditsicherungs- und Handelsrecht oder Arbeits- und Gesellschaftsrecht („Wirtschaftsrecht AT“) sowie dem individuell gewählten Schwerpunktthema in der Vertiefung. Bei mir war das dann kollektives Arbeitsrecht. Hinzu kommt noch eine Vorlesung zur ökonomischen Analyse des Rechts.
Im AT wird dann eine vierstündige Klausur geschrieben, im individuellen Schwerpunktfach die mündliche Prüfung absolviert. Dazu kommt eine vierwöchige Seminararbeit. Aus allem setzt sich dann die Schwerpunktbereichsnote zusammen.
iurratio: Wie beliebt ist dein Schwerpunkt?
Maximilian: Wenn ich mich richtig erinnere, waren wir rund 30 Studenten im kollektiven Arbeitsrecht. Das ist verhältnismäßig viel, da die Uni doch eine der kleineren in Deutschland ist.
iurratio: Wie ist die Betreuungssituation? Sind Praktiker eingebunden?
Maximilian: Praktiker sind in dem Fach nicht eingebunden. Vermisst habe ich das aber nicht. Die gesamte Vorlesung ist mit zahlreichen Beispielsfällen aus der Praxis gefüllt. An der Betreuung gibt es überhaupt nichts auszusetzen.
iurratio: Wie schätzt du den Praxisbezug ein/ wie die Examensrelevanz und wie die Relevanz für das Referendariat?
Maximilian: Man muss nur sehen, wie oft jährlich in Deutschland gestreikt wird, um sich ein Bild davon zu machen, wie hoch der Praxisbezug ist. Vieles bekommen die Menschen am eigenen Leib mit, z.B. Streiks im Bahn- und Flugverkehr. Dabei ist das Streik- und Tarifvertragsrecht nur ein kleiner Teil; im Unternehmensalltag spielt vor allem Betriebsverfassungsrecht eine große Rolle, das dann auch in der Vorlesung entsprechend viel Aufmerksamkeit erhält.
Die Examensrelevanz des kollektiven Arbeitsrechts ist nicht allzu hoch. Das ist aber nie negativ aufgefallen; die Schwerpunktwahl eröffnet ja gerade die Möglichkeit, einmal über den Tellerrand namens Examensrelevanz zu sehen. Was das Wirtschaftsrecht AT angeht, so besteht dieser Teil des Schwerpunkts aus praktisch nur examensrelevanten Gebieten. Egal, ob man sich hier für die Klausur im Kreditsicherungs- und Handelsrecht oder im Arbeits- und Gesellschaftsrecht entscheidet, sind die Themen alle im Examen vertreten.
iurratio: Was gefällt dir an deinem Schwerpunktbereich? Wo siehst du Verbesserungsbedarf?
Maximilian: Mir gefällt der Praxisbezug. In weiten Teilen ist es eine gewissermaßen traditionelle Materie, die sich die Arbeitnehmer über lange Zeit gegenüber Arbeitgebern und Staat erkämpfen mussten. Grundrechte und viel Rechtsprechung prägen das Rechtsgebiet. Außerdem ist es interessant, einmal die andere Seite des Arbeitsrechts zu sehen. Viele Studenten kennen das Individualarbeitsrecht als Teil des Examens; die „Zweiteilung“ wird dann meist nur kurz angesprochen. So aber stellt sich ein umfassenderes Verständnis ein.
Verbesserungsbedarf sehe ich persönlich nicht. Ich bin sehr zufrieden mit der Wahl des Fachs und würde mich wieder so entscheiden. Materialien – Bücher, Skripte usw. – gibt es genug.
iurratio: Vielen Dank für dieses Interview!
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