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Die Klausuren und die Vorbereitung

Als organisatorische Kunst kann es gewertet werden, neben den Stationen die Zeit zum Selbststudium zu finden. Meist wird man zwei bis drei Tage von den Einzelausbildern beansprucht, hinzu kommt der AG-Tag und gegebenenfalls der Nebenjob. Ehe man sich versieht, sind die Wochentage ausgebucht. Natürlich kann sowohl die Zeit in der AG als auch der Aufenthalt beim Einzelausbilder als Lerneinheit angesehen werde, wirklich beruhigend für das Examensherz, ist diese Erkenntnis jedoch nicht. Drum ist geraten, sich früh genug (unbedingt jedoch wenige Monate vor dem Examen) Zeit frei zu räumen. Ob es nun darauf hinausläuft einige Monate auf den Nebenjob zu verzichten und von den Ersparnissen zu leben oder mit dem Einzelausbilder eine flexiblere Anwesenheit zu vereinbaren, ist jedem selbst überlassen. Verabschieden sollte man sich jedoch von dem Gedanken, alles in Ruhe bearbeiten und drei Mal wiederholen zu können. Das zweite Examen ist nicht darauf ausgerichtet alles zu können, sondern das Wesentliche zu können und in der Lage zu sein das Restliche, für die Bearbeitung einer Klausur notwendige, nachschlagen zu können. Früh genug sollte folglich das Handwerkszeug (der Aufbau und die stets gleichbleibenden Formulierungen für bestimmte Klausurtypen) erlernt werden und zusätzlich die Arbeit mit den Kommentaren verinnerlicht werden.

Auch hier führt somit ein frühzeitiges Durchatmen, Loslegen, eine gute Planung und Selbstdisziplin zum langersehnten Erfolg.

Die schriftlichen Prüfungen im zweiten Staatsexamen

Die Anzahl der zu bewältigenden Klausuren beläuft sich mit Ausnahme von vier Bundesländern auf 8. Während also alle angehenden Volljuristen sich auf 8 Klausuren vorbereiten müssen, haben die Kandidaten in Bayern mit 9 (seit 2022) und diejenigen in Berlin, Brandenburg und Saarland mit lediglich 7 Klausuren zu kämpfen.

Geht man von dem Regelfall, also von 8 Klausuren aus, so gliedert die Prüfung sich in:

4 Klausuren im Zivilrecht

2 im Strafrecht und

2 im Öffentlichen Recht,

wobei in einigen Bundesländern ein Wahlrecht hinsichtlich einer Klausur besteht.

Die Klausuren werden dann i. d. R. am Anfang des 21. Ausbildungsmonats, d. h. zum Ende der Anwaltsstation nach folgendem Schema geschrieben (je nach Bundesland kann dies auch stark variieren):

Z1= Zivilgerichtliches Urteil 1. Instanz

Z2= Rechtsanwaltsklausur oder Kautelarklausur

Z3= Klausur mit prozessualem Schwerpunkt in der Regel Zwangsvollstreckungsrecht

Z4= Urteil oder Rechtsanwaltsklausur (in einigen Bundesländern Wirtschafts- oder Arbeitsrecht)

S1= Staatsanwaltsklausur

S2= Revision (oder Urteil)

V1= Verwaltungsgerichtliches Urteil

V2= Behördenklausur oder Rechtsanwaltsklausur

Die Bearbeitungszeit für die Klausuren beträgt jeweils 5 Stunden.

Die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen

Der Berufseinstieg ist zum Greifen nah! Jetzt nur nicht in Panik geraten. Wir zeigen Euch die wichtigsten zu beachtenden Aspekte im Rahmen der Vorbereitung und gewähren einen ersten Überblick über die Lerninhalte.

Wie vor jeder wichtigen Prüfungsphase, erscheint der zu bewältigende Lernstoff erstmal gigantisch und unschaffbar. An dieser Stelle ist die goldene Regel: Durchatmen.

Nichts ist unschaffbar mit einer guten Organisation und disziplinierten Herangehensweise. Die folgenden Steps sollen einen möglichen Ablauf der Vorbereitung darstellen:

Zeit To-Do
STEP 1 Ende der Verwaltungsstation (10 Monate vor dem Examen) Mache dir Gedanken über deine intensive Lernphase! Lege ein absolutes STARTDATUM fest. Zum Beispiel: „Ab dem 02.01. beginnt meine konzentrierte Lernphase“
STEP 2 Anfang bis Mitte der Anwaltsstation (6-9 Monate vor dem Examen je nach individueller Zeiteinteilung) Mache dir nun Gedanken über mögliche zu besuchende Seminare/Onlinekurse und buche sie (Kaiser, Alpmann Schmidt etc.)
STEP 3 Anwaltsstation Lerngruppe bilden
STEP 4 Anfang bis Mitte der Anwaltsstation (6-9 Monate vor dem Examen je nach individueller Zeiteinteilung) Lernart- und Weg festlegen und Lernmaterialien reduzieren!
STEP 5 Spätestens 6 Monate vor dem Examen Prüfungsordnung lesen & STOFFKATALOG erstellen
STEP 6 Spätestens 6 Monate vor dem Examen LERNPLAN erstellen
STEP 7 Spätestens 6 Monate vor dem Examen KLAUSUREN SCHREIBEN

(aller spätestens) 6 Monate vorher beginnen und mindestens 1 Klausur pro Woche ausschreiben

Das perfekte Rezept kann und wird Dir niemand aufzeigen können, schließlich hat jeder ein eigenes Lerntempo, eine eigene Lernart und andere Verpflichtungen, denen er/sie im Leben nachgehen muss, sodass es auch hinsichtlich der zu opfernden Zeit zu gewaltigen Unterschieden kommt.

STEP 1: Ein lange feststehendes und unerschütterliches Startdatum ist immens wichtig für die Psyche. Du brauchst Zeit, um dich auf den Gedanken einzustellen, dass es bald wieder äußerst strikt und diszipliniert losgeht. Das Datum wird nicht verschoben oder vorgezogen. Mental und körperlich bereitest du dich auf diesen Beginn vor und bist konsequent bis zum Ziel.

STEP 2: Einige Seminare sind an begehrten Orten zügig ausgebucht, weshalb man sich, falls man diese besuchen möchte, frühzeitig um eine Reservierung/Buchung kümmern sollte. Darüber hinaus gibt es oftmals Rabattangebote für Frühbucher.

STEP 3: Lerntypunabhängig sollte man sich Gedanken über eine Lerngruppe machen. Nicht nur (aber auch) aufgrund des bewehrten Spruchs: Geteiltes Leid ist halbes Leid, erweisen sich Lerngruppen als große Bereicherung auf dem Weg zum letzten Examen. Auch wenn man nur 1-2 Klausuren zusammen bespricht, hilft das -Darübersprechen-, um die Lösung zu verinnerlichen.

Wichtig ist, dass ihr die mit euch kompatiblen Leidensgenossen sucht (das sind nicht unbedingt die Freunde!) und ein diszipliniertes, aber freundliches Arbeitsklima habt. Regelmäßige Treffen und ein fachlicher Austausch kann förderlich sein, es sei denn ihr habt hysterische und Panik entfachende Gruppenmitglieder – dann rennt.

STEP 4:

4.1

Wie auch beim 1. Examen, gibt es auch in der Vorbereitung für die 2. Staatsprüfung viele Wege, die zum Ziel führen. Wichtig ist, die Wege zu kennen, sie sich anzusehen und sich Gedanken darüber zu machen, ob sie zu einem passen. Konkret: Wenn ihr am Ende 4 Lehrbücher, 5 Skripten und Karteikarten von 3 verschiedenen Anbietern habt, seid ihr nichts weiter als überfordert in der heißen Phase. Denn auch die Masse der Lernmaterialien kann zu Panik führen. Natürlich steht in dem einen Skript ein Satz mehr zum Versäumnisurteil und in dem anderen ist eine tolle Übersicht zur Erledigung; die Karteikarten des Anbieters X sind super strukturiert, aber die anderen taugen inhaltlich mehr. Wenn ihr 1 Jahr vor den Prüfungen beginnt, euch intensiv vorzubereiten, könnt ihr euch natürlich ein eigenes, perfektes Skript oder Karteikarten erstellen. Auf dem Markt gibt es aber keine perfekten, auf eure persönlichen Lern-Vorlieben angepassten Materialien. Ihr solltet euch früh genug für 2-3 Lernmittel entscheiden und diese in euren Lernplan eingliedern, denn auch beim Lernen ist es anstrengend auf 4 Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Bei Unsicherheiten könnt ihr immer noch andere Quellen heranziehen, wichtig ist aber sich festzulegen und zu beginnen.

4.2

Die nächste Frage, die ihr Euch stellen solltet lautet: Wie und womit lerne ich am effizientesten?

Hier stellt sich die Frage des Lerntyps. Von der Vorbereitung auf das 1. Examen solltest du deinen Lerntyp bereits kennen. Bist du der Auditive -> dann suche Seminare auf oder mache Online-Kurse, Lerngruppen etc. Bist du ein visueller Lerner, dann richte deine Materialien dementsprechend kreativ aus, der Kommunikative -> gründe früh genug eine Lerngruppe.

Nähre deinen Lerntypen!

STEP 5: Du kannst die Erwartugen nur erfüllen, wenn Du sie kennst! Das bedeutet, dass Du dir die jeweilige Prüfungsordnung in deinem Bundesland und die einschlägigen Vorschriften raussuchen und die Gegenstände der Püfung herausschreiben musst.

z. B. in NRW:

§ 52 JAG
Gegenstände der Prüfung

(1) Bei der Prüfung wird vorausgesetzt, dass der Prüfling die Gesamtrechtsordnung mit ihren grundlegenden Wertentscheidungen und ihren Zusammenhängen überblickt und unter besonderer Berücksichtigung der europarechtlichen Bezüge über die erforderlichen Kenntnisse in folgenden Fächern verfügt:

1. in den Prüfungsfächern der staatlichen Pflichtfachprüfung (§ 11);

2. im Überblick im Straßenrecht und im Recht des öffentlichen Dienstes;

3. im Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozessrecht;

4. im Überblick im Vollstreckungsrecht;

5. in den Methoden der praktischen Rechtsanwendung.

Die Aufgabenstellungen sollen insbesondere die rechtsberatende und rechtsgestaltende anwaltliche Tätigkeit angemessen berücksichtigen.

(2) § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend.

STEP 6: Eine elementare Rolle spielt in diesem Zusammenhang der eigens erstellte Lernplan (STEP 6). Alles andere als leicht, ist dieses Unterfangen. Zunächst ist die pur zum Lernen verfügbare Zeit zu erörtern und mit dem Stoffkatalog gegenüber zu stellen. Je nachdem, ob es sich um einen Tages- oder Wochenplan handelt (gröbere Zeiteinteilungen sind nicht zu empfehlen), variiert auch der Zeitaufwand für die Erstellung.

Als nächstes müssen Aufwand und Prioritäten abgeschätzt werden. Jede Lerneinheit bedarf eines unterschiedlichen (Zeit-)Aufwandes, den du persönlich abschätzen musst. Dem einen liegt Strafrecht mehr, dem anderen Zivil- oder Öffentliches Recht. Der eine kann wunderbar mit Straßenverkehrsdelikten, der andere braucht länger, um die Struktur zu verstehen. Hier ist Selbstkenntnis gefragt.

Nachdem man den Zeitaufwand für die Lerneinheiten abgeschätzt hat, sind diese in den Alltag, neben anderen Verpflichtungen und Freizeit unterzubringen. Hierfür sollte man sich einen Kalender anschaffen und jegliche Verpflichtungen und feststehende Freizeitaktivitäten eintragen. Die zum Lernen bestimmte Zeit muss sodann ebenfalls eingetragen und eingehalten werden.

Wichtig:

-> Plane neben den Lerneinheiten und Verpflichtungen genügend Freizeit für dich ein, damit du den Kopf frei bekommst.

-> Plane Puffertage ein; unerwartete Ereignisse können stets eintreten.

-> Plane Klausurtage ein! Womit wir auch bei der Überleitung zu STEP 7 wären.

STEP 7: Wenn ihr Euch bereits in der Vorbereitung befindet, dann hängt Euch folgender Satz bestimmt schon zu den Ohren raus: IHR MÜSST KLAUSUREN SCHREIBEN!

Es ist zu Beginn ziemlich frustrierend ständig und überall diese Aufforderung zu hören. Man fühlt sich alles andere als bereit unter Examensbedingungen Klausuren zu verfassen, wenn man nicht einmal ein Drittel des Lernstoffs beherrscht.

Mit Hilfsmitteln zu schreiben fühlt sich hingegen wie Selbstbetrug an. Was man aber in diesem Dilemma nicht aus den Augen verlieren darf ist, dass am Ende des Liedes eine praxistaugliche Arbeit von einem abverlangt wird. Das heißt, je öfter ich das Handwerk anwende, desto besser werde ich darin. Das ist in allen Berufen der Fall, warum sollte es hinsichtlich des 2. Examens anders sein?

Empfehlenswert ist deshalb, sich früh genug für einen Klausurenkurs anzumelden. Hierzu gibt es auch wieder die unterschiedlichsten Anbieter. Einer von den glücklicheren Referendaren seid ihr, wenn euer OLG einen Klausurenkurs mit samt Korrektur anbietet. Das ist selten der Fall, aber es gibt diese fürsorglichen Bezirke. Wenn dem so ist, dann solltet Ihr spätestens 6 Monate vor den Klausuren beginnen, regelmäßig an diesen Kursen teil zu nehmen. Zusätzlich oder stattdessen solltet ihr euch auch Gedanken über ein kommerzielles Angebot machen. Schließlich fühlt man sich auch irgendwo verpflichtet Klausuren zu schreiben, wenn man ein Haufen Geld dafür ausgibt.

Jedenfalls sollte, wenn Ihr denn wirklich ein ordentliches Examen ablegen wollt, nichts an diesem Weg vorbeiführen.