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Journal / Allgemein

Commercial: Interview mit Rechtsanwalt Dr. Dominik Heimberg (Weisner Partner)

Wir haben in diesem Interview mit Dr. Dominik Heimberg von Weisner Partner über die Anforderungen und Perspektiven einer anwaltlichen Tätigkeit im Bereich Commercial gesprochen.

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Rechtsberatung im Bereich Commercial kann man aus meiner Sicht nicht an der Uni lernen. Schaut Euch den Bereich in Praktika, Referendarstationen oder als wissenschaftliche Mitarbeiter in der Praxis an, wenn Ihr Euch dafür interessiert.

Womit müssen Jurist:innen an einem typischen Arbeitstag im Bereich Commercial rechnen? Was umfasst dieser Bereich?

Dr. Dominik Heimberg, Weisner Partner

Der Bereich Commercial bedeutet für uns, dass wir die laufenden Rechtsthemen unserer Mandanten im allgemeinen Zivil- und Handelsrecht betreuen. Dies häufig als „ausgelagerte“ oder zumindest zusätzliche Rechtsabteilung. Gestern habe ich z.B. einen Kooperationsvertrag für eine Gesellschaft entworfen, die ein gemeinsames Projekt mit einem Künstler machen möchte Der Künstler soll seine Kunst liefern, meine Mandantin organisiert den Vertrieb und liefert das gesamte Setting des Projekts drum herum. So lautete ziemlich genau die Aufgabenstellung per Mail, aus der ich dann nach einem Telefonat mit dem Ansprechpartner der Mandantin einen entsprechenden Vertragsentwurf mit der Konkretisierung der Leistungspflichten, notwendigen Mitwirkungshandlungen, Regelungen bei einer Beendigung oder einem Scheitern des Projekts, etc. gemacht habe. 

Das Schöne an diesem Bereich ist, dass man sehr nah am operativen Geschäft der Mandanten dran ist. Der Bereich ist auch sehr vielfältig: Vor einiger Zeit rief etwa jemand von einer Mandantin an, die Online-Spiele anbietet. Dort wollte man nun ein Gewinnspiel machen und, weil dies das Symbol des bekanntesten Spiels der Mandantin ist, ein echtes, scharfes Schwert verlosen. „Können wir das aus dem Ausland importieren und hier normal verlosen oder müssen wir dabei etwas beachten?“ Nicht, dass wir uns damit auskennen würden, aber ein Anruf beim Zoll klärte die Frage bereits. Auch dies ist aus meiner Sicht eine notwendige Eigenschaft im Bereich Commercial: Pragmatismus, ggf. auch etwas „Streetsmartheit“.

Was hat Sie dazu bewogen, sich für eine Tätigkeit in diesem Bereich zu entscheiden? In welchem Karrierestadium fiel die Entscheidung, anwaltlich hier tätig zu werden?

Die Nähe zum operativen Geschäft der Mandanten, die laufende, häufig sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Ansprechpartnern und insgesamt das Gefühl, hier den Mandanten in seinem laufenden Geschäft durch intelligente Lösungen schnell und effizient voranzubringen, hat mir schon seit meiner ersten Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter neben dem Referendariat Spaß gemacht. Ich wollte zudem zivilrechtlicher Generalist bleiben. Dies ging bereits in der Kanzlei, in der ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter neben dem Referendariat arbeitete, nach dem Referendariat als Anwalt anfing und meine jetzigen Partner kennenlernte.

Inwieweit sind Ihre Erwartungen an die praktische Arbeit in dem Bereich erfüllt worden? Was waren Ihre größten Überraschungen?

Da ich den Bereich Commercial erst in der praktischen Arbeit kennengelernt habe, gab es, glaube ich, keine Erwartungen, die hier nicht erfüllt werden konnten. Gerade aus der Perspektive des Berufsanfängers ist aber vielleicht unerwartet, wie sehr es in diesem Bereich nicht nur auf juristisch saubere, sondern vor allem auf pragmatische Lösungen ankommt.

Was sind Ihrer Meinung nach die spannendsten bzw. schwierigsten Herausforderungen in dem Rechtsgebiet?

Die schwierigste Herausforderung dürfte sein, die notwendige Breite der Expertise zu erlangen und aufrechtzuerhalten. Dies ist aber auch das, was den Bereich so vielseitig und damit spannend macht.

Welche Soft Skills sind für eine anwaltliche Tätigkeit im Bereich Commercial vorteilhaft bzw. notwendig? Auf welche Anforderungen der Branche müssen sich Bewerber:innen hier einstellen?

Ein tiefes wirtschaftliches Verständnis für die Bedürfnisse des Mandanten sind aus meiner Sicht das A und O. Wie überall als Anwalt braucht es zudem die Fähigkeit, aus der laienhaften Aufgabenstellung das Relevante herauszupicken und das Ganze dann in eine klare und funktionierende juristische Struktur zu gießen.

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Sie haben promoviert, inwieweit hilft Ihnen das dabei erworbene Wissen bei Ihrer anwaltlichen Tätigkeit? Würden Sie anderen Interessent:innen eine Promotion in diesem Bereich als Vorbereitung auf eine spätere praktische Tätigkeit empfehlen?

Ich habe an der Schnittstelle vom Insolvenzrecht zum geistigen Eigentum promoviert. Gerade ein ansatzweises Verständnis des Insolvenzrechts hilft durchaus immer mal wieder. Viel mehr bringt einem der Titel aber in der Außenwirkung, gerade als junger Anwalt: Ich hatte immer das „Glück“, eher jung für mein Alter auszusehen. Wenn man also ohnehin schon eher wie ein Student daherkommt, hilft es sowohl gegenüber dem Mandanten als auch gegenüber dem Gegner, wenn man formal jedenfalls diesen Titel vorweisen kann. Und auch nach nun 12 Jahren Berufserfahrung ist das „Dr.“ gerade in Auseinandersetzungen oder konfrontativen Vertragsverhandlungen tatsächlich immer noch hilfreich, um das eigene Standing zu unterstützen. Leider muss ich auch sagen, dass nach meiner Erfahrung gerade jungen Anwältinnen ein Doktortitel hilft, ernster genommen zu werden. Da ist einfach immer noch viel zu tun. Alles dies ist aber nicht bereichsspezifisch, sondern gilt aus meiner Sicht für jede Tätigkeit als Anwalt:in.

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Erlangung des Fachanwaltstitels in einem vom Bereich Commercial umfassten Rechtsgebiet?

Fachanwaltstitel helfen aus meiner Sicht in bestimmten Bereichen wie Arbeits- oder Steuerrecht. In unseren Bereichen, also im Wirtschaftsrecht, Gesellschaftsrecht und der strategischen Konfliktlösung sind solche Titel aus meiner Sicht irrelevant. Kaum jemand in den Großkanzleien oder in den relevanten Boutiquen hat einen Fachanwaltstitel in diesen Bereichen. Dies ist aber vielleicht auch die großstädtische Sicht, in kleineren oder mittelgroßen Städten mag dies schon wieder anders sein.

Welche Aus-/Weiterbildung in dem Rechtsgebiet würden Sie Junganwält:innen ans Herz legen?

Ich hatte das Glück, an meiner Uni eine wirtschaftswissenschaftliche Zusatzausbildung machen zu können. Jede betriebswirtschaftliche Kenntnis dürfte helfen. Mehrere Kurse im Bilanzrecht für Juristen gehören bei uns zur Standardfortbildung für alle Berufsanfänger. Und zur Aufrechterhaltung der Expertise im breiten Zivilrecht kommt man leider nicht umhin, die schon im Studium bekannten Zeitschriften o.ä. laufend zu lesen.

Welche Zukunftsaussichten sehen Sie für Berufseinsteiger:innen im Bereich Commercial?

Juristische Wegbereiter und Wegbegleiter für Unternehmen braucht es wohl immer. Ich sehe hier keinen besonderen Trend, dass etwa durch mehr oder weniger Inhouse-Juristen der Bereich Commercial besonders wachsen oder unter Druck sein wird. Künstliche Intelligenz wird aber natürlich auch hier zumindest Standardaufgaben der Anwält:innen zumindest teilweise übernehmen. Aber so bleibt mehr von dem Übrig, was eigentlich spannend ist: Die individuelle Beratung fernab von Mustern und Vorlagen.

Welchen Ratschlag würden Sie an diesem Rechtsgebiet interessierten Nachwuchsjurist:innen mit auf den Weg geben?

Rechtsberatung im Bereich Commercial kann man aus meiner Sicht nicht an der Uni lernen. Schaut Euch den Bereich in Praktika, Referendarstationen oder als wissenschaftliche Mitarbeiter in der Praxis an, wenn Ihr Euch dafür interessiert. Und wie gesagt, hilft jede betriebswirtschaftliche Vorbildung.

Vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview, Herr Dr. Heimberg!


 

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