I. Willkommen zur ersten Vorlesung
Das erste Semester beginnt. Die Hörsäle sind voll. Du findest gerade noch einen Platz zum Sitzen. Vermutlich riecht Deine Kommilitonin mit ihren künstlichen Fingernägeln rechts von Dir nach Aceton. Der Kommilitone links hat sich bereits in eine Parfümwolke eingehüllt. Es wird ernst: Prof. Ö betritt den Hörsaal. Ausnahmsweise herrscht ein sofortiges Schweigen. Warum denn auch nicht? Schließlich will niemand die weisen Worte des Prof. Ö überhören, wenn er mit seiner Literaturempfehlung beginnt. Du schreibst fleißig mit.
Nun folgen die Vorlesungen von Prof. Z und Prof. S. Auch diese empfehlen Dir haufenweise Literatur, die sich für ihre Rechtsgebiete am besten eignet. Wieder schreibst Du fleißig mit. Die Vorlesungen gehen zu Ende. Der Stundenplan sieht noch einige Fallbesprechungen vor. Diese werden von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen eines Lehrstuhls geleitet, die meist frisch ihr Examen hinter sich haben und Dir natürlich auch einige Literaturtipps geben. Schließlich unterhältst Du Dich noch mit einigen Studierenden aus höheren Semestern, die Dir ebenfalls das ein oder andere Buch ans Herz legen. Was machst Du? Du notierst Dir alles.
II. Der große Schock
Am Ende des Tages merkst Du, dass Deine Literaturliste von Veranstaltung zu Veranstaltung immer länger geworden ist. Dein Budget ist knapp. Spätestens jetzt stellst Du Dir die Frage: „Welche Bücher muss ich kaufen? Reicht ein Buch? Worin unterscheiden sich die Bücher?“ Die Zeiten von Taschenrechnern und Zirkeln sind vorbei – willkommen im Jurastudium, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen! Erste Regel: come down. Die Lösung folgt gleich.
III. Lehrbücher und Skripte
Du musst nicht ein einziges Lehrbuch kaufen, um erfolgreich zu studieren. Lesen genügt!
Alle Lehrbücher, die Dir empfohlen wurden, stehen in Hülle und Fülle entweder in der Universitätsbibliothek zur Ausleihe oder im juristischen Seminar zum Nachschlagen bereit.
Und wenn ein Lehrbuch besonders beliebt und deshalb vergriffen ist, dann geht die Welt trotzdem nicht unter. Selbst das verstaubteste Buch wird Dir die Information liefern können, dass eine Beihilfe eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat voraussetzt, ein Vertrag durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt oder Abgeordnete nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Wenn Du dem Buch nicht glaubst, dann schlag ein anderes auf.
Ein Lehrbuch ist kein Roman, den man sich von Anfang bis Ende einfach so „reinzieht“.
Die Kunst im Umgang mit Lehrbüchern liegt darin, mit mehreren Lehrbüchern gleichzeitig zu arbeiten und nur das Nötigste zu lesen. Das wirst Du spätestens in der Phase verstehen, in der Du das erste Mal wissenschaftlich arbeiten und Deine erste Hausarbeit schreiben „darfst“. Daneben gibt es noch sogenannte „Skripte“. In diesen wird ein bestimmtes Rechtsgebiet auf die anscheinend klausurrelevantesten Probleme grob zusammengefasst. Insbesondere Anfänger sollten sich daran aber lieber nicht die Finger verbrennen. Jura ist eine „Wissenschaft“!
IV. Fallbücher und Klausuren
Mit dem Lesen ist es längst nicht getan, wenn Du die Theorie nicht in der Praxis anwenden kannst. Du musst den Korrektoren*innen beweisen, dass Du den Gutachtenstil methodisch sauber beherrschst, Probleme erkennst und sie an der richtigen Stelle anbringst. Fallbücher gibt es wie Sand am Meer. Diese stehen ebenfalls in der Bibliothek oder im juristischen Seminar. Auch nahezu alle juristischen Zeitschriften beinhalten Sachverhalte aus alten Klausuren mit ausformulierten Lösungen und Anmerkungen. Notfalls kannst Du Deine Fachschaft fragen, ob sie eine Fallmappe hat. An Fällen mangelt es im Studium sicher nicht! Fallbücher musst Du Dir nicht kaufen. Kopiere Dir die Sachverhalte und fang an zu schreiben.
V. Gesetzestexte und Kommentare
Jetzt darfst Du endlich in das nächste Geschäft rennen. Du willst Jurist*in werden, also werden Gesetze Dich in jeder Phase Deines Lebens begleiten. Bis zur Zwischenprüfung brauchst Du ganz sicher keinen Schönfelder – auch wenn die rote Farbe noch so attraktiv wirkt! Belohne Dich damit, wenn Du die Zwischenprüfung bestanden hast. Dann hast Du ihn nämlich verdient. Bis dahin genügen auch z.B. die einfachen Beck-Texte aus dem dtv Verlag. Achte darauf, dass Du immer die aktuelle Auflage kaufst. Gesetze können sich sehr schnell ändern! Schließlich gibt es noch „Kommentare“, die sich mit einzelnen Vorschriften bis ins kleinste Detail auseinandersetzen. Diese stehen in allen Regalen oder sind auf juristischen Datenbanken abrufbar, sofern Du einen Zugang für beispielsweise beck-online oder juris erhalten hast.
VI. Mein persönliches Fazit
Kauf keine Lehrbücher, sondern lies mehrere! Lerne keine Fälle auswendig – lerne sie zu lösen! Erfolg im Studium hat, wer das juristische Handwerkszeug beherrscht und die Methodik dahinter versteht. Das bekommst Du kostenlos. Lauf an den verstaubten Büchern nicht vorbei. Du willst unbedingt Geld ausgeben? Gehe lieber feiern oder spende es für einen guten Zweck!