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Der Repetitor – ein Portrait

Ein lustiger Beitrag über die bekannten Gewohnheiten eines Repetitors.
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Ein Großteil von uns durfte ihn schon in seinem natürlichen Lebensumfeld erleben - den Repetitor

Der Repetitor – ein Portrait

Ein Großteil von uns durfte ihn schon in seinem natürlichen Lebensumfeld erleben – den Repetitor (lat.: repetere: wiederholen).
Eine Spezies, die in der juristischen Evolution ganz weit oben in der Nahrungskette steht – der Omnivor der Juristerei.
Er vermehrt sich nicht, er expandiert.
Er schläft nicht, er lädt auf.
Er weint nicht, er bringt zum Weinen.
Er geht nicht zur Toilette, er hält Kurs.
Seine Nahrungsmittelaufnahme besteht neben dem dauernden Verzehr von Kaviar, Angus Beef Tartar und Jacobsmuscheln in dem Blutsaugen bei mittellosen Studierenden. Gerüchten zufolge kommuniziert er über Echolot und ortet seine Opfer zu jeder Tages- und Nachtzeit zwischen den unübersichtlichen Bücherrregalreihen der Bibliotheken. Ihr leises Schluchzen führt ihn zu ihnen.
Der Repetitor ist ein einsamer Jäger.

Der Repetitor – seine liebste Beute?

Panische Jurastudierende in der Examensvorbereitung. Sein liebster Duft? Angstschweiß. Er rottet sie in Rudeln von 30 bis 50 Mann zusammen und quält sie wöchentlich mit stundenlangen Abhandlungen über juristische Streitigkeiten.

Seine Jagdstrategie? Eine bunte Mischung aus „Andere Repetitorien sind scheiße.“ „Ich habe ein innovatives Lernkonzept.“ und „Ohne meine Materialien können Sie das Examen vergessen.“ gemischt mit dem Talent eines GZSZ-Schauspielers, das durch viele rhetorische Kurse auf das Überleben in freier Wildbahn trainiert wurde.
Denn der Konkurrenzkampf ist hart.

Der Repetitor – sein Charakter?

Selbstbewusster als Boris Becker und immer etwas von oben herab. Er hat schließlich etwas erreicht, wovon seine Schäfchen noch träumen. Er hält sich nicht für Gott, aber man hat ihn und Gott noch nie einem Raum gesehen.

Er hat immer Recht, er hat das studiert.
Mitleid gibt es für ihn nicht, nur mit einem Leerzeichen zwischen „T“ und „L“. Schwäche kommt bei ihm nicht vor- nicht einmal eine juristische Sekunde lang.
Irren ist menschlich. Wie gut, dass er keiner ist.

Der Repetitor – sein liebster Lebensraum?

Das ist tatsächlich unterschiedlich. Mal trifft man ihn im Kursraum an, zumeist aber im klimatisierten Innenraum seines Ferrari, auf seinem privaten Tenniscourt oder mit einer Magnumflasche vom privaten Weinberg auf der Spaltledercouch vor der 20.000€-Musikanlage.

Der Repetitor – seine Jagdtaktik?

Um seine Beute zu erlegen, muss der Repetitor sich optisch anpassen. Mit oftmals mehr Ohren als Haaren und einem Pullover mit einschlägigem Tieremblem um die Schultern, hebt er sich von seinen Kursteilnehmern nur durch das reife Alter, die gesunde Karibikbräune und die Tatsache, dass er Examen hat- was er zu jeder Tages- und Nachtzeit betont- ab.

Er schwächt seine Beute systematisch, indem er ihr jegliche finanzielle Lebensgrundlage entzieht. Geschwächt von Dosenravioli und Kranwasser lauschen sie ehrfürchtig seinem jährlich abgespulten Programm und kaufen sein Lehrmaterial als sei es die heilige Schrift. Er beschießt sie im Folgenden mit Paragraphen, Meinungsstreitigkeiten und Defintionen, was oft natürliche Abwehrmechanismen bei seinen Opfern auslöst. Aufzuführen sind hier vor Allem häufige Toilettengänge und Tiefschlafphasen während des Kurses.

Das könnte gleichwohl auch an den hypnoseartigen Floskeln liegen, die der Repetitor immer und immer wieder einbringt und welche sich unwiderruflich als Mantra in die Hirnrinde einbrennen.
„So schaffen Sie Ihr Examen nicht.“ „Wohlgemerkt- wenn Sie vorhaben, mit diesem Wissen in die Prüfung zu gehen, würde ich mir das noch einmal gründlich überlegen.“

Für den Preis eines Fitnessstudioabos inklusive Getränkeflatrate und Personal Trainer versucht ihnen der Repetitor zumindest ein wenig Unterhaltung zu bieten. Hierfür sucht er sich diejenigen aus, die am konzentriertesten mitschreiben oder am auffälligsten auf den Boden starren. Ob dies evolutiv bedingt, ein Kindheitstrauma oder purer Sadismus ist, konnten Wissenschaftler bislang nicht klären.

Er fixiert sein Opfer, stellt eine gemeine Frage. Das Opfer reagiert körperlich intensiv durch rote Wangen, erhöhten Puls und absolutes Unwissen. Daraufhin zeigt er seine blitzenden 32 gebleachten Zähne, erwähnt, dass man mit dieser Leistung im OLG genauso gut entspannte fünf Stunden Klausurzeit mit dem Kopf auf seinem Tisch schlafen könne.

Gleichzeitig rekrutiert er sein Rudel für den nächsten Kurs. Sämtliche Beutestücke, die die Antwort ebenfalls nicht wussten, verspüren Symptome von Panik und Unsicherheit und buchen sich unmittelbar für eine Wiederholung ein.

Ein weiterer Jagdtrick. Die ominöse Rep-Party aka „Danke, dass ihr mir meinen Lebensstil finaziert“- Vernissage.
Warum seine Beutestücke dort auftauchen? Es gibt Nahrung, etwas, das sie sich seit Monaten nicht mehr leisten können. Dass sich der Reptitor wie eine blutrünstige Fledermaus auf seine potentiellen Opfer stürzt und zwischen Kaviarblinis und Lachsschnittchen Examenshorrorstories einfließen lässt, die -wie der gute Wein- direkt ins Blut aufgenommen werden, ist eine weitere Taktik. Denn was nun folgt die Endphase des Aussaugens seiner Opfer. Die Crashkurse.

Da sitzt man also wenige Wochen vor den Examensprüfungen an einem Samstagmorgen um neun Uhr in einem winzigen Keller und rechnet sich aus, wie viele tausend Euro in diesem Keller sitzen und dem Repetitor die nächste nahtlose Bräunung ermöglichen.

Das restliche Geld des Monats geht für die exklusive „neueste Rechtsprechung“ drauf, die der Repetitor wie den nächsten Bestseller von Dan Brown anpreist.

Den Fängen des Repetitors zu entkommen ist beinahe unmöglich. Einmal zwischen seinen Kiefern gefangen, saugt er seiner Beute sämtliche Ersparnisse, Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Euphorie aus.
Zurück bleibt eine stumpfe Hülle mit tiefen Augenringen, die dem Examen in die Augen blickt, den Blick panisch senkt und zurück zum Repetitor rennt. Ein Teufelskreis beginnt.

Diese Überlebensstrategie hat sich im Paragraphendschungel als äußerst effektiv erwiesen. Es wird daher dringend empfohlen, einen Mindestsicherheitsabstand einzuhalten, um sich dem charismatischen Einfluss des Repetitors zu entziehen.
Empfohlen wird unter Anderem ein Umgang mit dem „Uni-Rep“, der natürliche Fressfeind des Repetitors.

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