Berufsspecial
Europa- und Völkerrecht
Praxis
So relevant wie noch nie!
Die Bedeutung des Europarechts hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Der räumliche Aktionsradius wirtschaftlicher und politischer Akteure und Akteurinnen hat sich ebenso erweitert wie die persönliche Mobilität der Menschen.
Die supranationale Rechtsordnung der Europäischen Union und die zahlreichen völkerrechtlichen Rechtssätze der universellen Staatengemeinschaft erleichtern die Beziehungen zwischen den einzelnen Staaten, sorgen für ein friedliches Miteinander und schaffen rechtliche Mindeststandards. Doch auch der Einfluss dieses Rechts auf die nationalen Rechtsordnungen nimmt beständig zu und stellt uns vor neue Herausforderungen. Während es zuvor noch um die bloße Umsetzung völker- und europarechtlicher Vorgaben ging, müssen heute auch darüber hinausgehende Anpassungsnotwendigkeiten in den nationalen Rechtsordnungen verarbeitet werden.
Ein kurzer Überblick:
Das Recht der Europäischen Union setzt sich aus dem Primär- und Sekundärrecht zusammen. Beim Primärrecht handelt es sich um die Gründungsverträge der Europäischen Union, während das Sekundärrecht das von den Unionsorganen geschaffene Recht umfasst. Zum Unionsrecht zählen weiterhin die völkerrechtlichen Verträge, denen die Europäische Union beigetreten ist. Diese spielen in der Rechtspraxis eine immer größere Rolle, da nationale Rechtsgebiete durch Verknüpfungen an internationaler Relevanz gewinnen. Doch auch andere zentrale Bereiche der aktuellen völkerrechtlichen Entwicklung wie etwa die humanitäre Intervention, der Schutz der Menschenrechte, die Eingriffsbefugnisse des UN-Sicherheitsrats und die Ahndung von Verbrechen durch den internationalen Strafgerichtshof stehen im Vordergrund.
Tätigkeitsfelder
Das Völker- und Europarecht wird für eine Vielzahl von früher national geprägten Rechtsgebieten und Berufen immer relevanter. Dem Völkerrecht als im Kern zwischenstaatlichem Recht obliegt es, rechtliche Regelungen bereitzustellen, die für eine Ordnung der Beziehung der Staaten zueinander sorgen sollen.
Die Tätigkeitsfelder in beiden Rechtsgebieten fächern sich so auf, dass sich – je nach Teilbereich, in dem man sich bewegt (völkerrechtliches Friedenssicherungsrecht, Völkerrecht der bewaffneten Konflikte, internationaler Menschenrechtsschutz, Völkerstrafrecht, internationales (zwischenstaatliches) Wirtschaftsrecht, et cetera) – die einzelnen Aufgaben unterscheiden.
Praktizierende Anwälte und Anwältinnen in einem dieser Bereiche kommen bei vielen Sachverhalten mit völkerrechtlichen Grundsätzen und Regelungen in Berührung, deren Interessen im Ausland liegen. Das kann beispielsweise bei Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Planungsverfahren der Fall sein, gilt aber auch für bestimmte Normen des Artenschutzrechts oder Teile des Rechts der Rückerstattung von Vermögen, welches das nationalsozialistische Regime seinen Opfern geraubt hat. Anwälte/Anwältinnen beraten und vertreten Regierungen, europäische Institutionen und Unternehmen in Rechtsbereichen wie der Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, der Regulierung der Finanzmärkte, des Internets und des Binnenmarktes, des Klima- und Umweltschutzes, der Sicherheitsgesetzgebung oder dem Brexit.
Für Völker- und Europarechtler*innen, die in einer (Regierungs-)Organisation arbeiten, sind die Aufgabenbereiche ebenso vielfältig. Häufig lässt bereits der Name einer Regierungsorganisation Rückschlüsse auf ihr Tätigkeitsfeld zu, so zum Beispiel beim Weltpostverein UPU, bei der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Welthandelsorganisation WTO, der Weltorganisation für Meteorologie WMO, der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der Europäischen Zentralbank EZB oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE.
Als Diplomat*in und bei der Tätigkeit in einer Botschaft trägt man dazu bei, bestehende Beziehungen zu anderen Staaten zu pflegen sowie neue aufzubauen. Typische Aufgaben sind dabei die Administration von Auslandsmissionen und Krisenkonferenzen, aber auch die Öffentlichkeitsarbeit und Eigenwerbung für den Heimatstaat. Zudem fallen die Recherche und Analyse von relevanten Informationen sowie das Verfassen von Berichten zu wichtigen politischen Themen darunter.
Berufschancen & Gehälter
Berufsaussichten – Was sind meine Möglichkeiten?
Einsatzbereiche für Europa- und Völkerrechtler*innen gibt es viele: Sie können in international agierenden Unternehmen und europäischen oder internationalen Behörden tätig werden. Auch eine Zukunft als Botschafter*in für das Auswärtige Amt oder eine Karriere bei internationalen (Regierungs-)Organisationen oder NGOs kommt in Betracht. Darüber hinaus gibt es im Bereich der rechtswissenschaftlichen Forschung zahlreiche Europa- und Völkerrechtler*innen.
Gehaltsaussichten
Wer als Anwalt/Anwältin im Europa- und Völkerrecht tätig werden will, kann mit einer guten Vergütung rechnen. Das Durchschnittsgehalt liegt bei 99.500 €, wobei Großkanzleien mit durchschnittlich 119.000 € deutlich mehr zahlen als die mittelständischen Kanzleien, bei denen man mit einer durchschnittlichen Vergütung von 83.500 € rechnen kann.*
Bildung
Fortbildung im Europa- und Völkerrecht
Das Europa- und Völkerrecht ist ein beliebtes Rechtsgebiet, um einen LL.M.-Studiengang – vor allem im Ausland – zu absolvieren. Die Zusatzausbildung ermöglicht es, die Materie zu vertiefen und eine Expertise in diesem Bereich aufzubauen.
LL.M.-Programme im Ausland:
Studierende können beispielsweise den „Master of European and International Law“ als einjährigen Studiengang an der China-EU School of Law in Peking wählen, welcher etwa 8.300 € kostet. Es handelt sich hierbei um ein Kooperationsprogramm der Universität Hamburg und der China University of Political Science and Law. Der LL.M. ist bei den chinesischen Behörden registriert und in China, der EU und weltweit vollständig anerkannt. Teilnehmer*innen beschäftigen sich intensiv mit dem Europa- und Völkerrecht und erwerben schließlich einen LL.M.-Titel der Universität Hamburg.
Das LL.M.-Programm „International Law“ in Aberdeen bietet eine Reihe von Kursen an, die sowohl öffentliches als auch internationales Privatrecht abdecken. Das Programm ermöglicht es den Studierenden, fortgeschrittene juristische Recherche zu betreiben und sich gleichzeitig auf aktuelle globale Herausforderungen, internationale Verträge und Rechtsprechung zu konzentrieren. Es kann sowohl in Vollzeit (12 Monate) als auch in Teilzeit (24 Monate) absolviert werden. Die Kosten betragen für internationale Studierende circa 22.400 € pro Jahr.
An der Universität Amsterdam können Interessierte den LL.M. „European Union Law (International and European Law)“ belegen. Dieser kostet für Vollzeitstudierende 2.209 € und für Teilzeitabsolventen/-absolventinnen 1.882 € pro Jahr. Der Studiengang ist auf zwei Semester ausgelegt.
Wie immer gilt für die LL.M.-Programme im Ausland, dass neben den Studiengebühren auch Lebens- und Wohnungskosten hinzukommen.
LL.M.-Programme in Deutschland:
Als Alternative in Deutschland bietet das Europa-Institut der Universität des Saarlandes den einjährigen postgradualen Masterstudiengang „Europäisches und Internationales Recht“ an. Dieser findet in englischer Sprache statt, einige Kurse können optional auch auf Deutsch belegt werden. Die Studiengebühren für den Masterstudiengang betragen 6.800 € für das Studienjahr (3.400 € pro Semester).
Für Studierende der Europa-Universität Viadrina und des Programms „Europäischer Jurist“ der Humboldt-Universität zu Berlin ist es vorgesehen, eine Pflichtklausur im Europarecht im ersten juristischen Staatsexamen abzulegen.
Der Studiengang „Europäische:r Jurist:in“ der HU Berlin bietet im Vergleich zum klassischen Studium einige Unterschiede. Die Studierenden haben die Wahl, sich für eine dreijährige Inlandsphase mit einem Jahr Vorbereitung auf das Staatsexamen oder für eine vierjährige Inlandsphase mit eineinhalb Jahren Vorbereitung auf das Staatsexamen zu entscheiden. Diese Wahl können die Studierenden selbst im Laufe des Studiums treffen. Insgesamt dauert das integrierte Studium des/der Europäischen Juristen/Juristin höchstens sechs Jahre und wird mit drei Abschlüssen in drei unterschiedlichen Rechtsordnungen abgeschlossen.
*basierend auf unserer Umfrage von 143 Kanzleien.
Arbeitgeber im Bereich Europa- und Völkerrecht
Großkanzlei
DLA Piper UK LLP
Öffentliche Verwaltung
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)
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Arbeitgeber aus dem Bereich Europa- und Völkerrecht im Gespräch
Das Schwerpunktstudium: Internationales und Europäisches Recht
Die Vielfalt des Schwerpunktes: Im Rahmen von Interviews und Erfahrungsberichten geben wir euch Einblicke in die vielfältigen Bereiche des universitären Schwerpunkts im Jurastudium.