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Berufsspecial

Wirtschaftsstrafrecht

Wirtschaftsstrafrecht

Praxis

Brisant, modern und komplex!

Die Steuerfahndung steht mit dem Staatsanwalt/der Staatsanwältin vor der Tür – jetzt ist Schweigen das oberste Gebot und der Anruf bei dem Anwalt/der Anwältin für Wirtschaftsstrafrecht ratsam!

Er/sie kann während einer Durchsuchung kontrollieren, ob das Handeln der Fahndungsbehörde seine Richtigkeit hat und bei drohenden rechtswidrigen Befragungen oder sonstigen Verfahrensmängeln einschreiten. Wegen seiner professionellen Distanz kann er/sie im Gegensatz zu dem/der Betroffenen leichter den Überblick behalten und für seine/ihre Rechte eintreten.

Das Wirtschaftsstrafrecht dient dem Schutz der Struktur der Wirtschaftsverfassung und umfasst primär Betrugs-, Korruptions- und Insolvenzdelikte, Untreue, Diebstahl des geistigen Eigentums, das Steuerstrafrecht sowie Verstöße gegen das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder das AWG. Ein besonders aktuelles Thema für Wirtschaftsstrafrechtler*innen ist der Missbrauch von Soforthilfen des Bundes in der Corona-Pandemie.

Tätigkeitsfelder im Wirtschaftsstrafrecht – Interdisziplinär und international

Das Wirtschaftsleben wird immer moderner und komplexer und damit auch die Wirtschaftskriminalität. Nicht zuletzt durch ständige technische Innovationen verändert sich die Erscheinung wirtschaftlicher Kriminalität und lässt den Bedarf an Rechtsexperten/Rechtsexpertinnen in diesem Bereich steigen. Die Tätigkeit im Wirtschaftsstrafrecht ist also besonders für Juristen und Juristinnen geeignet, die sich dynamisch und flexibel an den stetigen Wandel anpassen und darauf reagieren können. 

Der/die Wirtschaftsstrafrechtler*in sollte nicht nur Einfühlungsvermögen für seine Mandant*innen mitbringen, sondern auch Führungsqualitäten in Form des Krisenmanagements. Weiterhin sollte er/sie Agilität und Offenheit besitzen, um Chancen zu erkennen und diese flexibel nutzen zu können.

Je nachdem, wen der/die Wirtschaftsstrafrechtler*in mandatiert, ist – gerade bei internationalem Anlagebetrug, Geldwäsche oder grenzüberschreitender Steuerhinterziehung – auch eine internationale Tätigkeit gut möglich. Hierbei gilt es, komplexe Strukturen zu verstehen und in internationalen Teams zusammenzuarbeiten. Teamwork ist auch bei großen Prozessen gefragt, die über mehrere Jahre hinweg andauern können.

Jedoch landen viele Fälle erst gar nicht vor Gericht. Im Interesse der Diskretion gilt es, nachteilige Pressemeldungen für hochkarätige Mandanten und Mandantinnen zu vermeiden. Wichtig ist die richtige Beratung der Mandanten und Mandantinnen schon vor einem möglichen Prozess, sodass sich hier eine Schnittstelle zum Rechtsbereich Compliance ergibt. Die Möglichkeit der Zusammenarbeit eröffnet sich auch oft mit Kollegen und Kolleginnen aus dem Steuer- und Gesellschaftsrecht.

Neben der anwaltlichen Tätigkeit kann auch der Beruf des Staatsanwalts/der Staatsanwältin in Betracht gezogen werden. Einige Staatsanwaltschaften haben nicht zuletzt wegen des wachsenden Einflusses modernster Technik auf die Wirtschaftskriminalität spezielle Abzweigungen gebildet, sog. Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich ausschließlich mit Wirtschaftsstrafrecht befassen.

Berufschancen & Gehälter

Berufsaussichten – Was sind meine Möglichkeiten?

Heutzutage sind Strafrechtler*innen nicht mehr nur in Boutiquen oder Ein-Mann-Kanzleien zu finden. Auch die Großkanzleien bieten immer öfter ihre Expertise im Wirtschaftsstrafrecht an. Junge Juristen und Juristinnen, die mit einer Tätigkeit als Anwalt/Anwältin im Wirtschaftsstrafrecht liebäugeln, haben also freie Wahl bezüglich der Kanzleiform sowie eine gute Aussicht auf lukrative Gehälter.

Wie in vielen anderen Rechtsgebieten darf man auch im Wirtschaftsstrafrecht als Neuling nicht sofort die großen Mandate betreuen. Man beginnt mit kleineren Mandaten oder dem Zeugenbeistand, um Erfahrungen sammeln zu können. Denn vor allem im strafrechtlichen Prozess ist Erfahrung ein wesentlicher Faktor. Hinzu kommt die Erforderlichkeit einer genauen Kenntnis der StPO. Erst die Mischung aus beidem macht den/die gestandene/n Wirtschaftsstrafrechtler*in aus.

Gehaltsaussichten im Wirtschaftsstrafrecht

Dass heutzutage auch die Großkanzleien Experten und Expertinnen im Wirtschaftsstrafrecht einstellen, schlägt sich in den Gehältern nieder. Die Schere der Gehaltsaussichten für Wirtschaftsstrafrechtler*innen in Kanzleien geht weit auseinander: Je nach Kanzleiform sind hier Jahresgehälter in Höhe von 42.000 € bis zu 150.000 € möglich. Insgesamt liegt das Durchschnittsgehalt bei 98.000 €.*

In Boutiquen werden durchschnittlich 68.500 € und in mittelständischen Kanzleien knapp 80.500 € pro Jahr gezahlt. Spitzenreiter sind die Großkanzleien mit einem jährlichen Bruttolohn von durchschnittlich gut 119.500 €.*

Bildung

Fachanwaltstitel im Strafrecht

Zwar kann kein Fachanwaltstitel speziell im Wirtschaftsstrafrecht, wohl aber generell im Strafrecht erworben werden. Aktuell sind bundesweit 3.643 Fachanwälte und Fachanwältinnen im Strafrecht verzeichnet, Tendenz steigend. Die zuständige Rechtsanwaltskammer, welcher der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin angehört, verleiht nach Maßgabe der Fachanwaltsordnung (FAO) die Berechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Voraussetzungen für diese Verleihung sind:

  • dreijährige Zulassung und Tätigkeit innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung (§ 3 FAO)
  • Antragstellung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 22 FAO)
  • Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse (§§ 4, 4a und 6 FAO)
  • Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen (§§ 5, 6 FAO)

Hinzu kommt gem. § 13 FAO, dass er/sie besondere Kenntnisse in diesen Gebieten nachweisen muss:

  • Methodik und Recht der Strafverteidigung
  • Grundzüge der maßgeblichen Hilfswissenschaften
  • Materielles Strafrecht inklusive Jugend-, Betäubungsmittel-, Verkehrs-, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht
  • Strafverfahrensrecht inklusive Jugendstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren sowie Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrecht

Promotion und LL.M. im Wirtschaftsstrafrecht

Auch in diesem vielseitigen Berufsfeld besteht die Möglichkeit, zu promovieren oder einen Master of Laws zu erwerben. Letzteres ist beispielsweise an der Universität Osnabrück möglich, wo das Masterprogramm auf zwei Semester beziehungsweise zwölf Monate ausgelegt ist (Kosten: 2.500 €). Die Université du Luxembourg bietet den zweijährigen Master „Europäisches Wirtschafts- und Finanzstrafrecht“ für 200 € pro Semester an. An der österreichischen Donau-Uni Krems kann der Master „Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Kriminologie“ absolviert werden. Auch dieser dauert zwei Jahre beziehungsweise vier Semester und geht mit einer Gebühr von 11.900 € einher.

Ansonsten werden LL.M.-Programme zum Wirtschaftsstrafrecht leider nicht angeboten, wohl aber der Master „Criminal Law“ wie beispielsweise an der University At Buffalo Law School in den USA, den Universities of Birmingham, Leeds und Sussex in Großbritannien (Kosten: 21.500 bis 22.500 €) oder der University of Edinburgh in Schottland (Kosten: 14.000 €). Eine kostengünstigere Alternative wäre der einjährige Master „Global Criminal Law” an der Universität Groningen in den Niederlanden, der unter anderem die Finanz- und organisierte Kriminalität beinhaltet (Kosten: 2.150 €).

Der Vorteil eines LL.M. in Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg oder Österreich besteht definitiv in den im Vergleich zu England, den USA und Schottland günstigeren Kosten. Ein Nachteil ergibt sich daraus, dass der Blick kaum über den „deutschen juristischen Tellerrand“ geworfen wird und die eigenen Fremdsprachenkenntnisse währenddessen wohl eher selten erweitert werden (ausgenommen der LL.M.-Programme in Luxemburg und den Niederlanden).

*basierend auf unserer Umfrage von 143 Kanzleien.

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