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Preisänderung nach Vertragsschluss als neues Angebot?

Das AG München hat entschieden, ob ein Personaltrainer, der nach Vertragsschluss ein höheres Entgelt fordert, damit ein Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrages mit höherer Vergütung oder auf Aufhebung des alten Vertrages macht (Urteil vom 23.03.2017 – 274 C 26632/16).
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Zur Einordnung einer Preisänderung nach Vertragsschluss

Das AG München hat entschieden, ob ein Personaltrainer, der nach Vertragsschluss ein höheres Entgelt fordert, damit ein Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrages mit höherer Vergütung oder auf Aufhebung des alten Vertrages macht (Urteil vom 23.03.2017 – 274 C 26632/16).

Sachverhalt:

Der beklagte Münchner schloss am 18.04.2013 mit dem Kläger, der als Inhaber einer Sportfirma in München „Personal Training“ anbietet, einen Trainingsvertrag für die Zeit vom 22.04.2013 bis 22.10.2013. Vereinbart wurde für den Beklagten und seine Freundin die Durchführung von zwei Trainingseinheiten wöchentlich zu je 45 Minuten. Je Trainingseinheit wurde eine Vergütung von 80 Euro vereinbart.

Am 19.04.2013 morgens richtete der Kläger eine E-Mail an die Lebensgefährtin des Beklagten, in der er ihr unter anderem Folgendes mitteilte: „(…)Dann muss ich gestehen dass mir gestern beim Beratungsgespräch ein kleiner Fehler unterlaufen ist. Bei 2 trainierenden Sportlern kommt die MwSt. bei Stadtsport München zzgl. zum Stundensatz von 80 Euro. Sollte das ein Kriterium sein, das Personal Training nochmals zu überdenken, können wir gerne nochmals kurz telefonieren heute. (…)“

Mittags antwortete die Lebensgefährtin des Beklagten ebenfalls per E-Mail. Auszugsweise lautet die Mail: „(…) Ich bin ehrlich, dieser 2. Fehler macht mich nicht gerade glücklich. Von daher werde ich noch einige Parallelangebote einholen (…) Also mit diesen Erhöhungsraten lassen wir das besser. Tut mir leid. Für deine Auslagen gestern komme ich natürlich auf! Schreib mir bitte eine Rechnung. (…)“.

Die vereinbarten Trainingseinheiten nahmen der Beklagte bzw. seine Freundin trotz eines entsprechenden Angebots des Klägers schließlich nicht wahr. Der Kläger stellte dem Beklagten die gesamten Trainingseinheiten für den Vertragszeitraum in Rechnung zuzüglich Mahngebühren, insgesamt 4.250 Euro. Der Beklagte zahlte nicht. Deshalb erhob der Kläger Klage.

Entscheidung:

Das AG München hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch, insbesondere keinen vertraglichen Anspruch, gegen den Beklagten auf Zahlung der Trainingsvergütung, da der zunächst geschlossene Vertrag nachträglich wieder einvernehmlich aufgehoben wurde.

Die E-Mail des Klägers sei aus der Sicht eines objektiven Empfängers in der Lage der Lebensgefährtin des Beklagten auszulegen: Danach sei die E-Mail zunächst so zu verstehen, dass der Kläger mehr als die zunächst vereinbarten 80 Euro pro Trainingseinheit, nämlich 95,20 Euro (80 x 1,19) verlangen wolle.

Dies sei rechtlich nur möglich durch einen neuen Vertrag zwischen den Parteien, weil sich der Kläger bereits zur Erbringung der Trainingseinheiten zu einer Vergütung von 80 Euro verpflichtet habe.

Der Kläger biete also dem Beklagten einerseits eine Abänderung des Vertrages hinsichtlich der Vergütungshöhe an. Gleichzeitig bringe er aber auch klar zum Ausdruck, dass er den Vertrag insgesamt zur Disposition stelle, weil er anbiete „das Personal Training nochmals zu überdenken“. Er biete damit an, den Vertrag insgesamt aufzuheben.

Insgesamt könne die E-Mail aus dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 157, 133 BGB nur so verstanden werden, dass der Kläger seine Leistung nur gegen die erhöhte Vergütung von 95,20 Euro pro Einheit erbringen wolle und daher – folgerichtig – gleichzeitig anbiete, den Vertrag insgesamt aufzuheben, falls der Beklagte hiermit nicht einverstanden sei. Er stelle den Beklagten vor die Wahl: Höhere Vergütung oder Vertragsaufhebung.

Dieses Angebot auf Vertragsaufhebung habe der Beklagte durch seine Lebensgefährtin per E-Mail angenommen. Sie bringe eindeutig zum Ausdruck, dass sie nicht bereit sei, die erhöhte Vergütung zu bezahlen. Außerdem werde deutlich, dass sie sich für die Vertragsaufhebung entscheide, indem sie schrieb: „Mit den Erhöhungsraten lassen wir das besser.“.

Merke:

1. Ist eine Erklärung empfangsbedürftig, so muss sie einer anderen Person zugehen und diese Person muss die Erklärung auch wahrnehmen, wie etwa bei einem Vertragsangebot. Dann ist die Erklärung so auszulegen, wie ein objektiver Dritter sie in der Situation des Empfängers verstehen würde. Ausgelegt wird also nach dem objektiven Empfängerhorizont vgl. §§ 133, 157 BGB.

2. Obgleich § 133 BGB aussagt, dass der wirkliche Wille darüber entscheiden soll wie eine Erklärung zu verstehen ist, beinhaltet bei Verträgen § 157 BGB eine speziellere Regelung. Insofern müssen die Vorschriften also zusammen gelesen werden. Ansonsten würde die Sicherheit des Rechtsverkehrs auch erheblich beeinträchtigt, wenn die Erklärung immer nur mit dem gewollten Inhalt gelten würde.

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