Sinn und Zweck der mündlichen Prüfung
Gerade in den Juristenberufen ist das freie Sprechen und schnelle Reagieren auf Fragen bzw. Situationen Berufsalltag. Ein Jurist muss sich artikulieren können, egal ob vor Gericht, vor einem Mandanten oder im Unternehmen.
Diese Berufsanforderung wird im Studium – neben der notwendigen Theorie – sehr vernachlässigt. Die einzigen Gelegenheiten sind erst die mündlichen Prüfungen im Schwerpunkt und im Examen selbst als Teilprüfung.
Daher sollte man während des Studiums so oft wie möglich die Gelegenheit zum Sprechen nutzen und trainieren.
Ablauf
Die mündliche Prüfung im ersten Examen hat in NRW einen allgemeinen Ablauf. Die Kandidaten erhalten drei Wochen vor der Prüfung die Ladung mit den Namen ihrer Prüfer und das Rechtsgebiet des Vortrags.
Am Tag selbst halten alle Kandidaten zuerst einen Kurzvortrag. Im Anschluss daran erfolgen drei Prüfgespräche in den Rechtsgebieten Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht.
In der Regel findet die Prüfung mit maximal fünf Kandidaten zusammen statt.
Kurzvortrag
Der Kurzvortrag wird aus einem der drei Rechtsgebiete entnommen.
Man hat eine Stunde Zeit zur Vorbereitung und Ausarbeitung des Sachverhalts.
Ziel ist es, eine vertretbare Lösung zu entwickeln und diese in maximal 12 Minuten vorzutragen. Dabei ist das Einhalten der Vortragszeit sehr wichtig. Es wirkt sich andernfalls negativ auf die Note aus, wenn die Prüfungskommission den Prüfling wegen einer Zeitüberschreitung unterbrechen muss.
Inhaltlich wird nichts verlangt, was man nicht kennt. Aufgrund der geringen Vorbereitungszeit wird deutlich, dass viele Basics und nur wenige Meinungsstreite enthalten sein können.
Prüfungsgespräch
Die Dauer des Prüfungsgesprächs bemisst sich nach der Kandidatenanzahl. Pro Kandidat werden 10 Minuten Gespräch berechnet, d.h. bei max. 5 Kandidaten dauert ein Gespräch 50 Minuten.
Welche Prüfungsreihenfolge der Rechtsgebiete vorgenommen wird, hängt von den jeweiligen Prüfern ab.
Das Gespräch selbst wird meistens durch einen Fall des Prüfers eingeleitet und läuft im Frage-Antwort-Stil ab. Jeder Kandidat erhält mehrere Gelegenheiten zum Antworten. So kann man sein Wissen zeigen und eventuelle Fehler wieder ausgleichen.
Vorbereitung
Am besten bereitet man sich mit anderen Studenten zusammen vor. Im Rahmen dessen kann man über juristische Probleme oder Fragestellungen diskutieren. Daneben sollte man Vorträge des jeweiligen Rechtsgebiets üben, damit die spezielle Vortragsstruktur verinnerlicht wird.
Da aktuelle politische bzw. juristische Geschehnisse oft als Aufhänger genutzt werden sind gute Kenntnis hiervon nützlich.
Inhaltlich sind Grundkenntnisse sehr wichtig und spezielle Vorlieben der jeweiligen Prüfer. Diese erfährt man aus vergangenen Prüferprotokollen. Die Protokolle erhält man z.B. bei den Fachschaften oder bei iurratio. Bücher zur Vorbereitung auf die Mündliche Prüfung sind kein Muss, können aber oftmals die Angst nehmen und Beispiele liefern.
Fazit
Die Mündliche Prüfung wirkt sich in der Regel positiv auf die Noten aus. Von den Prüfern werden die Grundlagen erwartet. Der große Vorteil der Mündlichen Prüfung ist, dass man sofort erfährt wenn der Gedanke nicht zielführend ist. Dadurch hat man die Chance andere Ideen zu entwickeln und sein Wissen auszubreiten.
Jeder der Anwesenden weiß um die aufwühlende und angespannte Situation, daher sind die meisten freundlich und wohlgesonnen.
Als Angstgegner sollte man die Prüfung nie betrachten. Vielmehr als Chance im Miteinander über Jura zu sprechen. Denn eigentlich ist es genau das – ein längeres und breit gefächertes Gespräch über Jura.