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Dashcam-Aufnahme als Beweis im Zivilprozess?

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Dashcam-Aufnahmen in einem Zivilverfahren, in dem um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall gestritten wird, als Beweis dienen können (Verhandlung vom 17.07.2017 – 10 U 41/17).
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Das OLG Stuttgart zur Frage, ob Dashcam-Aufnahmen im Prozess genutzt werden können

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Dashcam-Aufnahmen in einem Zivilverfahren, in dem um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall gestritten wird, als Beweis dienen können (Verhandlung vom 17.07.2017 – 10 U 41/17).

Sachverhalt:

Der Kläger verlangte Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich im Jahr 2016 in einer Ortsdurchfahrt ereignet hatte. Beklagt waren die Fahrerin, der Halter und die Haftpflichtversicherung des gegnerischen Fahrzeugs, das an dem Unfall beteiligt war. Das Landgericht Rottweil wies die Klage in erster Instanz ab.

Unter anderem machte das Landgericht geltend, der gerichtliche Sachverständige habe die Einfahr- und Kollisionsgeschwindigkeiten der beteiligten Fahrzeuge nicht ohne Rückgriff auf die Dashcam-Aufnahmen feststellen können. Diese Dashcam-Aufnahmen hatte der Kläger aus seinem Fahrzeug heraus aufgenommen.

Anlasslose Dashcam-Aufzeichnungen, so das Landgericht Rottweil, seien aber wegen eines Verstoßes gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG der anderen Verkehrsbeteiligten nicht als Beweismittel im Zivilprozess zuzulassen.

Die Dashcam auf dem Armaturenbrett des klägerischen Fahrzeugs zeichne im Dauerbetrieb auf. Die Speicherkarte werde im Umlauf wieder neu beschrieben. Ältere Aufnahmen würden dabei gelöscht.

Diese älteren Aufnahmen könnten jedoch heruntergeladen werden und seien dann beispielsweise in einem Cloud-Dienst gespeichert.

Entscheidung:

Das OLG Stuttgart sprach sich im Verhandlungstermin für eine Verwertung der Dashcam-Aufnahmen aus. Es sieht den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer durch die Bilder einer Dashcam als „relativ gering“ an und sah daher kein Beweisverwertungsverbot im Zivilverfahren.

Bereits mit Urteil vom 04.05.2016 (Az. 4 Ss 543/15), hatte das Oberlandesgericht Stuttgart für ein Ordnungswidrigkeitenverfahren entschieden, dass Dashcam-Aufzeichnungen als Beweismittel verwertet werden können, wenn dies erforderlich ist, um eine die Verkehrssicherheit in besonderer Weise beeinträchtigende Ordnungswidrigkeit zu verfolgen.

Merke:

1. Ob es bei Dashcam-Aufnahmen zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt, ist zu erörtern. Die Rechtsprechung vertritt den Ansatz, de Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer durch die Bilder einer Dashcam sei „relativ gering“.

Alle dabei aufgenommenen Personen befänden sich im öffentlichen Raum, so dass durch eine Aufnahme wenn überhaupt ein Eingriff in die Sozialsphäre, nicht aber in die Privat- oder Intimsphäre gegeben sei.

2. Die Interessen eines Unfall-Geschädigten bei der Geltendmachung etwaiger Schadensersatz-ansprüche seien neben den Interessen des Gefilmten daher höher zu bewerten.

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